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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Erste Ordnung: Sechsstrahlige Polypen (Hexactinia).
Alle zu dieser Ordnung gehörigen Polypen haben eine bedeutende An-
zahl von rundlichen, cylindrischen oder pfriemenförmigen Fühlern und
Strahlen in den Zellen der Polypenstöcke, welche sich indessen sämmt-
lich aus der Sechszahl entwickeln. Die Embryonen und freien Spros-
sen sind freilich noch nicht beobachtet, aber die jüngsten Zellen besitzen
nur sechs einfache Strahlen, die sich im spätern Alter vermehren. Alle
haben kalkige Polypenstöcke, welche baumartige oder schwammige Massen bil-
den. Sie bilden jetzt einzig die ächten Korallenriffe, während in früheren
geologischen Epochen auch die achtstrahligen Polypen Riffbildend auftraten.

Die Familie der Baumkorallen (Madreporida) besitzt meistens

[Abbildung] Fig. 90.

Madrepora.

verhältnißmäßig kleine Polypen, deren
zwölf Tentakel in einer einzigen Reihe
stehen, sehr kurz sind und wie verküm-
mert aussehen. Der Polypenstock ist
sehr porös, meist fingerförmig ver-
ästelt, die einzelnen Zellen rund oder
verwaschen sechseckig, durch poröse Masse
verbunden oder röhrenartig an der
Oberfläche hervorstehend. Die Strah-
len sind nur in geringer Zahl vor-
handen, reichen nur selten bis in die
Mitte der Zelle und bilden niemals
eine eigentliche Säule in derselben. Je
nach der Tiefe der Zellen und den im
Grunde vorhandenen oder fehlenden
Scheidewänden hat man in dieser äu-
ßerst zahlreichen Familie, welche auch
besonders in den ältesten Schichten durch
eigenthümliche Gattungen vertreten ist,
mancherlei Unterabtheilungen unter-
schieden, deren Werth noch näher er-
örtert werden muß. So haben die ei-
gentlichen Madreporen sehr tiefe, bis
in die Mitte des Stockes reichende Zel-
len; die Reihenkorallen (Seriatopora) die Kettenkorallen
(Catenipora) die sich im Uebergangsgebirge finden, ganz tiefe, durch
quere Scheidewände getheilte Zellen, während die Poriten überall
poröse, mit sehr oberflächlichen, niemals die Mitte des Koralls erreichen-
den Zellen besetzte Polypenstöcke bilden.


Erſte Ordnung: Sechsſtrahlige Polypen (Hexactinia).
Alle zu dieſer Ordnung gehörigen Polypen haben eine bedeutende An-
zahl von rundlichen, cylindriſchen oder pfriemenförmigen Fühlern und
Strahlen in den Zellen der Polypenſtöcke, welche ſich indeſſen ſämmt-
lich aus der Sechszahl entwickeln. Die Embryonen und freien Sproſ-
ſen ſind freilich noch nicht beobachtet, aber die jüngſten Zellen beſitzen
nur ſechs einfache Strahlen, die ſich im ſpätern Alter vermehren. Alle
haben kalkige Polypenſtöcke, welche baumartige oder ſchwammige Maſſen bil-
den. Sie bilden jetzt einzig die ächten Korallenriffe, während in früheren
geologiſchen Epochen auch die achtſtrahligen Polypen Riffbildend auftraten.

Die Familie der Baumkorallen (Madreporida) beſitzt meiſtens

[Abbildung] Fig. 90.

Madrepora.

verhältnißmäßig kleine Polypen, deren
zwölf Tentakel in einer einzigen Reihe
ſtehen, ſehr kurz ſind und wie verküm-
mert ausſehen. Der Polypenſtock iſt
ſehr porös, meiſt fingerförmig ver-
äſtelt, die einzelnen Zellen rund oder
verwaſchen ſechseckig, durch poröſe Maſſe
verbunden oder röhrenartig an der
Oberfläche hervorſtehend. Die Strah-
len ſind nur in geringer Zahl vor-
handen, reichen nur ſelten bis in die
Mitte der Zelle und bilden niemals
eine eigentliche Säule in derſelben. Je
nach der Tiefe der Zellen und den im
Grunde vorhandenen oder fehlenden
Scheidewänden hat man in dieſer äu-
ßerſt zahlreichen Familie, welche auch
beſonders in den älteſten Schichten durch
eigenthümliche Gattungen vertreten iſt,
mancherlei Unterabtheilungen unter-
ſchieden, deren Werth noch näher er-
örtert werden muß. So haben die ei-
gentlichen Madreporen ſehr tiefe, bis
in die Mitte des Stockes reichende Zel-
len; die Reihenkorallen (Seriatopora) die Kettenkorallen
(Catenipora) die ſich im Uebergangsgebirge finden, ganz tiefe, durch
quere Scheidewände getheilte Zellen, während die Poriten überall
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den Zellen beſetzte Polypenſtöcke bilden.


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[118/0124] Erſte Ordnung: Sechsſtrahlige Polypen (Hexactinia). Alle zu dieſer Ordnung gehörigen Polypen haben eine bedeutende An- zahl von rundlichen, cylindriſchen oder pfriemenförmigen Fühlern und Strahlen in den Zellen der Polypenſtöcke, welche ſich indeſſen ſämmt- lich aus der Sechszahl entwickeln. Die Embryonen und freien Sproſ- ſen ſind freilich noch nicht beobachtet, aber die jüngſten Zellen beſitzen nur ſechs einfache Strahlen, die ſich im ſpätern Alter vermehren. Alle haben kalkige Polypenſtöcke, welche baumartige oder ſchwammige Maſſen bil- den. Sie bilden jetzt einzig die ächten Korallenriffe, während in früheren geologiſchen Epochen auch die achtſtrahligen Polypen Riffbildend auftraten. Die Familie der Baumkorallen (Madreporida) beſitzt meiſtens [Abbildung Fig. 90. Madrepora.] verhältnißmäßig kleine Polypen, deren zwölf Tentakel in einer einzigen Reihe ſtehen, ſehr kurz ſind und wie verküm- mert ausſehen. Der Polypenſtock iſt ſehr porös, meiſt fingerförmig ver- äſtelt, die einzelnen Zellen rund oder verwaſchen ſechseckig, durch poröſe Maſſe verbunden oder röhrenartig an der Oberfläche hervorſtehend. Die Strah- len ſind nur in geringer Zahl vor- handen, reichen nur ſelten bis in die Mitte der Zelle und bilden niemals eine eigentliche Säule in derſelben. Je nach der Tiefe der Zellen und den im Grunde vorhandenen oder fehlenden Scheidewänden hat man in dieſer äu- ßerſt zahlreichen Familie, welche auch beſonders in den älteſten Schichten durch eigenthümliche Gattungen vertreten iſt, mancherlei Unterabtheilungen unter- ſchieden, deren Werth noch näher er- örtert werden muß. So haben die ei- gentlichen Madreporen ſehr tiefe, bis in die Mitte des Stockes reichende Zel- len; die Reihenkorallen (Seriatopora) die Kettenkorallen (Catenipora) die ſich im Uebergangsgebirge finden, ganz tiefe, durch quere Scheidewände getheilte Zellen, während die Poriten überall poröſe, mit ſehr oberflächlichen, niemals die Mitte des Koralls erreichen- den Zellen beſetzte Polypenſtöcke bilden.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/124>, abgerufen am 13.05.2024.