Sonne in Donnergang aufsteige für mein Volk. Und - die fiebergelben Menschen, die mich anbetteln, denen ich nicht helfen kann! Da regt sich die alte Zwecknatur wieder: entsumpfen, dann Anbau? reißt mich aus der Betrachtung des Bildes als Bild -- in Pein hinweg¬ gereist.
Palermo. Fahrt hieher von Neapel in reinem Aether, alle Götter günstig, Phöbus strahlend, Poseidon lachend, Delfine umher spielend, in Bogenschüssen sich elastisch aus den Wogen schnellend, in unmalbarem Blau schwimmen die seligen Inseln und Vorgebirge. Es war ein Schweben, keine Erdenschwere mehr.
Das Schönste des Schönen der Monte Pelegrino. Unter allen Berglinien der Welt eine edler und in allem Adel leichter gezeichnete kann es nicht geben. Wie klar und ruhig legt oben die Fläche sich über, wie anmuthig biegt sich das Profil ein, ehe es hinab¬ rinnt, sich in die Horizontale von Land und Meer aufzulösen! O, wären die Linien meines Lebens so wie diese, o, senkte es sich so schön herab, in so reiner Kurve, wie dieser Berg sich herniedersenkt zum Meere! Und wäre die Farbe meines Lebens so rein blau wie das Meer, das ihn wiederspiegelt!
Sonne in Donnergang aufſteige für mein Volk. Und - die fiebergelben Menſchen, die mich anbetteln, denen ich nicht helfen kann! Da regt ſich die alte Zwecknatur wieder: entſumpfen, dann Anbau? reißt mich aus der Betrachtung des Bildes als Bild — in Pein hinweg¬ gereist.
Palermo. Fahrt hieher von Neapel in reinem Aether, alle Götter günſtig, Phöbus ſtrahlend, Poſeidon lachend, Delfine umher ſpielend, in Bogenſchüſſen ſich elaſtiſch aus den Wogen ſchnellend, in unmalbarem Blau ſchwimmen die ſeligen Inſeln und Vorgebirge. Es war ein Schweben, keine Erdenſchwere mehr.
Das Schönſte des Schönen der Monte Pelegrino. Unter allen Berglinien der Welt eine edler und in allem Adel leichter gezeichnete kann es nicht geben. Wie klar und ruhig legt oben die Fläche ſich über, wie anmuthig biegt ſich das Profil ein, ehe es hinab¬ rinnt, ſich in die Horizontale von Land und Meer aufzulöſen! O, wären die Linien meines Lebens ſo wie dieſe, o, ſenkte es ſich ſo ſchön herab, in ſo reiner Kurve, wie dieſer Berg ſich herniederſenkt zum Meere! Und wäre die Farbe meines Lebens ſo rein blau wie das Meer, das ihn wiederſpiegelt!
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- die fiebergelben Menſchen, die mich anbetteln, denen ich
nicht helfen kann! Da regt ſich die alte Zwecknatur
wieder: entſumpfen, dann Anbau? reißt mich aus der
Betrachtung des Bildes als Bild — in Pein hinweg¬
gereist.
Palermo. Fahrt hieher von Neapel in reinem
Aether, alle Götter günſtig, Phöbus ſtrahlend, Poſeidon
lachend, Delfine umher ſpielend, in Bogenſchüſſen ſich
elaſtiſch aus den Wogen ſchnellend, in unmalbarem
Blau ſchwimmen die ſeligen Inſeln und Vorgebirge.
Es war ein Schweben, keine Erdenſchwere mehr.
Das Schönſte des Schönen der Monte Pelegrino.
Unter allen Berglinien der Welt eine edler und in
allem Adel leichter gezeichnete kann es nicht geben.
Wie klar und ruhig legt oben die Fläche ſich über,
wie anmuthig biegt ſich das Profil ein, ehe es hinab¬
rinnt, ſich in die Horizontale von Land und Meer
aufzulöſen! O, wären die Linien meines Lebens ſo
wie dieſe, o, ſenkte es ſich ſo ſchön herab, in ſo reiner
Kurve, wie dieſer Berg ſich herniederſenkt zum Meere!
Und wäre die Farbe meines Lebens ſo rein blau wie
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/405>, abgerufen am 23.11.2024.
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