Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.Wir theilen die Ordnung der Schnabelkerfe in folgende Fa- Schildläuse (Coccida). Die meisten dieser Thiere wohnen in [Abbildung]
Fig. 679. Fig. 680. wärmeren Zonen, alle parasitischCoccus cacti, die ächte Cochenille. auf Gewächsen, die sie selten ver- lassen. Ihre Gestalt, besonders die der Weibchen, ist so abweichend, daß man lange von einigen Arten bezweifelte, ob sie wirklich Thiere seien. Die Männchen sind stets geflügelt, schlank, mit wagerechtem Kopfe, langen borsten- oder schnur- förmigen Fühlern, die meist behaart sind, und sehr kleinen Augen, die aus gehäuften einzelnen Nebenaugen bestehen. Die Mundwerkzeuge die- ser Thierchen, die im vollkommenen Zustande nur sehr kurze Zeit leben und keine Nahrung zu sich nehmen, sind gänzlich verkümmert, so daß nur ein Paar Knötchen statt ihrer wahrgenommen werden. Flügel sind gewöhnlich nur zwei vorhanden, sehr selten findet man Hinterflügel, meist statt ihrer nur Schwing- kolben oder verkümmerte Stummeln; sie sind sehr zart und häutig. Die Weibchen sind durchgängig flügellos; ihr ganzer Körper schild- förmig, oben gewölbt, unten hohl; die Beine sehr kurz; der Kopf gar nicht unterschieden, die Körperringe oft undeutlich. Die weiblichen Thiere sitzen wie flache Warzen an den Gewächsen, in deren Ge- webe ihr mit sehr langen Borsten versehener Schnabel permanent eingesenkt ist, und sind meist von einem feinen Flaum zarter Wachs- fäden bedeckt. Sie verlieren oft in diesem Zustande die Beweglichkeit gänzlich und legen nach der Begattung die Eier unter sich, so daß sie dieselben mit dem schildförmigen Körper decken. Nach dem Eier- legen sterben sie und der todte Körper bildet nun eine feste, schildför- mige Decke über den Eiern, die demnächst ausschlüpfen. Die Larven sind bewegliche, muntere Thierchen, deren Geschlechtsunterschied sich meist nur an der Breite des Leibes erkennen läßt; auch die männ- lichen Larven haben einen kurzen Schnabel. Die männlichen Larven verwandeln sich in eine bewegliche, umherkriechende Puppe mit freien Gliedern und anliegenden Fühlern und Flügeln, während die weib- lichen Puppen sich nur durch größere Breite von den Larven und Wir theilen die Ordnung der Schnabelkerfe in folgende Fa- Schildläuſe (Coccida). Die meiſten dieſer Thiere wohnen in [Abbildung]
Fig. 679. Fig. 680. wärmeren Zonen, alle paraſitiſchCoccus cacti, die ächte Cochenille. auf Gewächſen, die ſie ſelten ver- laſſen. Ihre Geſtalt, beſonders die der Weibchen, iſt ſo abweichend, daß man lange von einigen Arten bezweifelte, ob ſie wirklich Thiere ſeien. Die Männchen ſind ſtets geflügelt, ſchlank, mit wagerechtem Kopfe, langen borſten- oder ſchnur- förmigen Fühlern, die meiſt behaart ſind, und ſehr kleinen Augen, die aus gehäuften einzelnen Nebenaugen beſtehen. Die Mundwerkzeuge die- ſer Thierchen, die im vollkommenen Zuſtande nur ſehr kurze Zeit leben und keine Nahrung zu ſich nehmen, ſind gänzlich verkümmert, ſo daß nur ein Paar Knötchen ſtatt ihrer wahrgenommen werden. Flügel ſind gewöhnlich nur zwei vorhanden, ſehr ſelten findet man Hinterflügel, meiſt ſtatt ihrer nur Schwing- kolben