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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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wird als Tochter des Titanen Perses und der Asteria genannt, doch sind hierüber die Angaben sehr verschieden, denn bald ist Jupiter, bald Tartarus der Vater, und Juno, Ceres Pheräa etc. die Mutter; sie war die einzige von den Titanen, welche dem Jupiter im Gigantenkriege beistand, desshalb ward sie nicht, wie die andern Titanen, in den Tartarus gestürzt, sondern von Jupiter mit grosser Macht im Himmel, auf der Erde und in der Unterwelt begabt, daher sie auch gewöhnlich dreigestaltig gebildet wird, und daher auch einige ihrer Beinamen kommen, wie Tricephalus, Triceps, die Dreiköpfige; Triformis, die Dreigestaltige; Trivia, Trioditis, die auf drei Wegen Wandelnde. Unser Bild zeigt eine solche H., aus drei Leibern zusammengesetzt, mit Fackel, Dolch und Schlüssel, ihren gewöhnlichen Attributen, zu denen sonst noch Hunde und Schlangen kommen. Von dieser Dreigestalt schreibt sich auch ihre Verehrung auf dreigetheilten Wegen her (nicht Kreuzwege, welche erst dem christlichen Aberglauben der Gestalt wegen heilig wurden); denn zu dreien Wegen hatte sie die Schlüssel: zu dem in den Hades, in den Himmel, und zu dem eines glücklichen Lebens auf der Erde, welches sie verleihen, welches sie entziehen konnte. Nächtlich war ihr Thun und Wirken immer, daher ihre Verwechselung mit der Mondgöttin Selene, welches ihr Name im Himmel ist, so wie Diana auf der Erde und H. im Tartarus. Als Ursache, wesshalb diese Titanin Göttin der Unterwelt wurde, wird von einem sehr späten Schriftsteller Folgendes angegeben: sie entwendete der Juno Schminke, um sie der Europa zu bringen, ward verfolgt, und barg sich unter einen Leichenzug, wodurch sie verunreinigt war und sich den andern Göttern nicht mehr nahen durfte, bis sie gereinigt worden; diess geschah durch die Cabiren auf Jupiters Befehl im Acheron, und dieses machte sie zur unterirdischen Gottheit. Drei Wege sollten ihr auch desshalb noch heilig sein, weil ihre Mutter sie auf einem solchen ausgesetzt und Hirten sie dort gefunden hatten. An dergleichen Orte stellte man auch die ihr bestimmten Opfer und Speisen, welche dann von armen Leuten geholt und verzehrt wurden.


Hecatesia (Gr. M.), ein Fest, der Hecate gefeiert in der Stadt Stratonicea in Carien.


Hecatombaeus (Gr. M.), "der durch Hecatomben Verehrte", Beiname des Apollo sowohl, als des Jupiter.


Hecatombe (Gr. u. Röm. M.), ein grosses, öffentlich dargebrachtes Opfer von einer grössern Anzahl von Thieren; ursprünglich bezeichnet das Wort eine Anzahl von hundert Rindern, aber schon bei Homer kommt es immer in dem freiern, zuerst angegebenen Sinne vor: wie er denn z. B. von einer H. von 50 Schafböcken spricht. Aehnlich gebildet war das Wort Chiliombe, Opfer von 1000 Rindern.


Hecaton (Gr. M.), König der Insel Leucophrys, unfern Troja, dessen Tochter Calyce eine Geliebte des Neptun war, und ihm den Cycnus gebar, welcher, von Schwänen erzogen, von seinem Vater unverwundbar gemacht, doch dem Achilles unterlag, indem dieser ihn mit dem Riemen seines Helms erwürgte.


