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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Organen mit Bestimmtheit einen runden lichtbrechenden Körper, eine
wahre Linse wahrnehmen können und an vielen auch die Nerven-
fäden, welche darin endigen, dargestellt. Zuweilen sitzen diese Au-
gen unmittelbar auf den Centralnervenknoten auf und werden von
der Körperhaut gänzlich überzogen und verdeckt. Die gefärbten Flecken,
welche man in dem Nacken mancher Larven schmarotzender Plattwür-
mer wahrnimmt, scheinen dieser lichtbrechenden Körper zu entbehren
und können demnach nicht wohl als Augen angesehen werden, wenn
sie gleich als Rudimente oder Andeutungen solcher Organe gelten
können.

Bei den niedern Gattungen der schmarotzenden Plattwürmer sind
die Bewegungen meist nur sehr unvollkommen und träge und
werden durch die Zusammenziehungen des ganzen Körpers ausgeführt,
zu welchem Zwecke unter der Haut ein maschenförmiges, sehr fein
faseriges Muskelnetz angebracht ist. Bei den höhern Gattungen lassen
sich meist förmliche Bündel unterscheiden, die bei der Weichheit des
ganzen Körpergewebes zuweilen eine so außerordentliche Contractilität
bedingen, daß diese Thiere auf ein Zehntel ihrer ursprünglichen Länge
sich zusammenziehen können. Dieser bedeutenden Zusammenziehung
wegen werden auch die Plattwürmer meist beim Aufbewahren, sei
dies nun in trockenem Zustande oder in Flüssigkeiten, sehr un-
kenntlich. Die freilebenden Plattwürmer gleiten mit großer Schnellig-
keit sowohl an Flächen fester Körper, als auch an der Oberfläche des
Wassers fort, wobei, wie es scheint, ihre Wimperhaare eine nicht unbe-
deutende Rolle spielen. Die schmarotzenden Plattwürmer haben alle
mehr oder minder bedeutend ausgebildete Organe zum Festhalten,
welche theils aus Saugnäpfen, theils aus einziehbaren Haken und
Hakenrüsseln bestehen. Die Saugnäpfe sind schüsselförmige Organe
von äußerst muskulösen Schichten gebildet, welche meist in grö-
ßerer Zahl vorhanden sind; nur bei einigen Gattungen ist ein mitt-
lerer vorderer Saugnapf zugleich der Mund, während sonst diese Or-
gane stets undurchbohrt sind und nur zum Anheften dienen. Meist
sind die Saugnäpfe einfach rund und ohne weitere Complication --
oft aber finden sich gefranzte Ränder, Hornleisten und selbst sehr ent-
wickelte Horn- und Hakengerüste im Innern der Saugnäpfe selbst,
welche das Festhalten durch dieselben unterstützen. Außer diesen Saug-
näpfen kommen auch einzelne Vertiefungen in der Leibeshaut vor,
welche man unter dem Namen von Sauggruben unterschieden hat.
Zuweilen sind diese Sauggruben noch außerdem durch oft sehr com-
plicirte Horngerüste unterstützt und mit Haken und Stacheln besetzt,

Organen mit Beſtimmtheit einen runden lichtbrechenden Körper, eine
wahre Linſe wahrnehmen können und an vielen auch die Nerven-
fäden, welche darin endigen, dargeſtellt. Zuweilen ſitzen dieſe Au-
gen unmittelbar auf den Centralnervenknoten auf und werden von
der Körperhaut gänzlich überzogen und verdeckt. Die gefärbten Flecken,
welche man in dem Nacken mancher Larven ſchmarotzender Plattwür-
mer wahrnimmt, ſcheinen dieſer lichtbrechenden Körper zu entbehren
und können demnach nicht wohl als Augen angeſehen werden, wenn
ſie gleich als Rudimente oder Andeutungen ſolcher Organe gelten
können.

