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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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durch Druck in scharfeckige Stücke zerspringen und ebenso scharfe Winkel
zeigen. Offenbar dienen diese unzähligen, scharfen Kieselkrystalle in
den sehr muskulösen Theilen wie ebensoviel Griffel, und der ganze
Fuß oder Mantel stellt so eine Reibscheibe dar, deren Wirkung man
mit derjenigen des Schachtelhalmes oder einer Schmirgelscheibe ver-
gleichen kann. Geringe, wurmförmige Bewegungen dieser Theile rei-
chen hin, Steine und Holz anzuschleifen und die mikroskopischen Späne
dieser Bohrarbeit werden von den Flimmerströmen der Oberfläche stets
fortgeschafft, so daß selbst eine schnelle Wirkung möglich ist.

Kein Muschelthier besitzt einen eigentlichen Kopf; die Mundspalte
befindet sich an dem vorderen Ende des Körpers und nirgends sieht
man in ihrer Nähe besondere Sinnesorgane oder eine Abschnürung,
welche einen Kopf herstellte. Das Nervensystem besteht aus ein-
zelnen Ganglien, die durch Stränge mit einander verbunden sind und

[Abbildung] Fig. 306.

Nervensystem der Messerscheide. (Solen).
a Schlundknoten, b Bauchknoten, in eine einzige Masse verschmolzen.

von denen man in der Regel drei Paar unterscheiden kann. Ein Paar
solcher Knoten liegt unmittelbar neben dem Munde auf der oberen
Seite des Schlundes und ist durch einen Querstrang über den Schlund
hinüber brückenartig mit einander verbunden. Von diesem Schlundkno-
tenpaare gehen zwei Hauptverbindungsstränge ab, die einen nach unten,
um sich mit einem Paar Knoten zu vereinigen, die in dem Fuße un-
mittelbar unter den Eingeweiden liegen, die andern nach hinten, wo
in der Nähe der Kiemenblätter ebenfalls ein Paar von Hauptnerven-
knoten liegt. Zuweilen verschmelzen die Bauch- oder Fußnervenknoten,
zuweilen auch die Kiemenknoten in eine einzige Masse, so daß hier-
durch, sowie durch die wechselnde Lage der Knoten eine ziemliche
Mannigfaltigkeit in die Anordnung des Nervensystemes gebracht wird.
Die Schlundknoten versorgen die Umgebung des Mundes, den vorde-
ren Theil des Mantels und die vordern Schließmuskeln; die hinteren
Knoten die Kiemen, die hintere Mantelhälfte und deren Röhren; das
Fußpaar den Fuß mit Nervenfäden.


durch Druck in ſcharfeckige Stücke zerſpringen und ebenſo ſcharfe Winkel
zeigen. Offenbar dienen dieſe unzähligen, ſcharfen Kieſelkryſtalle in
den ſehr muskulöſen Theilen wie ebenſoviel Griffel, und der ganze
Fuß oder Mantel ſtellt ſo eine Reibſcheibe dar, deren Wirkung man
mit derjenigen des Schachtelhalmes oder einer Schmirgelſcheibe ver-
gleichen kann. Geringe, wurmförmige Bewegungen dieſer Theile rei-
chen hin, Steine und Holz anzuſchleifen und die mikroſkopiſchen Späne
dieſer Bohrarbeit werden von den Flimmerſtrömen der Oberfläche ſtets
fortgeſchafft, ſo daß ſelbſt eine ſchnelle Wirkung möglich iſt.

Kein Muſchelthier beſitzt einen eigentlichen Kopf; die Mundſpalte
befindet ſich an dem vorderen Ende des Körpers und nirgends ſieht
man in ihrer Nähe beſondere Sinnesorgane oder eine Abſchnürung,
welche einen Kopf herſtellte. Das Nervenſyſtem beſteht aus ein-
zelnen Ganglien, die durch Stränge mit einander verbunden ſind und

[Abbildung] Fig. 306.

