Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

Monde, die da gesponnen hat auf heiliger Spindel
Erde und Wasser und Luft und Gras und Bäume
und Thiere und Menschen und diesen oft erschienen
ist als weiße Kuh.

10. Was that sie, als sie den Menschen ge¬
sponnen?

Sie blies ihm den lebendigen Odem durch die Nase.

11. Was that der Mensch hierauf?

Er nos.

Richtig, liebes Heidenkind, aber man sagt
nicht: er nos, sondern: er nieste.

Der Knabe, ein allerliebster Lockenkopf, wurde feuer¬
roth. Der Druide streichelte ihm freundlich die Wange.
In diesem Augenblick mußte der Junge selbst niesen.
Ein wohlwollendes Nicken und Lächeln gieng durch die
Gemeinde. Der Druide fragt weiter, den nächsten Knaben.

12. Was bedeutete es aber, daß der Mensch
niesen mußte?

Es bedeutete, daß er solle leben und sich bewegen und
eine Seele haben und aber auch unterworfen sein
dem schlimmen Reize, denselbigen aber ausstoßen und
sich läutern, auf daß er werde rein, klar und gut.

13. Wer hat Solches bemerket und zum Uebel
gewendet und will den Menschen damit
verderben?

Der böse Grippo.

Monde, die da geſponnen hat auf heiliger Spindel
Erde und Waſſer und Luft und Gras und Bäume
und Thiere und Menſchen und dieſen oft erſchienen
iſt als weiße Kuh.

10. Was that ſie, als ſie den Menſchen ge¬
ſponnen?

Sie blies ihm den lebendigen Odem durch die Naſe.

11. Was that der Menſch hierauf?

Er nos.

Richtig, liebes Heidenkind, aber man ſagt
nicht: er nos, ſondern: er nieste.

Der Knabe, ein allerliebſter Lockenkopf, wurde feuer¬
roth. Der Druide ſtreichelte ihm freundlich die Wange.
In dieſem Augenblick mußte der Junge ſelbſt nieſen.
Ein wohlwollendes Nicken und Lächeln gieng durch die
Gemeinde. Der Druide fragt weiter, den nächſten Knaben.

12. Was bedeutete es aber, daß der Menſch
nieſen mußte?

Es bedeutete, daß er ſolle leben und ſich bewegen und
eine Seele haben und aber auch unterworfen ſein
dem ſchlimmen Reize, denſelbigen aber ausſtoßen und
ſich läutern, auf daß er werde rein, klar und gut.

13. Wer hat Solches bemerket und zum Uebel
gewendet und will den Menſchen damit
verderben?

Der böſe Grippo.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="203"/>
Monde, die da ge&#x017F;ponnen hat auf heiliger Spindel<lb/>
Erde und Wa&#x017F;&#x017F;er und Luft und Gras und Bäume<lb/>
und Thiere und Men&#x017F;chen und die&#x017F;en oft er&#x017F;chienen<lb/>
i&#x017F;t als weiße Kuh.</p><lb/>
        <p rendition="#et">10. Was that &#x017F;ie, als &#x017F;ie den Men&#x017F;chen ge¬<lb/>
&#x017F;ponnen?</p><lb/>
        <p>Sie blies ihm den lebendigen Odem durch die Na&#x017F;e.</p><lb/>
        <p rendition="#et">11. Was that der Men&#x017F;ch hierauf?</p><lb/>
        <p>Er nos.</p><lb/>
        <p>Richtig, liebes Heidenkind, aber man &#x017F;agt<lb/>
nicht: er nos, &#x017F;ondern: er nieste.</p><lb/>
        <p>Der Knabe, ein allerlieb&#x017F;ter Lockenkopf, wurde feuer¬<lb/>
roth. Der Druide &#x017F;treichelte ihm freundlich die Wange.<lb/>
In die&#x017F;em Augenblick mußte der Junge &#x017F;elb&#x017F;t nie&#x017F;en.<lb/>
Ein wohlwollendes Nicken und Lächeln gieng durch die<lb/>
Gemeinde. Der Druide fragt weiter, den näch&#x017F;ten Knaben.</p><lb/>
        <p rendition="#et">12. Was bedeutete es aber, daß der Men&#x017F;ch<lb/>
nie&#x017F;en mußte?</p><lb/>
        <p>Es bedeutete, daß er &#x017F;olle leben und &#x017F;ich bewegen und<lb/>
eine Seele haben und aber auch unterworfen &#x017F;ein<lb/>
dem &#x017F;chlimmen Reize, den&#x017F;elbigen aber aus&#x017F;toßen und<lb/>
&#x017F;ich läutern, auf daß er werde rein, klar und gut.</p><lb/>
        <p rendition="#et">13. Wer hat Solches bemerket und zum Uebel<lb/>
gewendet und will den Men&#x017F;chen damit<lb/>
verderben?</p><lb/>
        <p>Der bö&#x017F;e Grippo.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0216] Monde, die da geſponnen hat auf heiliger Spindel Erde und Waſſer und Luft und Gras und Bäume und Thiere und Menſchen und dieſen oft erſchienen iſt als weiße Kuh. 10. Was that ſie, als ſie den Menſchen ge¬ ſponnen? Sie blies ihm den lebendigen Odem durch die Naſe. 11. Was that der Menſch hierauf? Er nos. Richtig, liebes Heidenkind, aber man ſagt nicht: er nos, ſondern: er nieste. Der Knabe, ein allerliebſter Lockenkopf, wurde feuer¬ roth. Der Druide ſtreichelte ihm freundlich die Wange. In dieſem Augenblick mußte der Junge ſelbſt nieſen. Ein wohlwollendes Nicken und Lächeln gieng durch die Gemeinde. Der Druide fragt weiter, den nächſten Knaben. 12. Was bedeutete es aber, daß der Menſch nieſen mußte? Es bedeutete, daß er ſolle leben und ſich bewegen und eine Seele haben und aber auch unterworfen ſein dem ſchlimmen Reize, denſelbigen aber ausſtoßen und ſich läutern, auf daß er werde rein, klar und gut. 13. Wer hat Solches bemerket und zum Uebel gewendet und will den Menſchen damit verderben? Der böſe Grippo.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/216
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/216>, abgerufen am 22.12.2024.