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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

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noch überdonnerte; plötzlich aber schlug ihm die Stimme
über, lächerlich hohe Fisteltöne ließen sich vernehmen,
Gelächter mischte sich jetzt in das Geschrei der empörten
Gegner und wüthend stürzte Einhart von der Redner¬
bühne." --

"Das kenne ich von unserer Reise her, kann mir's
sehr gut vorstellen. Und?"

"Die Folgen des unglücklichen Vorgangs ließen
nicht lang auf sich warten. Sein Minister berief ihn,
ließ ihn heftig an, worauf A. E. sagte: "Excellenz
leiden wohl an Katarrh? Kondoliere.' Abends am
selben Tage kam ihm ein schriftlicher Verweis zu, so
gesalzen, daß er umgehend sein Entlassungsgesuch ein¬
gab. Daheim wollte das Volk sein Haus stürmen,
man warf die Fenster ein, und der Frau Hedwig, die
krank zu Bette lag, flog ein schwerer Stein hart am
Kopfe vorbei. Schnell benachrichtigt, eilte er von der
Residenz nach Hause, am folgenden Abend erneuerte
sich der Sturm, seine Mannschaft war zu schwach, ihn
zurückzuschlagen, und als wieder Steine in die Fenster
flogen, feuerte er sein Gewehr in den Haufen ab und
tödtete einen der Schreier. Es war ein Glück, daß
gleichzeitig die Entlassung da war, da sie auf diese
Handlung unerbeten hätte folgen müssen. Er kam
vor's Schwurgericht, es sprach ihn frei, die Nothwehr
konnte nachgewiesen werden und der Getödtete war ein
Elender aus der Hefe des Volkes."

noch überdonnerte; plötzlich aber ſchlug ihm die Stimme
über, lächerlich hohe Fiſteltöne ließen ſich vernehmen,
Gelächter miſchte ſich jetzt in das Geſchrei der empörten
Gegner und wüthend ſtürzte Einhart von der Redner¬
bühne.“ —

„Das kenne ich von unſerer Reiſe her, kann mir's
ſehr gut vorſtellen. Und?“

„Die Folgen des unglücklichen Vorgangs ließen
nicht lang auf ſich warten. Sein Miniſter berief ihn,
ließ ihn heftig an, worauf A. E. ſagte: „Excellenz
leiden wohl an Katarrh? Kondoliere.‘ Abends am
ſelben Tage kam ihm ein ſchriftlicher Verweis zu, ſo
geſalzen, daß er umgehend ſein Entlaſſungsgeſuch ein¬
gab. Daheim wollte das Volk ſein Haus ſtürmen,
man warf die Fenſter ein, und der Frau Hedwig, die
krank zu Bette lag, flog ein ſchwerer Stein hart am
Kopfe vorbei. Schnell benachrichtigt, eilte er von der
Reſidenz nach Hauſe, am folgenden Abend erneuerte
ſich der Sturm, ſeine Mannſchaft war zu ſchwach, ihn
zurückzuſchlagen, und als wieder Steine in die Fenſter
flogen, feuerte er ſein Gewehr in den Haufen ab und
tödtete einen der Schreier. Es war ein Glück, daß
gleichzeitig die Entlaſſung da war, da ſie auf dieſe
Handlung unerbeten hätte folgen müſſen. Er kam
vor's Schwurgericht, es ſprach ihn frei, die Nothwehr
konnte nachgewieſen werden und der Getödtete war ein
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[34/0047] noch überdonnerte; plötzlich aber ſchlug ihm die Stimme über, lächerlich hohe Fiſteltöne ließen ſich vernehmen, Gelächter miſchte ſich jetzt in das Geſchrei der empörten Gegner und wüthend ſtürzte Einhart von der Redner¬ bühne.“ — „Das kenne ich von unſerer Reiſe her, kann mir's ſehr gut vorſtellen. Und?“ „Die Folgen des unglücklichen Vorgangs ließen nicht lang auf ſich warten. Sein Miniſter berief ihn, ließ ihn heftig an, worauf A. E. ſagte: „Excellenz leiden wohl an Katarrh? Kondoliere.‘ Abends am ſelben Tage kam ihm ein ſchriftlicher Verweis zu, ſo geſalzen, daß er umgehend ſein Entlaſſungsgeſuch ein¬ gab. Daheim wollte das Volk ſein Haus ſtürmen, man warf die Fenſter ein, und der Frau Hedwig, die krank zu Bette lag, flog ein ſchwerer Stein hart am Kopfe vorbei. Schnell benachrichtigt, eilte er von der Reſidenz nach Hauſe, am folgenden Abend erneuerte ſich der Sturm, ſeine Mannſchaft war zu ſchwach, ihn zurückzuſchlagen, und als wieder Steine in die Fenſter flogen, feuerte er ſein Gewehr in den Haufen ab und tödtete einen der Schreier. Es war ein Glück, daß gleichzeitig die Entlaſſung da war, da ſie auf dieſe Handlung unerbeten hätte folgen müſſen. Er kam vor's Schwurgericht, es ſprach ihn frei, die Nothwehr konnte nachgewieſen werden und der Getödtete war ein Elender aus der Hefe des Volkes.“

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/47>, abgerufen am 21.11.2024.