Die Hoden der Reptilien liegen stets im Inneren der Bauch- höhle zu beiden Seiten der Wirbelsäule und ihre Ausführungsgänge sammeln sich gewöhnlich in einem Nebenhoden, aus welchem dann die Samenleiter nach unten laufen, um in der hinteren Wand der Kloake sehr nahe an der Afterspalte sich in dieselbe auszumünden. Begattungsorgane, welche den Lurchen stets fehlen, kommen bei allen Reptilien in sehr ausgebildetem Grade und zwar nach zwei durch- aus verschiedenen Typen entwickelt vor. Alle Schlangen und Eidech- sen haben nämlich zwei paarige Begattungsglieder, welche in der Wurzel des Schwanzes verborgen liegen und denen zwei rudimentäre Analoga bei den Weibchen entsprechen. Jede dieser Ruthen besteht aus einem mit Zotten oder selbst Stacheln und Haken ausgekleideten Hautschlauche, der wie ein Handschuhfinger an dem After hervorge- stülpt werden kann, so daß die innere Fläche zur äußeren wird. An die Spitze jedes Schlauches, die oft gabelförmig getheilt ist, setzt sich ein Muskel an, der ihn in ähnlicher Weise, wie das Fühlhorn einer Schnecke zurückstülpen kann. Eine ganz entgegengesetzte Bildung findet bei den Schildkröten und den Krokodilen statt, die sich außerdem auch noch durch die Längsrichtung der Afterspalte von den Eidechsen und Schlangen unterscheiden, bei welchen der After immer eine quere Spalte bildet. Bei jenen Ordnungen ist die Ruthe einfach, an der Vorderwand der Kloake befestigt und mit erektilem Gewebe versehen aber undurchbohrt; auf der äußeren Fläche zeigt sich eine Längsrinne zur Fortleitung der Samenflüssigkeit. Die Eierstöcke bilden bald Schläuche, bald Platten und sind stets vollkommen von den Eileitern geschieden, die eine gefranzte, trichterförmige Oeffnung in der Bauchhöhle haben und meist gegen das Ende hin, wo sie in die Kloake münden, etwas erweitert sind. Die Eier der Reptilien gleichen im Wesentlichen denen der Vögel; sie haben einen großen, meist gelben, sehr ölreichen Dotter, der von einer mehr oder minder bedeutenden Schicht von Eiweiß umgeben und in einer lederartigen, gewöhnlich sehr elastischen Schale eingeschlossen ist. Zwischen den Fa- sern dieser Schaale wird oft kristallinische Kalkmasse, aber stets nur in geringer Menge abgelagert. Die Entwickelung der Eier beginnt meist schon innerhalb des mütterlichen Organismus, indem diese an der erweiterten Stelle des Eileiters längere Zeit verbleiben. Bei eini- gen Arten geschieht dieß sogar in der Regel bis zu dem Ende des Embryonallebens, so daß das Junge noch in dem Eileiter die Schale durchbricht und mithin lebendig geboren wird. Andere Gattungen, wie unsere gewöhnlichen Nattern kann man ebenfalls dazu bringen,
Vogt. Zoologische Briefe. II. 16
Die Hoden der Reptilien liegen ſtets im Inneren der Bauch- höhle zu beiden Seiten der Wirbelſäule und ihre Ausführungsgänge ſammeln ſich gewöhnlich in einem Nebenhoden, aus welchem dann die Samenleiter nach unten laufen, um in der hinteren Wand der Kloake ſehr nahe an der Afterſpalte ſich in dieſelbe auszumünden. Begattungsorgane, welche den Lurchen ſtets fehlen, kommen bei allen Reptilien in ſehr ausgebildetem Grade und zwar nach zwei durch- aus verſchiedenen Typen entwickelt vor. Alle Schlangen und Eidech- ſen haben nämlich zwei paarige Begattungsglieder, welche in der Wurzel des Schwanzes verborgen liegen und denen zwei rudimentäre Analoga bei den Weibchen entſprechen. Jede dieſer Ruthen beſteht aus einem mit Zotten oder ſelbſt Stacheln und Haken ausgekleideten Hautſchlauche, der wie ein Handſchuhfinger an dem After hervorge- ſtülpt werden kann, ſo daß die innere Fläche zur äußeren wird. An die Spitze jedes Schlauches, die oft gabelförmig getheilt iſt, ſetzt ſich ein Muskel an, der ihn in ähnlicher Weiſe, wie das Fühlhorn einer Schnecke zurückſtülpen kann. Eine ganz entgegengeſetzte