schließen sich hierdurch, sowie durch die Eigenthümlichkeit ihres Zahn- baues an die Fleischfresser an, denen man sie auch oft als Unterord- nung beigesellt hat. Die Zehen sind meist in der Vollzahl vorhanden, mit scharfen Krallen besetzt und den Vorderfüßen durch die Ausbil- dung eines knöchernen Schlüsselbeines, welches den Raubthieren gänzlich fehlt, eine festere Stützung bei freierer Beweglichkeit verlie- hen. Auch die Bildung des Gehirnes ist wesentlich von derjenigen der Raubthiere verschieden, indem es lang gestreckt, schmal, fast ohne Windungen ist und das kleine Gehirn fast gar nicht bedeckt, während das breite, mit zahlreichen Windungen versehene, große Gehirn der Fleischfresser das kleine Gehirn fast gänzlich überdeckt. Gesicht und Gehör sind meistens nur schwach entwickelt, die Augen bei den in Höhlen lebenden entweder nur ganz rudimentär oder selbst gänzlich vom Felle überzogen; die äußere Ohrmuschel sehr klein, oft selbst gänzlich mangelnd. Ein wesentlicher Unterschied von den Fleischfressern und eine Annäherung an die Nager findet sich in der Struktur der männ- lichen Geschlechtstheile, an denen enorme, oft in ihrer Struktur sehr verwickelte Samenblasen ausgebildet sind, die den Fleischfressern durch- aus fehlen. Die Thiere nähren sich wesentlich nur von Insekten und deren Larven, Würmern, kleineren Reptilien und Amphibien, sind meistens äußerst gefraßig, sonst aber träge in ihren Bewegungen, schlafen meist des Tages über und verfallen gewöhnlich noch in einen Winterschlaf von längerer oder kürzerer Dauer. Wir unterscheiden folgende Familien:
[Abbildung]
Fig. 1440.
Der Maulwurf (Talpa europaea).
Die Familie der Maulwürfe(Talpida) besteht aus einigen Gat- tungen mit spitzem Kopfe, langer rüsselförmiger Schnauze und wurm- förmigem, mehr oder minder gestrecktem Körper, die beständig in Erdhöhlen leben und Gänge graben, um ihrem, aus Würmern und Insektenlarven bestehenden Raube nachzugehen. Die Augen dieser Thiere sind entweder ganz von Haut überzogen oder so klein, daß sie
ſchließen ſich hierdurch, ſowie durch die Eigenthümlichkeit ihres Zahn- baues an die Fleiſchfreſſer an, denen man ſie auch oft als Unterord- nung beigeſellt hat. Die Zehen ſind meiſt in der Vollzahl vorhanden, mit ſcharfen Krallen beſetzt und den Vorderfüßen durch die Ausbil- dung eines knöchernen Schlüſſelbeines, welches den Raubthieren gänzlich fehlt, eine feſtere Stützung bei freierer Beweglichkeit verlie- hen. Auch die Bildung des Gehirnes iſt weſentlich von derjenigen der Raubthiere verſchieden, indem es lang geſtreckt, ſchmal, faſt ohne Windungen iſt und das kleine Gehirn faſt gar nicht bedeckt, während das breite, mit zahlreichen Windungen verſehene, große Gehirn der Fleiſchfreſſer das kleine Gehirn faſt gänzlich überdeckt. Geſicht und Gehör ſind meiſtens nur ſchwach entwickelt, die Augen bei den in Höhlen lebenden entweder nur ganz rudimentär oder ſelbſt gänzlich vom Felle überzogen; die äußere Ohrmuſchel ſehr klein, oft ſelbſt gänzlich mangelnd. Ein weſentlicher Unterſchied von den Fleiſchfreſſern und eine Annäherung an die Nager findet ſich in der Struktur der männ- lichen Geſchlechtstheile, an denen enorme, oft in ihrer Struktur ſehr verwickelte Samenblaſen ausgebildet ſind, die den Fleiſchfreſſern durch- aus fehlen. Die Thiere nähren ſich weſentlich nur von Inſekten und deren Larven, Würmern, kleineren Reptilien und Amphibien, ſind meiſtens äußerſt gefraßig, ſonſt aber träge in ihren Bewegungen, ſchlafen meiſt des Tages über und verfallen gewöhnlich noch in einen Winterſchlaf von längerer oder kürzerer Dauer. Wir unterſcheiden folgende Familien:
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Fig. 1440.
Der Maulwurf (Talpa europaea).
Die Familie der Maulwürfe(Talpida) beſteht aus einigen Gat- tungen mit ſpitzem Kopfe, langer rüſſelförmiger Schnauze und wurm- förmigem, mehr oder minder geſtrecktem Körper, die beſtändig in Erdhöhlen leben und Gänge graben, um ihrem, aus Würmern und Inſektenlarven beſtehenden Raube nachzugehen. Die Augen dieſer Thiere ſind entweder ganz von Haut überzogen oder ſo klein, daß ſie
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ſchließen ſich hierdurch, ſowie durch die Eigenthümlichkeit ihres Zahn-
baues an die Fleiſchfreſſer an, denen man ſie auch oft als Unterord-
nung beigeſellt hat. Die Zehen ſind meiſt in der Vollzahl vorhanden,
mit ſcharfen Krallen beſetzt und den Vorderfüßen durch die Ausbil-
dung eines knöchernen Schlüſſelbeines, welches den Raubthieren
gänzlich fehlt, eine feſtere Stützung bei freierer Beweglichkeit verlie-
hen. Auch die Bildung des Gehirnes iſt weſentlich von derjenigen
der Raubthiere verſchieden, indem es lang geſtreckt, ſchmal, faſt ohne
Windungen iſt und das kleine Gehirn faſt gar nicht bedeckt, während
das breite, mit zahlreichen Windungen verſehene, große Gehirn der
Fleiſchfreſſer das kleine Gehirn faſt gänzlich überdeckt. Geſicht und
Gehör ſind meiſtens nur ſchwach entwickelt, die Augen bei den in
Höhlen lebenden entweder nur ganz rudimentär oder ſelbſt gänzlich
vom Felle überzogen; die äußere Ohrmuſchel ſehr klein, oft ſelbſt gänzlich
mangelnd. Ein weſentlicher Unterſchied von den Fleiſchfreſſern und
eine Annäherung an die Nager findet ſich in der Struktur der männ-
lichen Geſchlechtstheile, an denen enorme, oft in ihrer Struktur ſehr
verwickelte Samenblaſen ausgebildet ſind, die den Fleiſchfreſſern durch-
aus fehlen. Die Thiere nähren ſich weſentlich nur von Inſekten und
deren Larven, Würmern, kleineren Reptilien und Amphibien, ſind
meiſtens äußerſt gefraßig, ſonſt aber träge in ihren Bewegungen,
ſchlafen meiſt des Tages über und verfallen gewöhnlich noch in einen
Winterſchlaf von längerer oder kürzerer Dauer. Wir unterſcheiden
folgende Familien:
[Abbildung Fig. 1440.
Der Maulwurf (Talpa europaea). ]
Die Familie der Maulwürfe (Talpida) beſteht aus einigen Gat-
tungen mit ſpitzem Kopfe, langer rüſſelförmiger Schnauze und wurm-
förmigem, mehr oder minder geſtrecktem Körper, die beſtändig in
Erdhöhlen leben und Gänge graben, um ihrem, aus Würmern und
Inſektenlarven beſtehenden Raube nachzugehen. Die Augen dieſer
Thiere ſind entweder ganz von Haut überzogen oder ſo klein, daß ſie
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/508>, abgerufen am 23.11.2024.
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