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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

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hat nun der alte Herr eben doch nicht recht verstanden,
sich gar nicht vorstellen können, was da vorkommt:
das reinste Wasser auf die Mühle seiner eigenen großen
Anschauung: "Das Dasein ist Gott" -- und dieß
als Ergebniß einer Kritik der sogenannten Beweise
von Gottes Dasein. Man kann zum Beispiel nicht
sagen, das Dasein der Welt sei Beweis für das Da¬
sein Gottes. Man muß sagen: "Das Dasein Gottes
ist die Welt."


Allerdings mit Unterschied. Die Welt ist das Da¬
sein Gottes nicht in ruhiger Weise, sondern so, daß
Gott sein Dasein darin stets verbessert, stets auf's
Neue eine geringere Form desselben durch eine bessere
beschämt. Gott ist eigentlich eben diese wunderbare und
heilige Unruhe.


Gott ist das Beste in Allem.


Seit ich nichts mehr glaube, bin ich erst religiös
geworden.


Neulich sagt Einer, das sei doch abscheulich, daß
Gott den Juden geboten habe, ganze Städte zu ver¬

hat nun der alte Herr eben doch nicht recht verſtanden,
ſich gar nicht vorſtellen können, was da vorkommt:
das reinſte Waſſer auf die Mühle ſeiner eigenen großen
Anſchauung: „Das Daſein iſt Gott“ — und dieß
als Ergebniß einer Kritik der ſogenannten Beweiſe
von Gottes Daſein. Man kann zum Beiſpiel nicht
ſagen, das Daſein der Welt ſei Beweis für das Da¬
ſein Gottes. Man muß ſagen: „Das Daſein Gottes
iſt die Welt.“


Allerdings mit Unterſchied. Die Welt iſt das Da¬
ſein Gottes nicht in ruhiger Weiſe, ſondern ſo, daß
Gott ſein Daſein darin ſtets verbeſſert, ſtets auf’s
Neue eine geringere Form deſſelben durch eine beſſere
beſchämt. Gott iſt eigentlich eben dieſe wunderbare und
heilige Unruhe.


Gott iſt das Beſte in Allem.


Seit ich nichts mehr glaube, bin ich erſt religiös
geworden.


Neulich ſagt Einer, das ſei doch abſcheulich, daß
Gott den Juden geboten habe, ganze Städte zu ver¬

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[126/0139] hat nun der alte Herr eben doch nicht recht verſtanden, ſich gar nicht vorſtellen können, was da vorkommt: das reinſte Waſſer auf die Mühle ſeiner eigenen großen Anſchauung: „Das Daſein iſt Gott“ — und dieß als Ergebniß einer Kritik der ſogenannten Beweiſe von Gottes Daſein. Man kann zum Beiſpiel nicht ſagen, das Daſein der Welt ſei Beweis für das Da¬ ſein Gottes. Man muß ſagen: „Das Daſein Gottes iſt die Welt.“ Allerdings mit Unterſchied. Die Welt iſt das Da¬ ſein Gottes nicht in ruhiger Weiſe, ſondern ſo, daß Gott ſein Daſein darin ſtets verbeſſert, ſtets auf’s Neue eine geringere Form deſſelben durch eine beſſere beſchämt. Gott iſt eigentlich eben dieſe wunderbare und heilige Unruhe. Gott iſt das Beſte in Allem. Seit ich nichts mehr glaube, bin ich erſt religiös geworden. Neulich ſagt Einer, das ſei doch abſcheulich, daß Gott den Juden geboten habe, ganze Städte zu ver¬

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/139>, abgerufen am 21.11.2024.