Das Hinterhauptsbein (5) der Säugethiere bietet stets zwei vor- springende Gelenkhöcker dar, die je nach der Stellung des Kopfes bald mehr an der hinteren, bald, wie bei dem Menschen, an der unteren Fläche des Schädels angebracht sind. Dieser Knochen, der noch am meisten einem Wirbel in allen seinen Theilen ähnlich sieht, besteht zwar bei den jungen Säugethieren regelmäßig aus dem unteren Körper, den Seitentheilen und der oberen Schuppe, verwächst aber frühzeitig, so daß er bei erwachsenen Thieren stets nur ein einziges Stück dar- stellt, welches oft noch sogar nach vorn hin mit dem Körper des Keilbeines verschmilzt, so daß, wie bei dem Menschen, die sämmtlichen Stücke, welche dem Keilbeine und dem Hinterhauptsbeine angehören, nur einen einzigen Knochen bilden, welchen man auch das Grundbein genannt hat. Das Keilbein (6) selbst besteht immer aus zwei Körper- stücken, dem hinteren, mit dem die großen Keilbeinflügel, und dem vorderen, mit welchen die kleinen Flügel oder Augenflügel verwachsen sind, an welchen stets der Durchtritt der Sehnerven stattfindet. Die Grundfläche der Hirnkapsel wird einzig von den angeführten Knochen gebildet, die sich auch noch auf die Seitenwandungen des Schädels ziehen. Hier werden sie vervollständigt durch das Schläfenbein (12), welches bei den älteren Individuen stets aus einem einzigen Stücke besteht, bei den jüngeren aber vier getrennte Stücke zeigt: das Felsen- bein, an der Basis des Schädels gelegen und zur Einschließung des Ohrlabyrinthes bestimmt; das Zitzenbein, oft nur wenig entwickelt, sonst aber die Nebenhöhlen der Paukenhöhlen einschließend; das Trommelbein, bald nur in Form eines einfachen Ringes ausgebildet, welcher das Trommelfell umfaßt, bald auch zu einer bedeutenden Blase aufgetrieben, die an der Unterfläche des Schädels hervortritt, und die Paukenhöhle einschließt; und endlich die Schuppe, welche um so größer ist, je bedeutender die Ausbildung der Hirnkapsel er- scheint und deßhalb bei den Menschen und Affen am stärksten hervor- tritt, während sie bei den übrigen mehr zurücksinkt. Einzig bei den Walthieren kommt noch die frühere embryonale Trennung des Schlä- fenbeines in seinen einzelnen Theile auch im Alter vor, indem Felsen- und Trommelbein mit den übrigen Schädelknochen nur durch Band- masse vereinigt sind. Auf der oberen Fläche des Schädels zeigen sich zunächst vor der keilförmig vortretenden Hinterhauptsschuppe die ge- wöhnlich kleinen, schmalen und platten Scheitelbeine (7), welche nur beim Menschen eine bedeutende Größe erreichen. Meist schiebt sich in ihre hintere Ecke, zwischen sie und die Hinterhauptschuppe, ein beson- deres Zwickelbein ein. Vor dem Scheitelbeine bilden die Stirn-
Das Hinterhauptsbein (5) der Säugethiere bietet ſtets zwei vor- ſpringende Gelenkhöcker dar, die je nach der Stellung des Kopfes bald mehr an der hinteren, bald, wie bei dem Menſchen, an der unteren Fläche des Schädels angebracht ſind. Dieſer Knochen, der noch am meiſten einem Wirbel in allen ſeinen Theilen ähnlich ſieht, beſteht zwar bei den jungen Säugethieren regelmäßig aus dem unteren Körper, den Seitentheilen und der oberen Schuppe, verwächſt aber frühzeitig, ſo daß er bei erwachſenen Thieren ſtets nur ein einziges Stück dar- ſtellt, welches oft noch ſogar nach vorn hin mit dem Körper des Keilbeines verſchmilzt, ſo daß, wie bei dem Menſchen, die ſämmtlichen Stücke, welche dem Keilbeine und dem Hinterhauptsbeine angehören, nur einen einzigen Knochen bilden, welchen man auch das Grundbein genannt hat. Das Keilbein (6) ſelbſt beſteht immer aus zwei Körper- ſtücken, dem hinteren, mit dem die großen Keilbeinflügel, und dem vorderen, mit welchen die kleinen Flügel oder Augenflügel verwachſen ſind, an welchen ſtets der Durchtritt der Sehnerven ſtattfindet. Die Grundfläche der Hirnkapſel wird einzig von den angeführten Knochen gebildet, die ſich auch noch auf die Seitenwandungen des Schädels ziehen. Hier werden ſie vervollſtändigt durch das Schläfenbein (12), welches bei den älteren Individuen ſtets aus einem einzigen Stücke beſteht, bei den jüngeren aber vier getrennte Stücke zeigt: das Felſen- bein, an