Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,3. Stuttgart, 1854.
Orte), geschichtliches Bild. So gruppiren sich hier klarer und einfacher §. 697. 1. Bestimmter, als in der Bildnerkunst, tritt in diesen Unterschieden aller- 1. Wir haben gesehen, wie die Malerei an der Grenze der bildenden
Orte), geſchichtliches Bild. So gruppiren ſich hier klarer und einfacher §. 697. 1. Beſtimmter, als in der Bildnerkunſt, tritt in dieſen Unterſchieden aller- 1. Wir haben geſehen, wie die Malerei an der Grenze der bildenden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0154" n="646"/> Orte), geſchichtliches Bild. So gruppiren ſich hier klarer und einfacher<lb/> die in §. 403 aufgeführten Unterſchiede; in der Dichtkunſt wird ſich die<lb/> Sache wieder anders ſtellen. Dieſe Eintheilung zeigt ſich aber als eine<lb/> ganz organiſche, wenn man bedenkt, daß im Sittenbilde der Menſch unter<lb/> dem Standpuncte des Seins, der Zuſtändlichkeit aufgefaßt wird, welcher<lb/> in ſeiner Reinheit der Standpunct des landſchaftlichen Gebiets iſt; nun<lb/> haben wir zwei Extreme: Natur gleich Sein, Zuſtand, Menſch gleich<lb/> Geiſt, That, und eine Mitte zwiſchen beiden: der Menſch als Naturweſen,<lb/> Kind der Gewohnheit, des Zuſtands. Daß das Thierſtück ſich dieſer Mitte<lb/> von vornen anſchließt, bedarf keiner weiteren Erläuterung; man kann es<lb/> auch als eine weitere, untergeordnete Mitte auffaſſen, nämlich zwiſchen<lb/> Landſchaft und Sittenbild, doch iſt es beſſer, als logiſch entſcheidend das<lb/> durchzuführen, was die Anordnung vereinfacht. Wie das Portrait an der<lb/> andern Seite dieſer Mitte ſteht und bald mehr nach dem Sittenbilde, bald<lb/> mehr nach dem geſchichtlichen hinweist, wird ſeines Orts genauer nachge-<lb/> wieſen werden. — Nun ſind von der innern Einheit in dieſer Theilung<lb/> noch zu unterſcheiden die mannigfachen Verbindungen zwiſchen den Zwei-<lb/> gen, welche darin beſtehen, daß ein Stück von dem einen ſich dem andern<lb/> zugeſellt; da ſind natürlich verſchiedene Grade der Geltung und Ausdeh-<lb/> nung des Zugeſellten möglich, aber ein jedes Gemälde muß doch unzwei-<lb/> felhaft dem einen oder andern Zweig angehören; daher darf ſich das<lb/> Zugeſellte nicht ſo weit ausdehnen, daß es in gleiche Höhe der Geltung<lb/> mit der Hauptaufgabe tritt, ſonſt wird das erſte Geſetz der Compoſition,<lb/> die Einheit, zerriſſen, das Intereſſe zertheilt. Bedeutung und Gewicht<lb/> dieſes Satzes wird in der folgenden Darſtellung der Zweige ſich erweiſen.</hi> </p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 697.</head><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#b">1.</hi> </note> <p> <hi rendition="#fr">Beſtimmter, als in der Bildnerkunſt, tritt in dieſen Unterſchieden aller-<lb/> dings auch das Theilungsprinzip zu Tage, das ſich auf die Verbindung der<lb/> bildenden Phantaſie mit der <hi rendition="#g">empfindenden</hi> und <hi rendition="#g">dichtenden</hi> gründet<lb/><note place="left">2.</note>(vergl. §. 404). In der Unter-Eintheilung der Zweige kommt zu den übrigen<lb/> Bedingungen (vergl. §. 540) der Gegenſatz der Style.