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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Die Familie der Gartenwespen (Scolida), die hauptsächlich in

[Abbildung] Fig. 913.

Gartenwespe (Scolia hortorum,)

wärmeren Gegenden sehr verbreitet
ist, bildet gewissermaßen den Ueber-
gang von den Schlupfwespen zu
den eigentlichen Grabwespen durch
die Art und Weise, wie sie für ihre
Larven sorgen. Die einzige Art
nämlich, deren Haushalt bis jetzt
beobachtet wurde, sucht die Larve
des Nashornkäfers, welche hauptsächlich in Gartenerde lebt, an ihrem
Wohnorte auf und klebt ihr, aber ohne sie zu stechen, ein Ei auf den
Rücken, aus dem später die Larve hervorgeht, welche den Engerling
des Nashornkäfers auffrißt, der so groß ist, daß er zwei Larven der
Gartenwespe genügende Nahrung bieten könnte. Die vollkommnen
Insekten sind groß, stark behaart, namentlich an den kurzen dicken
Beinen, und haben kurze, an der Spitze verdickte Fühler, die beson-
ders beim Weibchen sehr kurz sind. Der Stiel des eiförmigen Hin-
terleibes erscheint so kurz, daß besonders beim Männchen der Hinter-
leib unmittelbar an der Brust angefügt scheint. Scolia.

Die Sandwespen (Sphegida) sind schlanke Thiere mit lang-

[Abbildung] Fig. 914.

Pompilus.

gestieltem eiförmigem Hinterleibe und sehr langen
Hinterfüßen, die meistens an den Schienen gestachelt
sind und sehr geschickt zum Auswerfen des Sandes
benutzt werden. Die Fühler sind lang, dünn, faden-
oder borstenförmig, die Vorderbrust klein und ring-
förmig; die langen scharfen, innen gezähnten Kiefer
stehen bei einigen Gattungen noch weit über den
Kopf hervor. Sie verproviantiren ihre Larven besonders mit Spinn-
raupen, mit Spinnen oder mit Heuschrecken und Schaben, deren sie
sich oft erst nach hartem Kampfe bemeistern. Sphex; Ammophila;
Pompilus; Pelopaeus; Dolichurus; Chlorion; Calicurgus; Anoplius;
Pepsis
.

Die Schnabelwespen (Bembecida) unterscheiden sich von den vori-
gen hauptsächlich durch den sehr kurzen Stiel des Hinterleibes, so wie
durch den Bau der Mundwerkzeuge, indem die Kiefer schmal, dünn
und fast unbezähnelt, die Oberlippe kurz, dagegen die Kinnladen sehr
lang und fadenförmig, und die Unterlippe ebenfalls außerordentlich
verlängert und an ihrer Spitze gespalten ist. Die Vorderbrust ist nur

Die Familie der Gartenwespen (Scolida), die hauptſächlich in

[Abbildung] Fig. 913.

Gartenwespe (Scolia hortorum,)

wärmeren Gegenden ſehr verbreitet
iſt, bildet gewiſſermaßen den Ueber-
gang von den Schlupfwespen zu
den eigentlichen Grabwespen durch
die Art und Weiſe, wie ſie für ihre
Larven ſorgen. Die einzige Art
nämlich, deren Haushalt bis jetzt
beobachtet wurde, ſucht die Larve
des Nashornkäfers, welche hauptſächlich in Gartenerde lebt, an ihrem
Wohnorte auf und klebt ihr, aber ohne ſie zu ſtechen, ein Ei auf den
Rücken, aus dem ſpäter die Larve hervorgeht, welche den Engerling
des Nashornkäfers auffrißt, der ſo groß iſt, daß er zwei Larven der
Gartenwespe genügende Nahrung bieten könnte. Die vollkommnen
Inſekten ſind groß, ſtark behaart, namentlich an den kurzen dicken
Beinen, und haben kurze, an der Spitze verdickte Fühler, die beſon-
ders beim Weibchen ſehr kurz ſind. Der Stiel des eiförmigen Hin-
terleibes erſcheint ſo kurz, daß beſonders beim Männchen der Hinter-
leib unmittelbar an der Bruſt angefügt ſcheint. Scolia.

Die Sandwespen (Sphegida) ſind ſchlanke Thiere mit lang-

[Abbildung] Fig. 914.

