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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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oder minder hervor. Es giebt viele Gattungen, bei welchen nur eine
Art von Zähnen vorkommt, und bei den Delphinen z. B. sind beide
Kiefer in ihrer ganzen Ausdehnung mit kegelförmigen Zähnen bewaff-
net, die in Struktur und Form die vollständigste Uebereinstimmung
zeigen. Die Kenntniß des Zahnsystemes, auf welcher besonders die
Bestimmung der fossilen Gattungen beruht, wird noch durch den Um-
stand erschwert, daß alle Säugethiere ohne Ausnahme einem Zahn-
wechsel unterworfen sind, wodurch die ursprünglichen, sogenannten
Milchzähne durch neue ersetzt werden und daß andererseits an ver-
schiedenen Stellen bei gewissem Alter neue Zähne hervorbrechen oder
andere abgeworfen werden. Der Wechsel betrifft nur die Schneide-
zähne, die Eckzähne und die Lückenzähne, niemals die eigentlichen
Backzähne, welche nur einmal für das ganze Leben erscheinen, bei
manchen Thieren aber während des ganzen Lebens nachwachsen, so
daß diese Thiere in beständigem Zahnwechsel sich finden. So bilden
sich z. B. bei dem Elephanten hinten im Kiefer stets neue Zahnmassen,
die so gestellt sind, daß sie beim Kauen nicht angegriffen werden, all-
mälig aber vorrücken und die vorn im Kiefer stehenden, abgenutzten
Backzähne ersetzen. Oft unterscheiden sich die Milchzähne sehr bedeu-
tend durch die Form ihrer Kronen von den später bleibenden Zäh-
nen. Gewöhnlich haben sie nur sehr schwache, unbedeutende oder auch
gar keine Wurzeln, sondern nur eine hohle Krone, die auf dem Kie-
fer aufsitzt und durch den sich entwickelnden Zahn aufgehoben und
abgestoßen wird. Die Entwickelung der Zähne selbst geht innerhalb
der Kiefer in geschlossenen Säcken vor sich, welche durch eine sehr
gefäßreiche Haut ausgekleidet sind, an deren Oberfläche die Absonde-
rung der Zahnsubstanzen geschieht; eine Einstülpung dieser Haut bildet
die gefäß- und nervenreiche Zahnpulpe, welche in die Höhle des Zah-
nes hineinragt und bei Entzündungen oder anderen Affektionen die
nagenden Zahnschmerzen verursacht. In besonders ausgezeichneter
Weise geschieht der Zahnwechsel bei einigen Spitzmäusen und den
Elephanten. Bei ersteren bilden die Kronen der Milchzähne eine
einzige, zusammenhängende Masse, die sich beim Entstehen der Zähne
im Ganzen abhebt und bei dem Elephanten erzeugen sich die neuen
Backzähne hinten und schieben sich allmälig nach vorn, indem sie in die
vorhandenen gleichsam hineinwachsen und dieselben auf diese Weise
nach und nach verdrängen.


oder minder hervor. Es giebt viele Gattungen, bei welchen nur eine
Art von Zähnen vorkommt, und bei den Delphinen z. B. ſind beide
Kiefer in ihrer ganzen Ausdehnung mit kegelförmigen Zähnen bewaff-
net, die in Struktur und Form die vollſtändigſte Uebereinſtimmung
zeigen. Die Kenntniß des Zahnſyſtemes, auf welcher beſonders die
Beſtimmung der foſſilen Gattungen beruht, wird noch durch den Um-
ſtand erſchwert, daß alle Säugethiere ohne Ausnahme einem Zahn-
wechſel unterworfen ſind, wodurch die urſprünglichen, ſogenannten
Milchzähne durch neue erſetzt werden und daß andererſeits an ver-
ſchiedenen Stellen bei gewiſſem Alter neue Zähne hervorbrechen oder
andere abgeworfen werden. Der Wechſel betrifft nur die Schneide-
zähne, die Eckzähne und die Lückenzähne, niemals die eigentlichen
Backzähne, welche nur einmal für das ganze Leben erſcheinen, bei
manchen Thieren aber während des ganzen Lebens nachwachſen, ſo
daß dieſe Thiere in beſtändigem Zahnwechſel ſich finden. So bilden
ſich z. B. bei dem Elephanten hinten im Kiefer ſtets neue Zahnmaſſen,
die ſo geſtellt ſind, daß ſie beim Kauen nicht angegriffen werden, all-
mälig aber vorrücken und die vorn im Kiefer ſtehenden, abgenutzten
