Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

Paar Eisenhandschuhe, einen starken Gürtel, und ihren eigenen, den Gridursstab. So ausgerüstet, zog er mit Loke zu dem Flusse Vimr, und wollte, nachdem er seinen Pelz aufgeschürzt, hindurchwaten; doch wie er mitten darin war, stieg der Fluss plötzlich und erhob sich ihm bis an den Hals. Thor bedrohte den Fluss vergeblich mit seiner Götterstärke, da bemerkte er, sich umschauend, dass oberhalb der Stelle, an der er hindurchwatete, eine Riesenjungfrau, G.s Tochter, an beiden Ufern stand und so das Wasser steigen machte; lachend wies Thor seinem Begleiter die Ursache des ungewöhnlichen Zuflusses, nahm einen Stein und warf ihn nach dem Jotenweibe, sagend: "bei der Quelle stockt der Fluss," traf glücklich und alsbald kam er ungehindert hinüber. - Bei G. angelangt, wies man den Fremden ein Zimmer an, in welchem sich ein grosser Lehnstuhl befand, auf den Thor sich setzte. Sogleich bemerkte er, dass derselbe sich gegen die Decke hebe; da stützte er seinen Gridursstab dagegen und drückte nun mit aller Macht abwärts. Es entstand ein gewaltiges Krachen unter dem Stuhl, ein fürchterliches Geschrei erhob sich; siehe! G.s Tochter Gjalp und Greid hatten darunter gesessen, den Stuhl erhoben, und Thor hatte Beiden die mächtigen Riesenleiber zerbrochen. - Die Fremdlinge leitete man nun in einen Saal, wo sich der Riese befand; so wie Thor gerade vor ihn hintrat, nahm er einen glühenden Eisenklumpen aus dem Feuer des Herdes und warf ihn nach Thor. Dieser fing ihn mit den Eisenhandschuhen auf, schleuderte ihn nach G., der sich hinter einer eisernen Säule verborgen, doch der Wurf durchdrang die Schutzwehr, durchbohrte den Riesen und die hinter ihm befindliche Wand, und fuhr weit in den Erdboden hinein; so rettete sich Thor aus der Gefahr, in welche Loke ihn gestürzt. - 2) G., König des Gotnalandes, von Frigga gehasst und dem Untergange geweiht. Ihn wollte Odin besuchen, wovon ihn Frigga in Kenntniss setzen und vor dem Fremden als einem Zauberer warnen liess; als nun Odin kam, und aus einem damals allgemeinen Aberglauben seinen Namen nicht nennen wollte, hängte ihn G. acht Tage lang zwischen zweien Feuern auf, um ihn zum Geständniss zu zwingen. In dieser Zeit besang Odin unter dem Namen Grimner seine eigenen Thaten und andere mystische Sagen, endlich aber nannte er sich; jetzt wollte G. hinzulaufen, um den Gott zu entfesseln, stolperte jedoch und fiel in sein eigenes Schwert. Mit seinem Tode war der Zauber gelöst und der gefesselte Odin wieder frei.


Gejrwimal (Nord. M.), einer von den zweiunddreissig Höllenflüssen (s. d.).


Gelanor (Gr. M.), letzter König von Argos aus dem Stamme des Phoroneus, ward von Danaus vertrieben, welcher aus Aegypten kam und von dem Volke zum König erwählt ward, nachdem dieses in einem Wolfe, welcher den Stier der vor der Stadt weidenden Rinderheerde getödtet, ein Zeichen zu Gunsten des Fremdlings Danaus gesehen hatte. Dieser baute darauf dem Apollo Lyceus (Wolfs-Gott) einen Tempel, indem er behauptete, der Gott habe das Thier zu seinen Gunsten abgesandt.


Gelbmützen (Lamaismus), eine von den beiden Hauptsecten in Tübet; die andere heisst die der Rothmützen. Die Secte der G. (Scharra Malachai) ist diejenige, zu welcher sich der Kaiser von China bekennt, daher alle Anhänger derselben die kaiserliche Hof-Farbe, gelb, tragen.


Gelgia (Nord. M.), das Ende der unzerreissbaren Kette, mit welcher der Wolf Fenris gefesselt und an den Felsen Gjöll gebunden wurde.


Gellong (Lamaismus), die höheren, förmlich geweihten Priester der Mongolen, welche ihre Weihe durch den Lama selbst bekommen müssen; sie theilen sich in drei Grade, deren jeder seine besondere Weihung durch das geistliche Oberhaupt fordert. Diese Priester leben selten in Klöstern vereint, sie sind fast immer zerstreut bei den einzelnen Horden. Die Vornehmsten derselben halten sich bei den Fürsten, die Anderen unter dem Volke auf, von dessen Opfergaben sie leben. Wenn sie zuerst Mantschi (Schüler), dann Gaedsull (Gehülfen) und endlich G.s gewesen sind, können sie ohne fernere Vorbereitungen oder Einsegnungen zu den höchsten Würden gelangen; doch ist hiezu nöthig, dass sie sich im Aeussern streng an die bestehenden Gesetze halten, d. h. sie sollen unverehlicht sein und das Keuschheitsgelübde unverbrüchlich halten, keine Pferdemilch und keinen Branntwein trinken, keinen Tabak rauchen, des Pferdefleisches und des Fleisches heiliger Thiere entbehren, so wie sie auch das Fleisch unreiner Geschöpfe nicht essen. Die Kleidung der G.s nähert sich der der mongolischen Weiber; unterscheidendes Merkmal ist nur das geistliche Scepter und die Priesterglocke, welche bei der Messe gebraucht werden; in der Tracht aber eine Mütze, mit Fuchspelz verbrämt, und eine rothe Schärpe.