Nervenſyſtem der Meſſerſcheide. (Solen).
a Schlundknoten, b Bauchknoten, in eine einzige Maſſe verſchmolzen.

von denen man in der Regel drei Paar unterſcheiden kann. Ein Paar
ſolcher Knoten liegt unmittelbar neben dem Munde auf der oberen
Seite des Schlundes und iſt durch einen Querſtrang über den Schlund
hinüber brückenartig mit einander verbunden. Von dieſem Schlundkno-
tenpaare gehen zwei Hauptverbindungsſtränge ab, die einen nach unten,
um ſich mit einem Paar Knoten zu vereinigen, die in dem Fuße un-
mittelbar unter den Eingeweiden liegen, die andern nach hinten, wo
in der Nähe der Kiemenblätter ebenfalls ein Paar von Hauptnerven-
knoten liegt. Zuweilen verſchmelzen die Bauch- oder Fußnervenknoten,
zuweilen auch die Kiemenknoten in eine einzige Maſſe, ſo daß hier-
durch, ſowie durch die wechſelnde Lage der Knoten eine ziemliche
Mannigfaltigkeit in die Anordnung des Nervenſyſtemes gebracht wird.
Die Schlundknoten verſorgen die Umgebung des Mundes, den vorde-
ren Theil des Mantels und die vordern Schließmuskeln; die hinteren
Knoten die Kiemen, die hintere Mantelhälfte und deren Röhren; das
Fußpaar den Fuß mit Nervenfäden.


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[297/0303] durch Druck in ſcharfeckige Stücke zerſpringen und ebenſo ſcharfe Winkel zeigen. Offenbar dienen dieſe unzähligen, ſcharfen Kieſelkryſtalle in den ſehr muskulöſen Theilen wie ebenſoviel Griffel, und der ganze Fuß oder Mantel ſtellt ſo eine Reibſcheibe dar, deren Wirkung man mit derjenigen des Schachtelhalmes oder einer Schmirgelſcheibe ver- gleichen kann. Geringe, wurmförmige Bewegungen dieſer Theile rei- chen hin, Steine und Holz anzuſchleifen und die mikroſkopiſchen Späne dieſer Bohrarbeit werden von den Flimmerſtrömen der Oberfläche ſtets fortgeſchafft, ſo daß ſelbſt eine ſchnelle Wirkung möglich iſt. Kein Muſchelthier beſitzt einen eigentlichen Kopf; die Mundſpalte befindet ſich an dem vorderen Ende des Körpers und nirgends ſieht man in ihrer Nähe beſondere Sinnesorgane oder eine Abſchnürung, welche einen Kopf herſtellte. Das Nervenſyſtem beſteht aus ein- zelnen Ganglien, die durch Stränge mit einander verbunden ſind und [Abbildung Fig. 306. Nervenſyſtem der Meſſerſcheide. (Solen). a Schlundknoten, b Bauchknoten, in eine einzige Maſſe verſchmolzen.] von denen man in der Regel drei Paar unterſcheiden kann. Ein Paar ſolcher Knoten liegt unmittelbar neben dem Munde auf der oberen Seite des Schlundes und iſt durch einen Querſtrang über den Schlund hinüber brückenartig mit einander verbunden. Von dieſem Schlundkno- tenpaare gehen zwei Hauptverbindungsſtränge ab, die einen nach unten, um ſich mit einem Paar Knoten zu vereinigen, die in dem Fuße un- mittelbar unter den Eingeweiden liegen, die andern nach hinten, wo in der Nähe der Kiemenblätter ebenfalls ein Paar von Hauptnerven- knoten liegt. Zuweilen verſchmelzen die Bauch- oder Fußnervenknoten, zuweilen auch die Kiemenknoten in eine einzige Maſſe, ſo daß hier- durch, ſowie durch die wechſelnde Lage der Knoten eine ziemliche Mannigfaltigkeit in die Anordnung des Nervenſyſtemes gebracht wird. Die Schlundknoten verſorgen die Umgebung des Mundes, den vorde- ren Theil des Mantels und die vordern Schließmuskeln; die hinteren Knoten die Kiemen, die hintere Mantelhälfte und deren Röhren; das Fußpaar den Fuß mit Nervenfäden.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/303>, abgerufen am 23.12.2024.