Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.- wie nur eine Geliebte von einer Biene könnte behandelt werden. Die telegraphische Kunde: "Ihre Majestät haben geruht sich zu vermählen" läuft mit Windeseile durch den Stock, und bald sieht man überall nur Arbeiter, welche sich den lebhaftesten Freudenbezeugungen hingeben. Die Art und Weise, wie sie dieß thun, ist freilich sonderbar. Mit den sechs Füßen klammern sie sich fest an den Boden, stecken den Kopf zwischen die Vorderfüße und heben den Hinterleib senkrecht in die Höhe, indem sie den Stachel herausstrecken und in feinem Tone mit den Flügeln summen. So wandelt die Königin durch Spaliere von Arbeitern, die das Bajonnet präsentiren, bis zu ihrer Zelle. Sonderbar! die so monarchische Biene schätzt nur eine Herrscherin, welche ihrem Berufe, Kinder zu zeugen, auch nachkommen kann. So lange die Königin ihre Brautfahrt noch nicht gemacht hat, bekümmern sich die Arbeiter fast nicht um sie - nach dieser Brautfahrt aber ist sie Gegenstand der Verehrung des ganzen Volkes. Denn nun ist sie auch wirklich die Verkörperung des ganzen Volkes, dessen Zukunft sie in ihrem Innern birgt. Was ist auch ein Herrscher ohne Kinder für das konstitutionelle System anders, als eine Anomalie, ein konkreter Gegensatz? Das konstitutionelle System kennt keine Persönlichkeit des Herrschers - die bestimmende Person des Absolutismus ist in ihm zu einem durchaus willenlosen, unvernünftigen Gedankenwesen abgeschwächt, das nur als Spitze des Systemes, nicht als Person einen Werth hat. Wäre diese Spitze ewig, der konstitutionelle Staat würde sie unwandelbar behalten - da sie aber in ein sterbliches Wesen gleichsam gesteckt ist, so findet dieses nur dann Geltung, wenn es sich in Nachkommen fortpflanzen kann. Die Bienen sind konsequente Konstitutionelle - – wie nur eine Geliebte von einer Biene könnte behandelt werden. Die telegraphische Kunde: „Ihre Majestät haben geruht sich zu vermählen“ läuft mit Windeseile durch den Stock, und bald sieht man überall nur Arbeiter, welche sich den lebhaftesten Freudenbezeugungen hingeben. Die Art und Weise, wie sie dieß thun, ist freilich sonderbar. Mit den sechs Füßen klammern sie sich fest an den Boden, stecken den Kopf zwischen die Vorderfüße und heben den Hinterleib senkrecht in die Höhe, indem sie den Stachel herausstrecken und in feinem Tone mit den Flügeln summen. So wandelt die Königin durch Spaliere von Arbeitern, die das Bajonnet präsentiren, bis zu ihrer Zelle. Sonderbar! die so monarchische Biene schätzt nur eine Herrscherin, welche ihrem Berufe, Kinder zu zeugen, auch nachkommen kann. So lange die Königin ihre Brautfahrt noch nicht gemacht hat, bekümmern sich die Arbeiter fast nicht um sie – nach dieser Brautfahrt aber ist sie Gegenstand der Verehrung des ganzen Volkes. Denn nun ist sie auch wirklich die Verkörperung des ganzen Volkes, dessen Zukunft sie in ihrem Innern birgt. Was ist auch ein Herrscher ohne Kinder für das konstitutionelle System anders, als eine Anomalie, ein konkreter Gegensatz? Das konstitutionelle System kennt keine Persönlichkeit des Herrschers – die bestimmende Person des Absolutismus ist in ihm zu einem durchaus willenlosen, unvernünftigen Gedankenwesen abgeschwächt, das nur als Spitze des Systemes, nicht als Person einen Werth hat. Wäre diese Spitze ewig, der konstitutionelle Staat würde sie unwandelbar behalten – da sie aber in ein sterbliches Wesen gleichsam gesteckt ist, so findet dieses nur dann Geltung, wenn es sich in Nachkommen fortpflanzen kann. Die Bienen sind konsequente Konstitutionelle – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0124" n="98"/> – wie