Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852.
Diese hat sich in Indien, in Persien (Säulenkapitelle), in Aegypten §. 585. Der griechische Baustyl entwickelt sich geschichtlich (vergl. §. 531) zunächst Zu den drei Hauptstadien, die nach §. 531 aller Styl in seinen
Dieſe hat ſich in Indien, in Perſien (Säulenkapitelle), in Aegypten §. 585. Der griechiſche Bauſtyl entwickelt ſich geſchichtlich (vergl. §. 531) zunächſt Zu den drei Hauptſtadien, die nach §. 531 aller Styl in ſeinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0131" n="291"/> Dieſe hat ſich in Indien, in Perſien (Säulenkapitelle), in Aegypten<lb/> (Pfeilerſtatuen wie in Indien, Ueberſäung der Wände mit Reliefs, Mas-<lb/> kenkapitelle) mit der Baukunſt unreif vermiſcht. Sieht man nun den<lb/> griechiſchen Bau an, ſo beſtätigt ſich zunächſt an ſeinem Charakter im<lb/> Ganzen, daß die griechiſche Phantaſie eine auf das taſtende Sehen<lb/> (Plaſtik) geſtellte war. Der plaſtiſche Geiſt macht ſich hier innerhalb des<lb/> meſſenden (bauenden) in dem reinen Organismus des Ganzen geltend;<lb/> es iſt gegliedert, aber ruhig gegliedert ohne perſpectiviſche Gruppenwir-<lb/> kungen, ohne maleriſche, ſubjective Bewegtheit. Fernher und leiſe klingt<lb/> das Bild des organiſchen Leibes an (vergl. §. 558). Ebendeßwegen<lb/> aber, weil das Plaſtiſche als bloßer Geiſt, nicht in ſeiner eigentlichen<lb/> Thätigkeit in das Architektoniſche ruhig eingeſtrömt iſt, vermiſcht es jene<lb/> nicht mehr in verworrener Weiſe mit dieſem. Karyatiden, Telamonen ſind<lb/> ſelten und treten als bewußtes, freies Spiel in herrlicher Behandlung<lb/> auf. Die Plaſtik zieht ſich von Kapitellen, Wänden zurück und findet<lb/> ihren geſonderten, begrenzten Anſammlungspunct in den Verſchlußtafeln<lb/> der früheren Oeffnungen zwiſchen den Triglyphen, den Metopen, am<lb/> Frieſe der Cella und den Giebelfeldern, dieſen würdevollen Stirnen des<lb/> Dachbaus, deren Ehre dem Tempel und dem Hauſe der gefeiertſten<lb/> Sterblichen vorbehalten war. — Von dem Alles überziehenden Farben-<lb/> ſchmuck iſt zu §. 573 die Rede geweſen.</hi> </p> </div><lb/> <div n="8"> <head>§. 585.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Der griechiſche Bauſtyl entwickelt ſich geſchichtlich (vergl. §. 531) zunächſt<lb/> in zwei Hauptformen, die aber auch gleichzeitig fortbeſtehen; der ſtreng gebun-<lb/> denen, männlich ſtarken <hi rendition="#g">doriſchen</hi> und der weiblich weicheren <hi rendition="#g">joniſchen</hi>, die<lb/> das Einzelne zu ſelbſtändigerer Freiheit entläßt und feiner durchbildet. Der<lb/> ſpätere, reiche Styl erzeugt aus einer Verbindung dieſer Formen eine dritte,<lb/> die er mit einem an Aegypten erinnernden Zuſatze von Pracht umgibt: die<lb/><hi rendition="#g">korinthiſche</hi>.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Zu den drei Hauptſtadien, die nach §. 531 aller Styl in ſeinen<lb/> Entwicklungsſtufen durchläuft, verhalten ſich die Bauſtyle ſo, daß die<lb/><hi rendition="#g">beiden</hi> dort zuerſt aufgeſtellten: ſtrenger, harter und hoher oder erhaben<lb/> ſchöner Styl in der Baukunſt noch das Doriſche in ſich begreift, das ſich<lb/> in eine härtere Form, die altdoriſche (mit den ſtämmigeren Säulen u. ſ. w.),<lb/> und in die gemilderte der perikleiſchen Zeit unterſcheidet; was in §. 