Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Hälfte kürzer ist. Die Zahl der Armschwingen wechselt bei den Schrei-
vögeln sehr, indem zuweilen nur sechs bis acht, meistens neun bis
zehn, in anderen Fällen aber sogar fünfzehn bis siebzehn vorkommen,
eine Zahl, welche von den Singvögeln nie erreicht wird. Die Bil-
dung der Füße wechselt bei den Schreivögeln bedeutend; der Lauf ist
aber niemals wie bei den Singvögeln gestiefelt, gewöhnlich getäfelt
sowohl vorn, wie auf den Seiten; bei einigen Familien fehlt sogar
alle Hornbekleidung und der Fuß ist bis auf die Krallen mit Federn
besetzt. Ebenso wechselnd ist die Bildung der Zehen; bei den meisten
Familien ist der Fuß in derselben Weise gebildet, wie bei den Sing-
vögeln, indem drei Zehen nach vorn, eine nach hinten gerichtet ist, bei
anderen aber stehen die Zehen entweder alle mehr oder minder nach
vorn, oder die Außenzehe ist in seltenen Fällen, die Innenzehe häufi-
ger, zu einer Wendezehe geworden. Bei vielen Familien sind auch
die beiden inneren Zehen ganz oder theilweise mit einander verschmol-
zen oder durch kurze Haut verbunden. Der Schwanz hat in der
Regel zwölf Steuerfedern, zuweilen nur zehn, in anderen Fällen, die
indeß selten sind, sogar vierzehn bis sechszehn. Die Lebensart der
Schreivögel ist begreiflicher Weise ebenso verschieden, als diejenige der
Singvögel. Man hat unter ihnen zwei größere Gruppen unterschieden:
Die eigentlichen Schreivögel (Clamatores) mit durchaus getäfelten und
gewöhnlichen Wandelfüßen, die denjenigen der Singvögel analog ge-
baut sind, und die Schrillvögel (Strisores), bei welchen die Füße ab-
weichend gebaut und nur mit kleinen Schildern und Schuppen, oder
auch mit Federn bedeckt sind; die letztere Gruppe schließt sich durch
die Bildung ihrer Füße eines Theiles an die Klettervögel, anderen
Theiles durch die Eulen, die ebenfalls eine Wendezehe besitzen, an die
Raubvögel an.

Echte Schreivögel.

Unter den echten Schreivögeln steht eine Familie oben an, welche
sich durch die Bildung ihres Stimmorganes an die Singvögel an-
schließt und durch die höchst seltsamen schreienden Töne ausgezeichnet
ist, welche die ihr angehörigen Vögel von sich geben. Während bei
allen übrigen Singvögeln die beiden an der Theilung der Luftröhre
hervorgehenden Bronchen an der Bildung des unteren Kehlkopfes
Antheil nehmen, wird dieser im Gegentheil bei diesen Luftröhren-

Hälfte kürzer iſt. Die Zahl der Armſchwingen wechſelt bei den Schrei-
vögeln ſehr, indem zuweilen nur ſechs bis acht, meiſtens neun bis
zehn, in anderen Fällen aber ſogar fünfzehn bis ſiebzehn vorkommen,
eine Zahl, welche von den Singvögeln nie erreicht wird. Die Bil-
dung der Füße wechſelt bei den Schreivögeln bedeutend; der Lauf iſt
aber niemals wie bei den Singvögeln geſtiefelt, gewöhnlich getäfelt
ſowohl vorn, wie auf den Seiten; bei einigen Familien fehlt ſogar
alle Hornbekleidung und der Fuß iſt bis auf die Krallen mit Federn
beſetzt. Ebenſo wechſelnd iſt die Bildung der Zehen; bei den meiſten
Familien iſt der Fuß in derſelben Weiſe gebildet, wie bei den Sing-
vögeln, indem drei Zehen nach vorn, eine nach hinten gerichtet iſt, bei
anderen aber ſtehen die Zehen entweder alle mehr oder minder nach
vorn, oder die Außenzehe iſt in ſeltenen Fällen, die Innenzehe häufi-
ger, zu einer Wendezehe geworden. Bei vielen Familien ſind auch
die beiden inneren Zehen ganz oder theilweiſe mit einander verſchmol-
zen oder durch kurze Haut verbunden. Der Schwanz hat in der
Regel zwölf Steuerfedern, zuweilen nur zehn, in anderen Fällen, die
indeß ſelten ſind, ſogar vierzehn bis ſechszehn. Die Lebensart der
Schreivögel iſt begreiflicher Weiſe ebenſo verſchieden, als diejenige der
Singvögel. Man hat unter ihnen zwei größere Gruppen unterſchieden:
Die eigentlichen Schreivögel (Clamatores) mit durchaus getäfelten und
gewöhnlichen Wandelfüßen, die denjenigen der Singvögel analog ge-
baut ſind, und die Schrillvögel (Strisores), bei welchen die Füße ab-
weichend gebaut und nur mit kleinen Schildern und Schuppen, oder
auch mit Federn bedeckt ſind; die letztere Gruppe ſchließt ſich durch
die Bildung ihrer Füße eines Theiles an die Klettervögel, anderen
Theiles durch die Eulen, die ebenfalls eine Wendezehe beſitzen, an die
Raubvögel an.

