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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Fig. 104.
von ihren Liebhabern verlangen, weil sie sonst keine unsterbliche Seele bekommen. Bei heiterer Luft kommen sie gerne hervor und baden sich im Sonnenschein, doch die eigentliche Zeit ihres Erscheinens ist nach Sonnenuntergang, besonders in heiteren, sommerlauen Mondnächten; dann tauchen sie oft in ganzen fröhlichen Schaaren auf, um ihren Freuden nachzuhängen und jede ausgelassene Lust sich zu erlauben. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist der Tanz; mit diesem bringen sie ganze Nächte zu, und wo auf einer Wiese ein Kreis von E. sich gedreht hat, da wächst das Gras grüner, frischer und üppiger hervor. Wenn man zur Nachtzeit bei Vollmondschein in einen solchen Kreis tritt, so sieht man die E. um sich her tanzen, und wird dann gewöhnlich für den Frevel tüchtig geneckt; eben so, wenn man zufällig in einem solchen Kreise schläft, was Schnittern, Landleuten manchmal begegnet. Die E.männchen tragen leichte Kappen, welche sie unsichtbar machen; vermag man sich eine solche zu verschaffen, so sieht man auch ihre Tänze. Ein solcher Moment ist auf unserem Bilde dargestellt. Man denkt sich nun die E. zum Theil nur einen Zoll hoch und so leicht und zierlich, dass, wenn sie auf einen Thautropfen treten, dieser zwar leise erzittert, doch nicht auseinander fliesst; dagegen können sie jede beliebige Grösse und Gestalt annehmen, sind bald hässlich, bald schön, wie es ihrem Zwecke im Augenblick am angemessensten ist; nach anderen Sagen haben sie zwar menschliche Form und Grösse, doch sind sie so überirdisch schön, dass Nichts sich mit ihren blühenden Reizen vergleichen lässt; wieder Andere beschreiben sie als schöne Mädchen oder Jünglinge von den vollendetsten Formen, doch hohl und unkörperlich, wesswegen sie sich nur von vorne zeigen, indem ihr Rücken leer und vertieft ist. Die Schotten und Irländer stehen zum Theil noch in dem Glauben, dass ihr Land vorzüglich von den E. besucht und geliebt sei, wesshalb man dort die heitersten und anmuthigsten Sagen von ihnen findet, auch die Leute, wenn sie irgendwo auf einer Landstrasse einen Staubwirbel aufsteigen sehen, in der Meinung, dort zögen die E. einher, ihre Wohnungen verändernd, sich ehrerbietig vor ihnen neigen und sie grüssen. Gewöhnlich erscheinen sie von einem silberglänzenden Duft umhüllt, durch welchen ihre zarten Formen nur wie die Umrisse eines lieblichen Gemäldes durchschimmern; die Kopfbedeckung der Männer ist eine Blüthe des Fingerhutes (Digitalis), deren Farbe dann meistentheils eine gewisse Partei andeutet, zu welcher sie gehören. Sie unterrichten nicht selten die Menschen in ihren geheimen Zauberkünsten, und obwohl sie denselben nur einen höchst geringen Theil ihres Wissens geben, so werden die so Eingeweihten doch übermächtig und furchtbar, denn auch der geringste Theil ihrer unbegränzten Kunst wirkt schon ganz ausserordentliche Dinge. Die Musik wird von ihnen über Alles geliebt, und obwohl die E.musik einfach ist, übt sie doch auf den Menschen die überraschendsten Wirkungen aus: das E.königsstück zwingt jeden Zuhörer, selbst zuletzt Tische und Stühle, zu einem Tanze, der so lange dauert, als die Musik erklingt; aber der Spielende kann nicht aufhören zu spielen, denn der Arm, welcher geigt, ist gleichfalls bezaubert; er müsste denn ganz genau rückwärts dasselbe Stück spielen können, oder es müsste unaufgefordert Jemand kommen, der dem Spielmann von hinten über die Schulter die Saiten der Geige zerschneidet. In dem Gedanken, dass die E. vom Himmel verstossene Engel seien, die nicht bis zur Hülle gesunken sind, liegt die grösste Aehnlichkeit zwischen ihnen und den Peris der Perser; diese nämlich sind auch so anmuthige, überirdische Wesen, des Himmels verlustig, doch der Hölle noch nicht verfallen. Die E. drücken häufig durch einen lieblichen Gesang Hoffnung auf einstige Erlösung aus; dieser Gesang verwandelt sich sogleich in tiefes Weinen und Wehklagen, wenn Jemand so grausam



Fig. 104.