Gelonus (Gr. M.), Sohn des Hercules von der Königin des scythischen Reiches, Echidna (s. d.). Da er des Vaters Bogen nicht zu spannen vermochte, musste er ihr Land verlassen, und stiftete dann ein "eigenes Reich", das der Gelonen.


Gemini, "die Zwillinge", ein Sternbild des Thierkreises, in welchem Castor und Pollux, die Dioscuren, an den Himmel versetzt worden sind. Sie werden als zwei einander umfassende Knaben dargestellt, davon der eine einen Pfeil und eine Lyra, der andere aber eine Keule trägt. Das Sternbild erstreckt sich vom 28. Grad im Zeichen der Zwillinge bis zum 25. Grad im Zeichen des Krebses, ist nordwärts vom Luchs, südwärts vom Procyon und dem Monoceros begrenzt und macht sich besonders durch drei Sterne der zweiten Grösse kenntlich.


Genesius (Gr. M.), "der Erzeuger", Beiname des Neptun, unter welchem er bei Lerna an der Meeresküste ein Heiligthum hatte.


Genetaeus (Gr. M.), Beiname des Jupiter von einem Tempel auf dem genetäischen Vorgebirge am schwarzen Meere.


Genethlius (Gr. M.), 1) Beiname des Neptun, unter welchem er in Sparta ein Heiligthum hatte. - 2) G., der Genius der Geburts-Stunde, der über dem angeborenen Geschick des Menschen waltete. Auch nannte man genethlische Götter die Stammes- und Familien-Götter.


Genetor (Gr. M.), Sohn des Königs Lycaon, von Jupiter mit dem Blitze erschlagen.


Genetrix (Röm. M.), Beiname der Venus in Rom, als Stamm-Mutter des julischen Geschlechts und Beschützerin des römischen Volkes. Sie hatte einen von Julius Cäsar erbauten Tempel.


Genetyllides oder Gennaiden (Gr. M.), Zeugungs-Göttinnen, welche der Venus Colias beigesellt und mit ihr auf dem Vorgebirge Colias bei Athen verehrt wurden. - Genetyllis war ferner Beiname der Diana-Hecate, welcher man Hunde opferte.


Gengei (Ind. M.), identisch mit Ganga (s. d.).


Genius Fig. 122 - 125 (Röm. M.). Der Glaube an unsichtbare Schutzgeister, an Wesen, welche für Wohl und Wehe der einzelnen Menschen sorgen, findet sich bei sehr vielen Völkern; doch nirgends war die Lehre von den Genien so vollkommen ausgebildet und zum Cultus erhoben, wie in Rom; dort glaubte man bestimmt an Götter, welche jedem Menschen von dem Augenblicke seiner Geburt an beigegeben seien; man verehrte diese Götter theils an allgemeinen Festtagen, theils Jeder für sich an seinem Geburtstage; jeder Hausvater stellte das Bild seines G. in dem Lararium neben dem Lar seines Hauses auf, brachte ihm Trank-, Speise- und Rauchopfer, und hielt das, was er als Willens-Aeusserung des G. glaubte betrachten zu dürfen, für besonders wichtig und einflussreich auf sein Leben, mehr, als alles Wohl- oder Uebelwollen der anderen Götter, indem diese nur das grosse Ganze, die Genien aber das Einzelne im Auge hätten. Dem G. etwas einräumen, hiess bei den Römern so viel als sich gütlich thun; den G. verkürzen, sich ein Vergnügen am Munde abdarben. Man sieht also, dass der G. vorzugsweise in dem Sinne Schutzgeist des Menschen ist, dass er jede dem Menschen zu Theil werdende Freude wie seine eigene hinnimmt und geniesst. Uebrigens dehnte sich der Glaube an Genien allmälig auch viel weiter, als bloss auf diese Ueberwachung und Leitung des Individuums aus; jede bedeutendere Thätigkeit und Lebensbestimmung bekam ihren Genius oder ihre Genien; daher sehen wir auf unseren Abbildungen Genien des Ackerbaues nach einem Sarcophag-Basrelief; Genien der Jagd nach einem Basrelief; sodann ebenfalls nach einem Basrelief von der Basis der zerstörten Ehrensäule des Antoninus Pius zu Rom den G. der Welt oder der Ewigkeit, auf seinen Flügeln Antoninus Pius und seine Gemahlin Faustina emportragend. Unten rechts sitzt die Göttin

