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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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D.

Daboi, eine von den Widahs in Africa göttlich verehrte Schlange; sie wird von Jungfrauen gepflegt, welche, als ihre Priesterinnen, so wie die Göttin selbst, grossen Ansehens geniessen.


Dactyli Idaei (Gr. M.), Dämonen, denen in Vorderasien, besonders am trojanischen Berge Ida, die erste Erfindung der Metallarbeit und eben damit ein hohes Verdienst um die früheste Cultur der Menschheit zugeschrieben und göttliche Verehrung erwiesen wurde. Die Spuren des Glaubens an sie weisen in ein Alter zurück, das man die Dämmerung der griechischen Mythologie in ihrem Uebergang aus dem Morgen- in's Abendland nennen könnte. Schon zur Zeit der Blüthe der griechischen und römischen Wissenschaft und Kunst kannte man weder ihren Ursprung, noch ihre eigentliche Bedeutung; man vermuthete nur, dass sie von dem Berg Ida und von der Fingergeschicklichkeit (daktylos heisst im Griechischen Finger) den Namen erhalten; man erzählte, dass sie am Ida gewohnt, durch einen Waldbrand Eisenminen entdeckte und durch eben dieses Feuer das Erz bearbeiten gelernt hätten. Zahl und Namen der einzelnen variiren zwischen 10 und 100.


Daedae Taengri (Tübet. M.), ein erhabenes Geistergeschlecht, welches schon vor Schöpfung der sichtbaren Welt existirte, unsterblich war, doch durch die Schaffung der Welt ein Lebensziel erhielt, ohne eigentlich den Gesetzen des Todes unterworfen zu sein. Es waren nun unendlich viele, welche dieses Ziel in der sichtbaren Welt erreicht hatten, und doch nicht starben; unzufrieden mit ihrem zweifelhaften Geschick, erhoben sie sich von ihren Thronen und schwebten in den Himmeln umher, bis sie in das Reich der assurischen Geister kamen; diese waren unter sich stets in Uneinigkeit, und das Erscheinen der D. T. verstärkte eine der Parteien in dem Geisterreiche, worauf ein Krieg ausbrach, welcher mehrere Millionen Jahre dauerte.


Fig. 89.
Fig. 90.

Daedale (Gr. M.), Tochter der Metis, Amme oder Erzieherin der Minerva, welche Jupiter, nachdem er die Göttin aus seinem Haupte geboren, dieser Frau übergab, die wegen ihrer Klugheit und Kunstgeschicklichkeit allgemein geehrt war.


Daedalion (Gr. M.), Sohn des Lucifer, vermählt mit einer Nymphe des Parnass, welche ihm die Chione gebar, die in einem Liebesverhältniss mit Apollo und zugleich mit Mercur stand. D. endete sein Leben gewaltsam, indem er sich von einem Felsen des Parnass herabstürzte, weil Diana seine Tochter getödtet hatte, da diese, von zweien Göttern geliebt, sich rühmte, schöner zu sein, als die Göttin, Apollo aber verwandelte den D. im Sturze in einen Habicht.


Daedalus, Fig. 89. 90. (Gr. M.), ein Athener aus königlichem Stamm, Zeitgenosse des Theseus, Sohn des Eupalamus und der Alcippe, Vater des Icarus, der älteste Meister in Bildhauerei und Baukunst, überdiess Erfinder zahlreicher nützlicher Werkzeuge. Seine Bildsäulen waren aus Holz geschnitzt, und man sagte sogar, dass sie gehen konnten, was wohl nur darauf deutet, dass er sie mit frei entwickelten Gliedern bildete, während man früher nur hermenartige Bildsäulen hatte, deren Hände und Füsse eng an den Leib schlossen. Sein Schwestersohn, Talus, von ihm unterrichtet, zeigte noch mehr Erfindungs-Gabe als der Lehrer selbst, erfand die Töpferscheibe, das Drechseleisen, und erweckte damit den Neid des Oheims, welcher ihn ermordete und eben begraben wollte, wobei er jedoch überrascht, des Mordes angeklagt und vom Areopag dessen schuldig befunden wurde. Er entfloh zuerst in den attischen Flecken, welcher von ihm den Namen des dädalischen empfing, und dann nach Creta zu Minos, dessen Freund er bald wurde. Er verfertigte dort viele Kunstwerke, unter andern die berühmte hölzerne Kuh der Pasiphäe, durch welche diese letztere den Minotaurus empfing, für welchen D. nun das Labyrinth baute. Als Minos erfuhr, D. habe seiner Tochter Ariadne den Rath gegeben, den Theseus mit jenem Faden-Knäuel zu versehen, durch den er den Rückweg aus dem Labyrinth fand, setzte er ihn und seinen Sohn Icarus gefangen. Nun verfertigte D. für sich und seinen Sohn Flügel von Federn, die er mit Wachs in hölzerne Gerippe einsetzte, und entwich so durch die Luft, gewiss, dass ihm Niemand nachfolgen könne. Sein Sohn flog in jugendlichem


D.