Hector, Fig. 138 (Gr. M.), Sohn des Priamus und der Hecuba (s. dd.), war mit Andromache (s. d.) vermählt, und hatte von ihr einen Sohn, Scamandrius oder


Fig. 138.
Astyanax genannt. Nichts Schöneres gibt es in alter und neuerer Dichtkunst, als die Stellen der Ilias, in denen H. und Andromache mit einander erscheinen; es spricht sich in ihnen die reinste Liebe zweier Gatten aus. H. war der einzige Schutz und Schirm von Troja, an seinem Leben hing das Geschick des Reiches, er war Oberbefehlshaber des ganzen Heeres, und that als solcher die herrlichsten Thaten; immer führte er, was unter seiner unmittelbaren Leitung stand, zum Siege, und wenn das Troerheer zurückgedrängt war, bedurfte es nur seiner Erscheinung, um die Schlachtreihen wieder herzustellen. Die Ilias ist voll von seinen Thaten. Wir vermögen nicht, ihn durch das ganze Gedicht zu begleiten, und müssen uns begnügen, sein Ende zu erzählen. - Patroclus war geblieben; der erzürnte Achilles beschloss Rache für den erschlagenen Freund. Er waffnet sich mit den Waffen, welche Thetis bei Vulcan bestellt, mordet schonungslos, und begegnet endlich auch dem H. In Deiphobus' Gestalt mahnt Minerva den H. zum Kampf mit Achilles, dem die Göttin beisteht, und von dessen Brust sie H.s Speere abprallen macht; dieser bietet dem Achilles ehrlichen Zweikampf, und fordert nur, dass man seinen Leichnam, nach entzogenem Waffenschmuck, gegen Auslösung seinen Eltern zur Bestattung ausliefere, so wie, wenn er Sieger bleibe, auch Achilles' Leichnam den Danaern ausgeliefert werden solle. Der ergrimmte Held verwirft jeden Vertrag; eine Lanze durchbohrt H.s Hals, noch kann er sprechen und bittet den blutdürstigen Sieger abermals um Rückgabe des Leichnams an seine Eltern, doch auch dem Sterbenden entzieht er grausam den letzten Trost. Der Getödtete wird der Waffen beraubt, viele der Griechen verwunden noch den erschlagenen Helden, und Achilles schleift ihn dreimal um die Leiche des Patroclus und um den Grabhügel desselben, bis endlich die Götter ihm befahlen, den Leichnam, an dem er seine volle Rache gekühlt, auszuliefern, was er denn an den alten Priamus, der, im Staube vor ihm liegend, seine Knie umfasste, gegen reiche Geschenke that. Sein Leichnam ward verbrannt, die Asche beigesetzt, und er als Heros verehrt. Unser Bild zeigt, nach einer Gemme, H., wie er die Griechen zurückdrängt.


Hecuba, griechisch Hecabe, (Gr. M.), Tochter des Königs Dymas, und zweite Gattin des Priamus, dem sie neunzehn Söhne, unter diesen den edlen Hector

wird als Tochter des Titanen Perses und der Asteria genannt, doch sind hierüber die Angaben sehr verschieden, denn bald ist Jupiter, bald Tartarus der Vater, und Juno, Ceres Pheräa etc. die Mutter; sie war die einzige von den Titanen, welche dem Jupiter im Gigantenkriege beistand, desshalb ward sie nicht, wie die andern Titanen, in den Tartarus gestürzt, sondern von Jupiter mit grosser Macht im Himmel, auf der Erde und in der Unterwelt begabt, daher sie auch gewöhnlich dreigestaltig gebildet wird, und daher auch einige ihrer Beinamen kommen, wie Tricephalus, Triceps, die Dreiköpfige; Triformis, die Dreigestaltige; Trivia, Trioditis, die auf drei Wegen Wandelnde. Unser Bild zeigt eine solche H., aus drei Leibern zusammengesetzt, mit Fackel, Dolch und Schlüssel, ihren gewöhnlichen Attributen, zu denen sonst noch Hunde und Schlangen kommen. Von dieser Dreigestalt schreibt sich auch ihre Verehrung auf dreigetheilten Wegen her (nicht Kreuzwege, welche erst dem christlichen Aberglauben der Gestalt wegen heilig wurden); denn zu dreien Wegen hatte sie die Schlüssel: zu dem in den Hades, in den Himmel, und zu dem eines glücklichen Lebens auf der Erde, welches sie verleihen, welches sie entziehen konnte. Nächtlich war ihr Thun und Wirken immer, daher ihre Verwechselung mit der Mondgöttin Selene, welches ihr Name im Himmel ist, so wie Diana auf der Erde und H. im Tartarus. Als Ursache, wesshalb diese Titanin Göttin der Unterwelt wurde, wird von einem sehr späten Schriftsteller Folgendes angegeben: sie entwendete der Juno Schminke, um sie der Europa zu bringen, ward verfolgt, und barg sich unter einen Leichenzug, wodurch sie verunreinigt war und sich den andern Göttern nicht mehr nahen durfte, bis sie gereinigt worden; diess geschah durch die Cabiren auf Jupiters Befehl im Acheron, und dieses machte sie zur unterirdischen Gottheit. Drei Wege sollten ihr auch desshalb noch heilig sein, weil ihre Mutter sie auf einem solchen ausgesetzt und Hirten sie dort gefunden hatten. An dergleichen Orte stellte man auch die ihr bestimmten Opfer und Speisen, welche dann von armen Leuten geholt und verzehrt wurden.


