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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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lassen, um ihren im erwachsenen Zustande ihnen angewiesenen Aufent-
haltsort aufzusuchen. Man findet diese eingekapselten jungen Faden-
würmer sehr häufig in den verschiedenen Organen des Unterleibes der
Frösche, im Gekröse, in der Leber, in den Darmhäuten und kann sich
besonders an dem durchsichtigen Gekröse kleinerer Thiere leicht über-
zeugen, daß sie stets den Blutgefäßen entlang gereiht sind. Diese so
verpuppten Fadenwürmer zeigen niemals Geschlechtsorgane, welche sich
erst ausbilden, sobald der Wurm die Puppenhülse durchbrochen hat;
häufig aber verirren sich die Würmchen an Orte, die ihrer Entwick-
lung nicht günstig sind. In solchen Fällen sterben sie meist in
ihren Puppenhülsen ab, die dann verkalken und als steinige Knötchen
im Gewebe zurück bleiben. Dies ist namentlich der Fall bei
einem Wurme, den man in neuerer Zeit einigemale in unzähligen
Exemplaren in dem Muskelfleische des Menschen selbst gefunden und
mit dem Namen Trichina spiralis bezeichnet hat.

Wir theilen die Fadenwürmer in drei Familien. Bei den einen,
den Spulwürmern (Ascarida), findet man doppelte Eierstöcke bei den
am häufigsten vorkommenden Weibchen. Hieher gehört der Spul-
wurm
(Ascaris) selbst, welcher in dem Darmkanale des Menschen
lebt und nur dann Beschwerden verursacht, wenn er in allzu großer
Zahl angehäuft ist; der Fadenwurm der Tropengegenden (Filaria
medinensis
), welcher sich in die Haut einbohrt und dort Geschwüre
bildet, die endlich, wenn der Wurm seine Brut absetzen will, aufbre-
chen. Man wickelt ihn dann durch höchst langsames Aufwinden her-
aus und hütet sich sehr, ihn zu zerreißen, da seine Leibeshöhle eine
ätzende Flüssigkeit enthält, welche auf das Geschwür vergiftend ein-
wirkt. Zu dieser Gruppe gehören ferner die in dem Mastdarme der
Kinder so oft vorkommenden Pfriemenschwänze (Oxyuris), von
denen man bis jetzt nur einmal die Männchen, sonst aber unzähliche
Weibchen vorgefunden hat.

Zur Familie der Pfahlwürmer (Strongylida) gehört der Rie-
senwurm (Strongylus gigas), welcher in den Nieren des Schweines
und auch, in höchst seltenen Fällen, des Menschen vorkömmt, eine
Länge von mehreren Fußen erreicht und durch seine Zerstörung des
Organs stets den Tod des Individuums herbeiführt, so wie der ganz
unschädliche Peitschenwurm des Menschen (Trichocephalus dispar),
dessen vorderes Ende außerordentlich lang und dünn, das hintere
dagegen, in welchem die Geschlechtsorgane liegen, etwas dicker ist.

Die Familie der Aalwürmchen (Anguillulida) besteht aus kleinen
rundlichen Fadenwürmchen mit spitzem, bei einer Gattung warzigem

laſſen, um ihren im erwachſenen Zuſtande ihnen angewieſenen Aufent-
haltsort aufzuſuchen. Man findet dieſe eingekapſelten jungen Faden-
würmer ſehr häufig in den verſchiedenen Organen des Unterleibes der
Fröſche, im Gekröſe, in der Leber, in den Darmhäuten und kann ſich
beſonders an dem durchſichtigen Gekröſe kleinerer Thiere leicht über-
zeugen, daß ſie ſtets den Blutgefäßen entlang gereiht ſind. Dieſe ſo
verpuppten Fadenwürmer zeigen niemals Geſchlechtsorgane, welche ſich
erſt ausbilden, ſobald der Wurm die Puppenhülſe durchbrochen hat;
häufig aber verirren ſich die Würmchen an Orte, die ihrer Entwick-
lung nicht günſtig ſind. In ſolchen Fällen ſterben ſie meiſt in
ihren Puppenhülſen ab, die dann verkalken und als ſteinige Knötchen
im Gewebe zurück bleiben. Dies iſt namentlich der Fall bei
einem Wurme, den man in neuerer Zeit einigemale in unzähligen
Exemplaren in dem Muskelfleiſche des Menſchen ſelbſt gefunden und
mit dem Namen Trichina spiralis bezeichnet hat.