Daboi, eine von den Widahs in Africa göttlich verehrte Schlange; sie wird von Jungfrauen gepflegt, welche, als ihre Priesterinnen, so wie die Göttin selbst, grossen Ansehens geniessen.


Dactyli Idaei (Gr. M.), Dämonen, denen in Vorderasien, besonders am trojanischen Berge Ida, die erste Erfindung der Metallarbeit und eben damit ein hohes Verdienst um die früheste Cultur der Menschheit zugeschrieben und göttliche Verehrung erwiesen wurde. Die Spuren des Glaubens an sie weisen in ein Alter zurück, das man die Dämmerung der griechischen Mythologie in ihrem Uebergang aus dem Morgen- in's Abendland nennen könnte. Schon zur Zeit der Blüthe der griechischen und römischen Wissenschaft und Kunst kannte man weder ihren Ursprung, noch ihre eigentliche Bedeutung; man vermuthete nur, dass sie von dem Berg Ida und von der Fingergeschicklichkeit (daktylos heisst im Griechischen Finger) den Namen erhalten; man erzählte, dass sie am Ida gewohnt, durch einen Waldbrand Eisenminen entdeckte und durch eben dieses Feuer das Erz bearbeiten gelernt hätten. Zahl und Namen der einzelnen variiren zwischen 10 und 100.


Daedae Taengri (Tübet. M.), ein erhabenes Geistergeschlecht, welches schon vor Schöpfung der sichtbaren Welt existirte, unsterblich war, doch durch die Schaffung der Welt ein Lebensziel erhielt, ohne eigentlich den Gesetzen des Todes unterworfen zu sein. Es waren nun unendlich viele, welche dieses Ziel in der sichtbaren Welt erreicht hatten, und doch nicht starben; unzufrieden mit ihrem zweifelhaften Geschick, erhoben sie sich von ihren Thronen und schwebten in den Himmeln umher, bis sie in das Reich der assurischen Geister kamen; diese waren unter sich stets in Uneinigkeit, und das Erscheinen der D. T. verstärkte eine der Parteien in dem Geisterreiche, worauf ein Krieg ausbrach, welcher mehrere Millionen Jahre dauerte.


Fig. 89.
Fig. 90.

Daedale (Gr. M.), Tochter der Metis, Amme oder Erzieherin der Minerva, welche Jupiter, nachdem er die Göttin aus seinem Haupte geboren, dieser Frau übergab, die wegen ihrer Klugheit und Kunstgeschicklichkeit allgemein geehrt war.


Daedalion (Gr. M.), Sohn des Lucifer, vermählt mit einer Nymphe des Parnass, welche ihm die Chione gebar, die in einem Liebesverhältniss mit Apollo und zugleich mit Mercur stand. D. endete sein Leben gewaltsam, indem er sich von einem Felsen des Parnass herabstürzte, weil Diana seine Tochter getödtet hatte, da diese, von zweien Göttern geliebt, sich rühmte, schöner zu sein, als die Göttin, Apollo aber verwandelte den D. im Sturze in einen Habicht.


Daedalus, Fig. 89. 90. (Gr. M.), ein Athener aus königlichem Stamm, Zeitgenosse des Theseus, Sohn des Eupalamus und der Alcippe, Vater des Icarus, der älteste Meister in Bildhauerei und Baukunst, überdiess Erfinder zahlreicher nützlicher Werkzeuge. Seine Bildsäulen waren aus Holz geschnitzt, und man sagte sogar, dass sie gehen konnten, was wohl nur darauf deutet, dass er sie mit frei entwickelten Gliedern bildete, während man früher nur hermenartige Bildsäulen hatte, deren Hände und Füsse eng an den Leib schlossen. Sein Schwestersohn, Talus, von ihm unterrichtet, zeigte noch mehr Erfindungs-Gabe als der Lehrer selbst, erfand die Töpferscheibe, das Drechseleisen, und erweckte damit den Neid des Oheims, welcher ihn ermordete und eben begraben wollte, wobei er jedoch überrascht, des Mordes angeklagt und vom Areopag dessen schuldig befunden wurde. Er entfloh zuerst in den attischen Flecken, welcher von ihm den Namen des dädalischen empfing, und dann nach Creta zu Minos, dessen Freund er bald wurde. Er verfertigte dort viele Kunstwerke, unter andern die berühmte hölzerne Kuh der Pasiphäe, durch welche diese letztere den Minotaurus empfing, für welchen D. nun das Labyrinth baute. Als Minos erfuhr, D. habe seiner Tochter Ariadne den Rath gegeben, den Theseus mit jenem Faden-Knäuel zu versehen, durch den er den Rückweg aus dem Labyrinth fand, setzte er ihn und seinen Sohn Icarus gefangen. Nun verfertigte D. für sich und seinen Sohn Flügel von Federn, die er mit Wachs in hölzerne Gerippe einsetzte, und entwich so durch die Luft, gewiss, dass ihm Niemand nachfolgen könne. Sein Sohn flog in jugendlichem

