Windungen und Krümmungen der Muschelbeine außerordentlich ver- mehrt. Die äußere Nase ist fast bei allen Säugethieren weit beweg- licher, als bei dem Menschen und verlängert sich bei den Schweinen, dem Goldmaulwurfe, dem Tapir und einigen anderen Thieren zu einem kürzeren, bei den Elephanten zu einem außerordentlich langen Rüssel, der von diesem Thiere als äußerst geschicktes Tast- und Greif- organ benutzt wird. Die Augen sind nur bei einigen in der Erde lebenden Thieren ausnehmend klein, oder ganz unter der Haut ver- steckt, während sie bei den nächtlichen Halbaffen die ansehnlichste Größe erreichen. Bei vielen stehen sie so sehr auf der Seite, daß die Gegenstände stets nur mit einem Auge erblickt werden können. Nach und nach rücken sie näher auf die Vorderfläche der Stirn. Zu den beiden bei dem Menschen vorkommenden Augenliedern gesellt sich bei fast allen Säugethieren, mit Ausnahme der Affen und Wale, ein inneres Augenlied oder eine Nickhaut, welche jedoch stets den Augapfel nur zum Theile bedecken kann. Im übrigen ist der Bau des Auges ganz demjenigen des menschlichen analog und besondere auffallende Verschiedenheiten zeigt hauptsächlich nur die Aderhaut und die Iris. Bei ersterer sieht man nämlich mit Ausnahme der Affen, Kloakenthiere, Nager und Zahnarmen in dem Hintergrunde des Auges eine helle, bald mehr ins Grüne oder Weiße schillernde Stelle, welche entweder aus Fasern oder bei den Raubthieren aus Zellen zusammengesetzt ist und die Lichtstrahlen in Art eines Hohlspiegels zurückwirft, so daß die Augen im Finsteren leuchten. Man hat diese eigenthümliche Schicht der Aderhaut das Tapetum genannt. Die Iris zeichnet sich besonders durch die verschiedenen Formen der Pupille aus, die zwar bei den meisten, wie die menschliche Pupille, rund ist, bei vielen Grasfressern aber, wie z. B. den Ziegen, die Form einer Querspalte, bei den nächtlichen Raubthieren dagegen die einer Längsspalte hat und hier auch eine außerordentliche Beweglichkeit besitzt. Das Gehörorgan bietet manche Verschiedenheiten dar. Wir begegnen hier zuerst der Bildung eines eigentlichen äußeren Ohres, welches zwar den im Wasser lebenden oder in der Erde wühlenden Thieren meistens fehlt, bei vielen anderen aber eine Ausbildung und Beweglichkeit besitzt, welche die beim Menschen vorkommende Bildung weit übertreffen. Bei den tauchenden Säugethieren sind gewöhnlich besondere Klappen ausgebildet, welche die Mündung des halb knorpeligen, halb knöcher- nen Gehörganges schließen können. Die Paukenhöhle ist meist ziem- lich groß und oft mit Nebenhöhlen in Verbindung, welche an der Schädelbasis als hohle Knochenblasen hervortreten. An dem inneren
Windungen und Krümmungen der Muſchelbeine außerordentlich ver- mehrt. Die äußere Naſe iſt faſt bei allen Säugethieren weit beweg- licher, als bei dem Menſchen und verlängert ſich bei den Schweinen, dem Goldmaulwurfe, dem Tapir und einigen anderen Thieren zu einem kürzeren, bei den Elephanten zu einem außerordentlich langen Rüſſel, der von dieſem Thiere als äußerſt geſchicktes Taſt- und Greif- organ benutzt wird. Die Augen ſind nur bei einigen in der Erde lebenden Thieren ausnehmend klein, oder ganz unter der Haut ver- ſteckt, während ſie bei den nächtlichen Halbaffen die anſehnlichſte Größe erreichen. Bei vielen ſtehen ſie ſo ſehr auf der Seite, daß die Gegenſtände ſtets nur mit einem Auge erblickt werden können. Nach und nach rücken ſie näher auf die Vorderfläche der Stirn. Zu den beiden bei dem Menſchen vorkommenden Augenliedern geſellt ſich bei faſt allen Säugethieren, mit Ausnahme der Affen und Wale, ein inneres Augenlied oder eine Nickhaut, welche jedoch ſtets den Augapfel nur zum Theile bedecken kann. Im übrigen iſt der