oder verkümmerte Stummeln; ſie ſind ſehr zart und häutig. Die Weibchen ſind durchgängig flügellos; ihr ganzer Körper ſchild- förmig, oben gewölbt, unten hohl; die Beine ſehr kurz; der Kopf gar nicht unterſchieden, die Körperringe oft undeutlich. Die weiblichen Thiere ſitzen wie flache Warzen an den Gewächſen, in deren Ge- webe ihr mit ſehr langen Borſten verſehener Schnabel permanent eingeſenkt iſt, und ſind meiſt von einem feinen Flaum zarter Wachs- fäden bedeckt. Sie verlieren oft in dieſem Zuſtande die Beweglichkeit gänzlich und legen nach der Begattung die Eier unter ſich, ſo daß ſie dieſelben mit dem ſchildförmigen Körper decken. Nach dem Eier- legen ſterben ſie und der todte Körper bildet nun eine feſte, ſchildför- mige Decke über den Eiern, die demnächſt ausſchlüpfen. Die Larven ſind bewegliche, muntere Thierchen, deren Geſchlechtsunterſchied ſich meiſt nur an der Breite des Leibes erkennen läßt; auch die männ- lichen Larven haben einen kurzen Schnabel. Die männlichen Larven verwandeln ſich in eine bewegliche, umherkriechende Puppe mit freien Gliedern und anliegenden Fühlern und Flügeln, während die weib- lichen Puppen ſich nur durch größere Breite von den Larven und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0573" n="567"/> <p>Wir theilen die Ordnung der Schnabelkerfe in folgende Fa-<lb/> milien:</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Schildläuſe</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">(Coccida)</hi></hi>. Die meiſten dieſer Thiere wohnen in<lb/><figure><head>Fig. 679. Fig. 680.</head><lb/><p><hi rendition="#aq">Coccus cacti</hi>, die ächte Cochenille.<lb/> Geflügeltes Männchen und flügelloſes Weib-<lb/> chen; beide ſtark vergrößert.</p></figure><lb/> wärmeren Zonen, alle paraſitiſch<lb/> auf Gewächſen, die ſie ſelten ver-<lb/> laſſen. Ihre Geſtalt, beſonders die<lb/> der Weibchen, iſt ſo abweichend,<lb/> daß man lange von einigen Arten<lb/> bezweifelte, ob ſie wirklich Thiere<lb/> ſeien. Die <hi rendition="#g">Männchen</hi> ſind ſtets<lb/> geflügelt, ſchlank, mit wagerechtem<lb/> Kopfe, langen borſten- oder ſchnur-<lb/> förmigen Fühlern, die meiſt behaart<lb/> ſind, und ſehr kleinen Augen, die<lb/> aus gehäuften einzelnen Nebenaugen<lb/> beſtehen. Die Mundwerkzeuge die-<lb/> ſer Thierchen, die im vollkommenen<lb/> Zuſtande nur ſehr kurze Zeit leben<lb/> und keine Nahrung zu ſich nehmen,<lb/> ſind gänzlich verkümmert, ſo daß nur ein Paar Knötchen ſtatt ihrer<lb/> wahrgenommen werden. Flügel ſind gewöhnlich nur zwei vorhanden,<lb/> ſehr ſelten findet man Hinterflügel, meiſt ſtatt ihrer nur Schwing-<lb/> kolben oder verkümmerte Stummeln; ſie ſind ſehr zart und häutig.