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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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Wir kehren zu unserem Gespräch zurück.

"Als ob!" versetzt Griffith.

"Ja, als ob," fährt Gwalchmai fort, "als ob wir
nicht wüßten, daß sie im Examen durchgefallen ist!"

"Ja," erläutert jetzt Karmor, "und ich weiß,
warum? Ich hab' mir's neulich in Turik sagen lassen:
sie ist im Prophezeien schlecht bestanden, und da hat
sie nun aber den alten Hafen und sagt, es sei der
Weisheits- und Zauberhafen der Fee Coridwen, und
sie habe ihn von ihr geerbt nebst dem Wirtel, denn
sie sei ihre Ur-Ur-Ur-Urenkelin. Der Pfaff nickt
dazu, als ob er's glaubte, sie hat ihn ganz in ihrer
Gewalt, ja, ja, wir wollen Beide recht ärgern."

Massikomur, bisher stummes Mitglied dieser Ge¬
sellschaft, nahm jetzt das Wort: "Müßt nicht so spotten,
ihr Burger; wir müssen gesetzte Mannsleut sein; ihr
könnt's im Großen doch nicht anders machen, als es
ist, und im Kleinen werden die Druiden eben immer
auch so ihre schwachen Seiten haben. Gegen diese
mögt ihr euch, wenn's der Müh' werth ist, fest hin¬
stellen, aber ohne Bosheit. Wählen wir also Boten,
sie sollen ordentlich und ruhig vorbringen, was wir
für eine vernünftige Forderung halten; es wird ja
gehen."

Auch Alpin fehlte nicht im Kreise, schon darum
nicht, weil man in der Stube seines Vaters tagte; die
Fünde gaben auch ihm viel zu denken, die scharfen

Wir kehren zu unſerem Geſpräch zurück.

„Als ob!“ verſetzt Griffith.

„Ja, als ob,“ fährt Gwalchmai fort, „als ob wir
nicht wüßten, daß ſie im Examen durchgefallen iſt!“

„Ja,“ erläutert jetzt Karmor, „und ich weiß,
warum? Ich hab' mir's neulich in Turik ſagen laſſen:
ſie iſt im Prophezeien ſchlecht beſtanden, und da hat
ſie nun aber den alten Hafen und ſagt, es ſei der
Weisheits- und Zauberhafen der Fee Coridwen, und
ſie habe ihn von ihr geerbt nebſt dem Wirtel, denn
ſie ſei ihre Ur-Ur-Ur-Urenkelin. Der Pfaff nickt
dazu, als ob er's glaubte, ſie hat ihn ganz in ihrer
Gewalt, ja, ja, wir wollen Beide recht ärgern.“

Maſſikomur, bisher ſtummes Mitglied dieſer Ge¬
ſellſchaft, nahm jetzt das Wort: „Müßt nicht ſo ſpotten,
ihr Burger; wir müſſen geſetzte Mannsleut ſein; ihr
könnt's im Großen doch nicht anders machen, als es
iſt, und im Kleinen werden die Druiden eben immer
auch ſo ihre ſchwachen Seiten haben. Gegen dieſe
mögt ihr euch, wenn's der Müh' werth iſt, feſt hin¬
ſtellen, aber ohne Bosheit. Wählen wir alſo Boten,
ſie ſollen ordentlich und ruhig vorbringen, was wir
für eine vernünftige Forderung halten; es wird ja
gehen.“

Auch Alpin fehlte nicht im Kreiſe, ſchon darum
nicht, weil man in der Stube ſeines Vaters tagte; die
Fünde gaben auch ihm viel zu denken, die ſcharfen

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[182/0195] Wir kehren zu unſerem Geſpräch zurück. „Als ob!“ verſetzt Griffith. „Ja, als ob,“ fährt Gwalchmai fort, „als ob wir nicht wüßten, daß ſie im Examen durchgefallen iſt!“ „Ja,“ erläutert jetzt Karmor, „und ich weiß, warum? Ich hab' mir's neulich in Turik ſagen laſſen: ſie iſt im Prophezeien ſchlecht beſtanden, und da hat ſie nun aber den alten Hafen und ſagt, es ſei der Weisheits- und Zauberhafen der Fee Coridwen, und ſie habe ihn von ihr geerbt nebſt dem Wirtel, denn ſie ſei ihre Ur-Ur-Ur-Urenkelin. Der Pfaff nickt dazu, als ob er's glaubte, ſie hat ihn ganz in ihrer Gewalt, ja, ja, wir wollen Beide recht ärgern.“ Maſſikomur, bisher ſtummes Mitglied dieſer Ge¬ ſellſchaft, nahm jetzt das Wort: „Müßt nicht ſo ſpotten, ihr Burger; wir müſſen geſetzte Mannsleut ſein; ihr könnt's im Großen doch nicht anders machen, als es iſt, und im Kleinen werden die Druiden eben immer auch ſo ihre ſchwachen Seiten haben. Gegen dieſe mögt ihr euch, wenn's der Müh' werth iſt, feſt hin¬ ſtellen, aber ohne Bosheit. Wählen wir alſo Boten, ſie ſollen ordentlich und ruhig vorbringen, was wir für eine vernünftige Forderung halten; es wird ja gehen.“ Auch Alpin fehlte nicht im Kreiſe, ſchon darum nicht, weil man in der Stube ſeines Vaters tagte; die Fünde gaben auch ihm viel zu denken, die ſcharfen

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/195>, abgerufen am 24.05.2024.