Bau des Auges ganz demjenigen des menſchlichen analog und beſondere auffallende Verſchiedenheiten zeigt hauptſächlich nur die Aderhaut und die Iris. Bei erſterer ſieht man nämlich mit Ausnahme der Affen, Kloakenthiere, Nager und Zahnarmen in dem Hintergrunde des Auges eine helle, bald mehr ins Grüne oder Weiße ſchillernde Stelle, welche entweder aus Faſern oder bei den Raubthieren aus Zellen zuſammengeſetzt iſt und die Lichtſtrahlen in Art eines Hohlſpiegels zurückwirft, ſo daß die Augen im Finſteren leuchten. Man hat dieſe eigenthümliche Schicht der Aderhaut das Tapetum genannt. Die Iris zeichnet ſich beſonders durch die verſchiedenen Formen der Pupille aus, die zwar bei den meiſten, wie die menſchliche Pupille, rund iſt, bei vielen Grasfreſſern aber, wie z. B. den Ziegen, die Form einer Querſpalte, bei den nächtlichen Raubthieren dagegen die einer Längsſpalte hat und hier auch eine außerordentliche Beweglichkeit beſitzt. Das Gehörorgan bietet manche Verſchiedenheiten dar. Wir begegnen hier zuerſt der Bildung eines eigentlichen äußeren Ohres, welches zwar den im Waſſer lebenden oder in der Erde wühlenden Thieren meiſtens fehlt, bei vielen anderen aber eine Ausbildung und Beweglichkeit beſitzt, welche die beim Menſchen vorkommende Bildung weit übertreffen. Bei den tauchenden Säugethieren ſind gewöhnlich beſondere Klappen ausgebildet, welche die Mündung des halb knorpeligen, halb knöcher- nen Gehörganges ſchließen können. Die Paukenhöhle iſt meiſt ziem- lich groß und oft mit Nebenhöhlen in Verbindung, welche an der Schädelbaſis als hohle Knochenblaſen hervortreten. An dem inneren
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0413"n="407"/>
Windungen und Krümmungen der Muſchelbeine außerordentlich ver-<lb/>
mehrt. Die äußere Naſe iſt faſt bei allen Säugethieren weit beweg-<lb/>
licher, als bei dem Menſchen und verlängert ſich bei den Schweinen,<lb/>
dem Goldmaulwurfe, dem Tapir und einigen anderen Thieren zu<lb/>
einem kürzeren, bei den Elephanten zu einem außerordentlich langen<lb/>
Rüſſel, der von dieſem Thiere als äußerſt geſchicktes Taſt- und Greif-<lb/>
organ benutzt wird. Die <hirendition="#g">Augen</hi>ſind nur bei einigen in der Erde<lb/>
lebenden Thieren ausnehmend klein, oder ganz unter der Haut ver-<lb/>ſteckt, während ſie bei den nächtlichen Halbaffen die anſehnlichſte<lb/>
Größe erreichen. Bei vielen ſtehen ſie ſo ſehr auf der Seite, daß<lb/>
die Gegenſtände ſtets nur mit einem Auge erblickt werden können.<lb/>
Nach und nach rücken ſie näher auf die Vorderfläche der Stirn. Zu<lb/>
den beiden bei dem Menſchen vorkommenden Augenliedern geſellt ſich<lb/>
bei faſt allen Säugethieren, mit Ausnahme der Affen und Wale, ein<lb/>
inneres Augenlied oder eine Nickhaut, welche jedoch ſtets den Augapfel<lb/>
nur zum Theile bedecken kann. Im übrigen iſt der Bau des Auges<lb/>
ganz demjenigen des menſchlichen analog und beſondere auffallende<lb/>
Verſchiedenheiten zeigt hauptſächlich nur die Aderhaut und die Iris.<lb/>
Bei erſterer ſieht man nämlich mit Ausnahme der Affen, Kloakenthiere,<lb/>
Nager und Zahnarmen in dem Hintergrunde des Auges eine helle,<lb/>
bald mehr ins Grüne oder Weiße ſchillernde Stelle, welche entweder<lb/>
aus Faſern oder bei den Raubthieren aus Zellen zuſammengeſetzt iſt<lb/>
und die Lichtſtrahlen in Art eines Hohlſpiegels zurückwirft, ſo daß<lb/>
die Augen im Finſteren leuchten. Man hat dieſe eigenthümliche Schicht<lb/>
der Aderhaut das Tapetum genannt. Die Iris zeichnet ſich beſonders<lb/>
durch die verſchiedenen Formen der Pupille aus, die zwar bei den<lb/>
meiſten, wie die menſchliche Pupille, rund iſt, bei vielen Grasfreſſern<lb/>
aber, wie z. B. den Ziegen, die Form einer Querſpalte, bei den<lb/>