Paar Eisenhandschuhe, einen starken Gürtel, und ihren eigenen, den Gridursstab. So ausgerüstet, zog er mit Loke zu dem Flusse Vimr, und wollte, nachdem er seinen Pelz aufgeschürzt, hindurchwaten; doch wie er mitten darin war, stieg der Fluss plötzlich und erhob sich ihm bis an den Hals. Thor bedrohte den Fluss vergeblich mit seiner Götterstärke, da bemerkte er, sich umschauend, dass oberhalb der Stelle, an der er hindurchwatete, eine Riesenjungfrau, G.s Tochter, an beiden Ufern stand und so das Wasser steigen machte; lachend wies Thor seinem Begleiter die Ursache des ungewöhnlichen Zuflusses, nahm einen Stein und warf ihn nach dem Jotenweibe, sagend: »bei der Quelle stockt der Fluss,« traf glücklich und alsbald kam er ungehindert hinüber. – Bei G. angelangt, wies man den Fremden ein Zimmer an, in welchem sich ein grosser Lehnstuhl befand, auf den Thor sich setzte. Sogleich bemerkte er, dass derselbe sich gegen die Decke hebe; da stützte er seinen Gridursstab dagegen und drückte nun mit aller Macht abwärts. Es entstand ein gewaltiges Krachen unter dem Stuhl, ein fürchterliches Geschrei erhob sich; siehe! G.s Tochter Gjalp und Greid hatten darunter gesessen, den Stuhl erhoben, und Thor hatte Beiden die mächtigen Riesenleiber zerbrochen. – Die Fremdlinge leitete man nun in einen Saal, wo sich der Riese befand; so wie Thor gerade vor ihn hintrat, nahm er einen glühenden Eisenklumpen aus dem Feuer des Herdes und warf ihn nach Thor. Dieser fing ihn mit den Eisenhandschuhen auf, schleuderte ihn nach G., der sich hinter einer eisernen Säule verborgen, doch der Wurf durchdrang die Schutzwehr, durchbohrte den Riesen und die hinter ihm befindliche Wand, und fuhr weit in den Erdboden hinein; so rettete sich Thor aus der Gefahr, in welche Loke ihn gestürzt. – 2) G., König des Gotnalandes, von Frigga gehasst und dem Untergange geweiht. Ihn wollte Odin besuchen, wovon ihn Frigga in Kenntniss setzen und vor dem Fremden als einem Zauberer warnen liess; als nun Odin kam, und aus einem damals allgemeinen Aberglauben seinen Namen nicht nennen wollte, hängte ihn G. acht Tage lang zwischen zweien Feuern auf, um ihn zum Geständniss zu zwingen. In dieser Zeit besang Odin unter dem Namen Grimner seine eigenen Thaten und andere mystische Sagen, endlich aber nannte er sich; jetzt wollte G. hinzulaufen, um den Gott zu entfesseln, stolperte jedoch und fiel in sein eigenes Schwert. Mit seinem Tode war der Zauber gelöst und der gefesselte Odin wieder frei.


Gejrwimal (Nord. M.), einer von den zweiunddreissig Höllenflüssen (s. d.).


Gelanor (Gr. M.), letzter König von Argos aus dem Stamme des Phoroneus, ward von Danaus vertrieben, welcher aus Aegypten kam und von dem Volke zum König erwählt ward, nachdem dieses in einem Wolfe, welcher den Stier der vor der Stadt weidenden Rinderheerde getödtet, ein Zeichen zu Gunsten des Fremdlings Danaus gesehen hatte. Dieser baute darauf dem Apollo Lyceus (Wolfs-Gott) einen Tempel, indem er behauptete, der Gott habe das Thier zu seinen Gunsten abgesandt.


Gelbmützen (Lamaismus), eine von den beiden Hauptsecten in Tübet; die andere heisst die der Rothmützen. Die Secte der G. (Scharra Malachai) ist diejenige, zu welcher sich der Kaiser von China bekennt, daher alle Anhänger derselben die kaiserliche Hof-Farbe, gelb, tragen.


Gelgia (Nord. M.), das Ende der unzerreissbaren Kette, mit welcher der Wolf Fenris gefesselt und an den Felsen Gjöll gebunden wurde.


Gellong (Lamaismus), die höheren, förmlich geweihten Priester der Mongolen, welche ihre Weihe durch den Lama selbst bekommen müssen; sie theilen sich in drei Grade, deren jeder seine besondere Weihung durch das geistliche Oberhaupt fordert. Diese Priester leben selten in Klöstern vereint, sie sind fast immer zerstreut bei den einzelnen Horden. Die Vornehmsten derselben halten sich bei den Fürsten, die Anderen unter dem Volke auf, von dessen Opfergaben sie leben. Wenn sie zuerst Mantschi (Schüler), dann Gaedsull (Gehülfen) und endlich G.s gewesen sind, können sie ohne fernere Vorbereitungen oder Einsegnungen zu den höchsten Würden gelangen; doch ist hiezu nöthig, dass sie sich im Aeussern streng an die bestehenden Gesetze halten, d. h. sie sollen unverehlicht sein und das Keuschheitsgelübde unverbrüchlich halten, keine Pferdemilch und keinen Branntwein trinken, keinen Tabak rauchen, des Pferdefleisches und des Fleisches heiliger Thiere entbehren, so wie sie auch das Fleisch unreiner Geschöpfe nicht essen. Die Kleidung der G.s nähert sich der der mongolischen Weiber; unterscheidendes Merkmal ist nur das geistliche Scepter und die Priesterglocke, welche bei der Messe gebraucht werden; in der Tracht aber eine Mütze, mit Fuchspelz verbrämt, und eine rothe Schärpe.


