chen so lange im Leibe der Mutter umher, bis sie eine der erwähnten Röhren des Brutkanales finden, durch welche sie dann in den Brut- kanal klettern, den sie oft strotzend erfüllen. Durch die vordere Oeff- nung desselben kriechen sie dann hinaus auf den Leib der Wespen, auf dem sie munter einherlaufen. Die Larven der Strepsipteren haben in diesem Zustande einen mehr oder minder schlanken, mit Bor- sten besetzten, geringelten Körper, einen halbrunden Kopf, zu dessen beiden Seiten Häufchen von Nebenaugen stehen und sechs Füße, von denen die beiden ersten Paare mit runden oder länglichen Haftlappen versehen und anders als das hintere Paar gestaltet sind. Sie laufen sehr behende und einige springen auch ebenso wie die Gabelschwänze mit Hülfe zweier Borsten, die sie am Ende des Hinterleibs tragen und unter den Leib biegen und losschnellen können. Diese munteren Thierchen, die man früher für Schmarotzer der für Larven gehaltenen Strepsipteren-Weibchen ansah, die aber in der That nur der erste Lar- venzustand selbst sind, lassen sich von den Wespen in ihre Nester tra- gen und bohren sich dort in die fußlosen weichen Larven der Wespen ein, zu welchem Zwecke sie einige harte Hornstücke (undeutliche Kau- werkzeuge) am Kopfe haben.
In dem Leibe der Wespenlarven gehen die sechsbeinigen Strep- sipteren-Larven eine rückschreitende Metamorphose ein. Sie werfen ihre Haut ab, verlieren die Füße und verwandeln sich in eine wurm- ähnliche, fußlose, weiche Made mit neun Körperringeln, deutlicher Mundöffnung, die in einen blinden Darm führt, und verkümmerten Kauwerkzeugen. An der Gestalt des Kopfes, so wie des letzten Hin- terleibsringels kann man schon das Geschlecht dieser Maden erkennen; der Kopf der männlichen Larven ist kegelförmig gewölbt, der der weib- lichen platt, schuppenförmig. Diese Maden bewegen sich sehr träge in der Leibeshöhle der Wespen herum. Kommt die Zeit ihrer letzten Verwandlung, so bohren sie den Kopf zwischen den Leibesringen der Wespen durch, bis sie dort eingeklemmt sind. Bei den weiblichen Maden besteht nun die ganze Verwandlung darin, daß ihr Kopfschild hart und braun wird und die Oeffnung des Brutkanals erhält. Bei den männlichen Maden erhärtet zwar auch der Kopf, aber die ganze Madenhaut dient, wie bei vielen Fliegen, zugleich als Puppenhülle, und in ihr bildet sich die männliche Puppe, an der man schon die Theile des ausgebildeten Insekts zusammengeschlagen erkennt. Ist das Männchen zum Ausschlüpfen reif, so springt die Spitze des hartge- wordenen Kopfendes der Madenhaut wie ein Deckel ab, und das vollen- dete Insekt arbeitet sich mit Mühe hervor. Die stylopisirten Wespen
chen ſo lange im Leibe der Mutter umher, bis ſie eine der erwähnten Röhren des Brutkanales finden, durch welche ſie dann in den Brut- kanal klettern, den ſie oft ſtrotzend erfüllen. Durch die vordere Oeff- nung deſſelben kriechen ſie dann hinaus auf den Leib der Wespen, auf dem ſie munter einherlaufen. Die Larven der Strepſipteren haben in dieſem Zuſtande einen mehr oder minder ſchlanken, mit Bor- ſten beſetzten, geringelten Körper, einen halbrunden Kopf, zu deſſen beiden Seiten Häufchen von Nebenaugen ſtehen und ſechs Füße, von denen die beiden erſten Paare mit runden oder länglichen Haftlappen verſehen und anders als das hintere Paar geſtaltet ſind. Sie laufen ſehr behende und einige ſpringen auch ebenſo wie die Gabelſchwänze mit Hülfe zweier Borſten, die ſie am Ende des Hinterleibs tragen und unter den Leib biegen und losſchnellen können. Dieſe munteren Thierchen, die man früher für Schmarotzer der für Larven gehaltenen Strepſipteren-Weibchen anſah, die aber in der That nur der erſte Lar- venzuſtand ſelbſt ſind, laſſen ſich von den Wespen in ihre Neſter tra- gen und bohren ſich dort in die fußloſen weichen Larven der Wespen ein, zu welchem Zwecke ſie einige harte Hornſtücke (undeutliche Kau- werkzeuge) am Kopfe haben.