nächtlichen Raubthieren dagegen die einer Längsſpalte hat und hier<lb/>
auch eine außerordentliche Beweglichkeit beſitzt. Das <hirendition="#g">Gehörorgan</hi><lb/>
bietet manche Verſchiedenheiten dar. Wir begegnen hier zuerſt der<lb/>
Bildung eines eigentlichen äußeren Ohres, welches zwar den im<lb/>
Waſſer lebenden oder in der Erde wühlenden Thieren meiſtens fehlt,<lb/>
bei vielen anderen aber eine Ausbildung und Beweglichkeit beſitzt,<lb/>
welche die beim Menſchen vorkommende Bildung weit übertreffen.<lb/>
Bei den tauchenden Säugethieren ſind gewöhnlich beſondere Klappen<lb/>
ausgebildet, welche die Mündung des halb knorpeligen, halb knöcher-<lb/>
nen Gehörganges ſchließen können. Die Paukenhöhle iſt meiſt ziem-<lb/>
lich groß und oft mit Nebenhöhlen in Verbindung, welche an der<lb/>
Schädelbaſis als hohle Knochenblaſen hervortreten. An dem inneren<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[407/0413]
Windungen und Krümmungen der Muſchelbeine außerordentlich ver-
mehrt. Die äußere Naſe iſt faſt bei allen Säugethieren weit beweg-
licher, als bei dem Menſchen und verlängert ſich bei den Schweinen,
dem Goldmaulwurfe, dem Tapir und einigen anderen Thieren zu
einem kürzeren, bei den Elephanten zu einem außerordentlich langen
Rüſſel, der von dieſem Thiere als äußerſt geſchicktes Taſt- und Greif-
organ benutzt wird. Die Augen ſind nur bei einigen in der Erde
lebenden Thieren ausnehmend klein, oder ganz unter der Haut ver-
ſteckt, während ſie bei den nächtlichen Halbaffen die anſehnlichſte
Größe erreichen. Bei vielen ſtehen ſie ſo ſehr auf der Seite, daß
die Gegenſtände ſtets nur mit einem Auge erblickt werden können.
Nach und nach rücken ſie näher auf die Vorderfläche der Stirn. Zu
den beiden bei dem Menſchen vorkommenden Augenliedern geſellt ſich
bei faſt allen Säugethieren, mit Ausnahme der Affen und Wale, ein
inneres Augenlied oder eine Nickhaut, welche jedoch ſtets den Augapfel
nur zum Theile bedecken kann. Im übrigen iſt der Bau des Auges
ganz demjenigen des menſchlichen analog und beſondere auffallende
Verſchiedenheiten zeigt hauptſächlich nur die Aderhaut und die Iris.
Bei erſterer ſieht man nämlich mit Ausnahme der Affen, Kloakenthiere,
Nager und Zahnarmen in dem Hintergrunde des Auges eine helle,
bald mehr ins Grüne oder Weiße ſchillernde Stelle, welche entweder
aus Faſern oder bei den Raubthieren aus Zellen zuſammengeſetzt iſt
und die Lichtſtrahlen in Art eines Hohlſpiegels zurückwirft, ſo daß
die Augen im Finſteren leuchten. Man hat dieſe eigenthümliche Schicht
der Aderhaut das Tapetum genannt. Die Iris zeichnet ſich beſonders
durch die verſchiedenen Formen der Pupille aus, die zwar bei den
meiſten, wie die menſchliche Pupille, rund iſt, bei vielen Grasfreſſern
aber, wie z. B. den Ziegen, die Form einer Querſpalte, bei den
nächtlichen Raubthieren dagegen die einer Längsſpalte hat und hier
auch eine außerordentliche Beweglichkeit beſitzt. Das Gehörorgan
bietet manche Verſchiedenheiten dar. Wir begegnen hier zuerſt der
Bildung eines eigentlichen äußeren Ohres, welches zwar den im
Waſſer lebenden oder in der Erde wühlenden Thieren meiſtens fehlt,
bei vielen anderen aber eine Ausbildung und Beweglichkeit beſitzt,
welche die beim Menſchen vorkommende Bildung weit übertreffen.
Bei den tauchenden Säugethieren ſind gewöhnlich beſondere Klappen
ausgebildet, welche die Mündung des halb knorpeligen, halb knöcher-
nen Gehörganges ſchließen können. Die Paukenhöhle iſt meiſt ziem-
lich groß und oft mit Nebenhöhlen in Verbindung, welche an der
Schädelbaſis als hohle Knochenblaſen hervortreten. An dem inneren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/413>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.