nur eine Geliebte von einer Biene könnte behandelt werden. Die telegraphische Kunde: „Ihre Majestät haben geruht sich zu vermählen“ läuft mit Windeseile durch den Stock, und bald sieht man überall nur Arbeiter, welche sich den lebhaftesten Freudenbezeugungen hingeben. Die Art und Weise, wie sie dieß thun, ist freilich sonderbar. Mit den sechs Füßen klammern sie sich fest an den Boden, stecken den Kopf zwischen die Vorderfüße und heben den Hinterleib senkrecht in die Höhe, indem sie den Stachel herausstrecken und in feinem Tone mit den Flügeln summen. So wandelt die Königin durch Spaliere von Arbeitern, die das Bajonnet präsentiren, bis zu ihrer Zelle.</p> <p>Sonderbar! die so monarchische Biene schätzt nur eine Herrscherin, welche ihrem Berufe, Kinder zu zeugen, auch nachkommen kann. So lange die Königin ihre Brautfahrt noch nicht gemacht hat, bekümmern sich die Arbeiter fast nicht um sie – nach dieser Brautfahrt aber ist sie Gegenstand der Verehrung des ganzen Volkes. Denn nun ist sie auch wirklich die Verkörperung des ganzen Volkes, dessen Zukunft sie in ihrem Innern birgt. Was ist auch ein Herrscher ohne Kinder für das konstitutionelle System anders, als eine Anomalie, ein konkreter Gegensatz? Das konstitutionelle System kennt keine Persönlichkeit des Herrschers – die bestimmende Person des Absolutismus ist in ihm zu einem durchaus willenlosen, unvernünftigen Gedankenwesen abgeschwächt, das nur als Spitze des Systemes, nicht als Person einen Werth hat. Wäre diese Spitze ewig, der konstitutionelle Staat würde sie unwandelbar behalten – da sie aber in ein sterbliches Wesen gleichsam gesteckt ist, so findet dieses nur dann Geltung, wenn es sich in Nachkommen fortpflanzen kann. Die Bienen sind konsequente Konstitutionelle – </p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0124]
– wie nur eine Geliebte von einer Biene könnte behandelt werden. Die telegraphische Kunde: „Ihre Majestät haben geruht sich zu vermählen“ läuft mit Windeseile durch den Stock, und bald sieht man überall nur Arbeiter, welche sich den lebhaftesten Freudenbezeugungen hingeben. Die Art und Weise, wie sie dieß thun, ist freilich sonderbar. Mit den sechs Füßen klammern sie sich fest an den Boden, stecken den Kopf zwischen die Vorderfüße und heben den Hinterleib senkrecht in die Höhe, indem sie den Stachel herausstrecken und in feinem Tone mit den Flügeln summen. So wandelt die Königin durch Spaliere von Arbeitern, die das Bajonnet präsentiren, bis zu ihrer Zelle.
Sonderbar! die so monarchische Biene schätzt nur eine Herrscherin, welche ihrem Berufe, Kinder zu zeugen, auch nachkommen kann. So lange die Königin ihre Brautfahrt noch nicht gemacht hat, bekümmern sich die Arbeiter fast nicht um sie – nach dieser Brautfahrt aber ist sie Gegenstand der Verehrung des ganzen Volkes. Denn nun ist sie auch wirklich die Verkörperung des ganzen Volkes, dessen Zukunft sie in ihrem Innern birgt. Was ist auch ein Herrscher ohne Kinder für das konstitutionelle System anders, als eine Anomalie, ein konkreter Gegensatz? Das konstitutionelle System kennt keine Persönlichkeit des Herrschers – die bestimmende Person des Absolutismus ist in ihm zu einem durchaus willenlosen, unvernünftigen Gedankenwesen abgeschwächt, das nur als Spitze des Systemes, nicht als Person einen Werth hat. Wäre diese Spitze ewig, der konstitutionelle Staat würde sie unwandelbar behalten – da sie aber in ein sterbliches Wesen gleichsam gesteckt ist, so findet dieses nur dann Geltung, wenn es sich in Nachkommen fortpflanzen kann. Die Bienen sind konsequente Konstitutionelle –
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |