Vorderfüße haben stets fünf, die Hinterfüße vier Zehen, von denen nur die inneren Nägel tragen; die Zehen der Vorderfüße sind durch- aus getrennt, die der Hinterfüße dagegen durch ganze oder halbe Schwimmhäute mit einander verbunden. Die Körperbedeckung der Krokodile zeichnet sich noch besonders dadurch aus, daß in einer dicken, hie und da körnigen Lederhaut einzelne Knochenschilder ent- wickelt sind, welche ein zelliges Gewebe haben und durchaus in die Lederhaut selbst eingelassen sind; auf dem Kopfe liegt diese Lederhaut unmittelbar auf der wabenförmigen Oberfläche der Schädelknochen auf, deren sämmtlichen Vertiefungen sie folgt; an dem übrigen Kör- per zeigt sie Körner, an dem Schwanze meist Längs- und Querlinien, die bei oberflächlichem Ansehen die Stellung dor Wirtelschuppen einiger Eidechsen nachahmen. Die Knochentafeln sind hauptsächlich in dem Nacken und auf der Rückenfläche des Leibes entwickelt. Die Kloake ist, wie schon angeführt, bei beiden Geschlechtern durch einen Längs- spalt nach Außen geöffnet und bei dem Männchen die einfache, erectile Ruthe in der Kloake selbst verborgen.
Die Panzerechsen treten mit dem Jura in vielfachen, meist sehr eigenthümlichen Gattungen auf und setzen sich bis in die jetzige Schöp- fung mit wenig wechselnden Charakteren fort. Wir unterscheiden unter ihnen nach der Entwickelung der Wirbelsäule drei verschiedene Fami- lien: Die Teleosaurier(Teleosaurida) mit außerordentlich verlän- gerter, dem jetzt lebenden Gavial ähnlicher Schnauze und biconcaven Wirbelkörpern, ähnlich denjenigen der Fische (Poecilopleuron; Pleurosau- rus; Teleosaurus; Pelagosaurus; Aelodon; Gnathosaurus; Mystrio- saurus). Die Steneosaurier(Steneosaurida), ebenfalls mit langer Schnauze und vorn convexen, hinten aber concaven Wirbeln (Steneo- saurus; Streptospondylus). Beide Familien finden sich nur in dem Jura und zwar die erstere mehr in dem Lias, die letztere mehr in den oberen Schichten der jurassischen Gebilde. Endlich die Familie der jetzt lebenden Krokodile(Crocodilida), deren Wirbelkörper vorn con- cav, hinten aber convex sind, erscheint erst sparsam in der Kreide, dann aber häufig in den verschiedenen Tertiärgebilden aller Länder. Unsere jetzt lebenden Krokodile, unter denen man besonders die Ga- viale mit langer, schmaler, die Krokodile und Alligatoren mit breiterer Schnauze unterscheidet, leben vorzugsweise in den großen Flüssen und den Lagunen, wo sie Tags über meist schlafend zubringen und Nachts hauptsächlich auf Raub ausgehen; sie nähren sich von Fischen, oder auch von Säugethieren, welche sie überfallen, wenn sie zum Trinken
Vorderfüße haben ſtets fünf, die Hinterfüße vier Zehen, von denen nur die inneren Nägel tragen; die Zehen der Vorderfüße ſind durch- aus getrennt, die der Hinterfüße dagegen durch ganze oder halbe Schwimmhäute mit einander verbunden. Die Körperbedeckung der Krokodile zeichnet ſich noch beſonders dadurch aus, daß in einer dicken, hie und da körnigen Lederhaut einzelne Knochenſchilder ent- wickelt ſind, welche ein zelliges Gewebe haben und durchaus in die Lederhaut ſelbſt eingelaſſen ſind; auf dem Kopfe liegt dieſe Lederhaut unmittelbar auf der wabenförmigen Oberfläche der Schädelknochen auf, deren ſämmtlichen Vertiefungen ſie folgt; an dem übrigen Kör- per zeigt ſie Körner, an dem Schwanze meiſt Längs- und Querlinien, die bei oberflächlichem Anſehen die Stellung dor Wirtelſchuppen einiger Eidechſen nachahmen. Die Knochentafeln ſind hauptſächlich in dem Nacken und auf der Rückenfläche des Leibes entwickelt. Die Kloake iſt, wie ſchon angeführt, bei beiden Geſchlechtern durch einen Längs- ſpalt nach Außen geöffnet und bei dem Männchen die einfache, erectile Ruthe in der Kloake ſelbſt verborgen.
