Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Härchen besetzt sind, bald in Schwimmlappen, welche entweder am
vordern Körperende oder an der Bauchfläche angebracht sind.

Die Organe des vegetativen Lebens sind äußerst mannigfaltig
ausgebildet. Von einer einfachen Höhle an, welche nach hinten zu
gegen einen After sich öffnet, bis zu einem äußerst complicirten Ver-
dauungssysteme
mit wohlbewaffnetem Munde und Schlunde und
mit vielfachen Abtheilungen des langen Darmes, finden sich alle Zwi-
schenstufen in der langen Reihe der Weichthiere ausgebildet, die wir
bei den einzelnen Klassen näher betrachten werden. Besonders bemer-
kenswerth ist indeß in der Klasse der Weichthiere die bedeutende Ent-
faltung der Drüsengebilde und besonders der Leber, welche bei man-
chen Klassen den größten Theil der Eingeweide ausmacht, während sie
bei den Würmern nur eine unbedeutende Schicht der Darmwandungen
darstellte. Ein After kömmt übrigens bei allen Weichthieren vor. Die
Form des Darmkanales, in welcher nur eine gemeinschaftliche Mün-
dung für Aufnahme und Auswurf vorhanden war, ist mit den Wür-
mern verschwunden, um nicht mehr aufzutreten.

Der Kreislauf des Blutes ist fast bei allen Weichthieren
auf einer hohen Stufe der Ausbildung, so zwar, daß ein oft in meh-
rere Kammern getheiltes Herz, mit ab- und zuführenden Gefäßen,
welche sich durch den ganzen Körper erstrecken, vorhanden ist. In
einigen Klassen aber ist diese eigene Blutcirkulation, welche stets von
einem muskulös bewegten Mittelpunkte, dem Herzen, ausgeht, durch
Strömungen ersetzt, welche theils in der Leibeshöhle, theils in eigenen
Gefäßen vor sich gehen und durch Flimmerbewegung bedingt werden.
Mit dieser so verschiedenen Ausbildung des Kreislaufes, geht auch
diejenige der Athemorgane Hand in Hand. Bei den niedersten
Klassen kommen keine speciell für diesen Zweck bestimmte Organe vor;
bei den höhern erscheinen sie als Kiemen oder selbst als Lungen, die
nur zum Einathmen der reinen atmosphärischen Luft bestimmt sind.
Die stets lebhaft flimmernden Kiemen treten in der mannigfaltigsten
Form als gegitterte Säcke oder Röhren, als seitliche Blätter mit
Fächer und Schlitzen, als baumartig verästelte Anhänge auf und stehen
stets in nächster Beziehung zu dem Blute, dessen ganze Masse meist
durch die Gefäßnetze dieser Athemorgane cirkulirt. Die Lungen, welche
uns zuerst in der Thierwelt entgegen treten, bilden einen einfachen
beutelartigen Sack, auf dessen innerer Fläche die Gefäße verzweigt sind.

Im Allgemeinen überwiegt bei den Weichthieren die geschlecht-
liche Zeugung
weitaus und in der Ausbildung der Fortpflanzungs-
organe sind außerordentlich viele verschiedene Formen entwickelt. In

Härchen beſetzt ſind, bald in Schwimmlappen, welche entweder am
vordern Körperende oder an der Bauchfläche angebracht ſind.

Die Organe des vegetativen Lebens ſind äußerſt mannigfaltig
ausgebildet. Von einer einfachen Höhle an, welche nach hinten zu
gegen einen After ſich öffnet, bis zu einem äußerſt complicirten Ver-
dauungsſyſteme
mit wohlbewaffnetem Munde und Schlunde und
mit vielfachen Abtheilungen des langen Darmes, finden ſich alle Zwi-
ſchenſtufen in der langen Reihe der Weichthiere ausgebildet, die wir
bei den einzelnen Klaſſen näher betrachten werden. Beſonders bemer-
kenswerth iſt indeß in der Klaſſe der Weichthiere die bedeutende Ent-
faltung der Drüſengebilde und beſonders der Leber, welche bei man-
chen Klaſſen den größten Theil der Eingeweide ausmacht, während ſie
bei den Würmern nur eine unbedeutende Schicht der Darmwandungen
darſtellte. Ein After kömmt übrigens bei allen Weichthieren vor. Die
Form des Darmkanales, in welcher nur eine gemeinſchaftliche Mün-
dung für Aufnahme und Auswurf vorhanden war, iſt mit den Wür-
mern verſchwunden, um nicht mehr aufzutreten.