Echte Schreivögel.

Unter den echten Schreivögeln ſteht eine Familie oben an, welche
ſich durch die Bildung ihres Stimmorganes an die Singvögel an-
ſchließt und durch die höchſt ſeltſamen ſchreienden Töne ausgezeichnet
iſt, welche die ihr angehörigen Vögel von ſich geben. Während bei
allen übrigen Singvögeln die beiden an der Theilung der Luftröhre
hervorgehenden Bronchen an der Bildung des unteren Kehlkopfes
Antheil nehmen, wird dieſer im Gegentheil bei dieſen Luftröhren-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0346" n="340"/>
Hälfte kürzer i&#x017F;t. Die Zahl der Arm&#x017F;chwingen wech&#x017F;elt bei den Schrei-<lb/>
vögeln &#x017F;ehr, indem zuweilen nur &#x017F;echs bis acht, mei&#x017F;tens neun bis<lb/>
zehn, in anderen Fällen aber &#x017F;ogar fünfzehn bis &#x017F;iebzehn vorkommen,<lb/>
eine Zahl, welche von den Singvögeln nie erreicht wird. Die Bil-<lb/>
dung der Füße wech&#x017F;elt bei den Schreivögeln bedeutend; der Lauf i&#x017F;t<lb/>
aber niemals wie bei den Singvögeln ge&#x017F;tiefelt, gewöhnlich getäfelt<lb/>
&#x017F;owohl vorn, wie auf den Seiten; bei einigen Familien fehlt &#x017F;ogar<lb/>
alle Hornbekleidung und der Fuß i&#x017F;t bis auf die Krallen mit Federn<lb/>
be&#x017F;etzt. Eben&#x017F;o wech&#x017F;elnd i&#x017F;t die Bildung der Zehen; bei den mei&#x017F;ten<lb/>
Familien i&#x017F;t der Fuß in der&#x017F;elben Wei&#x017F;e gebildet, wie bei den Sing-<lb/>
vögeln, indem drei Zehen nach vorn, eine nach hinten gerichtet i&#x017F;t, bei<lb/>
anderen aber &#x017F;tehen die Zehen entweder alle mehr oder minder nach<lb/>
vorn, oder die Außenzehe i&#x017F;t in &#x017F;eltenen Fällen, die Innenzehe häufi-<lb/>
ger, zu einer Wendezehe geworden. Bei vielen Familien &#x017F;ind auch<lb/>
die beiden inneren Zehen ganz oder theilwei&#x017F;e mit einander ver&#x017F;chmol-<lb/>
zen oder durch kurze Haut verbunden. Der Schwanz hat in der<lb/>
Regel zwölf Steuerfedern, zuweilen nur zehn, in anderen Fällen, die<lb/>
indeß &#x017F;elten &#x017F;ind, &#x017F;ogar vierzehn bis &#x017F;echszehn. Die Lebensart der<lb/>
Schreivögel i&#x017F;t begreiflicher Wei&#x017F;e eben&#x017F;o ver&#x017F;chieden, als diejenige der<lb/>
Singvögel. Man hat unter ihnen zwei größere Gruppen unter&#x017F;chieden:<lb/>
Die eigentlichen Schreivögel <hi rendition="#aq">(Clamatores)</hi> mit durchaus getäfelten und<lb/>
gewöhnlichen Wandelfüßen, die denjenigen der Singvögel analog ge-<lb/>
baut &#x017F;ind, und die Schrillvögel <hi rendition="#aq">(Strisores)</hi>, bei welchen die Füße ab-<lb/>
weichend gebaut und nur mit kleinen Schildern und Schuppen, oder<lb/>
auch mit Federn bedeckt &#x017F;ind; die letztere Gruppe &#x017F;chließt &#x017F;ich durch<lb/>
die Bildung ihrer Füße eines Theiles an die Klettervögel, anderen<lb/>
Theiles durch die Eulen, die ebenfalls eine Wendezehe be&#x017F;itzen, an die<lb/>
Raubvögel an.</p><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#g">Echte Schreivögel.</hi> </head><lb/>
                <p>Unter den echten Schreivögeln &#x017F;teht eine Familie oben an, welche<lb/>
