Maaß sehr häufig durch bedeutende Backentaschen vermehrt wird, in welchen die Thiere ihre gesammelten Vorräthe nach Hause tragen. Die kleine Mundöffnung befindet sich unter der spitzigen, gewöhnlich mit Schnurrborsten gezierten Schnauze und zeigt sehr häufig die vor- stehenden, scharfen Schneidezähne. Der Schädel ist mehr oder minder cylindrisch, gegen die Schnauze zugespitzt ohne besondere hervorstehende ausgewirkte Leisten, die Jochbeine breit und flach, die Augenhöhle nie- mals gegen die übrigens schwache Schläfengrube abgeschieden. Am auffallendsten ist die Bezahnung; oben wie unten finden sich im Gan- zen nur zwei lange, nach außen gekrümmte einfache Schneidezähne, deren hinterer Theil außerordentlich weit in die Kiefer hineinragt, so daß oft die hohle Wurzel dieser Schneidezähne unter den Backzähnen durchgreift; die nicht sehr harte Substanz dieser Zähne ist auf ihrer Außenfläche und nur auf dieser mit einer außerordentlich festen, oft gelblich gefärbten Schmelzlage überzogen, so daß die hintere Fläche durch das Nagen bei weitem stärker abgenutzt wird und hierdurch den Zähnen, welche aus dem Kiefer heraus beständig nachwachsen, eine meißelartige Zuschärfung stets erhalten bleibt. Hinter diesen außer- ordentlich charakteristischen Schneidezähnen stehen weder Eck- noch Lückenzähne, sondern es folgt eine lange Zahnlücke und dann die dicht geschlossene Reihe der hart an einander gedrängten Backzähne, welche ebenfalls in ihrer Struktur viel Eigenthümliches besitzen. Diese Back- zähne, deren Zahl nie über sechs ansteigt und nicht unter zwei herab- sinkt, haben eine prismatische Gestalt und ermangeln meist einer eigent- lichen Wurzel. Bei manchen Gattungen bilden sie nur einen einfachen Schmelzcylinder, dessen Inhalt mit Zahnsubstanz erfüllt ist, bei ande- ren bildet der Schmelz einfache Falten nach innen, die stets in die Quere gerichtet sind und so harte Rippen darstellen, die bei der vor- und rückwärtsgehenden Bewegung der Kiefer, beim Nagen, zum Zer- malmen der festeren Futtergegenstände sehr förderlich sind; zuweilen werden diese Schmelzfalten äußerst komplizirt und außer der vielfach gewundenen äußeren Schmelzlage sieht man dann noch innerlich auf der abgenutzten Mahlfläche, die stets horizontal ist, einzelne abgeson- derte Schmelzinseln stehen. So groß die Einförmigkeit des Zahnbaues im Allgemeinen ist, so äußerst verschieden sind diese Faltungen der Schmelzsubstanz bei den einzelnen Gattungen und Familien der Nager. Mit diesem Zahnbaue steht in Zusammenhang die Bildung des Ge- lenkhöckers, mittelst dessen der Unterkiefer in der Schläfengrube einge- lenkt ist. Während bei den fleischfressenden Thieren, wo die Bewegung von oben nach unten die wesentlichste ist, dieser Gelenkkopf eine quere
Maaß ſehr häufig durch bedeutende Backentaſchen vermehrt wird, in welchen die Thiere ihre geſammelten Vorräthe nach Hauſe tragen. Die kleine Mundöffnung befindet ſich unter der ſpitzigen, gewöhnlich mit Schnurrborſten gezierten Schnauze und zeigt ſehr häufig die vor- ſtehenden, ſcharfen Schneidezähne. Der Schädel iſt mehr oder minder cylindriſch, gegen die Schnauze zugeſpitzt ohne beſondere hervorſtehende ausgewirkte Leiſten, die Jochbeine breit und flach, die Augenhöhle nie- mals gegen die übrigens ſchwache Schläfengrube abgeſchieden. Am auffallendſten iſt die Bezahnung; oben wie unten finden ſich im Gan- zen nur zwei lange, nach außen gekrümmte einfache Schneidezähne, deren hinterer Theil außerordentlich weit in die Kiefer hineinragt, ſo daß oft die hohle Wurzel dieſer Schneidezähne unter den Backzähnen durchgreift; die nicht ſehr harte Subſtanz dieſer Zähne iſt auf ihrer Außenfläche und nur auf dieſer mit einer außerordentlich feſten, oft gelblich gefärbten Schmelzlage überzogen, ſo daß die hintere Fläche durch das Nagen bei weitem ſtärker abgenutzt wird und hierdurch den Zähnen, welche aus dem Kiefer heraus beſtändig nachwachſen, eine meißelartige Zuſchärfung ſtets erhalten bleibt. Hinter dieſen außer- ordentlich charakteriſtiſchen Schneidezähnen ſtehen weder Eck- noch Lückenzähne, ſondern es folgt eine lange Zahnlücke und dann die dicht geſchloſſene Reihe der hart an einander gedrängten Backzähne, welche ebenfalls in ihrer Struktur viel