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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Bei einigen Larven sind diese Tracheenkiemen sogar in dem wei-
ten Mastdarme versteckt, der durch besondere Klappen befähigt ist, ab-
wechselnd Wasser einzunehmen und wieder von sich zu geben.

Gegen das Ende des Larvenlebens, das bei vielen Arten nur
wenige Tage oder Wochen, bei anderen aber viele Jahre dauert, wie
denn namentlich die im Holz und in der Erde lebenden Larven viel
länger leben, als diejenigen, die sich in faulenden Stoffen aufhal-
ten; -- gegen das Ende des Larvenlebens, sage ich, bereitet die Larve
ihre Umwandelung zur Puppe vor. Sie frißt nicht mehr, entleert
den Darmkanal und sucht die zur Verpuppung geeignete Stelle auf.
Die Einen spinnen sich eine Hülle, die Andern bohren einfach Löcher
in die Erde, oder verbergen sich in Mulm und unter faulenden
Stoffen; viele bleiben noch eine Zeit lang in ihrer Hülle, die sie als
Larve besaßen, bei anderen springt die Larvenhaut unmittelbar auf,
und die härtere Puppe tritt hervor. Vielen Puppen dient die eigene
starre Larvenhaut als Hülle. Die Form der Puppe selbst ist sehr
verschieden, und ebenso ihre Beziehung zu dem künftigen Insekte. Bei
den meisten Zweiflüglern findet man die sogenannten Tönnchen-
puppen
mit harter Bedeckung in Form eines Fasses oder eines
Schiffchens, und ohne die mindeste Beziehung zu der Gestalt des Bil-
des. Der Körper des Insektes, welcher sich in dieser Tonne ausbildet,
erscheint meist ungemein zusammengepreßt, so daß die ausgekrochene
Fliege kaum zur kleinen Puppe zu gehören scheint und sichtlich nach
dem Ausschlüpfen durch Einpumpen von Luft anschwillt. Bei anderen
erscheint die Puppe hart, eckig, aus hornigen Ringeln zusammenge-
setzt, gewöhnlich mit undeutlicher Sichtbarkeit der Füße und Flügel.
Bei den am höchsten stehenden Insekten endlich sieht man unter der
zärteren Puppenhaut alle Theile des Bildes vollkommen ausgeprägt,
so daß das Ausschlüpfen des vollkommenen Insektes gleichsam nur
eine Entfaltung der in der Puppe zusammengelegten Organe darstellt.
Während des Puppenlebens, dessen Dauer verschieden ist, aber doch
wohl selten die eines Jahres übersteigt, bilden sich auf Kosten des
Fettkörpers der Larven insbesondere die Geschlechtstheile aus, so daß
die meisten Bilder fast unmittelbar nach ihrem Ausschlüpfen befruch-
tungsfähig sind. Die früher gestreckte Ganglienkette des Bauchmarkes
verkürzt sich bei denjenigen Gattungen, welche verschmolzene Knoten
besitzen, und der Darmkanal, sowie die Mundwerkzeuge bilden sich
aus der Larvenform zu derjenigen des Bildes um. Dieses erscheint
endlich, indem es die Puppenhülse sprengt, in seiner definitiven Ge-

Bei einigen Larven ſind dieſe Tracheenkiemen ſogar in dem wei-
ten Maſtdarme verſteckt, der durch beſondere Klappen befähigt iſt, ab-
wechſelnd Waſſer einzunehmen und wieder von ſich zu geben.