Hecatesia (Gr. M.), ein Fest, der Hecate gefeiert in der Stadt Stratonicea in Carien.


Hecatombaeus (Gr. M.), »der durch Hecatomben Verehrte«, Beiname des Apollo sowohl, als des Jupiter.


Hecatombe (Gr. u. Röm. M.), ein grosses, öffentlich dargebrachtes Opfer von einer grössern Anzahl von Thieren; ursprünglich bezeichnet das Wort eine Anzahl von hundert Rindern, aber schon bei Homer kommt es immer in dem freiern, zuerst angegebenen Sinne vor: wie er denn z. B. von einer H. von 50 Schafböcken spricht. Aehnlich gebildet war das Wort Chiliombe, Opfer von 1000 Rindern.


Hecaton (Gr. M.), König der Insel Leucophrys, unfern Troja, dessen Tochter Calyce eine Geliebte des Neptun war, und ihm den Cycnus gebar, welcher, von Schwänen erzogen, von seinem Vater unverwundbar gemacht, doch dem Achilles unterlag, indem dieser ihn mit dem Riemen seines Helms erwürgte.


Hector, Fig. 138 (Gr. M.), Sohn des Priamus und der Hecuba (s. dd.), war mit Andromache (s. d.) vermählt, und hatte von ihr einen Sohn, Scamandrius oder


Fig. 138.
Astyanax genannt. Nichts Schöneres gibt es in alter und neuerer Dichtkunst, als die Stellen der Ilias, in denen H. und Andromache mit einander erscheinen; es spricht sich in ihnen die reinste Liebe zweier Gatten aus. H. war der einzige Schutz und Schirm von Troja, an seinem Leben hing das Geschick des Reiches, er war Oberbefehlshaber des ganzen Heeres, und that als solcher die herrlichsten Thaten; immer führte er, was unter seiner unmittelbaren Leitung stand, zum Siege, und wenn das Troërheer zurückgedrängt war, bedurfte es nur seiner Erscheinung, um die Schlachtreihen wieder herzustellen. Die Ilias ist voll von seinen Thaten. Wir vermögen nicht, ihn durch das ganze Gedicht zu begleiten, und müssen uns begnügen, sein Ende zu erzählen. – Patroclus war geblieben; der erzürnte Achilles beschloss Rache für den erschlagenen Freund. Er waffnet sich mit den Waffen, welche Thetis bei Vulcan bestellt, mordet schonungslos, und begegnet endlich auch dem H. In Deïphobus' Gestalt mahnt Minerva den H. zum Kampf mit Achilles, dem die Göttin beisteht, und von dessen Brust sie H.s Speere abprallen macht; dieser bietet dem Achilles ehrlichen Zweikampf, und fordert nur, dass man seinen Leichnam, nach entzogenem Waffenschmuck, gegen Auslösung seinen Eltern zur Bestattung ausliefere, so wie, wenn er Sieger bleibe, auch Achilles' Leichnam den Danaërn ausgeliefert werden solle. Der ergrimmte Held verwirft jeden Vertrag; eine Lanze durchbohrt H.s Hals, noch kann er sprechen und bittet den blutdürstigen Sieger abermals um Rückgabe des Leichnams an seine Eltern, doch auch dem Sterbenden entzieht er grausam den letzten Trost. Der Getödtete wird der Waffen beraubt, viele der Griechen verwunden noch den erschlagenen Helden, und Achilles schleift ihn dreimal um die Leiche des Patroclus und um den Grabhügel desselben, bis endlich die Götter ihm befahlen, den Leichnam, an dem er seine volle Rache gekühlt, auszuliefern, was er denn an den alten Priamus, der, im Staube vor ihm liegend, seine Knie umfasste, gegen reiche Geschenke that. Sein Leichnam ward verbrannt, die Asche beigesetzt, und er als Heros verehrt. Unser Bild zeigt, nach einer Gemme, H., wie er die Griechen zurückdrängt.