<lb/> Die <hi rendition="#g">Weibchen</hi> ſind durchgängig flügellos; ihr ganzer Körper ſchild-<lb/> förmig, oben gewölbt, unten hohl; die Beine ſehr kurz; der Kopf<lb/> gar nicht unterſchieden, die Körperringe oft undeutlich. Die weiblichen<lb/> Thiere ſitzen wie flache Warzen an den Gewächſen, in deren Ge-<lb/> webe ihr mit ſehr langen Borſten verſehener Schnabel permanent<lb/> eingeſenkt iſt, und ſind meiſt von einem feinen Flaum zarter Wachs-<lb/> fäden bedeckt. Sie verlieren oft in dieſem Zuſtande die Beweglichkeit<lb/> gänzlich und legen nach der Begattung die Eier unter ſich, ſo daß<lb/> ſie dieſelben mit dem ſchildförmigen Körper decken. Nach dem Eier-<lb/> legen ſterben ſie und der todte Körper bildet nun eine feſte, ſchildför-<lb/> mige Decke über den Eiern, die demnächſt ausſchlüpfen. Die Larven<lb/> ſind bewegliche, muntere Thierchen, deren Geſchlechtsunterſchied ſich<lb/> meiſt nur an der Breite des Leibes erkennen läßt; auch die männ-<lb/> lichen Larven haben einen kurzen Schnabel. Die männlichen Larven<lb/> verwandeln ſich in eine bewegliche, umherkriechende Puppe mit freien<lb/> Gliedern und anliegenden Fühlern und Flügeln, während die weib-<lb/> lichen Puppen ſich nur durch größere Breite von den Larven und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [567/0573]
Wir theilen die Ordnung der Schnabelkerfe in folgende Fa-
milien:
Schildläuſe (Coccida). Die meiſten dieſer Thiere wohnen in
[Abbildung Fig. 679. Fig. 680.
Coccus cacti, die ächte Cochenille.
Geflügeltes Männchen und flügelloſes Weib-
chen; beide ſtark vergrößert.]
wärmeren Zonen, alle paraſitiſch
auf Gewächſen, die ſie ſelten ver-
laſſen. Ihre Geſtalt, beſonders die
der Weibchen, iſt ſo abweichend,
daß man lange von einigen Arten
bezweifelte, ob ſie wirklich Thiere
ſeien. Die Männchen ſind ſtets
geflügelt, ſchlank, mit wagerechtem
Kopfe, langen borſten- oder ſchnur-
förmigen Fühlern, die meiſt behaart
ſind, und ſehr kleinen Augen, die
aus gehäuften einzelnen Nebenaugen
beſtehen. Die Mundwerkzeuge die-
ſer Thierchen, die im vollkommenen
Zuſtande nur ſehr kurze Zeit leben
und keine Nahrung zu ſich nehmen,
ſind gänzlich verkümmert, ſo daß nur ein Paar Knötchen ſtatt ihrer
wahrgenommen werden. Flügel ſind gewöhnlich nur zwei vorhanden,
ſehr ſelten findet man Hinterflügel, meiſt ſtatt ihrer nur Schwing-
kolben oder verkümmerte Stummeln; ſie ſind ſehr zart und häutig.
Die Weibchen ſind durchgängig flügellos; ihr ganzer Körper ſchild-
förmig, oben gewölbt, unten hohl; die Beine ſehr kurz; der Kopf
gar nicht unterſchieden, die Körperringe oft undeutlich. Die weiblichen
Thiere ſitzen wie flache Warzen an den Gewächſen, in deren Ge-
webe ihr mit ſehr langen Borſten verſehener Schnabel permanent
eingeſenkt iſt, und ſind meiſt von einem feinen Flaum zarter Wachs-
fäden bedeckt. Sie verlieren oft in dieſem Zuſtande die Beweglichkeit
gänzlich und legen nach der Begattung die Eier unter ſich, ſo daß
ſie dieſelben mit dem ſchildförmigen Körper decken. Nach dem Eier-
legen ſterben ſie und der todte Körper bildet nun eine feſte, ſchildför-
mige Decke über den Eiern, die demnächſt ausſchlüpfen. Die Larven
ſind bewegliche, muntere Thierchen, deren Geſchlechtsunterſchied ſich
meiſt nur an der Breite des Leibes erkennen läßt; auch die männ-
lichen Larven haben einen kurzen Schnabel. Die männlichen Larven
verwandeln ſich in eine bewegliche, umherkriechende Puppe mit freien
Gliedern und anliegenden Fühlern und Flügeln, während die weib-
lichen Puppen ſich nur durch größere Breite von den Larven und
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