Der Kreislauf des Blutes iſt faſt bei allen Weichthieren
auf einer hohen Stufe der Ausbildung, ſo zwar, daß ein oft in meh-
rere Kammern getheiltes Herz, mit ab- und zuführenden Gefäßen,
welche ſich durch den ganzen Körper erſtrecken, vorhanden iſt. In
einigen Klaſſen aber iſt dieſe eigene Blutcirkulation, welche ſtets von
einem muskulös bewegten Mittelpunkte, dem Herzen, ausgeht, durch
Strömungen erſetzt, welche theils in der Leibeshöhle, theils in eigenen
Gefäßen vor ſich gehen und durch Flimmerbewegung bedingt werden.
Mit dieſer ſo verſchiedenen Ausbildung des Kreislaufes, geht auch
diejenige der Athemorgane Hand in Hand. Bei den niederſten
Klaſſen kommen keine ſpeciell für dieſen Zweck beſtimmte Organe vor;
bei den höhern erſcheinen ſie als Kiemen oder ſelbſt als Lungen, die
nur zum Einathmen der reinen atmoſphäriſchen Luft beſtimmt ſind.
Die ſtets lebhaft flimmernden Kiemen treten in der mannigfaltigſten
Form als gegitterte Säcke oder Röhren, als ſeitliche Blätter mit
Fächer und Schlitzen, als baumartig veräſtelte Anhänge auf und ſtehen
ſtets in nächſter Beziehung zu dem Blute, deſſen ganze Maſſe meiſt
durch die Gefäßnetze dieſer Athemorgane cirkulirt. Die Lungen, welche
uns zuerſt in der Thierwelt entgegen treten, bilden einen einfachen
beutelartigen Sack, auf deſſen innerer Fläche die Gefäße verzweigt ſind.

Im Allgemeinen überwiegt bei den Weichthieren die geſchlecht-
liche Zeugung
weitaus und in der Ausbildung der Fortpflanzungs-
organe ſind außerordentlich viele verſchiedene Formen entwickelt. In

