Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.zu erziehen, Proletarier wie sie, Unterthanen, welche nur dazu geschaffen scheinen, eine faule, nichtarbeitende Adelsklasse und eine grausame, herrschsüchtige Monarchin zu ernähren! So wirkt, bei den Thieren und speciell bei den Bienen, die Niederhaltung jener unterdrückten Arbeiterkaste auf das Gemüth der Paria's ein, daß sie den Gedanken, aus solch' elendem Leben wenigstens die Nachkommenschaft zu retten, nicht zu fassen vermögen; daß sie glauben, die Jungen müßten wieder Arbeiter werden, weil sie selbst Arbeiter sind. Entsetzliches Beispiel, wie weit die Verdummung, die geistige Knechtung der niederen Klassen durch die Existenz bevorzugter Stande getrieben werden kann. Aber auch ein Beweis für die Wahrheit des Satzes, daß das Proletariat nicht geboren, sondern daß es erzogen werde. Königin und Arbeiterin, Herrscherin und Proletarierin sind bei der Geburt einander vollkommen gleich - die Eier, aus welchen sie schlüpfen, stehen durchaus auf derselben Stufe der Ausbildung; die Würmchen, welche aus den Eiern hervorgehen, sind in den ersten drei Tagen in Nichts von einander verschieden. Aber die Eier der königlichen Familie werden in wohlverwahrte, weite Räume, in große Zellen gebracht, mit unendlicher Emsigkeit gepflegt, die jungen Würmchen mit ausgesuchter Nahrung gefüttert, von besonderen Wartfrauen erzogen und gereinigt. Die Proletariereier dagegen werden in enge, dünnwandige Zellen gestopft, die Würmchen kärglich gefüttert, wenig besorgt, niemals gereinigt - ist es ein Wunder, daß hier Proletarierinnen, dort Königinnen erzeugt werden? Es kommt vor, daß Proletariereier in königliche Zellen gelegt, als Königinnen gewartet, genährt, erzogen werden - es gehen Königinnen aus ihnen hervor. Während der ersten drei zu erziehen, Proletarier wie sie, Unterthanen, welche nur dazu geschaffen scheinen, eine faule, nichtarbeitende Adelsklasse und eine grausame, herrschsüchtige Monarchin zu ernähren! So wirkt, bei den Thieren und speciell bei den Bienen, die Niederhaltung jener unterdrückten Arbeiterkaste auf das Gemüth der Paria’s ein, daß sie den Gedanken, aus solch’ elendem Leben wenigstens die Nachkommenschaft zu retten, nicht zu fassen vermögen; daß sie glauben, die Jungen müßten wieder Arbeiter werden, weil sie selbst Arbeiter sind. Entsetzliches Beispiel, wie weit die Verdummung, die geistige Knechtung der niederen Klassen durch die Existenz bevorzugter Stande getrieben werden kann. Aber auch ein Beweis für die Wahrheit des Satzes, daß das Proletariat nicht geboren, sondern daß es erzogen werde. Königin und Arbeiterin, Herrscherin und Proletarierin sind bei der Geburt einander vollkommen gleich – die Eier, aus welchen sie schlüpfen, stehen durchaus auf derselben Stufe der Ausbildung; die Würmchen, welche aus den Eiern hervorgehen, sind in den ersten drei Tagen in Nichts von einander verschieden. Aber die Eier der königlichen Familie werden in wohlverwahrte, weite Räume, in große Zellen gebracht, mit unendlicher Emsigkeit gepflegt, die jungen Würmchen mit ausgesuchter Nahrung gefüttert, von besonderen Wartfrauen erzogen und gereinigt. Die Proletariereier dagegen werden in enge, dünnwandige Zellen gestopft, die Würmchen kärglich gefüttert, wenig besorgt, niemals gereinigt – ist es ein Wunder, daß hier Proletarierinnen, dort Königinnen erzeugt werden? Es kommt vor, daß Proletariereier in königliche Zellen gelegt, als Königinnen gewartet, genährt, erzogen werden – es gehen Königinnen aus ihnen hervor. Während der ersten drei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="48"/> zu