In dem Leibe der Wespenlarven gehen die ſechsbeinigen Strep- ſipteren-Larven eine rückſchreitende Metamorphoſe ein. Sie werfen ihre Haut ab, verlieren die Füße und verwandeln ſich in eine wurm- ähnliche, fußloſe, weiche Made mit neun Körperringeln, deutlicher Mundöffnung, die in einen blinden Darm führt, und verkümmerten Kauwerkzeugen. An der Geſtalt des Kopfes, ſo wie des letzten Hin- terleibsringels kann man ſchon das Geſchlecht dieſer Maden erkennen; der Kopf der männlichen Larven iſt kegelförmig gewölbt, der der weib- lichen platt, ſchuppenförmig. Dieſe Maden bewegen ſich ſehr träge in der Leibeshöhle der Wespen herum. Kommt die Zeit ihrer letzten Verwandlung, ſo bohren ſie den Kopf zwiſchen den Leibesringen der Wespen durch, bis ſie dort eingeklemmt ſind. Bei den weiblichen Maden beſteht nun die ganze Verwandlung darin, daß ihr Kopfſchild hart und braun wird und die Oeffnung des Brutkanals erhält. Bei den männlichen Maden erhärtet zwar auch der Kopf, aber die ganze Madenhaut dient, wie bei vielen Fliegen, zugleich als Puppenhülle, und in ihr bildet ſich die männliche Puppe, an der man ſchon die Theile des ausgebildeten Inſekts zuſammengeſchlagen erkennt. Iſt das Männchen zum Ausſchlüpfen reif, ſo ſpringt die Spitze des hartge- wordenen Kopfendes der Madenhaut wie ein Deckel ab, und das vollen- dete Inſekt arbeitet ſich mit Mühe hervor. Die ſtylopiſirten Wespen
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chen ſo lange im Leibe der Mutter umher, bis ſie eine der erwähnten
Röhren des Brutkanales finden, durch welche ſie dann in den Brut-
kanal klettern, den ſie oft ſtrotzend erfüllen. Durch die vordere Oeff-
nung deſſelben kriechen ſie dann hinaus auf den Leib der Wespen,
auf dem ſie munter einherlaufen. Die Larven der Strepſipteren
haben in dieſem Zuſtande einen mehr oder minder ſchlanken, mit Bor-
ſten beſetzten, geringelten Körper, einen halbrunden Kopf, zu deſſen
beiden Seiten Häufchen von Nebenaugen ſtehen und ſechs Füße, von
denen die beiden erſten Paare mit runden oder länglichen Haftlappen
verſehen und anders als das hintere Paar geſtaltet ſind. Sie laufen
ſehr behende und einige ſpringen auch ebenſo wie die Gabelſchwänze
mit Hülfe zweier Borſten, die ſie am Ende des Hinterleibs tragen
und unter den Leib biegen und losſchnellen können. Dieſe munteren
Thierchen, die man früher für Schmarotzer der für Larven gehaltenen
Strepſipteren-Weibchen anſah, die aber in der That nur der erſte Lar-
venzuſtand ſelbſt ſind, laſſen ſich von den Wespen in ihre Neſter tra-
gen und bohren ſich dort in die fußloſen weichen Larven der Wespen
ein, zu welchem Zwecke ſie einige harte Hornſtücke (undeutliche Kau-
werkzeuge) am Kopfe haben.
In dem Leibe der Wespenlarven gehen die ſechsbeinigen Strep-
ſipteren-Larven eine rückſchreitende Metamorphoſe ein. Sie werfen
ihre Haut ab, verlieren die Füße und verwandeln ſich in eine wurm-
ähnliche, fußloſe, weiche Made mit neun Körperringeln, deutlicher
Mundöffnung, die in einen blinden Darm führt, und verkümmerten
Kauwerkzeugen. An der Geſtalt des Kopfes, ſo wie des letzten Hin-
terleibsringels kann man ſchon das Geſchlecht dieſer Maden erkennen;
der Kopf der männlichen Larven iſt kegelförmig gewölbt, der der weib-
lichen platt, ſchuppenförmig. Dieſe Maden bewegen ſich ſehr träge
in der Leibeshöhle der Wespen herum. Kommt die Zeit ihrer letzten
Verwandlung, ſo bohren ſie den Kopf zwiſchen den Leibesringen der
Wespen durch, bis ſie dort eingeklemmt ſind. Bei den weiblichen
Maden beſteht nun die ganze Verwandlung darin, daß ihr Kopfſchild
hart und braun wird und die Oeffnung des Brutkanals erhält. Bei
den männlichen Maden erhärtet zwar auch der Kopf, aber die ganze
Madenhaut dient, wie bei vielen Fliegen, zugleich als Puppenhülle,
und in ihr bildet ſich die männliche Puppe, an der man ſchon die
Theile des ausgebildeten Inſekts zuſammengeſchlagen erkennt. Iſt das
Männchen zum Ausſchlüpfen reif, ſo ſpringt die Spitze des hartge-
wordenen Kopfendes der Madenhaut wie ein Deckel ab, und das vollen-
dete Inſekt arbeitet ſich mit Mühe hervor. Die ſtylopiſirten Wespen
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/641>, abgerufen am 23.12.2024.
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