der Baſis des Schädels gelegen und zur Einſchließung des Ohrlabyrinthes beſtimmt; das Zitzenbein, oft nur wenig entwickelt, ſonſt aber die Nebenhöhlen der Paukenhöhlen einſchließend; das Trommelbein, bald nur in Form eines einfachen Ringes ausgebildet, welcher das Trommelfell umfaßt, bald auch zu einer bedeutenden Blaſe aufgetrieben, die an der Unterfläche des Schädels hervortritt, und die Paukenhöhle einſchließt; und endlich die Schuppe, welche um ſo größer iſt, je bedeutender die Ausbildung der Hirnkapſel er- ſcheint und deßhalb bei den Menſchen und Affen am ſtärkſten hervor- tritt, während ſie bei den übrigen mehr zurückſinkt. Einzig bei den Walthieren kommt noch die frühere embryonale Trennung des Schlä- fenbeines in ſeinen einzelnen Theile auch im Alter vor, indem Felſen- und Trommelbein mit den übrigen Schädelknochen nur durch Band- maſſe vereinigt ſind. Auf der oberen Fläche des Schädels zeigen ſich zunächſt vor der keilförmig vortretenden Hinterhauptsſchuppe die ge- wöhnlich kleinen, ſchmalen und platten Scheitelbeine (7), welche nur beim Menſchen eine bedeutende Größe erreichen. Meiſt ſchiebt ſich in ihre hintere Ecke, zwiſchen ſie und die Hinterhauptſchuppe, ein beſon- deres Zwickelbein ein. Vor dem Scheitelbeine bilden die Stirn-
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Das Hinterhauptsbein (5) der Säugethiere bietet ſtets zwei vor-
ſpringende Gelenkhöcker dar, die je nach der Stellung des Kopfes bald
mehr an der hinteren, bald, wie bei dem Menſchen, an der unteren
Fläche des Schädels angebracht ſind. Dieſer Knochen, der noch am
meiſten einem Wirbel in allen ſeinen Theilen ähnlich ſieht, beſteht zwar
bei den jungen Säugethieren regelmäßig aus dem unteren Körper,
den Seitentheilen und der oberen Schuppe, verwächſt aber frühzeitig,
ſo daß er bei erwachſenen Thieren ſtets nur ein einziges Stück dar-
ſtellt, welches oft noch ſogar nach vorn hin mit dem Körper des
Keilbeines verſchmilzt, ſo daß, wie bei dem Menſchen, die ſämmtlichen
Stücke, welche dem Keilbeine und dem Hinterhauptsbeine angehören,
nur einen einzigen Knochen bilden, welchen man auch das Grundbein
genannt hat. Das Keilbein (6) ſelbſt beſteht immer aus zwei Körper-
ſtücken, dem hinteren, mit dem die großen Keilbeinflügel, und dem
vorderen, mit welchen die kleinen Flügel oder Augenflügel verwachſen
ſind, an welchen ſtets der Durchtritt der Sehnerven ſtattfindet. Die
Grundfläche der Hirnkapſel wird einzig von den angeführten Knochen
gebildet, die ſich auch noch auf die Seitenwandungen des Schädels
ziehen. Hier werden ſie vervollſtändigt durch das Schläfenbein (12),
welches bei den älteren Individuen ſtets aus einem einzigen Stücke
beſteht, bei den jüngeren aber vier getrennte Stücke zeigt: das Felſen-
bein, an der Baſis des Schädels gelegen und zur Einſchließung des
Ohrlabyrinthes beſtimmt; das Zitzenbein, oft nur wenig entwickelt,
ſonſt aber die Nebenhöhlen der Paukenhöhlen einſchließend; das
Trommelbein, bald nur in Form eines einfachen Ringes ausgebildet,
welcher das Trommelfell umfaßt, bald auch zu einer bedeutenden
Blaſe aufgetrieben, die an der Unterfläche des Schädels hervortritt,
und die Paukenhöhle einſchließt; und endlich die Schuppe, welche
um ſo größer iſt, je bedeutender die Ausbildung der Hirnkapſel er-
ſcheint und deßhalb bei den Menſchen und Affen am ſtärkſten hervor-
tritt, während ſie bei den übrigen mehr zurückſinkt. Einzig bei den
Walthieren kommt noch die frühere embryonale Trennung des Schlä-
fenbeines in ſeinen einzelnen Theile auch im Alter vor, indem Felſen-
und Trommelbein mit den übrigen Schädelknochen nur durch Band-
maſſe vereinigt ſind. Auf der oberen Fläche des Schädels zeigen ſich
zunächſt vor der keilförmig vortretenden Hinterhauptsſchuppe die ge-
wöhnlich kleinen, ſchmalen und platten Scheitelbeine (7), welche nur
beim Menſchen eine bedeutende Größe erreichen. Meiſt ſchiebt ſich in
ihre hintere Ecke, zwiſchen ſie und die Hinterhauptſchuppe, ein beſon-
deres Zwickelbein ein. Vor dem Scheitelbeine bilden die Stirn-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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