Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,1. Reutlingen u. a., 1851.
stellen, um zuzusehen, ob es die Probe derselben und des 2*
ſtellen, um zuzuſehen, ob es die Probe derſelben und des 2*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0031" n="19"/> ſtellen, um zuzuſehen, ob es die Probe derſelben und des<lb/> unter ihnen anſchauenden Auges eines Dritten aushält. Es darf aber<lb/> nur eine Probe ſein, denn da noch ungewiß iſt, ob das innere Bild vor<lb/> dieſem erſten Schritte zur Objectivität beſteht, ſo muß die objective<lb/> Darſtellung verändert, zerſtört und noch einmal vorgenommen werden<lb/> können. Es bedarf alſo einer Objectivirung, die aber noch nicht gilt,<lb/> die nur vorläufig iſt. Dieſe vorläufige Objectivirung iſt es, welche wir<lb/> unter der Schwelle der eigentlichen äußern Darſtellung verſtanden, die<lb/> zu <hi rendition="#sub">1.</hi> erwähnt worden iſt. Sie vollzieht ſich in der <hi rendition="#g">Skizze</hi>: dem dritten<lb/> weſentlichen Begriffe, den dieſer §. einführt. Die Skizze iſt der erſte,<lb/> flüchtige, dem Künſtler ſelbſt als Prüfſtein dienende Wurf des innern<lb/> Bildes in die Außenwelt. Es liegt in der Natur derſelben, daß ſie<lb/> nicht nothwendig und jedenfalls nicht vollſtändig mit demſelben Material<lb/> ausgeführt wird, wie das eigentliche Kunſtwerk. Der Architekt zeichnet,<lb/> kann aber auch ein Modell ausfertigen, doch dieß nicht wohl für den<lb/> Zweck des erſten Entwurfs, denn es ſetzt ſchon mehr Durchbildung des<lb/> Einzelnen voraus; der Bildhauer zeichnet, modellirt flüchtig; der Maler<lb/> zeichnet, ſchreitet fort zur Farbenſkizze; der Muſiker wirft die Haupttheile<lb/> in der Zeichenſprache ſeiner Noten hin, durchfliegt ſie auf dem Inſtrument;<lb/> der Dichter läßt ſich mit kurzen Andeutungen, zwiſchen denen erſte<lb/> Verſuche einer Ausführung in künſtleriſcher Sprachform hinlaufen mögen,<lb/> ſeine Conception, obwohl ſie der Zeitform angehört, räumlich in Schrift-<lb/> zeichen entgegentreten, denn es bedarf auch für ihn dieſer faßbaren<lb/> Beihilfe, damit er prüfen könne, ob in ſeinem geiſtigen Entwurfe<lb/> Sonderung und Einigung ſich gehörig auseinanderſetzen. Daß zu dieſem<lb/> erſten Entwurfe bereits eine techniſche Fertigkeit gehört, verſteht ſich;<lb/> dieſer Vorgriff in ein vorausgeſetztes Gebiet iſt unvermeidlich. Daß<lb/> der Künſtler die Uebung habe, die Skizze ſo anzuſchauen, als wäre ſie<lb/> ſchon im eigentlichen und vollſtändigen Material ausgeführt, liegt ebenfalls<lb/> ſchon in dieſer Vorausſetzung eingeſchloßen. Uebrigens treten nun zwei<lb/> Momente ein, welche das Kunſtwerk auf dieſer Stufe fixiren, das an ſich<lb/> blos Vorläufige verſelbſtändigen können: das eine liegt im Künſtler,<lb/> das andere in der Sache. Was an ſich zuſammengehört, theilt ſich<lb/> in der Wirklichkeit; wie es daher eigentliche Macher ohne Tiefe gibt, ſo<lb/> auch geniale Erfinder, die ſich zwar von jenen auf die innere Erfindung<lb/> beſchränkten Naturen (vergl. Anm. zu §. 491) unterſcheiden, aber doch<lb/> nicht zur ganzen Ausführung vorſchreiten, zu der ihnen Organ,<lb/> Geduld, Uebung abgeht, die vielmehr bei der Skizze ſtehen bleiben;<lb/> ſo Karſtens, Genelli und And. Doch auch der Künſtler, welcher Meiſter<lb/> in der Ausführung iſt, mag ſich durch Laune und Umſtände beſtimmt<lb/> finden, dieſen oder jenen Entwurf bey der Skizze zu belaßen. Dagegen</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0031]