Gelonus (Gr. M.), Sohn des Hercules von der Königin des scythischen Reiches, Echidna (s. d.). Da er des Vaters Bogen nicht zu spannen vermochte, musste er ihr Land verlassen, und stiftete dann ein »eigenes Reich«, das der Gelonen.


Gemini, »die Zwillinge«, ein Sternbild des Thierkreises, in welchem Castor und Pollux, die Dioscuren, an den Himmel versetzt worden sind. Sie werden als zwei einander umfassende Knaben dargestellt, davon der eine einen Pfeil und eine Lyra, der andere aber eine Keule trägt. Das Sternbild erstreckt sich vom 28. Grad im Zeichen der Zwillinge bis zum 25. Grad im Zeichen des Krebses, ist nordwärts vom Luchs, südwärts vom Procyon und dem Monoceros begrenzt und macht sich besonders durch drei Sterne der zweiten Grösse kenntlich.


Genesius (Gr. M.), »der Erzeuger«, Beiname des Neptun, unter welchem er bei Lerna an der Meeresküste ein Heiligthum hatte.


Genetaeus (Gr. M.), Beiname des Jupiter von einem Tempel auf dem genetäischen Vorgebirge am schwarzen Meere.


Genethlius (Gr. M.), 1) Beiname des Neptun, unter welchem er in Sparta ein Heiligthum hatte. – 2) G., der Genius der Geburts-Stunde, der über dem angeborenen Geschick des Menschen waltete. Auch nannte man genethlische Götter die Stammes- und Familien-Götter.


Genetor (Gr. M.), Sohn des Königs Lycaon, von Jupiter mit dem Blitze erschlagen.


Genetrix (Röm. M.), Beiname der Venus in Rom, als Stamm-Mutter des julischen Geschlechts und Beschützerin des römischen Volkes. Sie hatte einen von Julius Cäsar erbauten Tempel.


Genetyllides oder Gennaïden (Gr. M.), Zeugungs-Göttinnen, welche der Venus Colias beigesellt und mit ihr auf dem Vorgebirge Colias bei Athen verehrt wurden. – Genetyllis war ferner Beiname der Diana-Hecate, welcher man Hunde opferte.


Gengei (Ind. M.), identisch mit Ganga (s. d.).


Genius Fig. 122 – 125 (Röm. M.). Der Glaube an unsichtbare Schutzgeister, an Wesen, welche für Wohl und Wehe der einzelnen Menschen sorgen, findet sich bei sehr vielen Völkern; doch nirgends war die Lehre von den Genien so vollkommen ausgebildet und zum Cultus erhoben, wie in Rom; dort glaubte man bestimmt an Götter, welche jedem Menschen von dem Augenblicke seiner Geburt an beigegeben seien; man verehrte diese Götter theils an allgemeinen Festtagen, theils Jeder für sich an seinem Geburtstage; jeder Hausvater stellte das Bild seines G. in dem Lararium neben dem Lar seines Hauses auf, brachte ihm Trank-, Speise- und Rauchopfer, und hielt das, was er als Willens-Aeusserung des G. glaubte betrachten zu dürfen, für besonders wichtig und einflussreich auf sein Leben, mehr, als alles Wohl- oder Uebelwollen der anderen Götter, indem diese nur das grosse Ganze, die Genien aber das Einzelne im Auge hätten. Dem G. etwas einräumen, hiess bei den Römern so viel als sich gütlich thun; den G. verkürzen, sich ein Vergnügen am Munde abdarben. Man sieht also, dass der G. vorzugsweise in dem Sinne Schutzgeist des Menschen ist, dass er jede dem Menschen zu Theil werdende Freude wie seine eigene hinnimmt und geniesst. Uebrigens dehnte sich der Glaube an Genien allmälig auch viel weiter, als bloss auf diese Ueberwachung und Leitung des Individuums aus; jede bedeutendere Thätigkeit und Lebensbestimmung bekam ihren Genius oder ihre Genien; daher sehen wir auf unseren Abbildungen Genien des Ackerbaues nach einem Sarcophag-Basrelief; Genien der Jagd nach einem Basrelief; sodann ebenfalls nach einem Basrelief von der Basis der zerstörten Ehrensäule des Antoninus Pius zu Rom den G. der Welt oder der Ewigkeit, auf seinen Flügeln Antoninus Pius und seine Gemahlin Faustina emportragend. Unten rechts sitzt die Göttin