&#x017F;ich durch die Bildung ihres Stimmorganes an die Singvögel an-<lb/>
&#x017F;chließt und durch die höch&#x017F;t &#x017F;elt&#x017F;amen &#x017F;chreienden Töne ausgezeichnet<lb/>
i&#x017F;t, welche die ihr angehörigen Vögel von &#x017F;ich geben. Während bei<lb/>
allen übrigen Singvögeln die beiden an der Theilung der Luftröhre<lb/>
hervorgehenden Bronchen an der Bildung des unteren Kehlkopfes<lb/>
Antheil nehmen, wird die&#x017F;er im Gegentheil bei die&#x017F;en <hi rendition="#b">Luftröhren-<lb/></hi></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0346] Hälfte kürzer iſt. Die Zahl der Armſchwingen wechſelt bei den Schrei- vögeln ſehr, indem zuweilen nur ſechs bis acht, meiſtens neun bis zehn, in anderen Fällen aber ſogar fünfzehn bis ſiebzehn vorkommen, eine Zahl, welche von den Singvögeln nie erreicht wird. Die Bil- dung der Füße wechſelt bei den Schreivögeln bedeutend; der Lauf iſt aber niemals wie bei den Singvögeln geſtiefelt, gewöhnlich getäfelt ſowohl vorn, wie auf den Seiten; bei einigen Familien fehlt ſogar alle Hornbekleidung und der Fuß iſt bis auf die Krallen mit Federn beſetzt. Ebenſo wechſelnd iſt die Bildung der Zehen; bei den meiſten Familien iſt der Fuß in derſelben Weiſe gebildet, wie bei den Sing- vögeln, indem drei Zehen nach vorn, eine nach hinten gerichtet iſt, bei anderen aber ſtehen die Zehen entweder alle mehr oder minder nach vorn, oder die Außenzehe iſt in ſeltenen Fällen, die Innenzehe häufi- ger, zu einer Wendezehe geworden. Bei vielen Familien ſind auch die beiden inneren Zehen ganz oder theilweiſe mit einander verſchmol- zen oder durch kurze Haut verbunden. Der Schwanz hat in der Regel zwölf Steuerfedern, zuweilen nur zehn, in anderen Fällen, die indeß ſelten ſind, ſogar vierzehn bis ſechszehn. Die Lebensart der Schreivögel iſt begreiflicher Weiſe ebenſo verſchieden, als diejenige der Singvögel. Man hat unter ihnen zwei größere Gruppen unterſchieden: Die eigentlichen Schreivögel (Clamatores) mit durchaus getäfelten und gewöhnlichen Wandelfüßen, die denjenigen der Singvögel analog ge- baut ſind, und die Schrillvögel (Strisores), bei welchen die Füße ab- weichend gebaut und nur mit kleinen Schildern und Schuppen, oder auch mit Federn bedeckt ſind; die letztere Gruppe ſchließt ſich durch die Bildung ihrer Füße eines Theiles an die Klettervögel, anderen Theiles durch die Eulen, die ebenfalls eine Wendezehe beſitzen, an die Raubvögel an. Echte Schreivögel. Unter den echten Schreivögeln ſteht eine Familie oben an, welche ſich durch die Bildung ihres Stimmorganes an die Singvögel an- ſchließt und durch die höchſt ſeltſamen ſchreienden Töne ausgezeichnet iſt, welche die ihr angehörigen Vögel von ſich geben. Während bei allen übrigen Singvögeln die beiden an der Theilung der Luftröhre hervorgehenden Bronchen an der Bildung des unteren Kehlkopfes Antheil nehmen, wird dieſer im Gegentheil bei dieſen Luftröhren-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/346
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/346>, abgerufen am 22.11.2024.