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[154/0224] D. Daboi, eine von den Widahs in Africa göttlich verehrte Schlange; sie wird von Jungfrauen gepflegt, welche, als ihre Priesterinnen, so wie die Göttin selbst, grossen Ansehens geniessen. Dactyli Idaei (Gr. M.), Dämonen, denen in Vorderasien, besonders am trojanischen Berge Ida, die erste Erfindung der Metallarbeit und eben damit ein hohes Verdienst um die früheste Cultur der Menschheit zugeschrieben und göttliche Verehrung erwiesen wurde. Die Spuren des Glaubens an sie weisen in ein Alter zurück, das man die Dämmerung der griechischen Mythologie in ihrem Uebergang aus dem Morgen- in's Abendland nennen könnte. Schon zur Zeit der Blüthe der griechischen und römischen Wissenschaft und Kunst kannte man weder ihren Ursprung, noch ihre eigentliche Bedeutung; man vermuthete nur, dass sie von dem Berg Ida und von der Fingergeschicklichkeit (daktylos heisst im Griechischen Finger) den Namen erhalten; man erzählte, dass sie am Ida gewohnt, durch einen Waldbrand Eisenminen entdeckte und durch eben dieses Feuer das Erz bearbeiten gelernt hätten. Zahl und Namen der einzelnen variiren zwischen 10 und 100. Daedae Taengri (Tübet. M.), ein erhabenes Geistergeschlecht, welches schon vor Schöpfung der sichtbaren Welt existirte, unsterblich war, doch durch die Schaffung der Welt ein Lebensziel erhielt, ohne eigentlich den Gesetzen des Todes unterworfen zu sein. Es waren nun unendlich viele, welche dieses Ziel in der sichtbaren Welt erreicht hatten, und doch nicht starben; unzufrieden mit ihrem zweifelhaften Geschick, erhoben sie sich von ihren Thronen und schwebten in den Himmeln umher, bis sie in das Reich der assurischen Geister kamen; diese waren unter sich stets in Uneinigkeit, und das Erscheinen der D. T. verstärkte eine der Parteien in dem Geisterreiche, worauf ein Krieg ausbrach, welcher mehrere Millionen Jahre dauerte. [Abbildung Fig. 89. ] [Abbildung Fig. 90. ] Daedale (Gr. M.), Tochter der Metis, Amme oder Erzieherin der Minerva, welche Jupiter, nachdem er die Göttin aus seinem Haupte geboren, dieser Frau übergab, die wegen ihrer Klugheit und Kunstgeschicklichkeit allgemein geehrt war. Daedalion (Gr. M.), Sohn des Lucifer, vermählt mit einer Nymphe des Parnass, welche ihm die Chione gebar, die in einem Liebesverhältniss mit Apollo und zugleich mit Mercur stand. D. endete sein Leben gewaltsam, indem er sich von einem Felsen des Parnass herabstürzte, weil Diana seine Tochter getödtet hatte, da diese, von zweien Göttern geliebt, sich rühmte, schöner zu sein, als die Göttin, Apollo aber verwandelte den D. im Sturze in einen Habicht. Daedalus, Fig. 89. 90. (Gr. M.), ein Athener aus königlichem Stamm, Zeitgenosse des Theseus, Sohn des Eupalamus und der Alcippe, Vater des Icarus, der älteste Meister in Bildhauerei und Baukunst, überdiess Erfinder zahlreicher nützlicher Werkzeuge. Seine Bildsäulen waren aus Holz geschnitzt, und man sagte sogar, dass sie gehen konnten, was wohl nur darauf deutet, dass er sie mit frei entwickelten Gliedern bildete, während man früher nur hermenartige Bildsäulen hatte, deren Hände und Füsse eng an den Leib schlossen. Sein Schwestersohn, Talus, von ihm unterrichtet, zeigte noch mehr Erfindungs-Gabe als der Lehrer selbst, erfand die Töpferscheibe, das Drechseleisen, und erweckte damit den Neid des Oheims, welcher ihn ermordete und eben begraben wollte, wobei er jedoch überrascht, des Mordes angeklagt und vom Areopag dessen schuldig befunden wurde. Er entfloh zuerst in den attischen Flecken, welcher von ihm den Namen des dädalischen empfing, und dann nach Creta zu Minos, dessen Freund er bald wurde. Er verfertigte dort viele Kunstwerke, unter andern die berühmte hölzerne Kuh der Pasiphäe, durch welche diese letztere den Minotaurus empfing, für welchen D. nun das Labyrinth baute. Als Minos erfuhr, D. habe seiner Tochter Ariadne den Rath gegeben, den Theseus mit jenem Faden-Knäuel zu versehen, durch den er den Rückweg aus dem Labyrinth fand, setzte er ihn und seinen Sohn Icarus gefangen. Nun verfertigte D. für sich und seinen Sohn Flügel von Federn, die er mit Wachs in hölzerne Gerippe einsetzte, und entwich so durch die Luft, gewiss, dass ihm Niemand nachfolgen könne. Sein Sohn flog in jugendlichem

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/224>, abgerufen am 23.11.2024.