Die Panzerechſen treten mit dem Jura in vielfachen, meiſt ſehr eigenthümlichen Gattungen auf und ſetzen ſich bis in die jetzige Schöp- fung mit wenig wechſelnden Charakteren fort. Wir unterſcheiden unter ihnen nach der Entwickelung der Wirbelſäule drei verſchiedene Fami- lien: Die Teleoſaurier(Teleosaurida) mit außerordentlich verlän- gerter, dem jetzt lebenden Gavial ähnlicher Schnauze und biconcaven Wirbelkörpern, ähnlich denjenigen der Fiſche (Poecilopleuron; Pleurosau- rus; Teleosaurus; Pelagosaurus; Aelodon; Gnathosaurus; Mystrio- saurus). Die Steneoſaurier(Steneosaurida), ebenfalls mit langer Schnauze und vorn convexen, hinten aber concaven Wirbeln (Steneo- saurus; Streptospondylus). Beide Familien finden ſich nur in dem Jura und zwar die erſtere mehr in dem Lias, die letztere mehr in den oberen Schichten der juraſſiſchen Gebilde. Endlich die Familie der jetzt lebenden Krokodile(Crocodilida), deren Wirbelkörper vorn con- cav, hinten aber convex ſind, erſcheint erſt ſparſam in der Kreide, dann aber häufig in den verſchiedenen Tertiärgebilden aller Länder. Unſere jetzt lebenden Krokodile, unter denen man beſonders die Ga- viale mit langer, ſchmaler, die Krokodile und Alligatoren mit breiterer Schnauze unterſcheidet, leben vorzugsweiſe in den großen Flüſſen und den Lagunen, wo ſie Tags über meiſt ſchlafend zubringen und Nachts hauptſächlich auf Raub ausgehen; ſie nähren ſich von Fiſchen, oder auch von Säugethieren, welche ſie überfallen, wenn ſie zum Trinken
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Vorderfüße haben ſtets fünf, die Hinterfüße vier Zehen, von denen
nur die inneren Nägel tragen; die Zehen der Vorderfüße ſind durch-
aus getrennt, die der Hinterfüße dagegen durch ganze oder halbe
Schwimmhäute mit einander verbunden. Die Körperbedeckung der
Krokodile zeichnet ſich noch beſonders dadurch aus, daß in einer
dicken, hie und da körnigen Lederhaut einzelne Knochenſchilder ent-
wickelt ſind, welche ein zelliges Gewebe haben und durchaus in die
Lederhaut ſelbſt eingelaſſen ſind; auf dem Kopfe liegt dieſe Lederhaut
unmittelbar auf der wabenförmigen Oberfläche der Schädelknochen
auf, deren ſämmtlichen Vertiefungen ſie folgt; an dem übrigen Kör-
per zeigt ſie Körner, an dem Schwanze meiſt Längs- und Querlinien,
die bei oberflächlichem Anſehen die Stellung dor Wirtelſchuppen einiger
Eidechſen nachahmen. Die Knochentafeln ſind hauptſächlich in dem
Nacken und auf der Rückenfläche des Leibes entwickelt. Die Kloake
iſt, wie ſchon angeführt, bei beiden Geſchlechtern durch einen Längs-
ſpalt nach Außen geöffnet und bei dem Männchen die einfache, erectile
Ruthe in der Kloake ſelbſt verborgen.
Die Panzerechſen treten mit dem Jura in vielfachen, meiſt ſehr
eigenthümlichen Gattungen auf und ſetzen ſich bis in die jetzige Schöp-
fung mit wenig wechſelnden Charakteren fort. Wir unterſcheiden unter
ihnen nach der Entwickelung der Wirbelſäule drei verſchiedene Fami-
lien: Die Teleoſaurier (Teleosaurida) mit außerordentlich verlän-
gerter, dem jetzt lebenden Gavial ähnlicher Schnauze und biconcaven
Wirbelkörpern, ähnlich denjenigen der Fiſche (Poecilopleuron; Pleurosau-
rus; Teleosaurus; Pelagosaurus; Aelodon; Gnathosaurus; Mystrio-
saurus). Die Steneoſaurier (Steneosaurida), ebenfalls mit langer
Schnauze und vorn convexen, hinten aber concaven Wirbeln (Steneo-
saurus; Streptospondylus). Beide Familien finden ſich nur in dem
Jura und zwar die erſtere mehr in dem Lias, die letztere mehr in den
oberen Schichten der juraſſiſchen Gebilde. Endlich die Familie der
jetzt lebenden Krokodile (Crocodilida), deren Wirbelkörper vorn con-
cav, hinten aber convex ſind, erſcheint erſt ſparſam in der Kreide,
dann aber häufig in den verſchiedenen Tertiärgebilden aller Länder.
Unſere jetzt lebenden Krokodile, unter denen man beſonders die Ga-
viale mit langer, ſchmaler, die Krokodile und Alligatoren mit breiterer
Schnauze unterſcheidet, leben vorzugsweiſe in den großen Flüſſen und
den Lagunen, wo ſie Tags über meiſt ſchlafend zubringen und Nachts
hauptſächlich auf Raub ausgehen; ſie nähren ſich von Fiſchen, oder
auch von Säugethieren, welche ſie überfallen, wenn ſie zum Trinken
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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