das Geistlichwerden. Der erste, allein schon entschei¬ dende, war: er mochte überhaupt nicht. Warum? Das konnte er nicht so recht erklären. Das eine Mal sagte er, der lange weiße Rock sei ihm zu vornehm, er bleibe lieber in seiner Juppe von Schafpelz; das andere Mal: die geistlichen Herren wissen Alles so gar gewiß, davor sei ihm bange. Kurz, er respektirte die Priester, mochte aber keiner werden. Nun kam aber freilich noch ein Grund, den er selbst der lieben Mutter nicht gestehen mochte. Die geistlichen Herren durften nicht heirathen. Die Mutter aber fieng an, zu merken, und als sie deutlicher und deutlicher merkte, stand sie sanft von ihrem Zureden ab, denn sie war Sigunen gut, sie mochte das frische Mädchen gar gerne leiden. Der Sohn merkte, daß sie merkte und nicht ungern sah, und als sie starb, betrauerte er in ihr nicht nur die Mutter, sondern auch eine Stütze für den Wunsch seines Herzens.
Davon konnte er nun dem Vater, wie er ihn kannte, kein Wörtchen sagen. Der Mann, der so weit hinaus wollte mit dem Sohn, was war von dem zu erwarten, wenn er ihm sein Herz eröffnete! Es mußte freilich um jene Zeit auch dem Vater schon zugetragen sein, was in der Gemeinde kein Geheimniß mehr war. Er hatte nicht darauf geachtet, weil er nicht hatte achten wollen; er hatte beschlossen, es für eine Jugendspielerei anzusehen und todtzuschweigen.
das Geiſtlichwerden. Der erſte, allein ſchon entſchei¬ dende, war: er mochte überhaupt nicht. Warum? Das konnte er nicht ſo recht erklären. Das eine Mal ſagte er, der lange weiße Rock ſei ihm zu vornehm, er bleibe lieber in ſeiner Juppe von Schafpelz; das andere Mal: die geiſtlichen Herren wiſſen Alles ſo gar gewiß, davor ſei ihm bange. Kurz, er reſpektirte die Prieſter, mochte aber keiner werden. Nun kam aber freilich noch ein Grund, den er ſelbſt der lieben Mutter nicht geſtehen mochte. Die geiſtlichen Herren durften nicht heirathen. Die Mutter aber fieng an, zu merken, und als ſie deutlicher und deutlicher merkte, ſtand ſie ſanft von ihrem Zureden ab, denn ſie war Sigunen gut, ſie mochte das friſche Mädchen gar gerne leiden. Der Sohn merkte, daß ſie merkte und nicht ungern ſah, und als ſie ſtarb, betrauerte er in ihr nicht nur die Mutter, ſondern auch eine Stütze für den Wunſch ſeines Herzens.
Davon konnte er nun dem Vater, wie er ihn kannte, kein Wörtchen ſagen. Der Mann, der ſo weit hinaus wollte mit dem Sohn, was war von dem zu erwarten, wenn er ihm ſein Herz eröffnete! Es mußte freilich um jene Zeit auch dem Vater ſchon zugetragen ſein, was in der Gemeinde kein Geheimniß mehr war. Er hatte nicht darauf geachtet, weil er nicht hatte achten wollen; er hatte beſchloſſen, es für eine Jugendſpielerei anzuſehen und todtzuſchweigen.
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das Geiſtlichwerden. Der erſte, allein ſchon entſchei¬
dende, war: er mochte überhaupt nicht. Warum?
Das konnte er nicht ſo recht erklären. Das eine Mal
ſagte er, der lange weiße Rock ſei ihm zu vornehm,
er bleibe lieber in ſeiner Juppe von Schafpelz; das
andere Mal: die geiſtlichen Herren wiſſen Alles ſo
gar gewiß, davor ſei ihm bange. Kurz, er reſpektirte
die Prieſter, mochte aber keiner werden. Nun kam
aber freilich noch ein Grund, den er ſelbſt der lieben
Mutter nicht geſtehen mochte. Die geiſtlichen Herren
durften nicht heirathen. Die Mutter aber fieng an,
zu merken, und als ſie deutlicher und deutlicher merkte,
ſtand ſie ſanft von ihrem Zureden ab, denn ſie war
Sigunen gut, ſie mochte das friſche Mädchen gar gerne
leiden. Der Sohn merkte, daß ſie merkte und nicht
ungern ſah, und als ſie ſtarb, betrauerte er in ihr
nicht nur die Mutter, ſondern auch eine Stütze für
den Wunſch ſeines Herzens.
Davon konnte er nun dem Vater, wie er ihn
kannte, kein Wörtchen ſagen. Der Mann, der ſo weit
hinaus wollte mit dem Sohn, was war von dem zu
erwarten, wenn er ihm ſein Herz eröffnete! Es mußte
freilich um jene Zeit auch dem Vater ſchon zugetragen
ſein, was in der Gemeinde kein Geheimniß mehr war.
Er hatte nicht darauf geachtet, weil er nicht hatte achten
wollen; er hatte beſchloſſen, es für eine Jugendſpielerei
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/164>, abgerufen am 22.12.2024.
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