Eigenthümliches beſitzen. Dieſe Back- zähne, deren Zahl nie über ſechs anſteigt und nicht unter zwei herab- ſinkt, haben eine prismatiſche Geſtalt und ermangeln meiſt einer eigent- lichen Wurzel. Bei manchen Gattungen bilden ſie nur einen einfachen Schmelzcylinder, deſſen Inhalt mit Zahnſubſtanz erfüllt iſt, bei ande- ren bildet der Schmelz einfache Falten nach innen, die ſtets in die Quere gerichtet ſind und ſo harte Rippen darſtellen, die bei der vor- und rückwärtsgehenden Bewegung der Kiefer, beim Nagen, zum Zer- malmen der feſteren Futtergegenſtände ſehr förderlich ſind; zuweilen werden dieſe Schmelzfalten äußerſt komplizirt und außer der vielfach gewundenen äußeren Schmelzlage ſieht man dann noch innerlich auf der abgenutzten Mahlfläche, die ſtets horizontal iſt, einzelne abgeſon- derte Schmelzinſeln ſtehen. So groß die Einförmigkeit des Zahnbaues im Allgemeinen iſt, ſo äußerſt verſchieden ſind dieſe Faltungen der Schmelzſubſtanz bei den einzelnen Gattungen und Familien der Nager. Mit dieſem Zahnbaue ſteht in Zuſammenhang die Bildung des Ge- lenkhöckers, mittelſt deſſen der Unterkiefer in der Schläfengrube einge- lenkt iſt. Während bei den fleiſchfreſſenden Thieren, wo die Bewegung von oben nach unten die weſentlichſte iſt, dieſer Gelenkkopf eine quere
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Maaß ſehr häufig durch bedeutende Backentaſchen vermehrt wird, in
welchen die Thiere ihre geſammelten Vorräthe nach Hauſe tragen.
Die kleine Mundöffnung befindet ſich unter der ſpitzigen, gewöhnlich
mit Schnurrborſten gezierten Schnauze und zeigt ſehr häufig die vor-
ſtehenden, ſcharfen Schneidezähne. Der Schädel iſt mehr oder minder
cylindriſch, gegen die Schnauze zugeſpitzt ohne beſondere hervorſtehende
ausgewirkte Leiſten, die Jochbeine breit und flach, die Augenhöhle nie-
mals gegen die übrigens ſchwache Schläfengrube abgeſchieden. Am
auffallendſten iſt die Bezahnung; oben wie unten finden ſich im Gan-
zen nur zwei lange, nach außen gekrümmte einfache Schneidezähne,
deren hinterer Theil außerordentlich weit in die Kiefer hineinragt, ſo
daß oft die hohle Wurzel dieſer Schneidezähne unter den Backzähnen
durchgreift; die nicht ſehr harte Subſtanz dieſer Zähne iſt auf ihrer
Außenfläche und nur auf dieſer mit einer außerordentlich feſten, oft
gelblich gefärbten Schmelzlage überzogen, ſo daß die hintere Fläche
durch das Nagen bei weitem ſtärker abgenutzt wird und hierdurch den
Zähnen, welche aus dem Kiefer heraus beſtändig nachwachſen, eine
meißelartige Zuſchärfung ſtets erhalten bleibt. Hinter dieſen außer-
ordentlich charakteriſtiſchen Schneidezähnen ſtehen weder Eck- noch
Lückenzähne, ſondern es folgt eine lange Zahnlücke und dann die dicht
geſchloſſene Reihe der hart an einander gedrängten Backzähne, welche
ebenfalls in ihrer Struktur viel Eigenthümliches beſitzen. Dieſe Back-
zähne, deren Zahl nie über ſechs anſteigt und nicht unter zwei herab-
ſinkt, haben eine prismatiſche Geſtalt und ermangeln meiſt einer eigent-
lichen Wurzel. Bei manchen Gattungen bilden ſie nur einen einfachen
Schmelzcylinder, deſſen Inhalt mit Zahnſubſtanz erfüllt iſt, bei ande-
ren bildet der Schmelz einfache Falten nach innen, die ſtets in die
Quere gerichtet ſind und ſo harte Rippen darſtellen, die bei der vor-
und rückwärtsgehenden Bewegung der Kiefer, beim Nagen, zum Zer-
malmen der feſteren Futtergegenſtände ſehr förderlich ſind; zuweilen
werden dieſe Schmelzfalten äußerſt komplizirt und außer der vielfach
gewundenen äußeren Schmelzlage ſieht man dann noch innerlich auf
der abgenutzten Mahlfläche, die ſtets horizontal iſt, einzelne abgeſon-
derte Schmelzinſeln ſtehen. So groß die Einförmigkeit des Zahnbaues
im Allgemeinen iſt, ſo äußerſt verſchieden ſind dieſe Faltungen der
Schmelzſubſtanz bei den einzelnen Gattungen und Familien der Nager.
Mit dieſem Zahnbaue ſteht in Zuſammenhang die Bildung des Ge-
lenkhöckers, mittelſt deſſen der Unterkiefer in der Schläfengrube einge-
lenkt iſt. Während bei den fleiſchfreſſenden Thieren, wo die Bewegung
von oben nach unten die weſentlichſte iſt, dieſer Gelenkkopf eine quere
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/518>, abgerufen am 24.11.2024.
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