in dieser Fabrik gemacht worden: die durch Schlagen, Sprengen hervorgebrachte Form wurde durch Schleifen auf Granit, auf harten Quarzen geglättet, regel¬ mäßiger gebildet, die Zähne der Säge wurden durch feilenartige Handhabung desselben Gesteins geschärft, Alles bekam eine Präzision und Brauchbarkeit, die man bis dahin bitter vermißt hatte, doch länger konnte man freilich die Säge, härter Waffe und Meißel nicht machen. Unbestimmte Ahnungen von künftigen, noch größeren Fortschritten schwebten aber Ullins denkendem Kopfe vor und es war sein Lieblingsgedanke geworden, seinen Sohn in diese große Bahn einzuschieben. Mit der Schnur- und Fadenfabrik in dem näheren Turik schien es ihm weniger Ernst zu sein, denn sein Alpin, obwohl eine stille Natur, hatte bei früheren Anläufen eine noch stärkere Abneigung gegen diese Art von Ar¬ beit an den Tag gelegt und der Vater selbst dachte sich in Wahrheit seinen Sohn lieber in einem lustigen Schlag- und Klopfwerk, als in einem dumpfen Gemache voll Flachsgeruch und surrenden Häspeln. Aber auch gegen den andern Vorschlag sträubte sich der Sohn heute wie immer, ja heftiger als jemals. Denn, ge¬ reizt wie er von Sigunen herkam, war er sich eben jetzt recht bewußt, daß sein Stand auch seine Ehre habe, und wollte ein Fabrikant so wenig werden wie ein Jäger. Stand dürfen wir sagen, denn allerdings war auch das Viehhüten in jener Zeit schon zum be¬
in dieſer Fabrik gemacht worden: die durch Schlagen, Sprengen hervorgebrachte Form wurde durch Schleifen auf Granit, auf harten Quarzen geglättet, regel¬ mäßiger gebildet, die Zähne der Säge wurden durch feilenartige Handhabung deſſelben Geſteins geſchärft, Alles bekam eine Präziſion und Brauchbarkeit, die man bis dahin bitter vermißt hatte, doch länger konnte man freilich die Säge, härter Waffe und Meißel nicht machen. Unbeſtimmte Ahnungen von künftigen, noch größeren Fortſchritten ſchwebten aber Ullins denkendem Kopfe vor und es war ſein Lieblingsgedanke geworden, ſeinen Sohn in dieſe große Bahn einzuſchieben. Mit der Schnur- und Fadenfabrik in dem näheren Turik ſchien es ihm weniger Ernſt zu ſein, denn ſein Alpin, obwohl eine ſtille Natur, hatte bei früheren Anläufen eine noch ſtärkere Abneigung gegen dieſe Art von Ar¬ beit an den Tag gelegt und der Vater ſelbſt dachte ſich in Wahrheit ſeinen Sohn lieber in einem luſtigen Schlag- und Klopfwerk, als in einem dumpfen Gemache voll Flachsgeruch und ſurrenden Häſpeln. Aber auch gegen den andern Vorſchlag ſträubte ſich der Sohn heute wie immer, ja heftiger als jemals. Denn, ge¬ reizt wie er von Sigunen herkam, war er ſich eben jetzt recht bewußt, daß ſein Stand auch ſeine Ehre habe, und wollte ein Fabrikant ſo wenig werden wie ein Jäger. Stand dürfen wir ſagen, denn allerdings war auch das Viehhüten in jener Zeit ſchon zum be¬
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in dieſer Fabrik gemacht worden: die durch Schlagen,
Sprengen hervorgebrachte Form wurde durch Schleifen
auf Granit, auf harten Quarzen geglättet, regel¬
mäßiger gebildet, die Zähne der Säge wurden durch
feilenartige Handhabung deſſelben Geſteins geſchärft,
Alles bekam eine Präziſion und Brauchbarkeit, die man
bis dahin bitter vermißt hatte, doch länger konnte
man freilich die Säge, härter Waffe und Meißel nicht
machen. Unbeſtimmte Ahnungen von künftigen, noch
größeren Fortſchritten ſchwebten aber Ullins denkendem
Kopfe vor und es war ſein Lieblingsgedanke geworden,
ſeinen Sohn in dieſe große Bahn einzuſchieben. Mit
der Schnur- und Fadenfabrik in dem näheren Turik
ſchien es ihm weniger Ernſt zu ſein, denn ſein Alpin,
obwohl eine ſtille Natur, hatte bei früheren Anläufen
eine noch ſtärkere Abneigung gegen dieſe Art von Ar¬
beit an den Tag gelegt und der Vater ſelbſt dachte
ſich in Wahrheit ſeinen Sohn lieber in einem luſtigen
Schlag- und Klopfwerk, als in einem dumpfen Gemache
voll Flachsgeruch und ſurrenden Häſpeln. Aber auch
gegen den andern Vorſchlag ſträubte ſich der Sohn
heute wie immer, ja heftiger als jemals. Denn, ge¬
reizt wie er von Sigunen herkam, war er ſich eben
jetzt recht bewußt, daß ſein Stand auch ſeine Ehre
habe, und wollte ein Fabrikant ſo wenig werden wie
ein Jäger. Stand dürfen wir ſagen, denn allerdings
war auch das Viehhüten in jener Zeit ſchon zum be¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/157>, abgerufen am 22.12.2024.
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