Pompilus.

geſtieltem eiförmigem Hinterleibe und ſehr langen
Hinterfüßen, die meiſtens an den Schienen geſtachelt
ſind und ſehr geſchickt zum Auswerfen des Sandes
benutzt werden. Die Fühler ſind lang, dünn, faden-
oder borſtenförmig, die Vorderbruſt klein und ring-
förmig; die langen ſcharfen, innen gezähnten Kiefer
ſtehen bei einigen Gattungen noch weit über den
Kopf hervor. Sie verproviantiren ihre Larven beſonders mit Spinn-
raupen, mit Spinnen oder mit Heuſchrecken und Schaben, deren ſie
ſich oft erſt nach hartem Kampfe bemeiſtern. Sphex; Ammophila;
Pompilus; Pelopaeus; Dolichurus; Chlorion; Calicurgus; Anoplius;
Pepsis
.

Die Schnabelwespen (Bembecida) unterſcheiden ſich von den vori-
gen hauptſächlich durch den ſehr kurzen Stiel des Hinterleibes, ſo wie
durch den Bau der Mundwerkzeuge, indem die Kiefer ſchmal, dünn
und faſt unbezähnelt, die Oberlippe kurz, dagegen die Kinnladen ſehr
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verlängert und an ihrer Spitze geſpalten iſt. Die Vorderbruſt iſt nur

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[697/0703] Die Familie der Gartenwespen (Scolida), die hauptſächlich in [Abbildung Fig. 913. Gartenwespe (Scolia hortorum,)] wärmeren Gegenden ſehr verbreitet iſt, bildet gewiſſermaßen den Ueber- gang von den Schlupfwespen zu den eigentlichen Grabwespen durch die Art und Weiſe, wie ſie für ihre Larven ſorgen. Die einzige Art nämlich, deren Haushalt bis jetzt beobachtet wurde, ſucht die Larve des Nashornkäfers, welche hauptſächlich in Gartenerde lebt, an ihrem Wohnorte auf und klebt ihr, aber ohne ſie zu ſtechen, ein Ei auf den Rücken, aus dem ſpäter die Larve hervorgeht, welche den Engerling des Nashornkäfers auffrißt, der ſo groß iſt, daß er zwei Larven der Gartenwespe genügende Nahrung bieten könnte. Die vollkommnen Inſekten ſind groß, ſtark behaart, namentlich an den kurzen dicken Beinen, und haben kurze, an der Spitze verdickte Fühler, die beſon- ders beim Weibchen ſehr kurz ſind. Der Stiel des eiförmigen Hin- terleibes erſcheint ſo kurz, daß beſonders beim Männchen der Hinter- leib unmittelbar an der Bruſt angefügt ſcheint. Scolia. Die Sandwespen (Sphegida) ſind ſchlanke Thiere mit lang- [Abbildung Fig. 914. Pompilus.] geſtieltem eiförmigem Hinterleibe und ſehr langen Hinterfüßen, die meiſtens an den Schienen geſtachelt ſind und ſehr geſchickt zum Auswerfen des Sandes benutzt werden. Die Fühler ſind lang, dünn, faden- oder borſtenförmig, die Vorderbruſt klein und ring- förmig; die langen ſcharfen, innen gezähnten Kiefer ſtehen bei einigen Gattungen noch weit über den Kopf hervor. Sie verproviantiren ihre Larven beſonders mit Spinn- raupen, mit Spinnen oder mit Heuſchrecken und Schaben, deren ſie ſich oft erſt nach hartem Kampfe bemeiſtern. Sphex; Ammophila; Pompilus; Pelopaeus; Dolichurus; Chlorion; Calicurgus; Anoplius; Pepsis. Die Schnabelwespen (Bembecida) unterſcheiden ſich von den vori- gen hauptſächlich durch den ſehr kurzen Stiel des Hinterleibes, ſo wie durch den Bau der Mundwerkzeuge, indem die Kiefer ſchmal, dünn und faſt unbezähnelt, die Oberlippe kurz, dagegen die Kinnladen ſehr lang und fadenförmig, und die Unterlippe ebenfalls außerordentlich verlängert und an ihrer Spitze geſpalten iſt. Die Vorderbruſt iſt nur

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/703>, abgerufen am 12.05.2024.