von ihren Liebhabern verlangen, weil sie sonst keine unsterbliche Seele bekommen. Bei heiterer Luft kommen sie gerne hervor und baden sich im Sonnenschein, doch die eigentliche Zeit ihres Erscheinens ist nach Sonnenuntergang, besonders in heiteren, sommerlauen Mondnächten; dann tauchen sie oft in ganzen fröhlichen Schaaren auf, um ihren Freuden nachzuhängen und jede ausgelassene Lust sich zu erlauben. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist der Tanz; mit diesem bringen sie ganze Nächte zu, und wo auf einer Wiese ein Kreis von E. sich gedreht hat, da wächst das Gras grüner, frischer und üppiger hervor. Wenn man zur Nachtzeit bei Vollmondschein in einen solchen Kreis tritt, so sieht man die E. um sich her tanzen, und wird dann gewöhnlich für den Frevel tüchtig geneckt; eben so, wenn man zufällig in einem solchen Kreise schläft, was Schnittern, Landleuten manchmal begegnet. Die E.männchen tragen leichte Kappen, welche sie unsichtbar machen; vermag man sich eine solche zu verschaffen, so sieht man auch ihre Tänze. Ein solcher Moment ist auf unserem Bilde dargestellt. Man denkt sich nun die E. zum Theil nur einen Zoll hoch und so leicht und zierlich, dass, wenn sie auf einen Thautropfen treten, dieser zwar leise erzittert, doch nicht auseinander fliesst; dagegen können sie jede beliebige Grösse und Gestalt annehmen, sind bald hässlich, bald schön, wie es ihrem Zwecke im Augenblick am angemessensten ist; nach anderen Sagen haben sie zwar menschliche Form und Grösse, doch sind sie so überirdisch schön, dass Nichts sich mit ihren blühenden Reizen vergleichen lässt; wieder Andere beschreiben sie als schöne Mädchen oder Jünglinge von den vollendetsten Formen, doch hohl und unkörperlich, wesswegen sie sich nur von vorne zeigen, indem ihr Rücken leer und vertieft ist. Die Schotten und Irländer stehen zum Theil noch in dem Glauben, dass ihr Land vorzüglich von den E. besucht und geliebt sei, wesshalb man dort die heitersten und anmuthigsten Sagen von ihnen findet, auch die Leute, wenn sie irgendwo auf einer Landstrasse einen Staubwirbel aufsteigen sehen, in der Meinung, dort zögen die E. einher, ihre Wohnungen verändernd, sich ehrerbietig vor ihnen neigen und sie grüssen. Gewöhnlich erscheinen sie von einem silberglänzenden Duft umhüllt, durch welchen ihre zarten Formen nur wie die Umrisse eines lieblichen Gemäldes durchschimmern; die Kopfbedeckung der Männer ist eine Blüthe des Fingerhutes (Digitalis), deren Farbe dann meistentheils eine gewisse Partei andeutet, zu welcher sie gehören. Sie unterrichten nicht selten die Menschen in ihren geheimen Zauberkünsten, und obwohl sie denselben nur einen höchst geringen Theil ihres Wissens geben, so werden die so Eingeweihten doch übermächtig und furchtbar, denn auch der geringste Theil ihrer unbegränzten Kunst wirkt schon ganz ausserordentliche Dinge. Die Musik wird von ihnen über Alles geliebt, und obwohl die E.musik einfach ist, übt sie doch auf den Menschen die überraschendsten Wirkungen aus: das E.königsstück zwingt jeden Zuhörer, selbst zuletzt Tische und Stühle, zu einem Tanze, der so lange dauert, als die Musik erklingt; aber der Spielende kann nicht aufhören zu spielen, denn der Arm, welcher geigt, ist gleichfalls bezaubert; er müsste denn ganz genau rückwärts dasselbe Stück spielen können, oder es müsste unaufgefordert Jemand kommen, der dem Spielmann von hinten über die Schulter die Saiten der Geige zerschneidet. In dem Gedanken, dass die E. vom Himmel verstossene Engel seien, die nicht bis zur Hülle gesunken sind, liegt die grösste Aehnlichkeit zwischen ihnen und den Peris der Perser; diese nämlich sind auch so anmuthige, überirdische Wesen, des Himmels verlustig, doch der Hölle noch nicht verfallen. Die E. drücken häufig durch einen lieblichen Gesang Hoffnung auf einstige Erlösung aus; dieser Gesang verwandelt sich sogleich in tiefes Weinen und Wehklagen, wenn Jemand so grausam

