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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 37.

Amiba.

die fast überall auf der bewohnten Erde, von
Sibirien bis nach Norditalien hin, im Boden-
satze süßer Gewässer gefunden worden sind.
Ein körniges, durchsichtiges, hie und da mit
inneren Bläschen versehenes Klümpchen Schleim
reckt und dehnt sich unter den Augen des Be-
obachters nach allen Seiten hin aus und wech-
selt beständig die Gestalt seines Körpers, in
welchem man als constante Bestandtheile nur
einen rundlichen Kern und einen pulsirenden helleren Raum unter-
scheiden kann, der eine rundliche Form hat. Festere Stoffe, wie
Bacillarien, werden dadurch aufgenommen, daß das Thier beim Dar-
übergleiten sie in seine Masse gleichsam eindrückt. Die Gattung Amiba,
welche man früher ihrer wechselnden Gestalt wegen Proteus nannte, und
die Sonnenthierchen (Actinophrys) bilden diese sonderbaren Körper.

Die zweite Familie dieser Ordnung, die Kapselthierchen (Arcellida),

[Abbildung] Fig. 38.

Euglypha.

besitzt einen hornigen oder kalkigen Panzer, der
eine mehr oder minder vollständige Büchse mit
einer einzigen Oeffnung darstellt, aus welcher die
bewegenden Fortsätze herausgestülpt werden. Bei
einigen Gattungen sind dieselben fingerförmig,
bei anderen sehr fein und vielfach verästelt. Oft
tritt die Verästelung so plötzlich ein, daß man
unter dem Mikroskope einen langsam rinnenden
Strom geschmolzenen Wachses zu sehen glaubt,
welcher nach allen Seiten hin sich vertheilt. Bei
der Gattung Arcella ist der Panzer mehr oder
minder glockenförmig mit großer runder Oef-
nung, bei Difflugia und Euglypha ei- oder flaschen-
förmig mit vorderer Oeffnung, und bei der letz-
teren Gattung wie es scheint aus einzelnen mosaikförmig zusammen-
gefügten Stücken gebildet. Bei der Gattung Miliola windet sich der
Panzer, aus dessen Oeffnungen das Thier ungemein lange fadenför-
mig verästelte Anhänge hervorlassen kann, im Halbkreis um eine Axe.
Der Baustein, welcher in Paris ganz allgemein angewendet wird und
unter dem Namen des Grobkalkes eine von den Geologen wohl un-
terschiedene Schicht der Tertiärgebilde darstellt, ist fast einzig aus fossi-


[Abbildung] Fig. 37.

Amiba.

die faſt überall auf der bewohnten Erde, von
Sibirien bis nach Norditalien hin, im Boden-
ſatze ſüßer Gewäſſer gefunden worden ſind.
Ein körniges, durchſichtiges, hie und da mit
inneren Bläschen verſehenes Klümpchen Schleim
reckt und dehnt ſich unter den Augen des Be-
obachters nach allen Seiten hin aus und wech-
ſelt beſtändig die Geſtalt ſeines Körpers, in
welchem man als conſtante Beſtandtheile nur
einen rundlichen Kern und einen pulſirenden helleren Raum unter-
ſcheiden kann, der eine rundliche Form hat. Feſtere Stoffe, wie
Bacillarien, werden dadurch aufgenommen, daß das Thier beim Dar-
übergleiten ſie in ſeine Maſſe gleichſam eindrückt. Die Gattung Amiba,
welche man früher ihrer wechſelnden Geſtalt wegen Proteus nannte, und
die Sonnenthierchen (Actinophrys) bilden dieſe ſonderbaren Körper.

Die zweite Familie dieſer Ordnung, die Kapſelthierchen (Arcellida),

[Abbildung] Fig. 38.

