Die Entwickelung des Gehirnes und der Sinnesorgane selbst zeigt viele Aehnlichkeit mit derjenigen der Fische, so daß wir auf diese ver- weisen können; namentlich ist der Wölbungsprozeß der einzelnen Hirn- theile und die allmälige Verdichtung ihrer Masse durch Anlagerung auf der inneren Seite durchaus derselbe. Die Ausbildung des Ske- lettes stimmt ebenfalls mit derjenigen der Fische überein. In dem abfallenden Schwanze werden nie Wirbelkörper gebildet, während in dem Rumpfe dieselben entweder als vollständige Ringe entstehen und durch die Form der Doppelkegel hindurchlaufen, welche bei den Kie- menmolchen permanent bleibt, oder aber auch als Halbringe, so daß die Reste der Chorda auf der dem Bauche zugekehrten Fläche der Wirbel wie in einer Rinne stecken. Der knorpelige Urschädel, in wel- chem das Ende der Chorda bei den jungen Larven steckt, zeigt zwar gewöhnlich eine weit breitere Form, als derjenige der Fischembryonen, aber nichts desto weniger dieselben Elemente. Der mittlere Raum, in welchen die Spitze der Chorda hineinragt und der von dem Hirnan- hange ausgefüllt wird, ist bedeutend groß, eiförmig, die seitlichen Schädelleisten schmal, die Zwischenräume zwischen ihnen und den die Augenhöhle begränzenden Jochbogen sehr breit, die Gesichtsplatte klein und kurz. Die Kopfknochen bilden sich durchaus in derselben Weise, größtentheils als Deckplatten, zum kleineren Theile als Ver- knöcherungen des Urschädels, der bei den meisten Gattungen in ein- zelnen Rudimenten zeit Lebens hindurch bestehen bleibt.
Von besonderem Interesse erscheint die Entwickelung der Athem- organe und des Blutgefäßsystemes, da sie mit den bleibend ausge- prägten Formen, welche die Klasse darbietet, in engster Beziehung steht. Das Herz entsteht bei den Larven sehr früh aus einer zwischen der Unterfläche des Kopfes und dem Dotter abgelagerten Zellenmasse und tritt sehr bald in Thätigkeit. Anfangs ist es nur schlauch- förmig, später entwickeln sich die einzelnen Abtheilungen; der Aorten- stiel setzt sich unmittelbar in die Kiemenbogen fort, welche anfangs die äußeren, später die inneren Kiemenfransen mit Blut versorgen. Aus den vorderen Kiemengefäßen entstehen die Kopfarterien, während die hinteren sich zur Bildung der Aorta zusammenfügen. Das Kör- perblut strömt längs des Schwanzes durch die Hohlvenen zurück, ver- zweigt sich aber dann, wie bei den Fischen, auf der Oberfläche des Dotters und kehrt durch die Dottervenen in die Vorkammer des Her- zens zurück. Während des ganzen Larvenlebens bleibt dieser Kreis-
Die Entwickelung des Gehirnes und der Sinnesorgane ſelbſt zeigt viele Aehnlichkeit mit derjenigen der Fiſche, ſo daß wir auf dieſe ver- weiſen können; namentlich iſt der Wölbungsprozeß der einzelnen Hirn- theile und die allmälige Verdichtung ihrer Maſſe durch Anlagerung auf der inneren Seite durchaus derſelbe. Die Ausbildung des Ske- lettes ſtimmt ebenfalls mit derjenigen der Fiſche überein. In dem abfallenden Schwanze werden nie Wirbelkörper gebildet, während in dem Rumpfe dieſelben entweder als vollſtändige Ringe entſtehen und durch die Form der Doppelkegel hindurchlaufen, welche bei den Kie- menmolchen permanent bleibt, oder aber auch als Halbringe, ſo daß die Reſte der Chorda auf der dem Bauche zugekehrten Fläche der Wirbel wie in einer Rinne ſtecken. Der knorpelige Urſchädel, in wel- chem das Ende der Chorda bei den jungen Larven ſteckt, zeigt zwar gewöhnlich eine weit breitere Form, als derjenige der Fiſchembryonen, aber nichts deſto weniger dieſelben Elemente. Der mittlere Raum, in welchen die Spitze der Chorda hineinragt und der von dem Hirnan- hange ausgefüllt wird, iſt bedeutend groß, eiförmig, die ſeitlichen Schädelleiſten ſchmal, die Zwiſchenräume zwiſchen ihnen und den die Augenhöhle begränzenden Jochbogen ſehr breit, die Geſichtsplatte klein und kurz. Die Kopfknochen bilden ſich durchaus in derſelben Weiſe, größtentheils als Deckplatten, zum kleineren Theile als Ver- knöcherungen des Urſchädels, der bei den meiſten Gattungen in ein- zelnen Rudimenten zeit Lebens hindurch beſtehen bleibt.