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von ihren Liebhabern verlangen, weil sie sonst keine unsterbliche Seele bekommen. Bei heiterer Luft kommen sie gerne hervor und baden sich im Sonnenschein, doch die eigentliche Zeit ihres Erscheinens ist nach Sonnenuntergang, besonders in heiteren, sommerlauen Mondnächten; dann tauchen sie oft in ganzen fröhlichen Schaaren auf, um ihren Freuden nachzuhängen und jede ausgelassene Lust sich zu erlauben. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist der Tanz; mit diesem bringen sie ganze Nächte zu, und wo auf einer Wiese ein Kreis von E. sich gedreht hat, da wächst das Gras grüner, frischer und üppiger hervor. Wenn man zur Nachtzeit bei Vollmondschein in einen solchen Kreis tritt, so sieht man die E. um sich her tanzen, und wird dann gewöhnlich für den Frevel tüchtig geneckt; eben so, wenn man zufällig in einem solchen Kreise schläft, was Schnittern, Landleuten manchmal begegnet. Die E.männchen tragen leichte Kappen, welche sie unsichtbar machen; vermag man sich eine solche zu verschaffen, so sieht man auch ihre Tänze. Ein solcher Moment ist auf unserem Bilde dargestellt. Man denkt sich nun die E. zum Theil nur einen Zoll hoch und so leicht und zierlich, dass, wenn sie auf einen Thautropfen treten, dieser zwar leise erzittert, doch nicht auseinander fliesst; dagegen können sie jede beliebige Grösse und Gestalt annehmen, sind bald hässlich, bald schön, wie es ihrem Zwecke im Augenblick am angemessensten ist; nach anderen Sagen haben sie zwar menschliche Form und Grösse, doch sind sie so überirdisch schön, dass Nichts sich mit ihren blühenden Reizen vergleichen lässt; wieder Andere beschreiben sie als schöne Mädchen oder Jünglinge von den vollendetsten Formen, doch hohl und unkörperlich, wesswegen sie sich nur von vorne zeigen, indem ihr Rücken leer und vertieft ist. Die Schotten und Irländer stehen zum Theil noch in dem Glauben, dass ihr Land vorzüglich von den E. besucht und geliebt sei, wesshalb man dort die heitersten und anmuthigsten Sagen von ihnen findet, auch die Leute, wenn sie irgendwo auf einer Landstrasse einen Staubwirbel aufsteigen sehen, in der Meinung, dort zögen die E. einher, ihre Wohnungen verändernd, sich ehrerbietig vor ihnen neigen und sie grüssen. Gewöhnlich erscheinen sie von einem silberglänzenden Duft umhüllt, durch welchen ihre zarten Formen nur wie die Umrisse eines lieblichen Gemäldes durchschimmern; die Kopfbedeckung der Männer ist eine Blüthe des Fingerhutes (Digitalis), deren Farbe dann meistentheils eine gewisse Partei andeutet, zu welcher sie gehören. Sie unterrichten nicht selten die Menschen in ihren geheimen Zauberkünsten, und obwohl sie denselben nur einen höchst geringen Theil ihres Wissens geben, so werden die so Eingeweihten doch übermächtig und furchtbar, denn auch der geringste Theil ihrer unbegränzten Kunst wirkt schon ganz ausserordentliche Dinge. Die Musik wird von ihnen über Alles geliebt, und obwohl die E.musik einfach ist, übt sie doch auf den Menschen die überraschendsten Wirkungen aus: das E.königsstück zwingt jeden Zuhörer, selbst zuletzt Tische und Stühle, zu einem Tanze, der so lange dauert, als die Musik erklingt; aber der Spielende kann nicht aufhören zu spielen, denn der Arm, welcher geigt, ist gleichfalls bezaubert; er müsste denn ganz genau rückwärts dasselbe Stück spielen können, oder es müsste unaufgefordert Jemand kommen, der dem Spielmann von hinten über die Schulter die Saiten der Geige zerschneidet. In dem Gedanken, dass die E. vom Himmel verstossene Engel seien, die nicht bis zur Hülle gesunken sind, liegt die grösste Aehnlichkeit zwischen ihnen und den Peris der Perser; diese nämlich sind auch so anmuthige, überirdische Wesen, des Himmels verlustig, doch der Hölle noch nicht verfallen. Die E. drücken häufig durch einen lieblichen Gesang Hoffnung auf einstige Erlösung aus; dieser Gesang verwandelt sich sogleich in tiefes Weinen und Wehklagen, wenn Jemand so grausam
