Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852.
kann, namentlich an den Thon-Gefäßen. Und nach dieser Kunst führt 3. Das Gebiet, das wir hier überblickt haben, bildet einen Theil
kann, namentlich an den Thon-Gefäßen. Und nach dieſer Kunſt führt 3. Das Gebiet, das wir hier überblickt haben, bildet einen Theil <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0176" n="336"/> kann, namentlich an den Thon-Gefäßen. Und nach dieſer Kunſt führt<lb/> noch ein anderes großes Gebiet hinüber: die Weberei, Wirkerei, Stickerei<lb/> von Stoffzeugen und die Bekleidung der innern Architektur und der<lb/> Möbel mit denſelben. Die Farbe iſt in der Verfertigung dieſer Stoffe<lb/> allerdings das Haupt-Augenmerk, doch wird ſich die Zeichnung vorherr-<lb/> ſchend in architektoniſchen Motiven und architektoniſch ſtyliſirten Pflanzen-<lb/> formen bewegen; die einfachſten jener Motive ſind jene uralten Linien-<lb/> ſpiele des Mäanders, der Würfelzuſammenſtellung u. dgl., welche von<lb/> der im älteſten Zuſtande zu Verſchließung der Räume berufenen Technik<lb/> ausgingen, der Matten- und Teppichwirkerei (vergl. §. 573, <hi rendition="#sub">1.</hi> Anmerk.).<lb/> Weiterhin trat der Teppich ſeine urſprüngliche Beſtimmung größtentheils<lb/> an die Wandmalerei, in der neuern Zeit auch an die todte Papiertapete<lb/> ab und diente mehr zur Ueberkleidung einzelner Theile des architektoniſchen<lb/> Raums. Werden nun mit den Teppichen und andern Stoffzeugen die<lb/> innern Räume bekleidet, drapirt, die gepolſterten Möbel überſpannt, ſo<lb/> iſt dabei eines Theils weſentlich ebenfalls auf Farben-Harmonie zu ſehen,<lb/> aber nur ebenſo wie in der Polychromie der Architektur; nach der andern<lb/> Seite handelt es ſich von der Form und in dieſer Beziehung erinnert das<lb/> Geſchäft des Sattlers, Decorateurs zwar an die Faltengebung in der<lb/> Plaſtik, aber der zu überkleidende Körper iſt ja hier ein architektoniſcher<lb/> und ſo wird mehr ein Gefühl räumlicher Harmonie im Großen verlangt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">3. Das Gebiet, das wir hier überblickt haben, bildet einen Theil<lb/> der Culturformen, die uns in anderem Zuſammenhang, nämlich als eine<lb/> weſentliche Seite des geſchichtlichen Lebens, wie es <hi rendition="#g">Stoff</hi> der Phantaſie<lb/> und Kunſt wird, durch die Haupt-Epochen der geſchichtlichen Schönheit in<lb/> Th. <hi rendition="#aq">II,</hi> Abſchn. 1 <hi rendition="#aq">C, b.</hi> begleitet haben. Nunmehr, da wir ſie nicht mehr<lb/> als Stoff, ſondern als Theile der Kunſtthätigkeit ſelbſt vor uns haben,<lb/> erkennen wir ihren tiefen Zuſammenhang nicht nur mit dem Bildungs-<lb/> zuſtande der Völker überhaupt, ſondern beſtimmter mit der Stufe ihrer<lb/> Kunſt, und zwar iſt gemäß der aufgezeigten Natur dieſes Gebiets, ſo<lb/> vielfach die Objecte auch in die Bildhauerei und Malerei hinüberragen,<lb/> das Beſtimmende, Tongebende ſpezieller die Baukunſt. Ihrem Style folgt<lb/> im Großen und Ganzen dieſe Formenwelt. Die Aeſthetik, hier noth-<lb/> wendig auf das Prinzipielle ſich einſchränkend, hat daher nur auszuſprechen,<lb/> daß mit den geſchichtlichen Hauptformen der Architektur auch der allge-<lb/> meine Styl-Charakter dieſer Zweige geſchildert iſt. Die bunte, übervolle<lb/> Pracht des Orients, die edle, den Zweck in der Kunſtform einfach aus-<lb/> ſprechende Einfalt der Griechen, die kryſtalliſch-polygoniſche, mit vielen<lb/> Spitzen in die Höhe ſtrebende, reich und weit über den Zuſammenhang<lb/> mit dem Zweck hinaus ornamentirende Technik des Mittelalters, ausge-<lb/> bildet unter Einflüſſen des Mauriſchen, deſſen Bauſtyl ſelbſt ſchon in lauter<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [336/0176]
