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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

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Genua. Der hat schön gewohnt, der alte Doria.
Altersasyl am Golf, von der Stadt gebaut, "ut maximo
labore jam fessus honesta vita requiesceret
".
Edle Renaissance, heitere Fresken von Raphael's
Schüler, Perin del Vaga. Blick über den Garten
mit dem Prachtspringbrunnen nach dem Hafen. Drinnen
altes Bild, sehr verwaschen, doch erkennbar: der alte
Andrea und ein großer prächtiger Kater. Dieser sitzt
auf dem Tisch, der Alte davor, Beide sehen ein¬
ander an.


Mailand. Bernardino Luini: auch die Holdselig¬
keit der früheren Meister. Das unsagbar sanfte, liebende
Neigen des Hauptes haben sie hier von Lionardo da
Vinci. Der Johannes dort auf dem herrlichen Abend¬
mahlbilde, wie der sich zu Christus herbeugt! O, ich
kenne dieß Herneigen. Aber der junge Raphael!
Sposalizio: ja diese keusche, kinderreine Grazie, --
dieß noch sehen ist mir wir noch einmal nach Perugia
gehen und ihrer gedenken.


... Da wären wir wieder! Addio, Italia! Alles
nur grau hier, was uns blau vorkommt; Grün frischer,
das ist wahr. Aber jetzt Schlackerwetter, Entlaubung.
Gesichter -- doch aber auch fast keins, das nicht ver¬

Genua. Der hat ſchön gewohnt, der alte Doria.
Altersaſyl am Golf, von der Stadt gebaut, „ut maximo
labore jam fessus honesta vita requiesceret
“.
Edle Renaiſſance, heitere Fresken von Raphael's
Schüler, Perin del Vaga. Blick über den Garten
mit dem Prachtſpringbrunnen nach dem Hafen. Drinnen
altes Bild, ſehr verwaſchen, doch erkennbar: der alte
Andrea und ein großer prächtiger Kater. Dieſer ſitzt
auf dem Tiſch, der Alte davor, Beide ſehen ein¬
ander an.


Mailand. Bernardino Luini: auch die Holdſelig¬
keit der früheren Meiſter. Das unſagbar ſanfte, liebende
Neigen des Hauptes haben ſie hier von Lionardo da
Vinci. Der Johannes dort auf dem herrlichen Abend¬
mahlbilde, wie der ſich zu Chriſtus herbeugt! O, ich
kenne dieß Herneigen. Aber der junge Raphael!
Spoſalizio: ja dieſe keuſche, kinderreine Grazie, —
dieß noch ſehen iſt mir wir noch einmal nach Perugia
gehen und ihrer gedenken.


... Da wären wir wieder! Addio, Italia! Alles
nur grau hier, was uns blau vorkommt; Grün friſcher,
das iſt wahr. Aber jetzt Schlackerwetter, Entlaubung.
Geſichter — doch aber auch faſt keins, das nicht ver¬

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[271/0284] Genua. Der hat ſchön gewohnt, der alte Doria. Altersaſyl am Golf, von der Stadt gebaut, „ut maximo labore jam fessus honesta vita requiesceret“. Edle Renaiſſance, heitere Fresken von Raphael's Schüler, Perin del Vaga. Blick über den Garten mit dem Prachtſpringbrunnen nach dem Hafen. Drinnen altes Bild, ſehr verwaſchen, doch erkennbar: der alte Andrea und ein großer prächtiger Kater. Dieſer ſitzt auf dem Tiſch, der Alte davor, Beide ſehen ein¬ ander an. Mailand. Bernardino Luini: auch die Holdſelig¬ keit der früheren Meiſter. Das unſagbar ſanfte, liebende Neigen des Hauptes haben ſie hier von Lionardo da Vinci. Der Johannes dort auf dem herrlichen Abend¬ mahlbilde, wie der ſich zu Chriſtus herbeugt! O, ich kenne dieß Herneigen. Aber der junge Raphael! Spoſalizio: ja dieſe keuſche, kinderreine Grazie, — dieß noch ſehen iſt mir wir noch einmal nach Perugia gehen und ihrer gedenken. ... Da wären wir wieder! Addio, Italia! Alles nur grau hier, was uns blau vorkommt; Grün friſcher, das iſt wahr. Aber jetzt Schlackerwetter, Entlaubung. Geſichter — doch aber auch faſt keins, das nicht ver¬

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/284>, abgerufen am 26.11.2024.