Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852.
darstellt; der dritte die Triglyphe, als Stütze des Kranzgesimses die auf-
darſtellt; der dritte die Triglyphe, als Stütze des Kranzgeſimſes die auf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0129" n="289"/> darſtellt; der dritte die Triglyphe, als Stütze des Kranzgeſimſes die auf-<lb/> ſteigende Richtung kurz wiederholend; der vierte das vorſpringende Kranz-<lb/> geſimſe, deckend, ſchützend vor dem Regen, Dachſparrentragend, noch ein-<lb/> mal horizontal durchſchneidend; der fünfte der Abſchluß der Bewegung im<lb/> Dache. Dieſen Formen liegt nun ſtructiv das reinſte Gleichgewicht von<lb/> Kraft und Laſt zu Grunde; hier haben wir jene Ueberwindung der<lb/> Schwere innerhalb ihrer ſelbſt (§. 557) in der erſten, einfachen Form<lb/> ihrer Vollkommenheit: es iſt noch nicht ein Hinübergreifen von Kraft<lb/> und Laſt ineinander, ſondern ein voller Gegenſchlag, der aber durch die<lb/> volle Befriedigung der Gegenſätze mit voller Ruhe endet. Am ſtrengſten<lb/> ſtellt ſich dieß im altdoriſchen Bau dar, wo alle Laſt auf die Säulen-<lb/> Axen zurückgeworfen wird, indem über dem Kapitelle der Stoß des frei-<lb/> ſchwebend tragenden Architravs, auf dieſem nach hinten die Stirn des<lb/> ebenfalls ſchwebenden, die Deckplatten tragenden Deckenbalkens, nach<lb/> vornen die Triglyphe aufliegt, die das Kranz- (Trauf-) Geſimſe und mit<lb/> ihm das Dach trägt. Ein Theil dieſer rein beſchloſſenen Wechſelwirkung<lb/> löst ſich durch die ſpätere Aufſtellung einer weiteren Triglyphe auf dem<lb/> zwiſchen den Säulen übergeſpannten Theile des Architravs, noch beſtimm-<lb/> ter im joniſchen Bau wieder auf. Dieſe reine Abrechnung zwiſchen den<lb/> fungirenden Maſſentheilen, dieſe klare Löſung von Contraſten liegt nun<lb/> bereits in der Kernform, aber ſchon in ihrer allgemeinen Hervorhebung<lb/> mußte die decorative Charakteriſtik derſelben mitberührt werden. Die<lb/> letztere, wie ſie in den Formen der Säule, des Gebälks mit ſeinen drei<lb/> Theilen: Architrav, Fries, Traufgeſims, des Dachs entwickelt iſt, muß<lb/> jedoch auch ausdrücklich gewürdigt werden. Hiefür können wir uns aber<lb/> auf §. 572 berufen, wo das Weſentliche ſchon vorgebracht iſt, auch kommen<lb/> wir im Folgenden noch einmal darauf zurück; daher hier nur einige Be-<lb/> merkungen. An Fuß, Schaft, Capitell der Säule ſind die unpaſſenden<lb/> Formen, die in Aegypten neben den der organiſchen Kunſtgeſtalt nahen<lb/> noch auftreten, beſeitigt und jene einfachen, eben in §. 572 aufgeführten<lb/> Bildungen und Glieder entwickelt. Auch das vorlaufende Mauerende der<lb/> Vor- und Hinterhalle iſt im Antentempel mit ſäulenähnlichen Motiven<lb/> zum Pfeiler ausgebildet. Die Platte (Plinthus), niedriger gebildet, ragt<lb/> jetzt über das Kapitell hervor und ſtellt dadurch nicht nur eine klare Vor-<lb/> ankündigung der wiedereintretenden Längerichtung dar, macht jener fatalen<lb/> Lücke, die der ägyptiſche Bau an dieſer Stelle zeigt, ein Ende, ſon-<lb/> dern gibt auch der Ausbildung des Frieſes Raum, indem der Deckenbalken<lb/> nicht mehr in gleicher Höhe mit dem Architrav auf dem Plinthus auf-<lb/> liegt, ſondern auf dem erſteren. Die Frage über die Herkunft aus dem<lb/> Holzbau, die an dieſer Stelle aufzunehmen wäre, überlaſſen wir der<lb/> Kunſtgeſchichte und geſtehen nur, daß die dagegen vorgebrachten Gründe<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0129]