Hecuba, griechisch Hecabe, (Gr. M.), Tochter des Königs Dymas, und zweite Gattin des Priamus, dem sie neunzehn Söhne, unter diesen den edlen Hector

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[231/0301] wird als Tochter des Titanen Perses und der Asteria genannt, doch sind hierüber die Angaben sehr verschieden, denn bald ist Jupiter, bald Tartarus der Vater, und Juno, Ceres Pheräa etc. die Mutter; sie war die einzige von den Titanen, welche dem Jupiter im Gigantenkriege beistand, desshalb ward sie nicht, wie die andern Titanen, in den Tartarus gestürzt, sondern von Jupiter mit grosser Macht im Himmel, auf der Erde und in der Unterwelt begabt, daher sie auch gewöhnlich dreigestaltig gebildet wird, und daher auch einige ihrer Beinamen kommen, wie Tricephalus, Triceps, die Dreiköpfige; Triformis, die Dreigestaltige; Trivia, Trioditis, die auf drei Wegen Wandelnde. Unser Bild zeigt eine solche H., aus drei Leibern zusammengesetzt, mit Fackel, Dolch und Schlüssel, ihren gewöhnlichen Attributen, zu denen sonst noch Hunde und Schlangen kommen. Von dieser Dreigestalt schreibt sich auch ihre Verehrung auf dreigetheilten Wegen her (nicht Kreuzwege, welche erst dem christlichen Aberglauben der Gestalt wegen heilig wurden); denn zu dreien Wegen hatte sie die Schlüssel: zu dem in den Hades, in den Himmel, und zu dem eines glücklichen Lebens auf der Erde, welches sie verleihen, welches sie entziehen konnte. Nächtlich war ihr Thun und Wirken immer, daher ihre Verwechselung mit der Mondgöttin Selene, welches ihr Name im Himmel ist, so wie Diana auf der Erde und H. im Tartarus. Als Ursache, wesshalb diese Titanin Göttin der Unterwelt wurde, wird von einem sehr späten Schriftsteller Folgendes angegeben: sie entwendete der Juno Schminke, um sie der Europa zu bringen, ward verfolgt, und barg sich unter einen Leichenzug, wodurch sie verunreinigt war und sich den andern Göttern nicht mehr nahen durfte, bis sie gereinigt worden; diess geschah durch die Cabiren auf Jupiters Befehl im Acheron, und dieses machte sie zur unterirdischen Gottheit. Drei Wege sollten ihr auch desshalb noch heilig sein, weil ihre Mutter sie auf einem solchen ausgesetzt und Hirten sie dort gefunden hatten. An dergleichen Orte stellte man auch die ihr bestimmten Opfer und Speisen, welche dann von armen Leuten geholt und verzehrt wurden. Hecatesia (Gr. M.), ein Fest, der Hecate gefeiert in der Stadt Stratonicea in Carien. Hecatombaeus (Gr. M.), »der durch Hecatomben Verehrte«, Beiname des Apollo sowohl, als des Jupiter. Hecatombe (Gr. u. Röm. M.), ein grosses, öffentlich dargebrachtes Opfer von einer grössern Anzahl von Thieren; ursprünglich bezeichnet das Wort eine Anzahl von hundert Rindern, aber schon bei Homer kommt es immer in dem freiern, zuerst angegebenen Sinne vor: wie er denn z. B. von einer H. von 50 Schafböcken spricht. Aehnlich gebildet war das Wort Chiliombe, Opfer von 1000 