531<lb/> einfach ſchön, reizend, rührend heißt, gilt vom joniſchen, und das zuletzt<lb/> genannte, dort als ein Uebergang der letzteren Stylform bezeichnete Sta-<lb/> dium der Prachtliebe u. ſ. w. gilt, nur nicht in dem ſchon beſtimmt<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [291/0131]
Dieſe hat ſich in Indien, in Perſien (Säulenkapitelle), in Aegypten
(Pfeilerſtatuen wie in Indien, Ueberſäung der Wände mit Reliefs, Mas-
kenkapitelle) mit der Baukunſt unreif vermiſcht. Sieht man nun den
griechiſchen Bau an, ſo beſtätigt ſich zunächſt an ſeinem Charakter im
Ganzen, daß die griechiſche Phantaſie eine auf das taſtende Sehen
(Plaſtik) geſtellte war. Der plaſtiſche Geiſt macht ſich hier innerhalb des
meſſenden (bauenden) in dem reinen Organismus des Ganzen geltend;
es iſt gegliedert, aber ruhig gegliedert ohne perſpectiviſche Gruppenwir-
kungen, ohne maleriſche, ſubjective Bewegtheit. Fernher und leiſe klingt
das Bild des organiſchen Leibes an (vergl. §. 558). Ebendeßwegen
aber, weil das Plaſtiſche als bloßer Geiſt, nicht in ſeiner eigentlichen
Thätigkeit in das Architektoniſche ruhig eingeſtrömt iſt, vermiſcht es jene
nicht mehr in verworrener Weiſe mit dieſem. Karyatiden, Telamonen ſind
ſelten und treten als bewußtes, freies Spiel in herrlicher Behandlung
auf. Die Plaſtik zieht ſich von Kapitellen, Wänden zurück und findet
ihren geſonderten, begrenzten Anſammlungspunct in den Verſchlußtafeln
der früheren Oeffnungen zwiſchen den Triglyphen, den Metopen, am
Frieſe der Cella und den Giebelfeldern, dieſen würdevollen Stirnen des
Dachbaus, deren Ehre dem Tempel und dem Hauſe der gefeiertſten
Sterblichen vorbehalten war. — Von dem Alles überziehenden Farben-
ſchmuck iſt zu §. 573 die Rede geweſen.
§. 585.
Der griechiſche Bauſtyl entwickelt ſich geſchichtlich (vergl. §. 531) zunächſt
in zwei Hauptformen, die aber auch gleichzeitig fortbeſtehen; der ſtreng gebun-
denen, männlich ſtarken doriſchen und der weiblich weicheren joniſchen, die
das Einzelne zu ſelbſtändigerer Freiheit entläßt und feiner durchbildet. Der
ſpätere, reiche Styl erzeugt aus einer Verbindung dieſer Formen eine dritte,
die er mit einem an Aegypten erinnernden Zuſatze von Pracht umgibt: die
korinthiſche.
Zu den drei Hauptſtadien, die nach §. 531 aller Styl in ſeinen
Entwicklungsſtufen durchläuft, verhalten ſich die Bauſtyle ſo, daß die
beiden dort zuerſt aufgeſtellten: ſtrenger, harter und hoher oder erhaben
ſchöner Styl in der Baukunſt noch das Doriſche in ſich begreift, das ſich
in eine härtere Form, die altdoriſche (mit den ſtämmigeren Säulen u. ſ. w.),
und in die gemilderte der perikleiſchen Zeit unterſcheidet; was in §. 531
einfach ſchön, reizend, rührend heißt, gilt vom joniſchen, und das zuletzt
genannte, dort als ein Uebergang der letzteren Stylform bezeichnete Sta-
dium der Prachtliebe u. ſ. w. gilt, nur nicht in dem ſchon beſtimmt
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