Backzähne erſetzen. Oft unterſcheiden ſich die Milchzähne ſehr bedeu-
tend durch die Form ihrer Kronen von den ſpäter bleibenden Zäh-
nen. Gewöhnlich haben ſie nur ſehr ſchwache, unbedeutende oder auch
gar keine Wurzeln, ſondern nur eine hohle Krone, die auf dem Kie-
fer aufſitzt und durch den ſich entwickelnden Zahn aufgehoben und
abgeſtoßen wird. Die Entwickelung der Zähne ſelbſt geht innerhalb
der Kiefer in geſchloſſenen Säcken vor ſich, welche durch eine ſehr
gefäßreiche Haut ausgekleidet ſind, an deren Oberfläche die Abſonde-
rung der Zahnſubſtanzen geſchieht; eine Einſtülpung dieſer Haut bildet
die gefäß- und nervenreiche Zahnpulpe, welche in die Höhle des Zah-
nes hineinragt und bei Entzündungen oder anderen Affektionen die
nagenden Zahnſchmerzen verurſacht. In beſonders ausgezeichneter
Weiſe geſchieht der Zahnwechſel bei einigen Spitzmäuſen und den
Elephanten. Bei erſteren bilden die Kronen der Milchzähne eine
einzige, zuſammenhängende Maſſe, die ſich beim Entſtehen der Zähne
im Ganzen abhebt und bei dem Elephanten erzeugen ſich die neuen
Backzähne hinten und ſchieben ſich allmälig nach vorn, indem ſie in die
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nach und nach verdrängen.


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[396/0402] oder minder hervor. Es giebt viele Gattungen, bei welchen nur eine Art von Zähnen vorkommt, und bei den Delphinen z. B. ſind beide Kiefer in ihrer ganzen Ausdehnung mit kegelförmigen Zähnen bewaff- net, die in Struktur und Form die vollſtändigſte Uebereinſtimmung zeigen. Die Kenntniß des Zahnſyſtemes, auf welcher beſonders die Beſtimmung der foſſilen Gattungen beruht, wird noch durch den Um- ſtand erſchwert, daß alle Säugethiere ohne Ausnahme einem Zahn- wechſel unterworfen ſind, wodurch die urſprünglichen, ſogenannten Milchzähne durch neue erſetzt werden und daß andererſeits an ver- ſchiedenen Stellen bei gewiſſem Alter neue Zähne hervorbrechen oder andere abgeworfen werden. Der Wechſel betrifft nur die Schneide- zähne, die Eckzähne und die Lückenzähne, niemals die eigentlichen Backzähne, welche nur einmal für das ganze Leben erſcheinen, bei manchen Thieren aber während des ganzen Lebens nachwachſen, ſo daß dieſe Thiere in beſtändigem Zahnwechſel ſich finden. So bilden ſich z. B. bei dem Elephanten hinten im Kiefer ſtets neue Zahnmaſſen, die ſo geſtellt ſind, daß ſie beim Kauen nicht angegriffen werden, all- mälig aber vorrücken und die vorn im Kiefer ſtehenden, abgenutzten Backzähne erſetzen. Oft unterſcheiden ſich die Milchzähne ſehr bedeu- tend durch die Form ihrer Kronen von den ſpäter bleibenden Zäh- nen. Gewöhnlich haben ſie nur ſehr ſchwache, unbedeutende oder auch gar keine Wurzeln, ſondern nur eine hohle Krone, die auf dem Kie- fer aufſitzt und durch den ſich entwickelnden Zahn aufgehoben und abgeſtoßen wird. Die Entwickelung der Zähne ſelbſt geht innerhalb der Kiefer in geſchloſſenen Säcken vor ſich, welche durch eine ſehr gefäßreiche Haut ausgekleidet ſind, an deren Oberfläche die Abſonde- rung der Zahnſubſtanzen geſchieht; eine Einſtülpung dieſer Haut bildet die gefäß- und nervenreiche Zahnpulpe, welche in die Höhle des Zah- nes hineinragt und bei Entzündungen oder anderen Affektionen die nagenden Zahnſchmerzen verurſacht. In beſonders ausgezeichneter Weiſe geſchieht der Zahnwechſel bei einigen Spitzmäuſen und den Elephanten. Bei erſteren bilden die Kronen der Milchzähne eine einzige, zuſammenhängende Maſſe, die ſich beim Entſtehen der Zähne im Ganzen abhebt und bei dem Elephanten erzeugen ſich die neuen Backzähne hinten und ſchieben ſich allmälig nach vorn, indem ſie in die vorhandenen gleichſam hineinwachſen und dieſelben auf dieſe Weiſe nach und nach verdrängen.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/402>, abgerufen am 22.11.2024.