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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Die Chamäleonen sind äußerst träge, langsame Thiere, deren
Ernährung von Insekten, Fliegen und ähnlichem Ungeziefer sehr schwie-
rig sein würde, wenn sie nicht in der Zunge ein vortreffliches Mittel
zum Fangen dieser Thierchen besäßen. Betrachtet man diese Zunge
in der Ruhe, so bildet sie im Grunde der Mundhöhle einen dicken,
rundlichen Knopf, der vorn eine becherförmige Vertiefung hat, welche
mit einem zähen Schleime überzogen ist; diesen Schleimknopf kann
das Thier, wenn es eine Beute erblickt, plötzlich mit ungemeiner
Schnelligkeit und Sicherheit auf eine Entfernung, welche manchmal
das Doppelte seiner Körperlänge beträgt, herausschnellen und man
sieht dann mit Erstaunen, daß die Zunge sich nach hinten in ein
äußerst dehnbares Muskelrohr fortsetzt, dessen einzelne Muskelfäden so
geordnet sind, daß sie das blitzschnelle Hervorschießen und Zurückziehen
hinlänglich erklären. Die Chamäleonen kommen nur in den heißen
Gegenden der alten Welt vor. Chamaeleo.

[Abbildung] Fig. 1184.

Der Mauergecko (Platydactylus muralis).

Die Familie der Gecko's (Geckotida) wird von zahlreichen Arten
kleiner Eidechsen gebildet, die einen platten, niedergedrückten, hinten
breiten Kopf, stark zusammengezogenen Hals, niedergedrückten Körper
und einen verhältnißmäßig nur sehr kurzen Schwanz haben, der höch-
stens die Länge des Körpers erreicht. Gaumenzähne fehlen in dieser
Familie durchaus; -- dagegen sind die Kiefer mit angewachsenen,
einfachen schneidenden Zähnen bewaffnet. Die Augen dieser Eidechsen
sind sehr groß, kreisrund, die Hornhaut stark gewölbt, die Pupille
eine senkrechte, schmale Spalte; die Augenlider fehlen durchaus, man
sieht nur im Umkreise der Augenhöhle einen geringen häutigen Vor-
sprung, von welchem aus die Oberhaut in kontinuirlichem Zuge über
die Oberfläche des Augapfels wegsetzt; das Auge der Thiere erhält

Die Chamäleonen ſind äußerſt träge, langſame Thiere, deren
Ernährung von Inſekten, Fliegen und ähnlichem Ungeziefer ſehr ſchwie-
rig ſein würde, wenn ſie nicht in der Zunge ein vortreffliches Mittel
zum Fangen dieſer Thierchen beſäßen. Betrachtet man dieſe Zunge
in der Ruhe, ſo bildet ſie im Grunde der Mundhöhle einen dicken,
rundlichen Knopf, der vorn eine becherförmige Vertiefung hat, welche
mit einem zähen Schleime überzogen iſt; dieſen Schleimknopf kann
das Thier, wenn es eine Beute erblickt, plötzlich mit ungemeiner
Schnelligkeit und Sicherheit auf eine Entfernung, welche manchmal
das Doppelte ſeiner Körperlänge beträgt, herausſchnellen und man
ſieht dann mit Erſtaunen, daß die Zunge ſich nach hinten in ein
äußerſt dehnbares Muskelrohr fortſetzt, deſſen einzelne Muskelfäden ſo
geordnet ſind, daß ſie das blitzſchnelle Hervorſchießen und Zurückziehen
hinlänglich erklären. Die Chamäleonen kommen nur in den heißen
Gegenden der alten Welt vor. Chamaeleo.

[Abbildung] Fig. 1184.

Der Mauergecko (Platydactylus muralis).

Die Familie der Gecko’s (Geckotida) wird von zahlreichen Arten
kleiner Eidechſen gebildet, die einen platten, niedergedrückten, hinten
breiten Kopf, ſtark zuſammengezogenen Hals, niedergedrückten Körper
und einen verhältnißmäßig nur ſehr kurzen Schwanz haben, der höch-
ſtens die Länge des Körpers erreicht. Gaumenzähne fehlen in dieſer
Familie durchaus; — dagegen ſind die Kiefer mit angewachſenen,
einfachen ſchneidenden Zähnen bewaffnet. Die Augen dieſer Eidechſen
ſind ſehr groß, kreisrund, die Hornhaut ſtark gewölbt, die Pupille
eine ſenkrechte, ſchmale Spalte; die Augenlider fehlen durchaus, man
ſieht nur im Umkreiſe der Augenhöhle einen geringen häutigen Vor-
ſprung, von welchem aus die Oberhaut in kontinuirlichem Zuge über
die Oberfläche des Augapfels wegſetzt; das Auge der Thiere erhält

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[278/0284] Die Chamäleonen ſind äußerſt träge, langſame Thiere, deren Ernährung von Inſekten, Fliegen und ähnlichem Ungeziefer ſehr ſchwie- rig ſein würde, wenn ſie nicht in der Zunge ein vortreffliches Mittel zum Fangen dieſer Thierchen beſäßen. Betrachtet man dieſe Zunge in der Ruhe, ſo bildet ſie im Grunde der Mundhöhle einen dicken, rundlichen Knopf, der vorn eine becherförmige Vertiefung hat, welche mit einem zähen Schleime überzogen iſt; dieſen Schleimknopf kann das Thier, wenn es eine Beute erblickt, plötzlich mit ungemeiner Schnelligkeit und Sicherheit auf eine Entfernung, welche manchmal das Doppelte ſeiner Körperlänge beträgt, herausſchnellen und man ſieht dann mit Erſtaunen, daß die Zunge ſich nach hinten in ein äußerſt dehnbares Muskelrohr fortſetzt, deſſen einzelne Muskelfäden ſo geordnet ſind, daß ſie das blitzſchnelle Hervorſchießen und Zurückziehen hinlänglich erklären. Die Chamäleonen kommen nur in den heißen Gegenden der alten Welt vor. Chamaeleo. [Abbildung Fig. 1184. Der Mauergecko (Platydactylus muralis). ] Die Familie der Gecko’s (Geckotida) wird von zahlreichen Arten kleiner Eidechſen gebildet, die einen platten, niedergedrückten, hinten breiten Kopf, ſtark zuſammengezogenen Hals, niedergedrückten Körper und einen verhältnißmäßig nur ſehr kurzen Schwanz haben, der höch- ſtens die Länge des Körpers erreicht. Gaumenzähne fehlen in dieſer Familie durchaus; — dagegen ſind die Kiefer mit angewachſenen, einfachen ſchneidenden Zähnen bewaffnet. Die Augen dieſer Eidechſen ſind ſehr groß, kreisrund, die Hornhaut ſtark gewölbt, die Pupille eine ſenkrechte, ſchmale Spalte; die Augenlider fehlen durchaus, man ſieht nur im Umkreiſe der Augenhöhle einen geringen häutigen Vor- ſprung, von welchem aus die Oberhaut in kontinuirlichem Zuge über die Oberfläche des Augapfels wegſetzt; das Auge der Thiere erhält

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/284>, abgerufen am 22.11.2024.