einer zarten Oberhaut versehen, welche nirgends Wimperhaare trägt. In dieser Haut sind eigenthümliche Zellen eingeschlossen, welche eine sehr dehnbare elastische Haut haben und während des Lebens durch in der Haut gelegene Fasern abwechselnd ausgedehnt und zusammen gezogen werden. Diese Zellen (Chromatophoren genannt) sind mit blauen, violetten, rothen, gelben oder braunen Farbenstoffen gefüllt, die bei der Ausdehnung der Zelle sehr verdünnt und über einen großen Raum ausgebreitet erscheinen und deßhalb fast verschwinden, während sie bei der Zusammenziehung der Zelle durch ihre Anhäufung ihre Tinte in- tensiv vortreten lassen. Jede solche Zelle enthält nur einen Farbestoff; -- die Zellen verschiedener Farben liegen aber regellos nebeneinander, so daß bei den abwechselnden Zusammenziehungen und Ausdehnungen an einem bestimmten Punkte bald diese, bald jene Farbe hervortritt. Die Kopffüßler zeigen so während ihres Lebens ein herrliches Farbenspiel von blauen, rothen und gelben Tönen, die schillernd über den Körper hinweglaufen und beständig mit einander abwechseln. Es hält dieses Farbenspiel mehrere Stunden nach dem Tode noch an und dient deß- halb auf den Märkten der Küsten, wo man die Thiere ißt, zum Zei- chen ihrer Frische. Man hat eine ähnliche Organisation der Haut noch bei keinem anderen Thiere gefunden und ist nach unserem jetzigen Standpunkte der Kenntniß vollkommen berechtigt, jedes Thier, bei wel- chem man eine solche findet, als zu der Klasse der Kopffüßler gehörig anzusehen. Der Farbenwechsel selbst und das abwechselnde Spiel der Farbenzellen stehen übrigens offenbar unter dem Einflusse des Nerven- systemes und können durch Reizung der Haut geweckt und lebhafter gemacht werden.
Die Schalen, welche manche Kopffüßler besitzen, sind nach abwei- chenden Typen gestaltet und können nicht mit denen der Schnecken verwechselt werden. Sie sind stets im Verhältnisse ihrer Größe, dünn und zerbrechlich, lassen aber bei zwei verschiedenen Typen eine sehr ver- schiedene Structur erkennen. Der eine Typus wird durch das Pa- pierboot (Argonauta) dargestellt, ein Thier, das sich häufig in dem südlichen Mittelmeere findet und ein bootförmiges, sehr leichtes, dünnes,
einer zarten Oberhaut verſehen, welche nirgends Wimperhaare trägt. In dieſer Haut ſind eigenthümliche Zellen eingeſchloſſen, welche eine ſehr dehnbare elaſtiſche Haut haben und während des Lebens durch in der Haut gelegene Faſern abwechſelnd ausgedehnt und zuſammen gezogen werden. Dieſe Zellen (Chromatophoren genannt) ſind mit blauen, violetten, rothen, gelben oder braunen Farbenſtoffen gefüllt, die bei der Ausdehnung der Zelle ſehr verdünnt und über einen großen Raum ausgebreitet erſcheinen und deßhalb faſt verſchwinden, während ſie bei der Zuſammenziehung der Zelle durch ihre Anhäufung ihre Tinte in- tenſiv vortreten laſſen. Jede ſolche Zelle enthält nur einen Farbeſtoff; — die Zellen verſchiedener Farben liegen aber regellos nebeneinander, ſo daß bei den abwechſelnden Zuſammenziehungen und Ausdehnungen an einem beſtimmten Punkte bald dieſe, bald jene Farbe hervortritt. Die Kopffüßler zeigen ſo während ihres Lebens ein herrliches Farbenſpiel von blauen, rothen und gelben Tönen, die ſchillernd über den Körper hinweglaufen und beſtändig mit einander abwechſeln. Es hält dieſes Farbenſpiel mehrere Stunden nach dem Tode noch an und dient deß- halb auf den Märkten der Küſten, wo man die Thiere ißt, zum Zei- chen ihrer Friſche. Man hat eine ähnliche Organiſation der Haut noch bei keinem anderen Thiere gefunden und iſt nach unſerem jetzigen Standpunkte der Kenntniß vollkommen berechtigt, jedes Thier, bei wel- chem man eine ſolche findet, als zu der Klaſſe der Kopffüßler gehörig anzuſehen. Der Farbenwechſel ſelbſt und das abwechſelnde Spiel der Farbenzellen ſtehen übrigens offenbar unter dem Einfluſſe des Nerven- ſyſtemes und können durch Reizung der Haut geweckt und lebhafter gemacht werden.