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="244"/>
Härchen be&#x017F;etzt &#x017F;ind, bald in Schwimmlappen, welche entweder am<lb/>
vordern Körperende oder an der Bauchfläche angebracht &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Die Organe des vegetativen Lebens &#x017F;ind äußer&#x017F;t mannigfaltig<lb/>
ausgebildet. Von einer einfachen Höhle an, welche nach hinten zu<lb/>
gegen einen After &#x017F;ich öffnet, bis zu einem äußer&#x017F;t complicirten <hi rendition="#g">Ver-<lb/>
dauungs&#x017F;y&#x017F;teme</hi> mit wohlbewaffnetem Munde und Schlunde und<lb/>
mit vielfachen Abtheilungen des langen Darmes, finden &#x017F;ich alle Zwi-<lb/>
&#x017F;chen&#x017F;tufen in der langen Reihe der Weichthiere ausgebildet, die wir<lb/>
bei den einzelnen Kla&#x017F;&#x017F;en näher betrachten werden. Be&#x017F;onders bemer-<lb/>
kenswerth i&#x017F;t indeß in der Kla&#x017F;&#x017F;e der Weichthiere die bedeutende Ent-<lb/>
faltung der Drü&#x017F;engebilde und be&#x017F;onders der <hi rendition="#g">Leber,</hi> welche bei man-<lb/>
chen Kla&#x017F;&#x017F;en den größten Theil der Eingeweide ausmacht, während &#x017F;ie<lb/>
bei den Würmern nur eine unbedeutende Schicht der Darmwandungen<lb/>
dar&#x017F;tellte. Ein After kömmt übrigens bei allen Weichthieren vor. Die<lb/>
Form des Darmkanales, in welcher nur eine gemein&#x017F;chaftliche Mün-<lb/>
dung für Aufnahme und Auswurf vorhanden war, i&#x017F;t mit den Wür-<lb/>
mern ver&#x017F;chwunden, um nicht mehr aufzutreten.</p><lb/>
        <p>Der <hi rendition="#g">Kreislauf des Blutes</hi> i&#x017F;t fa&#x017F;t bei allen Weichthieren<lb/>
auf einer hohen Stufe der Ausbildung, &#x017F;o zwar, daß ein oft in meh-<lb/>
rere Kammern getheiltes Herz, mit ab- und zuführenden Gefäßen,<lb/>
welche &#x017F;ich durch den ganzen Körper er&#x017F;trecken, vorhanden i&#x017F;t. In<lb/>
einigen Kla&#x017F;&#x017F;en aber i&#x017F;t die&#x017F;e eigene Blutcirkulation, welche &#x017F;tets von<lb/>
einem muskulös bewegten Mittelpunkte, dem Herzen, ausgeht, durch<lb/>
Strömungen er&#x017F;etzt, welche theils in der Leibeshöhle, theils in eigenen<lb/>
Gefäßen vor &#x017F;ich gehen und durch Flimmerbewegung bedingt werden.<lb/>
Mit die&#x017F;er &#x017F;o ver&#x017F;chiedenen Ausbildung des Kreislaufes, geht auch<lb/>
diejenige der <hi rendition="#g">Athemorgane</hi> Hand in Hand. Bei den nieder&#x017F;ten<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;en kommen keine &#x017F;peciell für die&#x017F;en Zweck be&#x017F;timmte Organe vor;<lb/>
bei den höhern er&#x017F;cheinen &#x017F;ie als Kiemen oder &#x017F;elb&#x017F;t als Lungen, die<lb/>
nur zum Einathmen der reinen atmo&#x017F;phäri&#x017F;chen Luft be&#x017F;timmt &#x017F;ind.<lb/>
Die &#x017F;tets lebhaft flimmernden Kiemen treten in der mannigfaltig&#x017F;ten<lb/>
Form als gegitterte Säcke oder Röhren, als &#x017F;eitliche Blätter mit<lb/>
Fächer und Schlitzen, als baumartig verä&#x017F;telte Anhänge auf und &#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;tets in näch&#x017F;ter Beziehung zu dem Blute, de&#x017F;&#x017F;en ganze Ma&#x017F;&#x017F;e mei&#x017F;t<lb/>
durch die Gefäßnetze die&#x017F;er Athemorgane cirkulirt. Die Lungen, welche<lb/>
uns zuer&#x017F;t in der Thierwelt entgegen treten, bilden einen einfachen<lb/>
beutelartigen Sack, auf de&#x017F;&#x017F;en innerer Fläche die Gefäße verzweigt &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Im Allgemeinen überwiegt bei den Weichthieren die <hi rendition="#g">ge&#x017F;chlecht-<lb/>
liche Zeugung</hi> weitaus und in der Ausbildung der Fortpflanzungs-<lb/>
organe &#x017F;ind außerordentlich viele ver&#x017F;chiedene Formen entwickelt. In<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0250] Härchen beſetzt ſind, bald in Schwimmlappen, welche entweder am vordern Körperende oder an der Bauchfläche angebracht ſind. Die Organe des vegetativen Lebens ſind äußerſt mannigfaltig ausgebildet. Von einer einfachen Höhle an, welche nach hinten zu gegen einen After ſich öffnet, bis zu einem äußerſt complicirten Ver- dauungsſyſteme mit wohlbewaffnetem Munde und Schlunde und mit vielfachen Abtheilungen des langen Darmes, finden ſich alle Zwi- ſchenſtufen in der langen Reihe der Weichthiere ausgebildet, die wir bei den einzelnen Klaſſen näher betrachten werden. Beſonders bemer- kenswerth iſt indeß in der Klaſſe der Weichthiere die bedeutende Ent- faltung der Drüſengebilde und beſonders der Leber, welche bei man- chen Klaſſen den größten Theil der Eingeweide ausmacht, während ſie bei den Würmern nur eine unbedeutende Schicht der Darmwandungen darſtellte. Ein After kömmt übrigens bei allen Weichthieren vor. Die Form des Darmkanales, in welcher nur eine gemeinſchaftliche Mün- dung für Aufnahme und Auswurf vorhanden war, iſt mit den Wür- mern verſchwunden, um nicht mehr aufzutreten. Der Kreislauf des Blutes iſt faſt bei allen Weichthieren auf einer hohen Stufe der Ausbildung, ſo zwar, daß ein oft in meh- rere Kammern getheiltes Herz, mit ab- und zuführenden Gefäßen, welche ſich durch den ganzen Körper erſtrecken, vorhanden iſt. In einigen Klaſſen aber iſt dieſe eigene Blutcirkulation, welche ſtets von einem muskulös bewegten Mittelpunkte, dem Herzen, ausgeht, durch Strömungen erſetzt, welche theils in der Leibeshöhle, theils in eigenen Gefäßen vor ſich gehen und durch Flimmerbewegung bedingt werden. Mit dieſer ſo verſchiedenen Ausbildung des Kreislaufes, geht auch diejenige der Athemorgane Hand in Hand. Bei den niederſten Klaſſen kommen keine ſpeciell für dieſen Zweck beſtimmte Organe vor; bei den höhern erſcheinen ſie als Kiemen oder ſelbſt als Lungen, die nur zum Einathmen der reinen atmoſphäriſchen Luft beſtimmt ſind. Die ſtets lebhaft flimmernden Kiemen treten in der mannigfaltigſten Form als gegitterte Säcke oder Röhren, als ſeitliche Blätter mit Fächer und Schlitzen, als baumartig veräſtelte Anhänge auf und ſtehen ſtets in nächſter Beziehung zu dem Blute, deſſen ganze Maſſe meiſt durch die Gefäßnetze dieſer Athemorgane cirkulirt. Die Lungen, welche uns zuerſt in der Thierwelt entgegen treten, bilden einen einfachen beutelartigen Sack, auf deſſen innerer Fläche die Gefäße verzweigt ſind. Im Allgemeinen überwiegt bei den Weichthieren die geſchlecht- liche Zeugung weitaus und in der Ausbildung der Fortpflanzungs- organe ſind außerordentlich viele verſchiedene Formen entwickelt. In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/250
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/250>, abgerufen am 10.05.2024.