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0284" n="214"/>
Paar Eisenhandschuhe, einen starken Gürtel, und ihren eigenen, den Gridursstab. So ausgerüstet, zog er mit Loke zu dem Flusse Vimr, und wollte, nachdem er seinen Pelz aufgeschürzt, hindurchwaten; doch wie er mitten darin war, stieg der Fluss plötzlich und erhob sich ihm bis an den Hals. Thor bedrohte den Fluss vergeblich mit seiner Götterstärke, da bemerkte er, sich umschauend, dass oberhalb der Stelle, an der er hindurchwatete, eine Riesenjungfrau, G.s Tochter, an beiden Ufern stand und so das Wasser steigen machte; lachend wies Thor seinem Begleiter die Ursache des ungewöhnlichen Zuflusses, nahm einen Stein und warf ihn nach dem Jotenweibe, sagend: »bei der Quelle stockt der Fluss,« traf glücklich und alsbald kam er ungehindert hinüber. &#x2013; Bei G. angelangt, wies man den Fremden ein Zimmer an, in welchem sich ein grosser Lehnstuhl befand, auf den Thor sich setzte. Sogleich bemerkte er, dass derselbe sich gegen die Decke hebe; da stützte er seinen Gridursstab dagegen und drückte nun mit aller Macht abwärts. Es entstand ein gewaltiges Krachen unter dem Stuhl, ein fürchterliches Geschrei erhob sich; siehe! G.s Tochter Gjalp und Greid hatten darunter gesessen, den Stuhl erhoben, und Thor hatte Beiden die mächtigen Riesenleiber zerbrochen. &#x2013; Die Fremdlinge leitete man nun in einen Saal, wo sich der Riese befand; so wie Thor gerade vor ihn hintrat, nahm er einen glühenden Eisenklumpen aus dem Feuer des Herdes und warf ihn nach Thor. Dieser fing ihn mit den Eisenhandschuhen auf, schleuderte ihn nach G., der sich hinter einer eisernen Säule verborgen, doch der Wurf durchdrang die Schutzwehr, durchbohrte den Riesen und die hinter ihm befindliche Wand, und fuhr weit in den Erdboden hinein; so rettete sich Thor aus der Gefahr, in welche Loke ihn gestürzt. &#x2013; 2) G., König des Gotnalandes, von Frigga gehasst und dem Untergange geweiht. Ihn wollte Odin besuchen, wovon ihn Frigga in Kenntniss setzen und vor dem Fremden als einem Zauberer warnen liess; als nun Odin kam, und aus einem damals allgemeinen Aberglauben seinen Namen nicht nennen wollte, hängte ihn G. acht Tage lang zwischen zweien Feuern auf, um ihn zum Geständniss zu zwingen. In dieser Zeit besang Odin unter dem Namen Grimner seine eigenen Thaten und andere mystische Sagen, endlich aber nannte er sich; jetzt wollte G. hinzulaufen, um den Gott zu entfesseln, stolperte jedoch und fiel in sein eigenes Schwert. Mit seinem Tode war der Zauber gelöst und der gefesselte Odin wieder frei.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gejrwimal</hi> (Nord. M.), einer von den zweiunddreissig Höllenflüssen (s. d.).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gelanor</hi> (Gr. M.), letzter König von Argos aus dem Stamme des Phoroneus, ward von Danaus vertrieben, welcher aus Aegypten kam und von dem Volke zum König erwählt ward, nachdem dieses in einem Wolfe, welcher den Stier der vor der Stadt weidenden Rinderheerde getödtet, ein Zeichen zu Gunsten des Fremdlings Danaus gesehen hatte. Dieser baute darauf dem Apollo Lyceus (Wolfs-Gott) einen Tempel, indem er behauptete, der Gott habe das Thier zu seinen Gunsten abgesandt.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gelbmützen</hi> (Lamaismus), eine von den beiden Hauptsecten in Tübet; die andere heisst die der Rothmützen. Die Secte der G. (Scharra Malachai) ist diejenige, zu welcher sich der Kaiser von China bekennt, daher alle Anhänger derselben die kaiserliche Hof-Farbe, gelb, tragen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gelgia</hi> (Nord. M.), das Ende der unzerreissbaren Kette, mit welcher der Wolf Fenris gefesselt und an den Felsen Gjöll gebunden wurde.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gellong</hi> (Lamaismus), die höheren, förmlich geweihten Priester der Mongolen, welche ihre Weihe durch den Lama selbst bekommen müssen; sie theilen sich in drei Grade, deren jeder seine besondere Weihung durch das geistliche Oberhaupt fordert. Diese Priester leben selten in Klöstern vereint, sie sind fast immer zerstreut bei den einzelnen Horden. Die Vornehmsten derselben halten sich bei den Fürsten, die Anderen unter dem Volke auf, von dessen Opfergaben sie leben. Wenn sie zuerst Mantschi (Schüler), dann Gaedsull (Gehülfen) und endlich G.s gewesen sind, können sie ohne fernere Vorbereitungen oder Einsegnungen zu den höchsten Würden gelangen; doch ist hiezu nöthig, dass sie sich im Aeussern streng an die bestehenden Gesetze halten, d. h. sie sollen unverehlicht sein und das Keuschheitsgelübde unverbrüchlich halten, keine Pferdemilch und keinen Branntwein trinken, keinen Tabak rauchen, des Pferdefleisches und des Fleisches heiliger Thiere entbehren, so wie sie auch das Fleisch unreiner Geschöpfe nicht essen. Die Kleidung der G.s nähert sich der der mongolischen Weiber; unterscheidendes Merkmal ist nur das geistliche Scepter und die Priesterglocke, welche bei der Messe gebraucht werden; in der Tracht aber eine Mütze, mit Fuchspelz verbrämt, und eine rothe Schärpe.