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[185/0255] [Abbildung Fig. 104. ] von ihren Liebhabern verlangen, weil sie sonst keine unsterbliche Seele bekommen. Bei heiterer Luft kommen sie gerne hervor und baden sich im Sonnenschein, doch die eigentliche Zeit ihres Erscheinens ist nach Sonnenuntergang, besonders in heiteren, sommerlauen Mondnächten; dann tauchen sie oft in ganzen fröhlichen Schaaren auf, um ihren Freuden nachzuhängen und jede ausgelassene Lust sich zu erlauben. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist der Tanz; mit diesem bringen sie ganze Nächte zu, und wo auf einer Wiese ein Kreis von E. sich gedreht hat, da wächst das Gras grüner, frischer und üppiger hervor. Wenn man zur Nachtzeit bei Vollmondschein in einen solchen Kreis tritt, so sieht man die E. um sich her tanzen, und wird dann gewöhnlich für den Frevel tüchtig geneckt; eben so, wenn man zufällig in einem solchen Kreise schläft, was Schnittern, Landleuten manchmal begegnet. Die E.männchen tragen leichte Kappen, welche sie unsichtbar machen; vermag man sich eine solche zu verschaffen, so sieht man auch ihre Tänze. Ein solcher Moment ist auf unserem Bilde dargestellt. Man denkt sich nun die E. zum Theil nur einen Zoll hoch und so leicht und zierlich, dass, wenn sie auf einen Thautropfen treten, dieser zwar leise erzittert, doch nicht auseinander fliesst; dagegen können sie jede beliebige Grösse und Gestalt annehmen, sind bald hässlich, bald schön, wie es ihrem Zwecke im Augenblick am angemessensten ist; nach anderen Sagen haben sie zwar menschliche Form und Grösse, doch sind sie so überirdisch schön, dass Nichts sich mit ihren blühenden Reizen vergleichen lässt; wieder Andere beschreiben sie als schöne Mädchen oder Jünglinge von den vollendetsten Formen, doch hohl und unkörperlich, wesswegen sie sich nur von vorne zeigen, indem ihr Rücken leer und vertieft ist. Die Schotten und Irländer stehen zum Theil noch in dem Glauben, dass ihr Land vorzüglich von den E. besucht und geliebt sei, wesshalb man dort die heitersten und anmuthigsten Sagen von ihnen findet, auch die Leute, wenn sie irgendwo auf einer Landstrasse einen Staubwirbel aufsteigen sehen, in der Meinung, dort zögen die E. einher, ihre Wohnungen verändernd, sich ehrerbietig vor ihnen neigen und sie grüssen. Gewöhnlich erscheinen sie von einem silberglänzenden Duft umhüllt, durch welchen ihre zarten Formen nur wie die Umrisse eines lieblichen Gemäldes durchschimmern; die Kopfbedeckung der Männer ist eine Blüthe des Fingerhutes (Digitalis), deren Farbe dann meistentheils eine gewisse Partei andeutet, zu welcher sie gehören. Sie unterrichten nicht selten die Menschen in ihren geheimen Zauberkünsten, und obwohl sie denselben nur einen höchst geringen Theil ihres Wissens geben, so werden die so Eingeweihten doch übermächtig und furchtbar, denn auch der geringste Theil ihrer unbegränzten Kunst wirkt schon ganz ausserordentliche Dinge. Die Musik wird von ihnen über Alles geliebt, und obwohl die E.musik einfach ist, übt sie doch auf den Menschen die überraschendsten Wirkungen aus: das E.königsstück zwingt jeden Zuhörer, selbst zuletzt Tische und Stühle, zu einem Tanze, der so lange dauert, als die Musik erklingt; aber der Spielende kann nicht aufhören zu spielen, denn der Arm, welcher geigt, ist gleichfalls bezaubert; er müsste denn ganz genau rückwärts dasselbe Stück spielen können, oder es müsste unaufgefordert Jemand kommen, der dem Spielmann von hinten über die Schulter die Saiten der Geige zerschneidet. In dem Gedanken, dass die E. vom Himmel verstossene Engel seien, die nicht bis zur Hülle gesunken sind, liegt die grösste Aehnlichkeit zwischen ihnen und den Peris der Perser; diese nämlich sind auch so anmuthige, überirdische Wesen, des Himmels verlustig, doch der Hölle noch nicht verfallen. Die E. drücken häufig durch einen lieblichen Gesang Hoffnung auf einstige Erlösung aus; dieser Gesang verwandelt sich sogleich in tiefes Weinen und Wehklagen, wenn Jemand so grausam

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/255>, abgerufen am 22.11.2024.