Gegen das Ende des Larvenlebens, das bei vielen Arten nur
wenige Tage oder Wochen, bei anderen aber viele Jahre dauert, wie
denn namentlich die im Holz und in der Erde lebenden Larven viel
länger leben, als diejenigen, die ſich in faulenden Stoffen aufhal-
ten; — gegen das Ende des Larvenlebens, ſage ich, bereitet die Larve
ihre Umwandelung zur Puppe vor. Sie frißt nicht mehr, entleert
den Darmkanal und ſucht die zur Verpuppung geeignete Stelle auf.
Die Einen ſpinnen ſich eine Hülle, die Andern bohren einfach Löcher
in die Erde, oder verbergen ſich in Mulm und unter faulenden
Stoffen; viele bleiben noch eine Zeit lang in ihrer Hülle, die ſie als
Larve beſaßen, bei anderen ſpringt die Larvenhaut unmittelbar auf,
und die härtere Puppe tritt hervor. Vielen Puppen dient die eigene
ſtarre Larvenhaut als Hülle. Die Form der Puppe ſelbſt iſt ſehr
verſchieden, und ebenſo ihre Beziehung zu dem künftigen Inſekte. Bei
den meiſten Zweiflüglern findet man die ſogenannten Tönnchen-
puppen
mit harter Bedeckung in Form eines Faſſes oder eines
Schiffchens, und ohne die mindeſte Beziehung zu der Geſtalt des Bil-
des. Der Körper des Inſektes, welcher ſich in dieſer Tonne ausbildet,
erſcheint meiſt ungemein zuſammengepreßt, ſo daß die ausgekrochene
Fliege kaum zur kleinen Puppe zu gehören ſcheint und ſichtlich nach
dem Ausſchlüpfen durch Einpumpen von Luft anſchwillt. Bei anderen
erſcheint die Puppe hart, eckig, aus hornigen Ringeln zuſammenge-
ſetzt, gewöhnlich mit undeutlicher Sichtbarkeit der Füße und Flügel.
Bei den am höchſten ſtehenden Inſekten endlich ſieht man unter der
zärteren Puppenhaut alle Theile des Bildes vollkommen ausgeprägt,
ſo daß das Ausſchlüpfen des vollkommenen Inſektes gleichſam nur
eine Entfaltung der in der Puppe zuſammengelegten Organe darſtellt.
Während des Puppenlebens, deſſen Dauer verſchieden iſt, aber doch
wohl ſelten die eines Jahres überſteigt, bilden ſich auf Koſten des
Fettkörpers der Larven insbeſondere die Geſchlechtstheile aus, ſo daß
die meiſten Bilder faſt unmittelbar nach ihrem Ausſchlüpfen befruch-
tungsfähig ſind. Die früher geſtreckte Ganglienkette des Bauchmarkes
verkürzt ſich bei denjenigen Gattungen, welche verſchmolzene Knoten
beſitzen, und der Darmkanal, ſowie die Mundwerkzeuge bilden ſich
aus der Larvenform zu derjenigen des Bildes um. Dieſes erſcheint
endlich, indem es die Puppenhülſe ſprengt, in ſeiner definitiven Ge-

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[552/0558] Bei einigen Larven ſind dieſe Tracheenkiemen ſogar in dem wei- ten Maſtdarme verſteckt, der durch beſondere Klappen befähigt iſt, ab- wechſelnd Waſſer einzunehmen und wieder von ſich zu geben. Gegen das Ende des Larvenlebens, das bei vielen Arten nur wenige Tage oder Wochen, bei anderen aber viele Jahre dauert, wie denn namentlich die im Holz und in der Erde lebenden Larven viel länger leben, als diejenigen, die ſich in faulenden Stoffen aufhal- ten; — gegen das Ende des Larvenlebens, ſage ich, bereitet die Larve ihre Umwandelung zur Puppe vor. Sie frißt nicht mehr, entleert den Darmkanal und ſucht die zur Verpuppung geeignete Stelle auf. Die Einen ſpinnen ſich eine Hülle, die Andern bohren einfach Löcher in die Erde, oder verbergen ſich in Mulm und unter faulenden Stoffen; viele bleiben noch eine Zeit lang in ihrer Hülle, die ſie als Larve beſaßen, bei anderen ſpringt die Larvenhaut unmittelbar auf, und die härtere Puppe tritt hervor. Vielen Puppen dient die eigene ſtarre Larvenhaut als Hülle. Die Form der Puppe ſelbſt iſt ſehr verſchieden, und ebenſo ihre Beziehung zu dem künftigen Inſekte. Bei den meiſten Zweiflüglern findet man die ſogenannten Tönnchen- puppen mit harter Bedeckung in Form eines Faſſes oder eines Schiffchens, und ohne die mindeſte Beziehung zu der Geſtalt des Bil- des. Der Körper des Inſektes, welcher ſich in dieſer Tonne ausbildet, erſcheint meiſt ungemein zuſammengepreßt, ſo daß die ausgekrochene Fliege kaum zur kleinen Puppe zu gehören ſcheint und ſichtlich nach dem Ausſchlüpfen durch Einpumpen von Luft anſchwillt. Bei anderen erſcheint die Puppe hart, eckig, aus hornigen Ringeln zuſammenge- ſetzt, gewöhnlich mit undeutlicher Sichtbarkeit der Füße und Flügel. Bei den am höchſten ſtehenden Inſekten endlich ſieht man unter der zärteren Puppenhaut alle Theile des Bildes vollkommen ausgeprägt, ſo daß das Ausſchlüpfen des vollkommenen Inſektes gleichſam nur eine Entfaltung der in der Puppe zuſammengelegten Organe darſtellt. Während des Puppenlebens, deſſen Dauer verſchieden iſt, aber doch wohl ſelten die eines Jahres überſteigt, bilden ſich auf Koſten des Fettkörpers der Larven insbeſondere die Geſchlechtstheile aus, ſo daß die meiſten Bilder faſt unmittelbar nach ihrem Ausſchlüpfen befruch- tungsfähig ſind. Die früher geſtreckte Ganglienkette des Bauchmarkes verkürzt ſich bei denjenigen Gattungen, welche verſchmolzene Knoten beſitzen, und der Darmkanal, ſowie die Mundwerkzeuge bilden ſich aus der Larvenform zu derjenigen des Bildes um. Dieſes erſcheint endlich, indem es die Puppenhülſe ſprengt, in ſeiner definitiven Ge-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/558>, abgerufen am 23.05.2024.