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gelonus</hi> (Gr. M.), Sohn des Hercules von der Königin des scythischen Reiches, Echidna (s. d.). Da er des Vaters Bogen nicht zu spannen vermochte, musste er ihr Land verlassen, und stiftete dann ein »eigenes Reich«, das der Gelonen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gemini</hi>, »die Zwillinge«, ein Sternbild des Thierkreises, in welchem Castor und Pollux, die Dioscuren, an den Himmel versetzt worden sind. Sie werden als zwei einander umfassende Knaben dargestellt, davon der eine einen Pfeil und eine Lyra, der andere aber eine Keule trägt. Das Sternbild erstreckt sich vom 28. Grad im Zeichen der Zwillinge bis zum 25. Grad im Zeichen des Krebses, ist nordwärts vom Luchs, südwärts vom Procyon und dem Monoceros begrenzt und macht sich besonders durch drei Sterne der zweiten Grösse kenntlich.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Genesius</hi> (Gr. M.), »der Erzeuger«, Beiname des Neptun, unter welchem er bei Lerna an der Meeresküste ein Heiligthum hatte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Genetaeus</hi> (Gr. M.), Beiname des Jupiter von einem Tempel auf dem genetäischen Vorgebirge am schwarzen Meere.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Genethlius</hi> (Gr. M.), 1) Beiname des Neptun, unter welchem er in Sparta ein Heiligthum hatte. &#x2013; 2) G., der Genius der Geburts-Stunde, der über dem angeborenen Geschick des Menschen waltete. Auch nannte man <hi rendition="#g">genethlische Götter</hi> die Stammes- und Familien-Götter.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Genetor</hi> (Gr. M.), Sohn des Königs Lycaon, von Jupiter mit dem Blitze erschlagen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Genetrix</hi> (Röm. M.), Beiname der Venus in Rom, als Stamm-Mutter des julischen Geschlechts und Beschützerin des römischen Volkes. Sie hatte einen von Julius Cäsar erbauten Tempel.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Genetyllides</hi> oder <hi rendition="#b">Gennaïden</hi> (Gr. M.), Zeugungs-Göttinnen, welche der Venus Colias beigesellt und mit ihr auf dem Vorgebirge Colias bei Athen verehrt wurden. &#x2013; <hi rendition="#g">Genetyllis</hi> war ferner Beiname der Diana-Hecate, welcher man Hunde opferte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Gengei</hi> (Ind. M.), identisch mit <hi rendition="#g">Ganga</hi> (s. d.).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Genius</hi> Fig. 122 &#x2013; 125 (Röm. M.). Der Glaube an unsichtbare Schutzgeister, an Wesen, welche für Wohl und Wehe der einzelnen Menschen sorgen, findet sich bei sehr vielen Völkern; doch nirgends war die Lehre von den Genien so vollkommen ausgebildet und zum Cultus erhoben, wie in Rom; dort glaubte man bestimmt an Götter, welche jedem Menschen von dem Augenblicke seiner Geburt an beigegeben seien; man verehrte diese Götter theils an allgemeinen Festtagen, theils Jeder für sich an seinem Geburtstage; jeder Hausvater stellte das Bild seines G. in dem Lararium neben dem Lar seines Hauses auf, brachte ihm Trank-, Speise- und Rauchopfer, und hielt das, was er als Willens-Aeusserung des G. glaubte betrachten zu dürfen, für besonders wichtig und einflussreich auf sein Leben, mehr, als alles Wohl- oder Uebelwollen der anderen Götter, indem diese nur das grosse Ganze, die Genien aber das Einzelne im Auge hätten. Dem G. etwas einräumen, hiess bei den Römern so viel als sich gütlich thun; den G. verkürzen, sich ein Vergnügen am Munde abdarben. Man sieht also, dass der G. vorzugsweise in dem Sinne Schutzgeist des Menschen ist, dass er jede dem Menschen zu Theil werdende Freude wie seine eigene hinnimmt und geniesst. Uebrigens dehnte sich der Glaube an Genien allmälig auch viel weiter, als bloss auf diese Ueberwachung und Leitung des Individuums aus; jede bedeutendere Thätigkeit und Lebensbestimmung bekam ihren Genius oder ihre Genien; daher sehen wir auf unseren Abbildungen Genien des Ackerbaues nach einem Sarcophag-Basrelief; Genien der Jagd nach einem Basrelief; sodann ebenfalls nach einem Basrelief von der Basis der zerstörten Ehrensäule des Antoninus Pius zu Rom den G. der Welt oder der Ewigkeit, auf seinen Flügeln Antoninus Pius und seine Gemahlin Faustina emportragend. Unten rechts sitzt die Göttin