ſtellen, um zuzuſehen, ob es die Probe derſelben und des
unter ihnen anſchauenden Auges eines Dritten aushält. Es darf aber
nur eine Probe ſein, denn da noch ungewiß iſt, ob das innere Bild vor
dieſem erſten Schritte zur Objectivität beſteht, ſo muß die objective
Darſtellung verändert, zerſtört und noch einmal vorgenommen werden
können. Es bedarf alſo einer Objectivirung, die aber noch nicht gilt,
die nur vorläufig iſt. Dieſe vorläufige Objectivirung iſt es, welche wir
unter der Schwelle der eigentlichen äußern Darſtellung verſtanden, die
zu 1. erwähnt worden iſt. Sie vollzieht ſich in der Skizze: dem dritten
weſentlichen Begriffe, den dieſer §. einführt. Die Skizze iſt der erſte,
flüchtige, dem Künſtler ſelbſt als Prüfſtein dienende Wurf des innern
Bildes in die Außenwelt. Es liegt in der Natur derſelben, daß ſie
nicht nothwendig und jedenfalls nicht vollſtändig mit demſelben Material
ausgeführt wird, wie das eigentliche Kunſtwerk. Der Architekt zeichnet,
kann aber auch ein Modell ausfertigen, doch dieß nicht wohl für den
Zweck des erſten Entwurfs, denn es ſetzt ſchon mehr Durchbildung des
Einzelnen voraus; der Bildhauer zeichnet, modellirt flüchtig; der Maler
zeichnet, ſchreitet fort zur Farbenſkizze; der Muſiker wirft die Haupttheile
in der Zeichenſprache ſeiner Noten hin, durchfliegt ſie auf dem Inſtrument;
der Dichter läßt ſich mit kurzen Andeutungen, zwiſchen denen erſte
Verſuche einer Ausführung in künſtleriſcher Sprachform hinlaufen mögen,
ſeine Conception, obwohl ſie der Zeitform angehört, räumlich in Schrift-
zeichen entgegentreten, denn es bedarf auch für ihn dieſer faßbaren
Beihilfe, damit er prüfen könne, ob in ſeinem geiſtigen Entwurfe
Sonderung und Einigung ſich gehörig auseinanderſetzen. Daß zu dieſem
erſten Entwurfe bereits eine techniſche Fertigkeit gehört, verſteht ſich;
dieſer Vorgriff in ein vorausgeſetztes Gebiet iſt unvermeidlich. Daß
der Künſtler die Uebung habe, die Skizze ſo anzuſchauen, als wäre ſie
ſchon im eigentlichen und vollſtändigen Material ausgeführt, liegt ebenfalls
ſchon in dieſer Vorausſetzung eingeſchloßen. Uebrigens treten nun zwei
Momente ein, welche das Kunſtwerk auf dieſer Stufe fixiren, das an ſich
blos Vorläufige verſelbſtändigen können: das eine liegt im Künſtler,
das andere in der Sache. Was an ſich zuſammengehört, theilt ſich
in der Wirklichkeit; wie es daher eigentliche Macher ohne Tiefe gibt, ſo
auch geniale Erfinder, die ſich zwar von jenen auf die innere Erfindung
beſchränkten Naturen (vergl. Anm. zu §. 491) unterſcheiden, aber doch
nicht zur ganzen Ausführung vorſchreiten, zu der ihnen Organ,
Geduld, Uebung abgeht, die vielmehr bei der Skizze ſtehen bleiben;
ſo Karſtens, Genelli und And. Doch auch der Künſtler, welcher Meiſter
in der Ausführung iſt, mag ſich durch Laune und Umſtände beſtimmt
finden, dieſen oder jenen Entwurf bey der Skizze zu belaßen. Dagegen
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