erziehen, Proletarier wie sie, Unterthanen, welche nur dazu geschaffen scheinen, eine faule, nichtarbeitende Adelsklasse und eine grausame, herrschsüchtige Monarchin zu ernähren! So wirkt, bei den Thieren und speciell bei den Bienen, die Niederhaltung jener unterdrückten Arbeiterkaste auf das Gemüth der Paria’s ein, daß sie den Gedanken, aus solch’ elendem Leben wenigstens die Nachkommenschaft zu retten, nicht zu fassen vermögen; daß sie glauben, die Jungen müßten wieder Arbeiter werden, weil sie selbst Arbeiter sind. Entsetzliches Beispiel, wie weit die Verdummung, die geistige Knechtung der niederen Klassen durch die Existenz bevorzugter Stande getrieben werden kann.</p> <p>Aber auch ein Beweis für die Wahrheit des Satzes, daß das Proletariat nicht geboren, sondern daß es erzogen werde. Königin und Arbeiterin, Herrscherin und Proletarierin sind bei der Geburt einander vollkommen gleich – die Eier, aus welchen sie schlüpfen, stehen durchaus auf derselben Stufe der Ausbildung; die Würmchen, welche aus den Eiern hervorgehen, sind in den ersten drei Tagen in Nichts von einander verschieden. Aber die Eier der königlichen Familie werden in wohlverwahrte, weite Räume, in große Zellen gebracht, mit unendlicher Emsigkeit gepflegt, die jungen Würmchen mit ausgesuchter Nahrung gefüttert, von besonderen Wartfrauen erzogen und gereinigt. Die Proletariereier dagegen werden in enge, dünnwandige Zellen gestopft, die Würmchen kärglich gefüttert, wenig besorgt, niemals gereinigt – ist es ein Wunder, daß hier Proletarierinnen, dort Königinnen erzeugt werden? Es kommt vor, daß Proletariereier in königliche Zellen gelegt, als Königinnen gewartet, genährt, erzogen werden – es gehen Königinnen aus ihnen hervor. Während der ersten drei </p> </div> </body> </text> </TEI> [48/0074]
zu erziehen, Proletarier wie sie, Unterthanen, welche nur dazu geschaffen scheinen, eine faule, nichtarbeitende Adelsklasse und eine grausame, herrschsüchtige Monarchin zu ernähren! So wirkt, bei den Thieren und speciell bei den Bienen, die Niederhaltung jener unterdrückten Arbeiterkaste auf das Gemüth der Paria’s ein, daß sie den Gedanken, aus solch’ elendem Leben wenigstens die Nachkommenschaft zu retten, nicht zu fassen vermögen; daß sie glauben, die Jungen müßten wieder Arbeiter werden, weil sie selbst Arbeiter sind. Entsetzliches Beispiel, wie weit die Verdummung, die geistige Knechtung der niederen Klassen durch die Existenz bevorzugter Stande getrieben werden kann.
Aber auch ein Beweis für die Wahrheit des Satzes, daß das Proletariat nicht geboren, sondern daß es erzogen werde. Königin und Arbeiterin, Herrscherin und Proletarierin sind bei der Geburt einander vollkommen gleich – die Eier, aus welchen sie schlüpfen, stehen durchaus auf derselben Stufe der Ausbildung; die Würmchen, welche aus den Eiern hervorgehen, sind in den ersten drei Tagen in Nichts von einander verschieden. Aber die Eier der königlichen Familie werden in wohlverwahrte, weite Räume, in große Zellen gebracht, mit unendlicher Emsigkeit gepflegt, die jungen Würmchen mit ausgesuchter Nahrung gefüttert, von besonderen Wartfrauen erzogen und gereinigt. Die Proletariereier dagegen werden in enge, dünnwandige Zellen gestopft, die Würmchen kärglich gefüttert, wenig besorgt, niemals gereinigt – ist es ein Wunder, daß hier Proletarierinnen, dort Königinnen erzeugt werden? Es kommt vor, daß Proletariereier in königliche Zellen gelegt, als Königinnen gewartet, genährt, erzogen werden – es gehen Königinnen aus ihnen hervor. Während der ersten drei
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