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0284] Paar Eisenhandschuhe, einen starken Gürtel, und ihren eigenen, den Gridursstab. So ausgerüstet, zog er mit Loke zu dem Flusse Vimr, und wollte, nachdem er seinen Pelz aufgeschürzt, hindurchwaten; doch wie er mitten darin war, stieg der Fluss plötzlich und erhob sich ihm bis an den Hals. Thor bedrohte den Fluss vergeblich mit seiner Götterstärke, da bemerkte er, sich umschauend, dass oberhalb der Stelle, an der er hindurchwatete, eine Riesenjungfrau, G.s Tochter, an beiden Ufern stand und so das Wasser steigen machte; lachend wies Thor seinem Begleiter die Ursache des ungewöhnlichen Zuflusses, nahm einen Stein und warf ihn nach dem Jotenweibe, sagend: »bei der Quelle stockt der Fluss,« traf glücklich und alsbald kam er ungehindert hinüber. – Bei G. angelangt, wies man den Fremden ein Zimmer an, in welchem sich ein grosser Lehnstuhl befand, auf den Thor sich setzte. Sogleich bemerkte er, dass derselbe sich gegen die Decke hebe; da stützte er seinen Gridursstab dagegen und drückte nun mit aller Macht abwärts. Es entstand ein gewaltiges Krachen unter dem Stuhl, ein fürchterliches Geschrei erhob sich; siehe! G.s Tochter Gjalp und Greid hatten darunter gesessen, den Stuhl erhoben, und Thor hatte Beiden die mächtigen Riesenleiber zerbrochen. – Die Fremdlinge leitete man nun in einen Saal, wo sich der Riese befand; so wie Thor gerade vor ihn hintrat, nahm er einen glühenden Eisenklumpen aus dem Feuer des Herdes und warf ihn nach Thor. Dieser fing ihn mit den Eisenhandschuhen auf, schleuderte ihn nach G., der sich hinter einer eisernen Säule verborgen, doch der Wurf durchdrang die Schutzwehr, durchbohrte den Riesen und die hinter ihm befindliche Wand, und fuhr weit in den Erdboden hinein; so rettete sich Thor aus der Gefahr, in welche Loke ihn gestürzt. – 2) G., König des Gotnalandes, von Frigga gehasst und dem Untergange geweiht. Ihn wollte Odin besuchen, wovon ihn Frigga in Kenntniss setzen und vor dem Fremden als einem Zauberer warnen liess; als nun Odin kam, und aus einem damals allgemeinen Aberglauben seinen Namen nicht nennen wollte, hängte ihn G. acht Tage lang zwischen zweien Feuern auf, um ihn zum Geständniss zu zwingen. In dieser Zeit besang Odin unter dem Namen Grimner seine eigenen Thaten und andere mystische Sagen, endlich aber nannte er sich; jetzt wollte G. hinzulaufen, um den Gott zu entfesseln, stolperte jedoch und fiel in sein eigenes Schwert. Mit seinem Tode war der Zauber gelöst und der gefesselte Odin wieder frei. Gejrwimal (Nord. M.), einer von den zweiunddreissig Höllenflüssen (s. d.). Gelanor (Gr. M.), letzter König von Argos aus dem Stamme des Phoroneus, ward von Danaus vertrieben, welcher aus Aegypten kam und von dem Volke zum König erwählt ward, nachdem dieses in einem Wolfe, welcher den Stier der vor der Stadt weidenden Rinderheerde getödtet, ein Zeichen zu Gunsten des Fremdlings Danaus gesehen hatte. Dieser baute darauf dem Apollo Lyceus (Wolfs-Gott) einen Tempel, indem er behauptete, der Gott habe das Thier zu seinen Gunsten abgesandt. Gelbmützen (Lamaismus), eine von den beiden Hauptsecten in Tübet; die andere heisst die der Rothmützen. Die Secte der G. (Scharra Malachai) ist diejenige, zu welcher sich der Kaiser von China bekennt, daher alle Anhänger derselben die kaiserliche Hof-Farbe, gelb, tragen. Gelgia (Nord. M.), das Ende der unzerreissbaren Kette, mit welcher der Wolf Fenris gefesselt und an den Felsen Gjöll gebunden wurde. Gellong (Lamaismus), die höheren, förmlich geweihten Priester der Mongolen, welche ihre Weihe durch den Lama selbst bekommen müssen; sie theilen sich in drei Grade, deren jeder seine besondere Weihung durch das geistliche Oberhaupt fordert. Diese Priester leben selten in Klöstern vereint, sie sind fast immer zerstreut bei den einzelnen Horden. Die Vornehmsten derselben halten sich bei den Fürsten, die Anderen unter dem Volke auf, von dessen Opfergaben sie leben. Wenn sie zuerst Mantschi (Schüler), dann Gaedsull (Gehülfen) und endlich G.s gewesen sind, können