darſtellt; der dritte die Triglyphe, als Stütze des Kranzgeſimſes die auf-
ſteigende Richtung kurz wiederholend; der vierte das vorſpringende Kranz-
geſimſe, deckend, ſchützend vor dem Regen, Dachſparrentragend, noch ein-
mal horizontal durchſchneidend; der fünfte der Abſchluß der Bewegung im
Dache. Dieſen Formen liegt nun ſtructiv das reinſte Gleichgewicht von
Kraft und Laſt zu Grunde; hier haben wir jene Ueberwindung der
Schwere innerhalb ihrer ſelbſt (§. 557) in der erſten, einfachen Form
ihrer Vollkommenheit: es iſt noch nicht ein Hinübergreifen von Kraft
und Laſt ineinander, ſondern ein voller Gegenſchlag, der aber durch die
volle Befriedigung der Gegenſätze mit voller Ruhe endet. Am ſtrengſten
ſtellt ſich dieß im altdoriſchen Bau dar, wo alle Laſt auf die Säulen-
Axen zurückgeworfen wird, indem über dem Kapitelle der Stoß des frei-
ſchwebend tragenden Architravs, auf dieſem nach hinten die Stirn des
ebenfalls ſchwebenden, die Deckplatten tragenden Deckenbalkens, nach
vornen die Triglyphe aufliegt, die das Kranz- (Trauf-) Geſimſe und mit
ihm das Dach trägt. Ein Theil dieſer rein beſchloſſenen Wechſelwirkung
löst ſich durch die ſpätere Aufſtellung einer weiteren Triglyphe auf dem
zwiſchen den Säulen übergeſpannten Theile des Architravs, noch beſtimm-
ter im joniſchen Bau wieder auf. Dieſe reine Abrechnung zwiſchen den
fungirenden Maſſentheilen, dieſe klare Löſung von Contraſten liegt nun
bereits in der Kernform, aber ſchon in ihrer allgemeinen Hervorhebung
mußte die decorative Charakteriſtik derſelben mitberührt werden. Die
letztere, wie ſie in den Formen der Säule, des Gebälks mit ſeinen drei
Theilen: Architrav, Fries, Traufgeſims, des Dachs entwickelt iſt, muß
jedoch auch ausdrücklich gewürdigt werden. Hiefür können wir uns aber
auf §. 572 berufen, wo das Weſentliche ſchon vorgebracht iſt, auch kommen
wir im Folgenden noch einmal darauf zurück; daher hier nur einige Be-
merkungen. An Fuß, Schaft, Capitell der Säule ſind die unpaſſenden
Formen, die in Aegypten neben den der organiſchen Kunſtgeſtalt nahen
noch auftreten, beſeitigt und jene einfachen, eben in §. 572 aufgeführten
Bildungen und Glieder entwickelt. Auch das vorlaufende Mauerende der
Vor- und Hinterhalle iſt im Antentempel mit ſäulenähnlichen Motiven
zum Pfeiler ausgebildet. Die Platte (Plinthus), niedriger gebildet, ragt
jetzt über das Kapitell hervor und ſtellt dadurch nicht nur eine klare Vor-
ankündigung der wiedereintretenden Längerichtung dar, macht jener fatalen
Lücke, die der ägyptiſche Bau an dieſer Stelle zeigt, ein Ende, ſon-
dern gibt auch der Ausbildung des Frieſes Raum, indem der Deckenbalken
nicht mehr in gleicher Höhe mit dem Architrav auf dem Plinthus auf-
liegt, ſondern auf dem erſteren. Die Frage über die Herkunft aus dem
Holzbau, die an dieſer Stelle aufzunehmen wäre, überlaſſen wir der
Kunſtgeſchichte und geſtehen nur, daß die dagegen vorgebrachten Gründe
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