kann, namentlich an den Thon-Gefäßen. Und nach dieſer Kunſt führt
noch ein anderes großes Gebiet hinüber: die Weberei, Wirkerei, Stickerei
von Stoffzeugen und die Bekleidung der innern Architektur und der
Möbel mit denſelben. Die Farbe iſt in der Verfertigung dieſer Stoffe
allerdings das Haupt-Augenmerk, doch wird ſich die Zeichnung vorherr-
ſchend in architektoniſchen Motiven und architektoniſch ſtyliſirten Pflanzen-
formen bewegen; die einfachſten jener Motive ſind jene uralten Linien-
ſpiele des Mäanders, der Würfelzuſammenſtellung u. dgl., welche von
der im älteſten Zuſtande zu Verſchließung der Räume berufenen Technik
ausgingen, der Matten- und Teppichwirkerei (vergl. §. 573, 1. Anmerk.).
Weiterhin trat der Teppich ſeine urſprüngliche Beſtimmung größtentheils
an die Wandmalerei, in der neuern Zeit auch an die todte Papiertapete
ab und diente mehr zur Ueberkleidung einzelner Theile des architektoniſchen
Raums. Werden nun mit den Teppichen und andern Stoffzeugen die
innern Räume bekleidet, drapirt, die gepolſterten Möbel überſpannt, ſo
iſt dabei eines Theils weſentlich ebenfalls auf Farben-Harmonie zu ſehen,
aber nur ebenſo wie in der Polychromie der Architektur; nach der andern
Seite handelt es ſich von der Form und in dieſer Beziehung erinnert das
Geſchäft des Sattlers, Decorateurs zwar an die Faltengebung in der
Plaſtik, aber der zu überkleidende Körper iſt ja hier ein architektoniſcher
und ſo wird mehr ein Gefühl räumlicher Harmonie im Großen verlangt.
3. Das Gebiet, das wir hier überblickt haben, bildet einen Theil
der Culturformen, die uns in anderem Zuſammenhang, nämlich als eine
weſentliche Seite des geſchichtlichen Lebens, wie es Stoff der Phantaſie
und Kunſt wird, durch die Haupt-Epochen der geſchichtlichen Schönheit in
Th. II, Abſchn. 1 C, b. begleitet haben. Nunmehr, da wir ſie nicht mehr
als Stoff, ſondern als Theile der Kunſtthätigkeit ſelbſt vor uns haben,
erkennen wir ihren tiefen Zuſammenhang nicht nur mit dem Bildungs-
zuſtande der Völker überhaupt, ſondern beſtimmter mit der Stufe ihrer
Kunſt, und zwar iſt gemäß der aufgezeigten Natur dieſes Gebiets, ſo
vielfach die Objecte auch in die Bildhauerei und Malerei hinüberragen,
das Beſtimmende, Tongebende ſpezieller die Baukunſt. Ihrem Style folgt
im Großen und Ganzen dieſe Formenwelt. Die Aeſthetik, hier noth-
wendig auf das Prinzipielle ſich einſchränkend, hat daher nur auszuſprechen,
daß mit den geſchichtlichen Hauptformen der Architektur auch der allge-
meine Styl-Charakter dieſer Zweige geſchildert iſt. Die bunte, übervolle
Pracht des Orients, die edle, den Zweck in der Kunſtform einfach aus-
ſprechende Einfalt der Griechen, die kryſtalliſch-polygoniſche, mit vielen
Spitzen in die Höhe ſtrebende, reich und weit über den Zuſammenhang
mit dem Zweck hinaus ornamentirende Technik des Mittelalters, ausge-
bildet unter Einflüſſen des Mauriſchen, deſſen Bauſtyl ſelbſt ſchon in lauter
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