Diese Nacht, wie ich so die Schlummernde, Hin¬ gegossene beschaute, warum kam denn plötzlich ein Grauen über mich? Ich bin doch so sehr im Vollglück. Und warum beim Anblick von Dyring's Bild, das sie auf Medaillon am Busen trägt? Er war doch so eine platonische Natur, so ernst, so edel!
Warum wächst denn dieß Grauen und muß mir einfallen, wie Faust in der Helena, die ihm der Teufel zuführt, ein Gerippe umarmt?
Habe den griechischen Einladungsbrief wieder ge¬ lesen. Wo war meine Nase? Zur Lust locken hart am Grabesrande des väterlichen Freundes? -- Und sollte er, er sterbend sie an mich --, ist's glaublich, wenn ich mich gewisser Blicke -- doch nein, diese Mißgeburt stoße aus, mein krankes Hirn! -- Aber der Brief! Ein Geflicke aus Lappen der Sappho¬ bruchstücke! --
Mit ihrem Griechisch ist es auch so weit nicht her, als ich meinte. Dyring und Arnhelm haben ihr immer geschickt nachgeholfen.
Vischer, Auch Einer. II. 13
Dieſe Nacht, wie ich ſo die Schlummernde, Hin¬ gegoſſene beſchaute, warum kam denn plötzlich ein Grauen über mich? Ich bin doch ſo ſehr im Vollglück. Und warum beim Anblick von Dyring's Bild, das ſie auf Medaillon am Buſen trägt? Er war doch ſo eine platoniſche Natur, ſo ernſt, ſo edel!
Warum wächſt denn dieß Grauen und muß mir einfallen, wie Fauſt in der Helena, die ihm der Teufel zuführt, ein Gerippe umarmt?
Habe den griechiſchen Einladungsbrief wieder ge¬ leſen. Wo war meine Naſe? Zur Luſt locken hart am Grabesrande des väterlichen Freundes? — Und ſollte er, er ſterbend ſie an mich —, iſt's glaublich, wenn ich mich gewiſſer Blicke — doch nein, dieſe Mißgeburt ſtoße aus, mein krankes Hirn! — Aber der Brief! Ein Geflicke aus Lappen der Sappho¬ bruchſtücke! —
Mit ihrem Griechiſch iſt es auch ſo weit nicht her, als ich meinte. Dyring und Arnhelm haben ihr immer geſchickt nachgeholfen.
Viſcher, Auch Einer. II. 13
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Dieſe Nacht, wie ich ſo die Schlummernde, Hin¬
gegoſſene beſchaute, warum kam denn plötzlich ein
Grauen über mich? Ich bin doch ſo ſehr im Vollglück.
Und warum beim Anblick von Dyring's Bild, das ſie
auf Medaillon am Buſen trägt? Er war doch ſo eine
platoniſche Natur, ſo ernſt, ſo edel!
Warum wächſt denn dieß Grauen und muß mir
einfallen, wie Fauſt in der Helena, die ihm der Teufel
zuführt, ein Gerippe umarmt?
Habe den griechiſchen Einladungsbrief wieder ge¬
leſen. Wo war meine Naſe? Zur Luſt locken hart
am Grabesrande des väterlichen Freundes? — Und
ſollte er, er ſterbend ſie an mich —, iſt's glaublich,
wenn ich mich gewiſſer Blicke — doch nein, dieſe
Mißgeburt ſtoße aus, mein krankes Hirn! — Aber
der Brief! Ein Geflicke aus Lappen der Sappho¬
bruchſtücke! —
Mit ihrem Griechiſch iſt es auch ſo weit nicht
her, als ich meinte. Dyring und Arnhelm haben ihr
immer geſchickt nachgeholfen.
Viſcher, Auch Einer. II. 13
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/206>, abgerufen am 23.11.2024.
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