Von beſonderem Intereſſe erſcheint die Entwickelung der Athem- organe und des Blutgefäßſyſtemes, da ſie mit den bleibend ausge- prägten Formen, welche die Klaſſe darbietet, in engſter Beziehung ſteht. Das Herz entſteht bei den Larven ſehr früh aus einer zwiſchen der Unterfläche des Kopfes und dem Dotter abgelagerten Zellenmaſſe und tritt ſehr bald in Thätigkeit. Anfangs iſt es nur ſchlauch- förmig, ſpäter entwickeln ſich die einzelnen Abtheilungen; der Aorten- ſtiel ſetzt ſich unmittelbar in die Kiemenbogen fort, welche anfangs die äußeren, ſpäter die inneren Kiemenfranſen mit Blut verſorgen. Aus den vorderen Kiemengefäßen entſtehen die Kopfarterien, während die hinteren ſich zur Bildung der Aorta zuſammenfügen. Das Kör- perblut ſtrömt längs des Schwanzes durch die Hohlvenen zurück, ver- zweigt ſich aber dann, wie bei den Fiſchen, auf der Oberfläche des Dotters und kehrt durch die Dottervenen in die Vorkammer des Her- zens zurück. Während des ganzen Larvenlebens bleibt dieſer Kreis-
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Die Entwickelung des Gehirnes und der Sinnesorgane ſelbſt zeigt
viele Aehnlichkeit mit derjenigen der Fiſche, ſo daß wir auf dieſe ver-
weiſen können; namentlich iſt der Wölbungsprozeß der einzelnen Hirn-
theile und die allmälige Verdichtung ihrer Maſſe durch Anlagerung
auf der inneren Seite durchaus derſelbe. Die Ausbildung des Ske-
lettes ſtimmt ebenfalls mit derjenigen der Fiſche überein. In dem
abfallenden Schwanze werden nie Wirbelkörper gebildet, während in
dem Rumpfe dieſelben entweder als vollſtändige Ringe entſtehen und
durch die Form der Doppelkegel hindurchlaufen, welche bei den Kie-
menmolchen permanent bleibt, oder aber auch als Halbringe, ſo daß
die Reſte der Chorda auf der dem Bauche zugekehrten Fläche der
Wirbel wie in einer Rinne ſtecken. Der knorpelige Urſchädel, in wel-
chem das Ende der Chorda bei den jungen Larven ſteckt, zeigt zwar
gewöhnlich eine weit breitere Form, als derjenige der Fiſchembryonen,
aber nichts deſto weniger dieſelben Elemente. Der mittlere Raum, in
welchen die Spitze der Chorda hineinragt und der von dem Hirnan-
hange ausgefüllt wird, iſt bedeutend groß, eiförmig, die ſeitlichen
Schädelleiſten ſchmal, die Zwiſchenräume zwiſchen ihnen und den die
Augenhöhle begränzenden Jochbogen ſehr breit, die Geſichtsplatte
klein und kurz. Die Kopfknochen bilden ſich durchaus in derſelben
Weiſe, größtentheils als Deckplatten, zum kleineren Theile als Ver-
knöcherungen des Urſchädels, der bei den meiſten Gattungen in ein-
zelnen Rudimenten zeit Lebens hindurch beſtehen bleibt.
Von beſonderem Intereſſe erſcheint die Entwickelung der Athem-
organe und des Blutgefäßſyſtemes, da ſie mit den bleibend ausge-
prägten Formen, welche die Klaſſe darbietet, in engſter Beziehung
ſteht. Das Herz entſteht bei den Larven ſehr früh aus einer zwiſchen
der Unterfläche des Kopfes und dem Dotter abgelagerten Zellenmaſſe
und tritt ſehr bald in Thätigkeit. Anfangs iſt es nur ſchlauch-
förmig, ſpäter entwickeln ſich die einzelnen Abtheilungen; der Aorten-
ſtiel ſetzt ſich unmittelbar in die Kiemenbogen fort, welche anfangs
die äußeren, ſpäter die inneren Kiemenfranſen mit Blut verſorgen.
Aus den vorderen Kiemengefäßen entſtehen die Kopfarterien, während
die hinteren ſich zur Bildung der Aorta zuſammenfügen. Das Kör-
perblut ſtrömt längs des Schwanzes durch die Hohlvenen zurück, ver-
zweigt ſich aber dann, wie bei den Fiſchen, auf der Oberfläche des
Dotters und kehrt durch die Dottervenen in die Vorkammer des Her-
zens zurück. Während des ganzen Larvenlebens bleibt dieſer Kreis-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/212>, abgerufen am 09.11.2024.
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