wie einst vielleicht -- -- man schauderte, denn man kannte diese Gefahr, wie sie nicht bloß vom Feinde drohte; strenge Gesetze hüteten ängstlich das Feuer; wenn Föhn kam, gieng der Bittel um und sah strenge nach, ob es auf jedem Herd richtig ausgethan sei. Doch viel größer als der Schauer war das Staunen, das Gefühl des Dunkels, der Reiz, die Begierde, es gelichtet zu sehen. Zwar könnte man meinen, es sei doch keine schwere Aufgabe für die Fassungskraft der Verwunderten gewesen, sich vorzustellen: der Seegrund lag einst tiefer, ein Pfahldorf stand darauf, brannte ab, der Seegrund stieg mit der Zeit durch neue Schlammschichten und in der neuesten stehen die Pfähle der jetzigen Gemeinde. Aber man versetze sich billig in den Kopf eines Pfahlbewohners! Dann versenke man sich in den Gedanken: Kulturperioden! Ungeheure Zeiträume! Ewiger Wechsel! Man werfe nur einen Blick in die Perspektive der Betrachtungen, die sich daran knüpfen, und man wird begreiflich finden, daß die Geister gründlich verwirrt, beunruhigt, ja durch¬ schauert waren. -- Dem Druiden hatte man gleich im Beginn Anzeige von diesen Fünden gemacht: er verhielt sich abweisend, verdrießlich; er kam nicht zur Ausgrabung; er wollte nichts davon wissen. Auch die geregelten alten Huster, die wir erwähnt haben, schüttelten mißlaunisch, mißtrauisch die Köpfe zu der räthselhaften Entdeckung. Das ärgerte nach und nach
wie einſt vielleicht — — man ſchauderte, denn man kannte dieſe Gefahr, wie ſie nicht bloß vom Feinde drohte; ſtrenge Geſetze hüteten ängſtlich das Feuer; wenn Föhn kam, gieng der Bittel um und ſah ſtrenge nach, ob es auf jedem Herd richtig ausgethan ſei. Doch viel größer als der Schauer war das Staunen, das Gefühl des Dunkels, der Reiz, die Begierde, es gelichtet zu ſehen. Zwar könnte man meinen, es ſei doch keine ſchwere Aufgabe für die Faſſungskraft der Verwunderten geweſen, ſich vorzuſtellen: der Seegrund lag einſt tiefer, ein Pfahldorf ſtand darauf, brannte ab, der Seegrund ſtieg mit der Zeit durch neue Schlammſchichten und in der neueſten ſtehen die Pfähle der jetzigen Gemeinde. Aber man verſetze ſich billig in den Kopf eines Pfahlbewohners! Dann verſenke man ſich in den Gedanken: Kulturperioden! Ungeheure Zeiträume! Ewiger Wechſel! Man werfe nur einen Blick in die Perſpektive der Betrachtungen, die ſich daran knüpfen, und man wird begreiflich finden, daß die Geiſter gründlich verwirrt, beunruhigt, ja durch¬ ſchauert waren. — Dem Druiden hatte man gleich im Beginn Anzeige von dieſen Fünden gemacht: er verhielt ſich abweiſend, verdrießlich; er kam nicht zur Ausgrabung; er wollte nichts davon wiſſen. Auch die geregelten alten Huſter, die wir erwähnt haben, ſchüttelten mißlauniſch, mißtrauiſch die Köpfe zu der räthſelhaften Entdeckung. Das ärgerte nach und nach
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wie einſt vielleicht — — man ſchauderte, denn man
kannte dieſe Gefahr, wie ſie nicht bloß vom Feinde
drohte; ſtrenge Geſetze hüteten ängſtlich das Feuer;
wenn Föhn kam, gieng der Bittel um und ſah ſtrenge
nach, ob es auf jedem Herd richtig ausgethan ſei.
Doch viel größer als der Schauer war das Staunen,
das Gefühl des Dunkels, der Reiz, die Begierde, es
gelichtet zu ſehen. Zwar könnte man meinen, es ſei
doch keine ſchwere Aufgabe für die Faſſungskraft der
Verwunderten geweſen, ſich vorzuſtellen: der Seegrund
lag einſt tiefer, ein Pfahldorf ſtand darauf, brannte
ab, der Seegrund ſtieg mit der Zeit durch neue
Schlammſchichten und in der neueſten ſtehen die Pfähle
der jetzigen Gemeinde. Aber man verſetze ſich billig
in den Kopf eines Pfahlbewohners! Dann verſenke
man ſich in den Gedanken: Kulturperioden! Ungeheure
Zeiträume! Ewiger Wechſel! Man werfe nur einen
Blick in die Perſpektive der Betrachtungen, die ſich
daran knüpfen, und man wird begreiflich finden, daß
die Geiſter gründlich verwirrt, beunruhigt, ja durch¬
ſchauert waren. — Dem Druiden hatte man gleich
im Beginn Anzeige von dieſen Fünden gemacht: er
verhielt ſich abweiſend, verdrießlich; er kam nicht zur
Ausgrabung; er wollte nichts davon wiſſen. Auch
die geregelten alten Huſter, die wir erwähnt haben,
ſchüttelten mißlauniſch, mißtrauiſch die Köpfe zu der
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/192>, abgerufen am 22.12.2024.
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