sie ohne fernere Vorbereitungen oder Einsegnungen zu den höchsten Würden gelangen; doch ist hiezu nöthig, dass sie sich im Aeussern streng an die bestehenden Gesetze halten, d. h. sie sollen unverehlicht sein und das Keuschheitsgelübde unverbrüchlich halten, keine Pferdemilch und keinen Branntwein trinken, keinen Tabak rauchen, des Pferdefleisches und des Fleisches heiliger Thiere entbehren, so wie sie auch das Fleisch unreiner Geschöpfe nicht essen. Die Kleidung der G.s nähert sich der der mongolischen Weiber; unterscheidendes Merkmal ist nur das geistliche Scepter und die Priesterglocke, welche bei der Messe gebraucht werden; in der Tracht aber eine Mütze, mit Fuchspelz verbrämt, und eine rothe Schärpe. Gelonus (Gr. M.), Sohn des Hercules von der Königin des scythischen Reiches, Echidna (s. d.). Da er des Vaters Bogen nicht zu spannen vermochte, musste er ihr Land verlassen, und stiftete dann ein »eigenes Reich«, das der Gelonen. Gemini, »die Zwillinge«, ein Sternbild des Thierkreises, in welchem Castor und Pollux, die Dioscuren, an den Himmel versetzt worden sind. Sie werden als zwei einander umfassende Knaben dargestellt, davon der eine einen Pfeil und eine Lyra, der andere aber eine Keule trägt. Das Sternbild erstreckt sich vom 28. Grad im Zeichen der Zwillinge bis zum 25. Grad im Zeichen des Krebses, ist nordwärts vom Luchs, südwärts vom Procyon und dem Monoceros begrenzt und macht sich besonders durch drei Sterne der zweiten Grösse kenntlich. Genesius (Gr. M.), »der Erzeuger«, Beiname des Neptun, unter welchem er bei Lerna an der Meeresküste ein Heiligthum hatte. Genetaeus (Gr. M.), Beiname des Jupiter von einem Tempel auf dem genetäischen Vorgebirge am schwarzen Meere. Genethlius (Gr. M.), 1) Beiname des Neptun, unter welchem er in Sparta ein Heiligthum hatte. – 2) G., der Genius der Geburts-Stunde, der über dem angeborenen Geschick des Menschen waltete. Auch nannte man genethlische Götter die Stammes- und Familien-Götter. Genetor (Gr. M.), Sohn des Königs Lycaon, von Jupiter mit dem Blitze erschlagen. Genetrix (Röm. M.), Beiname der Venus in Rom, als Stamm-Mutter des julischen Geschlechts und Beschützerin des römischen Volkes. Sie hatte einen von Julius Cäsar erbauten Tempel. Genetyllides oder Gennaïden (Gr. M.), Zeugungs-Göttinnen, welche der Venus Colias beigesellt und mit ihr auf dem Vorgebirge Colias bei Athen verehrt wurden. – Genetyllis war ferner Beiname der Diana-Hecate, welcher man Hunde opferte. Gengei (Ind. M.), identisch mit Ganga (s. d.). Genius Fig. 122 – 125 (Röm. M.). Der Glaube an unsichtbare Schutzgeister, an Wesen, welche für Wohl und Wehe der einzelnen Menschen sorgen, findet sich bei sehr vielen Völkern; doch nirgends war die Lehre von den Genien so vollkommen ausgebildet und zum Cultus erhoben, wie in Rom; dort glaubte man bestimmt an Götter, welche jedem Menschen von dem Augenblicke seiner Geburt an beigegeben seien; man verehrte diese Götter theils an allgemeinen Festtagen, theils Jeder für sich an seinem Geburtstage; jeder Hausvater stellte das Bild seines G. in dem Lararium neben dem Lar seines Hauses auf, brachte ihm Trank-, Speise- und Rauchopfer, und hielt das, was er als Willens-Aeusserung des G. glaubte betrachten zu dürfen, für besonders wichtig und einflussreich auf sein Leben, mehr, als alles Wohl- oder Uebelwollen der anderen Götter, indem diese nur das grosse Ganze, die Genien aber das Einzelne im Auge hätten. Dem G. etwas einräumen, hiess bei den Römern so viel als sich gütlich thun; den G. verkürzen, sich ein Vergnügen am Munde abdarben. Man sieht also, dass der G. vorzugsweise in dem Sinne Schutzgeist des Menschen ist, dass er jede dem Menschen zu Theil werdende Freude wie seine eigene hinnimmt und geniesst. Uebrigens dehnte sich der Glaube an Genien allmälig auch viel weiter, als bloss auf diese Ueberwachung und Leitung des Individuums aus; jede bedeutendere Thätigkeit und Lebensbestimmung bekam ihren Genius oder ihre Genien; daher sehen wir auf unseren Abbildungen Genien des Ackerbaues nach einem Sarcophag-Basrelief; Genien der Jagd nach einem Basrelief; sodann ebenfalls nach einem Basrelief von der Basis der zerstörten Ehrensäule des Antoninus Pius zu Rom den G. der Welt oder der Ewigkeit, auf seinen Flügeln Antoninus Pius und seine Gemahlin Faustina emportragend. Unten rechts sitzt die Göttin

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/284
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/284>, abgerufen am 22.11.2024.