Brocken doch eben selbst auch größtentheils humoristisch gemeint seien. Ich vermochte mein Urtheil nicht abzu¬ schließen. Das ist nun Sache des Lesers.
Ich füge noch hinzu, daß in einem der geschlossenen Fächer des Schreibtischs auch das Konzept der Pfahl¬ dorfgeschichte sich vorfand, ein Manuskript, von Durch¬ strichen, Korrekturen, Einschiebungen über und über durchschnitten und übersät. Da ich schon öfters Gelegen¬ heit gehabt hatte, mit Hülfe solcher Blätter in die ge¬ heime Werkstätte eines Dichters zu sehen, so konnte mich dieser Zustand nicht zu der Vorstellung verleiten, die Arbeit sei wie ein mühsames Mosaik entstanden. Frei poetische Initiative und häufiges Umändern und Nach¬ bessern schienen mir einander nicht auszuschließen. Dem Dichter schwebt ein Bild vor wie ein Traumbild, hell in allen wesentlichen Zügen und doch noch schwebend, unbestimmt in Umrissen. Zudem ist die Sprache ein sprödes Material, das nicht leichten Kaufes sich hergibt, sein dem Prosabedarf dienendes Gefüge zur durch¬ sichtigen Form für freie Anschauung umwandeln zu lassen. Er sucht und sucht, ringt und ringt, er reibt, wie man reibt, um einen verdunkelnden Firnis zu ent¬ fernen, der über einem Gemälde liegt, endlich gelingt es der sauern Mühe, herauszuarbeiten, was ganz frisch, ganz leicht, ganz Ein Guß und Fluß aus eigener Tiefe von Anfang an vor der Seele stand.
Nun ein Wort von den zu freier Verfügung mir
Brocken doch eben ſelbſt auch größtentheils humoriſtiſch gemeint ſeien. Ich vermochte mein Urtheil nicht abzu¬ ſchließen. Das iſt nun Sache des Leſers.
Ich füge noch hinzu, daß in einem der geſchloſſenen Fächer des Schreibtiſchs auch das Konzept der Pfahl¬ dorfgeſchichte ſich vorfand, ein Manuſkript, von Durch¬ ſtrichen, Korrekturen, Einſchiebungen über und über durchſchnitten und überſät. Da ich ſchon öfters Gelegen¬ heit gehabt hatte, mit Hülfe ſolcher Blätter in die ge¬ heime Werkſtätte eines Dichters zu ſehen, ſo konnte mich dieſer Zuſtand nicht zu der Vorſtellung verleiten, die Arbeit ſei wie ein mühſames Moſaik entſtanden. Frei poetiſche Initiative und häufiges Umändern und Nach¬ beſſern ſchienen mir einander nicht auszuſchließen. Dem Dichter ſchwebt ein Bild vor wie ein Traumbild, hell in allen weſentlichen Zügen und doch noch ſchwebend, unbeſtimmt in Umriſſen. Zudem iſt die Sprache ein ſprödes Material, das nicht leichten Kaufes ſich hergibt, ſein dem Proſabedarf dienendes Gefüge zur durch¬ ſichtigen Form für freie Anſchauung umwandeln zu laſſen. Er ſucht und ſucht, ringt und ringt, er reibt, wie man reibt, um einen verdunkelnden Firnis zu ent¬ fernen, der über einem Gemälde liegt, endlich gelingt es der ſauern Mühe, herauszuarbeiten, was ganz friſch, ganz leicht, ganz Ein Guß und Fluß aus eigener Tiefe von Anfang an vor der Seele ſtand.
Nun ein Wort von den zu freier Verfügung mir
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[58/0071]
Brocken doch eben ſelbſt auch größtentheils humoriſtiſch
gemeint ſeien. Ich vermochte mein Urtheil nicht abzu¬
ſchließen. Das iſt nun Sache des Leſers.
Ich füge noch hinzu, daß in einem der geſchloſſenen
Fächer des Schreibtiſchs auch das Konzept der Pfahl¬
dorfgeſchichte ſich vorfand, ein Manuſkript, von Durch¬
ſtrichen, Korrekturen, Einſchiebungen über und über
durchſchnitten und überſät. Da ich ſchon öfters Gelegen¬
heit gehabt hatte, mit Hülfe ſolcher Blätter in die ge¬
heime Werkſtätte eines Dichters zu ſehen, ſo konnte mich
dieſer Zuſtand nicht zu der Vorſtellung verleiten, die
Arbeit ſei wie ein mühſames Moſaik entſtanden. Frei
poetiſche Initiative und häufiges Umändern und Nach¬
beſſern ſchienen mir einander nicht auszuſchließen.
Dem Dichter ſchwebt ein Bild vor wie ein Traumbild,
hell in allen weſentlichen Zügen und doch noch ſchwebend,
unbeſtimmt in Umriſſen. Zudem iſt die Sprache ein
ſprödes Material, das nicht leichten Kaufes ſich hergibt,
ſein dem Proſabedarf dienendes Gefüge zur durch¬
ſichtigen Form für freie Anſchauung umwandeln zu
laſſen. Er ſucht und ſucht, ringt und ringt, er reibt,
wie man reibt, um einen verdunkelnden Firnis zu ent¬
fernen, der über einem Gemälde liegt, endlich gelingt
es der ſauern Mühe, herauszuarbeiten, was ganz friſch,
ganz leicht, ganz Ein Guß und Fluß aus eigener
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/71>, abgerufen am 26.11.2024.
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