Wir theilen die Fadenwürmer in drei Familien. Bei den einen,
den Spulwürmern (Ascarida), findet man doppelte Eierſtöcke bei den
am häufigſten vorkommenden Weibchen. Hieher gehört der Spul-
wurm
(Ascaris) ſelbſt, welcher in dem Darmkanale des Menſchen
lebt und nur dann Beſchwerden verurſacht, wenn er in allzu großer
Zahl angehäuft iſt; der Fadenwurm der Tropengegenden (Filaria
medinensis
), welcher ſich in die Haut einbohrt und dort Geſchwüre
bildet, die endlich, wenn der Wurm ſeine Brut abſetzen will, aufbre-
chen. Man wickelt ihn dann durch höchſt langſames Aufwinden her-
aus und hütet ſich ſehr, ihn zu zerreißen, da ſeine Leibeshöhle eine
ätzende Flüſſigkeit enthält, welche auf das Geſchwür vergiftend ein-
wirkt. Zu dieſer Gruppe gehören ferner die in dem Maſtdarme der
Kinder ſo oft vorkommenden Pfriemenſchwänze (Oxyuris), von
denen man bis jetzt nur einmal die Männchen, ſonſt aber unzähliche
Weibchen vorgefunden hat.

Zur Familie der Pfahlwürmer (Strongylida) gehört der Rie-
ſenwurm (Strongylus gigas), welcher in den Nieren des Schweines
und auch, in höchſt ſeltenen Fällen, des Menſchen vorkömmt, eine
Länge von mehreren Fußen erreicht und durch ſeine Zerſtörung des
Organs ſtets den Tod des Individuums herbeiführt, ſo wie der ganz
unſchädliche Peitſchenwurm des Menſchen (Trichocephalus dispar),
deſſen vorderes Ende außerordentlich lang und dünn, das hintere
dagegen, in welchem die Geſchlechtsorgane liegen, etwas dicker iſt.

Die Familie der Aalwürmchen (Anguillulida) beſteht aus kleinen
rundlichen Fadenwürmchen mit ſpitzem, bei einer Gattung warzigem

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[184/0190] laſſen, um ihren im erwachſenen Zuſtande ihnen angewieſenen Aufent- haltsort aufzuſuchen. Man findet dieſe eingekapſelten jungen Faden- würmer ſehr häufig in den verſchiedenen Organen des Unterleibes der Fröſche, im Gekröſe, in der Leber, in den Darmhäuten und kann ſich beſonders an dem durchſichtigen Gekröſe kleinerer Thiere leicht über- zeugen, daß ſie ſtets den Blutgefäßen entlang gereiht ſind. Dieſe ſo verpuppten Fadenwürmer zeigen niemals Geſchlechtsorgane, welche ſich erſt ausbilden, ſobald der Wurm die Puppenhülſe durchbrochen hat; häufig aber verirren ſich die Würmchen an Orte, die ihrer Entwick- lung nicht günſtig ſind. In ſolchen Fällen ſterben ſie meiſt in ihren Puppenhülſen ab, die dann verkalken und als ſteinige Knötchen im Gewebe zurück bleiben. Dies iſt namentlich der Fall bei einem Wurme, den man in neuerer Zeit einigemale in unzähligen Exemplaren in dem Muskelfleiſche des Menſchen ſelbſt gefunden und mit dem Namen Trichina spiralis bezeichnet hat. Wir theilen die Fadenwürmer in drei Familien. Bei den einen, den Spulwürmern (Ascarida), findet man doppelte Eierſtöcke bei den am häufigſten vorkommenden Weibchen. Hieher gehört der Spul- wurm (Ascaris) ſelbſt, welcher in dem Darmkanale des Menſchen lebt und nur dann Beſchwerden verurſacht, wenn er in allzu großer Zahl angehäuft iſt; der Fadenwurm der Tropengegenden (Filaria medinensis), welcher ſich in die Haut einbohrt und dort Geſchwüre bildet, die endlich, wenn der Wurm ſeine Brut abſetzen will, aufbre- chen. Man wickelt ihn dann durch höchſt langſames Aufwinden her- aus und hütet ſich ſehr, ihn zu zerreißen, da ſeine Leibeshöhle eine ätzende Flüſſigkeit enthält, welche auf das Geſchwür vergiftend ein- wirkt. Zu dieſer Gruppe gehören ferner die in dem Maſtdarme der Kinder ſo oft vorkommenden Pfriemenſchwänze (Oxyuris), von denen man bis jetzt nur einmal die Männchen, ſonſt aber unzähliche Weibchen vorgefunden hat. Zur Familie der Pfahlwürmer (Strongylida) gehört der Rie- ſenwurm (Strongylus gigas), welcher in den Nieren des Schweines und auch, in höchſt ſeltenen Fällen, des Menſchen vorkömmt, eine Länge von mehreren Fußen erreicht und durch ſeine Zerſtörung des Organs ſtets den Tod des Individuums herbeiführt, ſo wie der ganz unſchädliche Peitſchenwurm des Menſchen (Trichocephalus dispar), deſſen vorderes Ende außerordentlich lang und dünn, das hintere dagegen, in welchem die Geſchlechtsorgane liegen, etwas dicker iſt. Die Familie der Aalwürmchen (Anguillulida) beſteht aus kleinen rundlichen Fadenwürmchen mit ſpitzem, bei einer Gattung warzigem

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/190>, abgerufen am 22.12.2024.