Rindern. Hecaton (Gr. M.), König der Insel Leucophrys, unfern Troja, dessen Tochter Calyce eine Geliebte des Neptun war, und ihm den Cycnus gebar, welcher, von Schwänen erzogen, von seinem Vater unverwundbar gemacht, doch dem Achilles unterlag, indem dieser ihn mit dem Riemen seines Helms erwürgte. Hector, Fig. 138 (Gr. M.), Sohn des Priamus und der Hecuba (s. dd.), war mit Andromache (s. d.) vermählt, und hatte von ihr einen Sohn, Scamandrius oder [Abbildung Fig. 138. ] Astyanax genannt. Nichts Schöneres gibt es in alter und neuerer Dichtkunst, als die Stellen der Ilias, in denen H. und Andromache mit einander erscheinen; es spricht sich in ihnen die reinste Liebe zweier Gatten aus. H. war der einzige Schutz und Schirm von Troja, an seinem Leben hing das Geschick des Reiches, er war Oberbefehlshaber des ganzen Heeres, und that als solcher die herrlichsten Thaten; immer führte er, was unter seiner unmittelbaren Leitung stand, zum Siege, und wenn das Troërheer zurückgedrängt war, bedurfte es nur seiner Erscheinung, um die Schlachtreihen wieder herzustellen. Die Ilias ist voll von seinen Thaten. Wir vermögen nicht, ihn durch das ganze Gedicht zu begleiten, und müssen uns begnügen, sein Ende zu erzählen. – Patroclus war geblieben; der erzürnte Achilles beschloss Rache für den erschlagenen Freund. Er waffnet sich mit den Waffen, welche Thetis bei Vulcan bestellt, mordet schonungslos, und begegnet endlich auch dem H. In Deïphobus' Gestalt mahnt Minerva den H. zum Kampf mit Achilles, dem die Göttin beisteht, und von dessen Brust sie H.s Speere abprallen macht; dieser bietet dem Achilles ehrlichen Zweikampf, und fordert nur, dass man seinen Leichnam, nach entzogenem Waffenschmuck, gegen Auslösung seinen Eltern zur Bestattung ausliefere, so wie, wenn er Sieger bleibe, auch Achilles' Leichnam den Danaërn ausgeliefert werden solle. Der ergrimmte Held verwirft jeden Vertrag; eine Lanze durchbohrt H.s Hals, noch kann er sprechen und bittet den blutdürstigen Sieger abermals um Rückgabe des Leichnams an seine Eltern, doch auch dem Sterbenden entzieht er grausam den letzten Trost. Der Getödtete wird der Waffen beraubt, viele der Griechen verwunden noch den erschlagenen Helden, und Achilles schleift ihn dreimal um die Leiche des Patroclus und um den Grabhügel desselben, bis endlich die Götter ihm befahlen, den Leichnam, an dem er seine volle Rache gekühlt, auszuliefern, was er denn an den alten Priamus, der, im Staube vor ihm liegend, seine Knie umfasste, gegen reiche Geschenke that. Sein Leichnam ward verbrannt, die Asche beigesetzt, und er als Heros verehrt. Unser Bild zeigt, nach einer Gemme, H., wie er die Griechen zurückdrängt. Hecuba, griechisch Hecabe, (Gr. M.), Tochter des Königs Dymas, und zweite Gattin des Priamus, dem sie neunzehn Söhne, unter diesen den edlen Hector

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/301>, abgerufen am 22.11.2024.