Die Schalen, welche manche Kopffüßler beſitzen, ſind nach abwei- chenden Typen geſtaltet und können nicht mit denen der Schnecken verwechſelt werden. Sie ſind ſtets im Verhältniſſe ihrer Größe, dünn und zerbrechlich, laſſen aber bei zwei verſchiedenen Typen eine ſehr ver- ſchiedene Structur erkennen. Der eine Typus wird durch das Pa- pierboot (Argonauta) dargeſtellt, ein Thier, das ſich häufig in dem ſüdlichen Mittelmeere findet und ein bootförmiges, ſehr leichtes, dünnes,
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einer zarten Oberhaut verſehen, welche nirgends Wimperhaare trägt.
In dieſer Haut ſind eigenthümliche Zellen eingeſchloſſen, welche eine
ſehr dehnbare elaſtiſche Haut haben und während des Lebens durch in der
Haut gelegene Faſern abwechſelnd ausgedehnt und zuſammen gezogen
werden. Dieſe Zellen (Chromatophoren genannt) ſind mit blauen,
violetten, rothen, gelben oder braunen Farbenſtoffen gefüllt, die bei
der Ausdehnung der Zelle ſehr verdünnt und über einen großen Raum
ausgebreitet erſcheinen und deßhalb faſt verſchwinden, während ſie bei
der Zuſammenziehung der Zelle durch ihre Anhäufung ihre Tinte in-
tenſiv vortreten laſſen. Jede ſolche Zelle enthält nur einen Farbeſtoff; —
die Zellen verſchiedener Farben liegen aber regellos nebeneinander, ſo
daß bei den abwechſelnden Zuſammenziehungen und Ausdehnungen an
einem beſtimmten Punkte bald dieſe, bald jene Farbe hervortritt. Die
Kopffüßler zeigen ſo während ihres Lebens ein herrliches Farbenſpiel
von blauen, rothen und gelben Tönen, die ſchillernd über den Körper
hinweglaufen und beſtändig mit einander abwechſeln. Es hält dieſes
Farbenſpiel mehrere Stunden nach dem Tode noch an und dient deß-
halb auf den Märkten der Küſten, wo man die Thiere ißt, zum Zei-
chen ihrer Friſche. Man hat eine ähnliche Organiſation der Haut
noch bei keinem anderen Thiere gefunden und iſt nach unſerem jetzigen
Standpunkte der Kenntniß vollkommen berechtigt, jedes Thier, bei wel-
chem man eine ſolche findet, als zu der Klaſſe der Kopffüßler gehörig
anzuſehen. Der Farbenwechſel ſelbſt und das abwechſelnde Spiel der
Farbenzellen ſtehen übrigens offenbar unter dem Einfluſſe des Nerven-
ſyſtemes und können durch Reizung der Haut geweckt und lebhafter
gemacht werden.
Die Schalen, welche manche Kopffüßler beſitzen, ſind nach abwei-
chenden Typen geſtaltet und können nicht mit denen der Schnecken
verwechſelt werden. Sie ſind ſtets im Verhältniſſe ihrer Größe, dünn
und zerbrechlich, laſſen aber bei zwei verſchiedenen Typen eine ſehr ver-
ſchiedene Structur erkennen. Der eine Typus wird durch das Pa-
pierboot (Argonauta) dargeſtellt, ein Thier, das ſich häufig in dem
ſüdlichen Mittelmeere findet und ein bootförmiges, ſehr leichtes, dünnes,
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/369>, abgerufen am 23.12.2024.
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