Bei den niedern Gattungen der ſchmarotzenden Plattwürmer ſind
die Bewegungen meiſt nur ſehr unvollkommen und träge und
werden durch die Zuſammenziehungen des ganzen Körpers ausgeführt,
zu welchem Zwecke unter der Haut ein maſchenförmiges, ſehr fein
faſeriges Muskelnetz angebracht iſt. Bei den höhern Gattungen laſſen
ſich meiſt förmliche Bündel unterſcheiden, die bei der Weichheit des
ganzen Körpergewebes zuweilen eine ſo außerordentliche Contractilität
bedingen, daß dieſe Thiere auf ein Zehntel ihrer urſprünglichen Länge
ſich zuſammenziehen können. Dieſer bedeutenden Zuſammenziehung
wegen werden auch die Plattwürmer meiſt beim Aufbewahren, ſei
dies nun in trockenem Zuſtande oder in Flüſſigkeiten, ſehr un-
kenntlich. Die freilebenden Plattwürmer gleiten mit großer Schnellig-
keit ſowohl an Flächen feſter Körper, als auch an der Oberfläche des
Waſſers fort, wobei, wie es ſcheint, ihre Wimperhaare eine nicht unbe-
deutende Rolle ſpielen. Die ſchmarotzenden Plattwürmer haben alle
mehr oder minder bedeutend ausgebildete Organe zum Feſthalten,
welche theils aus Saugnäpfen, theils aus einziehbaren Haken und
Hakenrüſſeln beſtehen. Die Saugnäpfe ſind ſchüſſelförmige Organe
von äußerſt muskulöſen Schichten gebildet, welche meiſt in grö-
ßerer Zahl vorhanden ſind; nur bei einigen Gattungen iſt ein mitt-
lerer vorderer Saugnapf zugleich der Mund, während ſonſt dieſe Or-
gane ſtets undurchbohrt ſind und nur zum Anheften dienen. Meiſt
ſind die Saugnäpfe einfach rund und ohne weitere Complication —
oft aber finden ſich gefranzte Ränder, Hornleiſten und ſelbſt ſehr ent-
wickelte Horn- und Hakengerüſte im Innern der Saugnäpfe ſelbſt,
welche das Feſthalten durch dieſelben unterſtützen. Außer dieſen Saug-
näpfen kommen auch einzelne Vertiefungen in der Leibeshaut vor,
welche man unter dem Namen von Sauggruben unterſchieden hat.
Zuweilen ſind dieſe Sauggruben noch außerdem durch oft ſehr com-
plicirte Horngerüſte unterſtützt und mit Haken und Stacheln beſetzt,

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[187/0193] Organen mit Beſtimmtheit einen runden lichtbrechenden Körper, eine wahre Linſe wahrnehmen können und an vielen auch die Nerven- fäden, welche darin endigen, dargeſtellt. Zuweilen ſitzen dieſe Au- gen unmittelbar auf den Centralnervenknoten auf und werden von der Körperhaut gänzlich überzogen und verdeckt. Die gefärbten Flecken, welche man in dem Nacken mancher Larven ſchmarotzender Plattwür- mer wahrnimmt, ſcheinen dieſer lichtbrechenden Körper zu entbehren und können demnach nicht wohl als Augen angeſehen werden, wenn ſie gleich als Rudimente oder Andeutungen ſolcher Organe gelten können. Bei den niedern Gattungen der ſchmarotzenden Plattwürmer ſind die Bewegungen meiſt nur ſehr unvollkommen und träge und werden durch die Zuſammenziehungen des ganzen Körpers ausgeführt, zu welchem Zwecke unter der Haut ein maſchenförmiges, ſehr fein faſeriges Muskelnetz angebracht iſt. Bei den höhern Gattungen laſſen ſich meiſt förmliche Bündel unterſcheiden, die bei der Weichheit des ganzen Körpergewebes zuweilen eine ſo außerordentliche Contractilität bedingen, daß dieſe Thiere auf ein Zehntel ihrer urſprünglichen Länge ſich zuſammenziehen können. Dieſer bedeutenden Zuſammenziehung wegen werden auch die Plattwürmer meiſt beim Aufbewahren, ſei dies nun in trockenem Zuſtande oder in Flüſſigkeiten, ſehr un- kenntlich. Die freilebenden Plattwürmer gleiten mit großer Schnellig- keit ſowohl an Flächen feſter Körper, als auch an der Oberfläche des Waſſers fort, wobei, wie es ſcheint, ihre Wimperhaare eine nicht unbe- deutende Rolle ſpielen. Die ſchmarotzenden Plattwürmer haben alle mehr oder minder bedeutend ausgebildete Organe zum Feſthalten, welche theils aus Saugnäpfen, theils aus einziehbaren Haken und Hakenrüſſeln beſtehen. Die Saugnäpfe ſind ſchüſſelförmige Organe von äußerſt muskulöſen Schichten gebildet, welche meiſt in grö- ßerer Zahl vorhanden ſind; nur bei einigen Gattungen iſt ein mitt- lerer vorderer Saugnapf zugleich der Mund, während ſonſt dieſe Or- gane ſtets undurchbohrt ſind und nur zum Anheften dienen. Meiſt ſind die Saugnäpfe einfach rund und ohne weitere Complication — oft aber finden ſich gefranzte Ränder, Hornleiſten und ſelbſt ſehr ent- wickelte Horn- und Hakengerüſte im Innern der Saugnäpfe ſelbſt, welche das Feſthalten durch dieſelben unterſtützen. Außer dieſen Saug- näpfen kommen auch einzelne Vertiefungen in der Leibeshaut vor, welche man unter dem Namen von Sauggruben unterſchieden hat. Zuweilen ſind dieſe Sauggruben noch außerdem durch oft ſehr com- plicirte Horngerüſte unterſtützt und mit Haken und Stacheln beſetzt,

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/193>, abgerufen am 12.05.2024.