Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
Schönheit nur als begleitende; denn nur durch äußeren Anstoß einer mechanischen 1. Es sind namentlich die Metalle, deren Klang so zum Nerven des 2. Wie der Klang erst durch selbstthätige Hervorbringung und durch
Schönheit nur als begleitende; denn nur durch äußeren Anſtoß einer mechaniſchen 1. Es ſind namentlich die Metalle, deren Klang ſo zum Nerven des 2. Wie der Klang erſt durch ſelbſtthätige Hervorbringung und durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#fr"><pb facs="#f0090" n="78"/> Schönheit nur als begleitende; denn nur durch äußeren Anſtoß einer mechaniſchen<lb/> Gewalt entſtanden bleiben die Klängen vereinzelt und verbinden ſich nicht zu<lb/> einer aus inneren Geſetzen ſelbſtthätig ſich beſtimmenden Ordnung.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Es ſind namentlich die Metalle, deren Klang ſo zum Nerven des<lb/> menſchlichen Ohrs und durch dieſen zur Seele ſpricht, daß eine beſtimmte<lb/> Art von Stimmung entſteht, welche ein unbewußtes Symboliſiren dem<lb/> Gegenſtande unterlegt; die Härte ihrer Textur bedingt einen Klang, welcher<lb/> weſentlich Gefühle der Energie und Tapferkeit erregt. Dumpfer und<lb/> bedeutungsloſer klingt das Geſtein. Die unorganiſche Welt gibt ſich nun,<lb/> wenn wir das Rauſchen des Waſſers, das Sauſen der Luft, den Donner<lb/> des Gewitters mit den Klängen der feſteren Körper zuſammenfaſſen, eine<lb/> allgemeine Sprache als vernähmen wir das aus der Werkſtätte des<lb/> Demiurgen ertönende Toſen und Klingen ſeiner Arbeit. In der Landſchaft<lb/> iſt immer ein Weben von Tönen, das nicht nur von thieriſchen und<lb/> menſchlichen Stimmen rührt; man fragt eben nicht, woher es kommt, man<lb/> hat ein Gefühl, die geſchäftige Natur erzähle ſich ſelbſt von ihren Werken.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">2. Wie der Klang erſt durch ſelbſtthätige Hervorbringung und durch<lb/> Einordnung in ein Ganzes von Klängen und ſeine Verhältniſſe zum Tone<lb/> wird, dieß auseinanderzuſetzen bleibt der Lehre von der Muſik aufgeſpart.<lb/> Mechaniſcher Klang an ſich, auch eine Reihe ſolcher Klänge kann niemals<lb/> ein ſelbſtändig Schönes begründen, während die ſichtbare unorganiſche<lb/> Natur, auch klanglos, ſehr wohl ein ſchönes Ganzes darſtellen kann und<lb/> ihre Schönheit durch begleitende Klänge nur erhöht wird. Das Sichtbare<lb/> gruppirt ſich, hat im Licht ſeinen Seelenblick; niemals treten Klänge von<lb/> ſelbſt zu einem ſolchen Einheitspunkte zuſammen.</hi> </p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0090]
Schönheit nur als begleitende; denn nur durch äußeren Anſtoß einer mechaniſchen
Gewalt entſtanden bleiben die Klängen vereinzelt und verbinden ſich nicht zu
einer aus inneren Geſetzen ſelbſtthätig ſich beſtimmenden Ordnung.
1. Es ſind namentlich die Metalle, deren Klang ſo zum Nerven des
menſchlichen Ohrs und durch dieſen zur Seele ſpricht, daß eine beſtimmte
Art von Stimmung entſteht, welche ein unbewußtes Symboliſiren dem
Gegenſtande unterlegt; die Härte ihrer Textur bedingt einen Klang, welcher
weſentlich Gefühle der Energie und Tapferkeit erregt. Dumpfer und
bedeutungsloſer klingt das Geſtein. Die unorganiſche Welt gibt ſich nun,
wenn wir das Rauſchen des Waſſers, das Sauſen der Luft, den Donner
des Gewitters mit den Klängen der feſteren Körper zuſammenfaſſen, eine
allgemeine Sprache als vernähmen wir das aus der Werkſtätte des
Demiurgen ertönende Toſen und Klingen ſeiner Arbeit. In der Landſchaft
iſt immer ein Weben von Tönen, das nicht nur von thieriſchen und
menſchlichen Stimmen rührt; man fragt eben nicht, woher es kommt, man
hat ein Gefühl, die geſchäftige Natur erzähle ſich ſelbſt von ihren Werken.
2. Wie der Klang erſt durch ſelbſtthätige Hervorbringung und durch
Einordnung in ein Ganzes von Klängen und ſeine Verhältniſſe zum Tone
wird, dieß auseinanderzuſetzen bleibt der Lehre von der Muſik aufgeſpart.
Mechaniſcher Klang an ſich, auch eine Reihe ſolcher Klänge kann niemals
ein ſelbſtändig Schönes begründen, während die ſichtbare unorganiſche
Natur, auch klanglos, ſehr wohl ein ſchönes Ganzes darſtellen kann und
ihre Schönheit durch begleitende Klänge nur erhöht wird. Das Sichtbare
gruppirt ſich, hat im Licht ſeinen Seelenblick; niemals treten Klänge von
ſelbſt zu einem ſolchen Einheitspunkte zuſammen.
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