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Wir haben geſehen, wie die Malerei an der Grenze der bildenden<lb/> Kunſt ſteht, indem in die Grundbeſtimmung des Objectiven hier das<lb/> Subjective bis nahe zur Auflöſung deſſelben eindringt (§. 659). Es<lb/> läßt ſich dieß bereits als ein relativer Uebertritt der bildenden Phantaſie<lb/> auf den Boden der empfindenden und dichtenden auffaſſen (vgl. §. 539):<lb/> die Malerei als ganze Kunſt nähert ſich dem Muſikaliſchen, dem Lyriſchen<lb/> und neigt (vergl. §. 684) ſchon ſtark zum Dramatiſchen. Nun haben<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [646/0154]
Orte), geſchichtliches Bild. So gruppiren ſich hier klarer und einfacher
die in §. 403 aufgeführten Unterſchiede; in der Dichtkunſt wird ſich die
Sache wieder anders ſtellen. Dieſe Eintheilung zeigt ſich aber als eine
ganz organiſche, wenn man bedenkt, daß im Sittenbilde der Menſch unter
dem Standpuncte des Seins, der Zuſtändlichkeit aufgefaßt wird, welcher
in ſeiner Reinheit der Standpunct des landſchaftlichen Gebiets iſt; nun
haben wir zwei Extreme: Natur gleich Sein, Zuſtand, Menſch gleich
Geiſt, That, und eine Mitte zwiſchen beiden: der Menſch als Naturweſen,
Kind der Gewohnheit, des Zuſtands. Daß das Thierſtück ſich dieſer Mitte
von vornen anſchließt, bedarf keiner weiteren Erläuterung; man kann es
auch als eine weitere, untergeordnete Mitte auffaſſen, nämlich zwiſchen
Landſchaft und Sittenbild, doch iſt es beſſer, als logiſch entſcheidend das
durchzuführen, was die Anordnung vereinfacht. Wie das Portrait an der
andern Seite dieſer Mitte ſteht und bald mehr nach dem Sittenbilde, bald
mehr nach dem geſchichtlichen hinweist, wird ſeines Orts genauer nachge-
wieſen werden. — Nun ſind von der innern Einheit in dieſer Theilung
noch zu unterſcheiden die mannigfachen Verbindungen zwiſchen den Zwei-
gen, welche darin beſtehen, daß ein Stück von dem einen ſich dem andern
zugeſellt; da ſind natürlich verſchiedene Grade der Geltung und Ausdeh-
nung des Zugeſellten möglich, aber ein jedes Gemälde muß doch unzwei-
felhaft dem einen oder andern Zweig angehören; daher darf ſich das
Zugeſellte nicht ſo weit ausdehnen, daß es in gleiche Höhe der Geltung
mit der Hauptaufgabe tritt, ſonſt wird das erſte Geſetz der Compoſition,
die Einheit, zerriſſen, das Intereſſe zertheilt. Bedeutung und Gewicht
dieſes Satzes wird in der folgenden Darſtellung der Zweige ſich erweiſen.
§. 697.
Beſtimmter, als in der Bildnerkunſt, tritt in dieſen Unterſchieden aller-
dings auch das Theilungsprinzip zu Tage, das ſich auf die Verbindung der
bildenden Phantaſie mit der empfindenden und dichtenden gründet
(vergl. §. 404). In der Unter-Eintheilung der Zweige kommt zu den übrigen
Bedingungen (vergl. §. 540) der Gegenſatz der Style.
1. Wir haben geſehen, wie die Malerei an der Grenze der bildenden
Kunſt ſteht, indem in die Grundbeſtimmung des Objectiven hier das
Subjective bis nahe zur Auflöſung deſſelben eindringt (§. 659). Es
läßt ſich dieß bereits als ein relativer Uebertritt der bildenden Phantaſie
auf den Boden der empfindenden und dichtenden auffaſſen (vgl. §. 539):
die Malerei als ganze Kunſt nähert ſich dem Muſikaliſchen, dem Lyriſchen
und neigt (vergl. §. 684) ſchon ſtark zum Dramatiſchen. Nun haben
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