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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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vielleicht erleben wir's, geben Sie Acht, -- und nun
nichts mehr zu sehnen ist, so werden sie frivol werden,
die Hände reiben und sagen: unsere Heere haben's
ja besorgt, seien wir jetzt recht gemeine Genuß- und
Geldhunde mit ausgestreckter Zunge --"

Ich erschrack, wollte es nicht glauben, und erschrack
doch.

Und an dieser Stelle angelangt, erlaube mir der
Leser eine kurze Unterbrechung. Seit es nach und nach kam,
wie es nun gekommen, seit Unehrlichkeit, Betrug, Fäl¬
schung, Fäulniß so mancher Art tiefer und tiefer in das
Blut unserer Nation sich einfrißt, muß ich täglich dieser
Prophetenworte gedenken. Ja ich bekenne, vielleicht hätte
ich trotz meinem Vorsatz es doch unterlassen, den unbe¬
quemen Sonderling zu schildern, wenn nicht diese Weis¬
sagung zu melden wäre, die so leidig eingetroffen ist.

A. E. legte mir, den er sehr nachdenklich sah, jetzt
die Hand auf den Arm und sagte: "Nehmen wir's
auch nicht zu schwer; eine anständige Minorität wird
bleiben, eine Nation kann so was überdauern; es be¬
darf dann ein großes Unglück und das wird kommen
in einem neuen Krieg, dann werden wir uns aufraffen
müssen, die letzte Faser daran setzen und dann wird's
wieder besser und recht werden."

Ob auch dieß in Erfüllung gehen wird?

A. E. wurde, als dieser schwer lastende Ernst
heraus war, wirklich munter, er gerieth, redselig auf¬

vielleicht erleben wir's, geben Sie Acht, — und nun
nichts mehr zu ſehnen iſt, ſo werden ſie frivol werden,
die Hände reiben und ſagen: unſere Heere haben's
ja beſorgt, ſeien wir jetzt recht gemeine Genuß- und
Geldhunde mit ausgeſtreckter Zunge —“

Ich erſchrack, wollte es nicht glauben, und erſchrack
doch.

Und an dieſer Stelle angelangt, erlaube mir der
Leſer eine kurze Unterbrechung. Seit es nach und nach kam,
wie es nun gekommen, ſeit Unehrlichkeit, Betrug, Fäl¬
ſchung, Fäulniß ſo mancher Art tiefer und tiefer in das
Blut unſerer Nation ſich einfrißt, muß ich täglich dieſer
Prophetenworte gedenken. Ja ich bekenne, vielleicht hätte
ich trotz meinem Vorſatz es doch unterlaſſen, den unbe¬
quemen Sonderling zu ſchildern, wenn nicht dieſe Weiſ¬
ſagung zu melden wäre, die ſo leidig eingetroffen iſt.

A. E. legte mir, den er ſehr nachdenklich ſah, jetzt
die Hand auf den Arm und ſagte: „Nehmen wir's
auch nicht zu ſchwer; eine anſtändige Minorität wird
bleiben, eine Nation kann ſo was überdauern; es be¬
darf dann ein großes Unglück und das wird kommen
in einem neuen Krieg, dann werden wir uns aufraffen
müſſen, die letzte Faſer daran ſetzen und dann wird's
wieder beſſer und recht werden.“

Ob auch dieß in Erfüllung gehen wird?

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[88/0101] vielleicht erleben wir's, geben Sie Acht, — und nun nichts mehr zu ſehnen iſt, ſo werden ſie frivol werden, die Hände reiben und ſagen: unſere Heere haben's ja beſorgt, ſeien wir jetzt recht gemeine Genuß- und Geldhunde mit ausgeſtreckter Zunge —“ Ich erſchrack, wollte es nicht glauben, und erſchrack doch. Und an dieſer Stelle angelangt, erlaube mir der Leſer eine kurze Unterbrechung. Seit es nach und nach kam, wie es nun gekommen, ſeit Unehrlichkeit, Betrug, Fäl¬ ſchung, Fäulniß ſo mancher Art tiefer und tiefer in das Blut unſerer Nation ſich einfrißt, muß ich täglich dieſer Prophetenworte gedenken. Ja ich bekenne, vielleicht hätte ich trotz meinem Vorſatz es doch unterlaſſen, den unbe¬ quemen Sonderling zu ſchildern, wenn nicht dieſe Weiſ¬ ſagung zu melden wäre, die ſo leidig eingetroffen iſt. A. E. legte mir, den er ſehr nachdenklich ſah, jetzt die Hand auf den Arm und ſagte: „Nehmen wir's auch nicht zu ſchwer; eine anſtändige Minorität wird bleiben, eine Nation kann ſo was überdauern; es be¬ darf dann ein großes Unglück und das wird kommen in einem neuen Krieg, dann werden wir uns aufraffen müſſen, die letzte Faſer daran ſetzen und dann wird's wieder beſſer und recht werden.“ Ob auch dieß in Erfüllung gehen wird? A. E. wurde, als dieſer ſchwer laſtende Ernſt heraus war, wirklich munter, er gerieth, redſelig auf¬

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/101>, abgerufen am 22.12.2024.