Euglypha.

beſitzt einen hornigen oder kalkigen Panzer, der
eine mehr oder minder vollſtändige Büchſe mit
einer einzigen Oeffnung darſtellt, aus welcher die
bewegenden Fortſätze herausgeſtülpt werden. Bei
einigen Gattungen ſind dieſelben fingerförmig,
bei anderen ſehr fein und vielfach veräſtelt. Oft
tritt die Veräſtelung ſo plötzlich ein, daß man
unter dem Mikroſkope einen langſam rinnenden
Strom geſchmolzenen Wachſes zu ſehen glaubt,
welcher nach allen Seiten hin ſich vertheilt. Bei
der Gattung Arcella iſt der Panzer mehr oder
minder glockenförmig mit großer runder Oef-
nung, bei Difflugia und Euglypha ei- oder flaſchen-
förmig mit vorderer Oeffnung, und bei der letz-
teren Gattung wie es ſcheint aus einzelnen moſaikförmig zuſammen-
gefügten Stücken gebildet. Bei der Gattung Miliola windet ſich der
Panzer, aus deſſen Oeffnungen das Thier ungemein lange fadenför-
mig veräſtelte Anhänge hervorlaſſen kann, im Halbkreis um eine Axe.
Der Bauſtein, welcher in Paris ganz allgemein angewendet wird und
unter dem Namen des Grobkalkes eine von den Geologen wohl un-
terſchiedene Schicht der Tertiärgebilde darſtellt, iſt faſt einzig aus foſſi-

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[82/0088] [Abbildung Fig. 37. Amiba.] die faſt überall auf der bewohnten Erde, von Sibirien bis nach Norditalien hin, im Boden- ſatze ſüßer Gewäſſer gefunden worden ſind. Ein körniges, durchſichtiges, hie und da mit inneren Bläschen verſehenes Klümpchen Schleim reckt und dehnt ſich unter den Augen des Be- obachters nach allen Seiten hin aus und wech- ſelt beſtändig die Geſtalt ſeines Körpers, in welchem man als conſtante Beſtandtheile nur einen rundlichen Kern und einen pulſirenden helleren Raum unter- ſcheiden kann, der eine rundliche Form hat. Feſtere Stoffe, wie Bacillarien, werden dadurch aufgenommen, daß das Thier beim Dar- übergleiten ſie in ſeine Maſſe gleichſam eindrückt. Die Gattung Amiba, welche man früher ihrer wechſelnden Geſtalt wegen Proteus nannte, und die Sonnenthierchen (Actinophrys) bilden dieſe ſonderbaren Körper. Die zweite Familie dieſer Ordnung, die Kapſelthierchen (Arcellida), [Abbildung Fig. 38. Euglypha.] beſitzt einen hornigen oder kalkigen Panzer, der eine mehr oder minder vollſtändige Büchſe mit einer einzigen Oeffnung darſtellt, aus welcher die bewegenden Fortſätze herausgeſtülpt werden. Bei einigen Gattungen ſind dieſelben fingerförmig, bei anderen ſehr fein und vielfach veräſtelt. Oft tritt die Veräſtelung ſo plötzlich ein, daß man unter dem Mikroſkope einen langſam rinnenden Strom geſchmolzenen Wachſes zu ſehen glaubt, welcher nach allen Seiten hin ſich vertheilt. Bei der Gattung Arcella iſt der Panzer mehr oder minder glockenförmig mit großer runder Oef- nung, bei Difflugia und Euglypha ei- oder flaſchen- förmig mit vorderer Oeffnung, und bei der letz- teren Gattung wie es ſcheint aus einzelnen moſaikförmig zuſammen- gefügten Stücken gebildet. Bei der Gattung Miliola windet ſich der Panzer, aus deſſen Oeffnungen das Thier ungemein lange fadenför- mig veräſtelte Anhänge hervorlaſſen kann, im Halbkreis um eine Axe. Der Bauſtein, welcher in Paris ganz allgemein angewendet wird und unter dem Namen des Grobkalkes eine von den Geologen wohl un- terſchiedene Schicht der Tertiärgebilde darſtellt, iſt faſt einzig aus foſſi-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/88>, abgerufen am 22.12.2024.