Bildung findet bei den Schildkröten und den Krokodilen ſtatt, die ſich außerdem auch noch durch die Längsrichtung der Afterſpalte von den Eidechſen und Schlangen unterſcheiden, bei welchen der After immer eine quere Spalte bildet. Bei jenen Ordnungen iſt die Ruthe einfach, an der Vorderwand der Kloake befeſtigt und mit erektilem Gewebe verſehen aber undurchbohrt; auf der äußeren Fläche zeigt ſich eine Längsrinne zur Fortleitung der Samenflüſſigkeit. Die Eierſtöcke bilden bald Schläuche, bald Platten und ſind ſtets vollkommen von den Eileitern geſchieden, die eine gefranzte, trichterförmige Oeffnung in der Bauchhöhle haben und meiſt gegen das Ende hin, wo ſie in die Kloake münden, etwas erweitert ſind. Die Eier der Reptilien gleichen im Weſentlichen denen der Vögel; ſie haben einen großen, meiſt gelben, ſehr ölreichen Dotter, der von einer mehr oder minder bedeutenden Schicht von Eiweiß umgeben und in einer lederartigen, gewöhnlich ſehr elaſtiſchen Schale eingeſchloſſen iſt. Zwiſchen den Fa- ſern dieſer Schaale wird oft kriſtalliniſche Kalkmaſſe, aber ſtets nur in geringer Menge abgelagert. Die Entwickelung der Eier beginnt meiſt ſchon innerhalb des mütterlichen Organismus, indem dieſe an der erweiterten Stelle des Eileiters längere Zeit verbleiben. Bei eini- gen Arten geſchieht dieß ſogar in der Regel bis zu dem Ende des Embryonallebens, ſo daß das Junge noch in dem Eileiter die Schale durchbricht und mithin lebendig geboren wird. Andere Gattungen, wie unſere gewöhnlichen Nattern kann man ebenfalls dazu bringen,
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 16
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0247"n="241"/><p>Die <hirendition="#g">Hoden</hi> der Reptilien liegen ſtets im Inneren der Bauch-<lb/>
höhle zu beiden Seiten der Wirbelſäule und ihre Ausführungsgänge<lb/>ſammeln ſich gewöhnlich in einem Nebenhoden, aus welchem dann<lb/>
die Samenleiter nach unten laufen, um in der hinteren Wand der<lb/>
Kloake ſehr nahe an der Afterſpalte ſich in dieſelbe auszumünden.<lb/><hirendition="#g">Begattungsorgane</hi>, welche den Lurchen ſtets fehlen, kommen bei<lb/>
allen Reptilien in ſehr ausgebildetem Grade und zwar nach zwei durch-<lb/>
aus verſchiedenen Typen entwickelt vor. Alle Schlangen und Eidech-<lb/>ſen haben nämlich zwei paarige Begattungsglieder, welche in der<lb/>
Wurzel des Schwanzes verborgen liegen und denen zwei rudimentäre<lb/>
Analoga bei den Weibchen entſprechen. Jede dieſer Ruthen beſteht<lb/>
aus einem mit Zotten oder ſelbſt Stacheln und Haken ausgekleideten<lb/>
Hautſchlauche, der wie ein Handſchuhfinger an dem After hervorge-<lb/>ſtülpt werden kann, ſo daß die innere Fläche zur äußeren wird.<lb/>
An die Spitze jedes Schlauches, die oft gabelförmig getheilt iſt, ſetzt<lb/>ſich ein Muskel an, der ihn in ähnlicher Weiſe, wie das Fühlhorn<lb/>
einer Schnecke zurückſtülpen kann. Eine ganz entgegengeſetzte Bildung<lb/>
findet bei den Schildkröten und den Krokodilen ſtatt, die ſich außerdem<lb/>
auch noch durch die Längsrichtung der Afterſpalte von den Eidechſen<lb/>
und Schlangen unterſcheiden, bei welchen der After immer eine quere<lb/>
Spalte bildet. Bei jenen Ordnungen iſt die Ruthe einfach, an<lb/>
der Vorderwand der Kloake befeſtigt und mit erektilem Gewebe<lb/>
verſehen aber undurchbohrt; auf der äußeren Fläche zeigt ſich<lb/>
eine Längsrinne zur Fortleitung der Samenflüſſigkeit. Die <hirendition="#g">Eierſtöcke</hi><lb/>
bilden bald Schläuche, bald Platten und ſind ſtets vollkommen von<lb/>
den Eileitern geſchieden, die eine gefranzte, trichterförmige Oeffnung<lb/>
in der Bauchhöhle haben und meiſt gegen das Ende hin, wo ſie in<lb/>
die Kloake münden, etwas erweitert ſind. Die Eier der Reptilien<lb/>
gleichen im Weſentlichen denen der Vögel; ſie haben einen großen,<lb/>
