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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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chen berechtigt ist. Die Tastorgane bilden mehr oder minder lange
Fäden, welche entweder am Kopfe oder auch seitlich an den Fußstum-
meln angebracht sind. Die Gliedfäden (cirrhi) des Körpers ste-
hen sowohl auf den Rücken, als auf den Bauchstummeln; da wo ein
deutlicher Kopf vorhanden ist, sind sie nach vorn gerichtet und werden
dann mit dem Namen Kopffühler (antennae) bezeichnet. Bei
einigen Gattungen erscheinen sowohl die Gliedfäden als die Kopf-
fühler geringelt, so daß sie den Fühlhörnern mancher Krebse und
Insekten nicht unähnlich sehen. Sie unterscheiden sich aber stets von
den Antennen der Gliederthiere dadurch, daß sie contraktil sind und
daß keine eigentliche Gliederung mit eingelenkten Abschnitten, sondern
nur eine mehr oder minder deutliche Ringelung der Haut vor-
handen ist.

[Abbildung] Fig. 229.

Anatomie des Pieres.
(Arenicola piscatorum)
Der Wurm ist von oben
der Länge nach aufgeschlitzt, die


Der Verdauungsapparat der
Ringelwürmer besteht in den meisten Fällen
aus einem geraden Darmkanale, der von
dem am Vorderende angebrachten Munde
durch den ganzen Körper nach hinten ver-
läuft und sich in einem endständigen After
öffnet, welcher meist ein wenig nach der
Rückenseite zu angebracht ist. Nur selten ist
der After näher am Munde angebracht.
Der Mund ist bei den Meisten mit wulstigen
Rändern versehen und oft auch von schar-
fen Kiefern umstellt, welche zum Durchboh-
ren der Beute oder zum Anbeißen ihrer
Haut und zum nachherigen Aussaugen be-
hülflich sind. Sehr oft wird die Aufnahme
fester Nahrungsmittel auch durch einen mus-
kulösen Schlund und das Fangen der Beute
durch einen Rüssel unterstützt, welcher aus
der Mundöffnung hervorgeschoben werden
kann. Die meisten Ringelwürmer sind auch
in der That sehr räuberische Thiere und
das Fangen der Beute wird bei denen, wel-
che Röhren bewohnen, oft noch durch die
ungeheuer langen Kopffühler unterstützt,
welche zugleich als Schlingen benutzt werden.
An dem Darmkanale selbst kann man meistens
einen Schlund, der bald länger bald kürzer

chen berechtigt iſt. Die Taſtorgane bilden mehr oder minder lange
Fäden, welche entweder am Kopfe oder auch ſeitlich an den Fußſtum-
meln angebracht ſind. Die Gliedfäden (cirrhi) des Körpers ſte-
hen ſowohl auf den Rücken, als auf den Bauchſtummeln; da wo ein
deutlicher Kopf vorhanden iſt, ſind ſie nach vorn gerichtet und werden
dann mit dem Namen Kopffühler (antennae) bezeichnet. Bei
einigen Gattungen erſcheinen ſowohl die Gliedfäden als die Kopf-
fühler geringelt, ſo daß ſie den Fühlhörnern mancher Krebſe und
Inſekten nicht unähnlich ſehen. Sie unterſcheiden ſich aber ſtets von
den Antennen der Gliederthiere dadurch, daß ſie contraktil ſind und
daß keine eigentliche Gliederung mit eingelenkten Abſchnitten, ſondern
nur eine mehr oder minder deutliche Ringelung der Haut vor-
handen iſt.

[Abbildung] Fig. 229.

Anatomie des Pieres.
(Arenicola piscatorum)
Der Wurm iſt von oben
der Länge nach aufgeſchlitzt, die


Der Verdauungsapparat der
Ringelwürmer beſteht in den meiſten Fällen
aus einem geraden Darmkanale, der von
dem am Vorderende angebrachten Munde
durch den ganzen Körper nach hinten ver-
läuft und ſich in einem endſtändigen After
öffnet, welcher meiſt ein wenig nach der
Rückenſeite zu angebracht iſt. Nur ſelten iſt
der After näher am Munde angebracht.
Der Mund iſt bei den Meiſten mit wulſtigen
Rändern verſehen und oft auch von ſchar-
fen Kiefern umſtellt, welche zum Durchboh-
ren der Beute oder zum Anbeißen ihrer
Haut und zum nachherigen Ausſaugen be-
hülflich ſind. Sehr oft wird die Aufnahme
feſter Nahrungsmittel auch durch einen mus-
kulöſen Schlund und das Fangen der Beute
durch einen Rüſſel unterſtützt, welcher aus
der Mundöffnung hervorgeſchoben werden
kann. Die meiſten Ringelwürmer ſind auch
in der That ſehr räuberiſche Thiere und
das Fangen der Beute wird bei denen, wel-
che Röhren bewohnen, oft noch durch die
ungeheuer langen Kopffühler unterſtützt,
welche zugleich als Schlingen benutzt werden.
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[220/0226] chen berechtigt iſt. Die Taſtorgane bilden mehr oder minder lange Fäden, welche entweder am Kopfe oder auch ſeitlich an den Fußſtum- meln angebracht ſind. Die Gliedfäden (cirrhi) des Körpers ſte- hen ſowohl auf den Rücken, als auf den Bauchſtummeln; da wo ein deutlicher Kopf vorhanden iſt, ſind ſie nach vorn gerichtet und werden dann mit dem Namen Kopffühler (antennae) bezeichnet. Bei einigen Gattungen erſcheinen ſowohl die Gliedfäden als die Kopf- fühler geringelt, ſo daß ſie den Fühlhörnern mancher Krebſe und Inſekten nicht unähnlich ſehen. Sie unterſcheiden ſich aber ſtets von den Antennen der Gliederthiere dadurch, daß ſie contraktil ſind und daß keine eigentliche Gliederung mit eingelenkten Abſchnitten, ſondern nur eine mehr oder minder deutliche Ringelung der Haut vor- handen iſt. [Abbildung Fig. 229. Anatomie des Pieres. (Arenicola piscatorum) Der Wurm iſt von oben der Länge nach aufgeſchlitzt, die] Der Verdauungsapparat der Ringelwürmer beſteht in den meiſten Fällen aus einem geraden Darmkanale, der von dem am Vorderende angebrachten Munde durch den ganzen Körper nach hinten ver- läuft und ſich in einem endſtändigen After öffnet, welcher meiſt ein wenig nach der Rückenſeite zu angebracht iſt. Nur ſelten iſt der After näher am Munde angebracht. Der Mund iſt bei den Meiſten mit wulſtigen Rändern verſehen und oft auch von ſchar- fen Kiefern umſtellt, welche zum Durchboh- ren der Beute oder zum Anbeißen ihrer Haut und zum nachherigen Ausſaugen be- hülflich ſind. Sehr oft wird die Aufnahme feſter Nahrungsmittel auch durch einen mus- kulöſen Schlund und das Fangen der Beute durch einen Rüſſel unterſtützt, welcher aus der Mundöffnung hervorgeſchoben werden kann. Die meiſten Ringelwürmer ſind auch in der That ſehr räuberiſche Thiere und das Fangen der Beute wird bei denen, wel- che Röhren bewohnen, oft noch durch die ungeheuer langen Kopffühler unterſtützt, welche zugleich als Schlingen benutzt werden. An dem Darmkanale ſelbſt kann man meiſtens einen Schlund, der bald länger bald kürzer

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/226>, abgerufen am 10.05.2024.