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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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die der Erde, und bei dem andern Orakel unter dem leitenden Engpass nicht den Isthmus verstanden, sondern die dritte Frucht des Hraclidengeschlechts, und unter dem Engpass das dem Isthmus zur Rechten liegende Meer. Jetzt rüstete Temenus sich zu einem Land- und Seekriege, allein da ein Seher sich bei dem Heere einfand, der begeistert Orakelsprüche ertheilte, hielten die Heracliden diesen für einen Zauberer, der zum Verderben des Heeres aus dem Peloponnes abgesandt sei, und so warf Hippotes, Urenkel des H., mit einem Speere nach ihm und durchbohrte ihn. Apollo rächte den Fall des Sehers dadurch, dass die Schiffe zu Grunde gingen und eine Hungersnoth das Heer auflöste. Temenus fragte das Orakel nochmals, und die Pythia sagte, das Unglück habe sie getroffen, weil sie einen Schützling des Apollo ermordet, der Mörder müsse auf zehn Jahre verbannt werden, und sie müssten einen Dreiäugigen zu ihrem Feldherrn wählen. Das Erste geschah sogleich; den Feldherrn fanden sie in Oxylus, welcher einäugig war, aber ihnen auf einem Pferde, das wohl sah, reitend begegnete. Er war der Sohn den Andrämon, war wegen eines Mordes nach Elis geflohen, und kehrte jetzt nach Aetolien zurück; sie fanden hierin die Bestimmung des Orakels erfüllt, griffen die Feinde an, gewannen den Sieg und tödteten den Sohn des Orestes, Tisamenus; auch von ihrer Seite fielen zwei Helden, die Söhne des Aegimius, Dymas und Pamphilus, welche mit ihnen in den Krieg gezogen waren. Jetzt, nachdem der Peloponnes erobert


Fig. 156.
worden, errichteten sie ihrem väterlichen Ahnherrn Jupiter drei Altäre, und schritten sodann zur Vertheilung des Landes durch's Loos: Argos, Lacedämon und Messene sollten so ihre Herrscher bekommen; Temenus, Aristodemus, oder für ihn (der Anfangs dieses letzten Krieges geblieben war) seine beiden Söhne, Procles und Eurysthenes, und endlich der dritte, Cresphontes, sollten die Loose dazu geben; die Ersteren warfen bezeichnete Steine in die Urne mit Wasser, der Dritte, der das letzte Loos gern haben wollte, warf statt eines Steines ein Stück Erde hinein, welches sich auflöste; so bekamen die andern Argos und Lacedämon, ihm aber blieb das Dritte, was er gewünscht. Die Altäre, welche sie erbaut, gaben ihnen treffende Zeichen: für Argos eine Kröte (die Wahrsager sagten: die Argiver sollten zu Hause bleiben, denn das Thier habe keine Waffen); für Lacedämon einen Drachen (gewaltige Angreifer); für Messene einen Fuchs (durch List Alles gewinnend). - Hiemit endigt die allgemeine Geschichte der Heracliden; was jedem Einzelnen begegnet, findet man unter den betreffenden Namen.


Hercyna (Gr. M.), eine Gespielin der Kore (Proserpina). Sie war mit dieser in der Gegend von Lebadea in Böotien, in der Nähe einer Höhle, als eine Gans, mit der sie spielte, ihr plötzlich entfloh, in die Höhle kam und sich unter einen Stein verkroch. Proserpina kam herzu, erhob den Stein und fand das Thier, aber auch einen mächtigen Quell, welcher sogleich hervorsprudelte und

die der Erde, und bei dem andern Orakel unter dem leitenden Engpass nicht den Isthmus verstanden, sondern die dritte Frucht des Hraclidengeschlechts, und unter dem Engpass das dem Isthmus zur Rechten liegende Meer. Jetzt rüstete Temenus sich zu einem Land- und Seekriege, allein da ein Seher sich bei dem Heere einfand, der begeistert Orakelsprüche ertheilte, hielten die Heracliden diesen für einen Zauberer, der zum Verderben des Heeres aus dem Peloponnes abgesandt sei, und so warf Hippotes, Urenkel des H., mit einem Speere nach ihm und durchbohrte ihn. Apollo rächte den Fall des Sehers dadurch, dass die Schiffe zu Grunde gingen und eine Hungersnoth das Heer auflöste. Temenus fragte das Orakel nochmals, und die Pythia sagte, das Unglück habe sie getroffen, weil sie einen Schützling des Apollo ermordet, der Mörder müsse auf zehn Jahre verbannt werden, und sie müssten einen Dreiäugigen zu ihrem Feldherrn wählen. Das Erste geschah sogleich; den Feldherrn fanden sie in Oxylus, welcher einäugig war, aber ihnen auf einem Pferde, das wohl sah, reitend begegnete. Er war der Sohn den Andrämon, war wegen eines Mordes nach Elis geflohen, und kehrte jetzt nach Aetolien zurück; sie fanden hierin die Bestimmung des Orakels erfüllt, griffen die Feinde an, gewannen den Sieg und tödteten den Sohn des Orestes, Tisamenus; auch von ihrer Seite fielen zwei Helden, die Söhne des Aegimius, Dymas und Pamphilus, welche mit ihnen in den Krieg gezogen waren. Jetzt, nachdem der Peloponnes erobert


Fig. 156.
worden, errichteten sie ihrem väterlichen Ahnherrn Jupiter drei Altäre, und schritten sodann zur Vertheilung des Landes durch's Loos: Argos, Lacedämon und Messene sollten so ihre Herrscher bekommen; Temenus, Aristodemus, oder für ihn (der Anfangs dieses letzten Krieges geblieben war) seine beiden Söhne, Procles und Eurysthenes, und endlich der dritte, Cresphontes, sollten die Loose dazu geben; die Ersteren warfen bezeichnete Steine in die Urne mit Wasser, der Dritte, der das letzte Loos gern haben wollte, warf statt eines Steines ein Stück Erde hinein, welches sich auflöste; so bekamen die andern Argos und Lacedämon, ihm aber blieb das Dritte, was er gewünscht. Die Altäre, welche sie erbaut, gaben ihnen treffende Zeichen: für Argos eine Kröte (die Wahrsager sagten: die Argiver sollten zu Hause bleiben, denn das Thier habe keine Waffen); für Lacedämon einen Drachen (gewaltige Angreifer); für Messene einen Fuchs (durch List Alles gewinnend). – Hiemit endigt die allgemeine Geschichte der Heracliden; was jedem Einzelnen begegnet, findet man unter den betreffenden Namen.


Hercyna (Gr. M.), eine Gespielin der Kore (Proserpina). Sie war mit dieser in der Gegend von Lebadea in Böotien, in der Nähe einer Höhle, als eine Gans, mit der sie spielte, ihr plötzlich entfloh, in die Höhle kam und sich unter einen Stein verkroch. Proserpina kam herzu, erhob den Stein und fand das Thier, aber auch einen mächtigen Quell, welcher sogleich hervorsprudelte und

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/315>, abgerufen am 24.11.2024.