meiſt gelben, ſehr ölreichen Dotter, der von einer mehr oder minder<lb/>
bedeutenden Schicht von Eiweiß umgeben und in einer lederartigen,<lb/>
gewöhnlich ſehr elaſtiſchen Schale eingeſchloſſen iſt. Zwiſchen den Fa-<lb/>ſern dieſer Schaale wird oft kriſtalliniſche Kalkmaſſe, aber ſtets nur<lb/>
in geringer Menge abgelagert. Die Entwickelung der Eier beginnt<lb/>
meiſt ſchon innerhalb des mütterlichen Organismus, indem dieſe an<lb/>
der erweiterten Stelle des Eileiters längere Zeit verbleiben. Bei eini-<lb/>
gen Arten geſchieht dieß ſogar in der Regel bis zu dem Ende des<lb/>
Embryonallebens, ſo daß das Junge noch in dem Eileiter die Schale<lb/>
durchbricht und mithin lebendig geboren wird. Andere Gattungen,<lb/>
wie unſere gewöhnlichen Nattern kann man ebenfalls dazu bringen,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Vogt. Zoologiſche Briefe. <hirendition="#aq">II.</hi> 16</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[241/0247]
Die Hoden der Reptilien liegen ſtets im Inneren der Bauch-
höhle zu beiden Seiten der Wirbelſäule und ihre Ausführungsgänge
ſammeln ſich gewöhnlich in einem Nebenhoden, aus welchem dann
die Samenleiter nach unten laufen, um in der hinteren Wand der
Kloake ſehr nahe an der Afterſpalte ſich in dieſelbe auszumünden.
Begattungsorgane, welche den Lurchen ſtets fehlen, kommen bei
allen Reptilien in ſehr ausgebildetem Grade und zwar nach zwei durch-
aus verſchiedenen Typen entwickelt vor. Alle Schlangen und Eidech-
ſen haben nämlich zwei paarige Begattungsglieder, welche in der
Wurzel des Schwanzes verborgen liegen und denen zwei rudimentäre
Analoga bei den Weibchen entſprechen. Jede dieſer Ruthen beſteht
aus einem mit Zotten oder ſelbſt Stacheln und Haken ausgekleideten
Hautſchlauche, der wie ein Handſchuhfinger an dem After hervorge-
ſtülpt werden kann, ſo daß die innere Fläche zur äußeren wird.
An die Spitze jedes Schlauches, die oft gabelförmig getheilt iſt, ſetzt
ſich ein Muskel an, der ihn in ähnlicher Weiſe, wie das Fühlhorn
einer Schnecke zurückſtülpen kann. Eine ganz entgegengeſetzte Bildung
findet bei den Schildkröten und den Krokodilen ſtatt, die ſich außerdem
auch noch durch die Längsrichtung der Afterſpalte von den Eidechſen
und Schlangen unterſcheiden, bei welchen der After immer eine quere
Spalte bildet. Bei jenen Ordnungen iſt die Ruthe einfach, an
der Vorderwand der Kloake befeſtigt und mit erektilem Gewebe
verſehen aber undurchbohrt; auf der äußeren Fläche zeigt ſich
eine Längsrinne zur Fortleitung der Samenflüſſigkeit. Die Eierſtöcke
bilden bald Schläuche, bald Platten und ſind ſtets vollkommen von
den Eileitern geſchieden, die eine gefranzte, trichterförmige Oeffnung
in der Bauchhöhle haben und meiſt gegen das Ende hin, wo ſie in
die Kloake münden, etwas erweitert ſind. Die Eier der Reptilien
gleichen im Weſentlichen denen der Vögel; ſie haben einen großen,
meiſt gelben, ſehr ölreichen Dotter, der von einer mehr oder minder
bedeutenden Schicht von Eiweiß umgeben und in einer lederartigen,
gewöhnlich ſehr elaſtiſchen Schale eingeſchloſſen iſt. Zwiſchen den Fa-
ſern dieſer Schaale wird oft kriſtalliniſche Kalkmaſſe, aber ſtets nur
in geringer Menge abgelagert. Die Entwickelung der Eier beginnt
meiſt ſchon innerhalb des mütterlichen Organismus, indem dieſe an
der erweiterten Stelle des Eileiters längere Zeit verbleiben. Bei eini-
gen Arten geſchieht dieß ſogar in der Regel bis zu dem Ende des
Embryonallebens, ſo daß das Junge noch in dem Eileiter die Schale
durchbricht und mithin lebendig geboren wird. Andere Gattungen,
wie unſere gewöhnlichen Nattern kann man ebenfalls dazu bringen,
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 16
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/247>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.