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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Perkel (Finn. M.), das böse Princip, der Höllengott der Lappen und Finnen.


Perkuna tete (Lettische M.), eine Göttin der alten Preussen, Mutter des Blitzes. Sie nimmt den müden, durch seinen Tageslauf staubig gewordenen Perkunos in ihren Schooss auf und badet ihn im Meere, damit er des andern Tages wieder hell und klar erscheine.


Perkunos, ein Gott der alten Preussen, und zwar das Haupt der göttlichen Trias, welche wir so häufig bei den Völkern der alten Welt angedeutet finden. Ihm zur Seite standen Potrimpos und Pikollos; er war der oberste Gott, der Donnerer, der Götterkönig; seine Bildsäulen, roh aus Stein oder Holz gemeisselt, trugen die Züge eines zornentbrannten Mannes, sein Gesicht war feuerfarb angestrichen, sein Haupt mit Feuergarben gekrönt; bei den Slaven, Böhmen, Mähren und Russen war er, so wie bei den Preussen und Litthauern, hoch verehrt; noch jetzt findet man seinen Namen in den litthauischen Volksgesängen. Nicht leicht gab es in ganz Litthauen oder Preussen (was für die Zeit des Heidenthums immer gleichbedeutend ist und erst von der Herrschaft des deutschen Ordens sich zu trennen beginnt) einen heiligen Wald, einen heiligen Ort, an welchem Opfer dargebracht wurden, wo nicht sein Bild verehrt, sein Dienst gefeiert worden wäre, und einzelne Namen von Orten, an denen dieses geschehen sein mag, haben sich noch bis jetzt erhalten, wie Perkunken, ein Dorf zwischen Königsberg und Tilsit, Perkunischken und Perkunlanken, das letztere unfern Gumbinnen etc. Vor allen aber wurden ihm grosse Opfer zu Romowe (s. d.) gebracht. Vor der grossen Eiche daselbst ward ihm zu Ehren ein ewiges Feuer aus geheiligtem Buchenholz erhalten: der Priester, welcher es verlöschen liess, musste, gleich den Vestalinnen in Rom, mit dem Tode büssen. In solchem Unglücksfall war es schwer, heiliges Feuer zu erhalten, es musste harten Kieseln entlockt werden; hatte man dasselbe, so krochen die Priester, auf dem Bauche liegend, zur heiligen Eiche, entzündeten das Holz auf dem Altar, und der fahrlässige Priester war das erste Opfer, welches in die Flammen geworfen wurde. Der Donner war seine Sprache, bei einem Gewitter fiel alles Volk auf die Kniee, schlug mit der Stirne den Boden und rief: "Gott P., erbarme dich unser !" Hatte der Gott mit dem Griwe geredet, hatte dieser Glück verkündet, so erfolgten fröhliche Gastgelage, und reiche Opfer fielen ihm dann an dem heiligen Feuer, Rosse, Rinder und gefangene Krieger. Durch den Blitzstrahl erschlagen werden, heiligte; ein so Getödteter war in die Gemeinschaft der Götter aufgenommen; daher hatten die Oberpriester keinen höhern Wunsch als den, durch des Gottes Blitzstrahl zu sterben; doch nicht bloss dieser, sondern jede Erscheinung am Himmel überhaupt ging von ihm aus: Regen und Schnee, Sonne und Sturmwind dankten ihm ihre Entstehung. Er scheint dem skandinavischen Gotte Thor zunächst zu stehen, doch ist die völlige Uebereinstimmung beider Gottheiten nicht nachzuweisen. Als Spender der Gesundheit, als Hülfsgott in Krankheiten ward P. angerufen. Gelübde und Dankopfer brachte man dem P. für sich und Andere bei gefährlichen Fällen. Heilig, wie die Asche von seinem heiligen Feuer, waren auch die Gewässer mehrerer ihm geweiheten und seinen Namen tragenden Seen, deren man noch jetzt vier kennt.


Pero (Gr. M.), Tochter des Neleus und der Chloris, ein Wunder von Schönheit. Um ihretwillen raubte der Seher Melampus für seinen Bruder Bias die Rinder des Iphiclus, weil Bias, der die schöne P. liebte, sie unter keiner andern Bedingung erhalten konnte; sie gebar den Talaus und Areius, welche nach Colchis zogen.


Perrhaebus (Gr. M.), König des Landes Perrhäbia; sein Sohn Cyphus baute die Stadt Cyphus und führte von dort zwanzig Schiffe zu dem Griechenheere vor Troja.


Perse oder Perseis (Gr. M.), Tochter des Oceanus und der Tethys, Gattin des Sonnengottes, dem sie den Aeetes und Perses gebar. Des Letztern Tochter war, nach Diodor, Hecate; diese, vermählt mit Aeetes, gebar Circe und Medea.


Persephone, der griechische Name für Proserpina (s. d.).


Perseptolis (Gr. M.), Sohn des Telemachus von der schönen Tochter des Alcinous, Königs der Phäaken.


Perses (Gr. M.), 1) Sohn des Sonnengottes, Vater der Hecate, welche zuerst ihn vergiftete, dann sich mit seinem Bruder Aeetes vermählte. - 2) P., Sohn des Perseus und der Andromeda; von ihm soll das Volk der Perser den Namen haben.


Perseus, Fig. 260 (Gr. M.), 1) einer der berühmtesten Heroen des Alterthumes, dessen Stamme Hercules entsprosste; er war von Jupiter erzeugt, der in der Gestalt eines goldenen Regens durch die Decke des Thurmes kam, in welchem Acrisius seine Tochter Danae (s. d.), aus Furcht vor einem Orakelspruche, verborgen hatte. Die Wärterin der Danae ward ermordet, sie selbst aber, nebst ihrem Kinde, in einem Kasten dem Meere preisgegeben. Wind und Wellen trieben die Verstossene nach der Insel Seriphus, wo Dictys (s. d.) sich ihrer annahm, dessen Bruder Polydectes aber verrätherisch an dem zum Jünglinge erwachsenen P. handelte, indem er ihn zu dem gefährlichen Zuge gegen die Gorgonen aufmunterte. P. bestand das Abenteuer, indem er mit abgewendetem Blicke nur im Spiegel des glänzend hell polirten Schildes nach der Medusa sah und so ihr den Kopf abhieb, durch welchen er versteinert worden wäre, wenn er ihn selbst angesehen hätte. Jetzt barg er diesen entsetzlichen Kopf in einer ledernen Tasche und gebrauchte ihn als seine furchtbarste Waffe, denn wo ihm der Feinde Zahl zu mächtig wurde,


Fig. 260.
da hielt er ihnen das Medusenhaupt vor und versteinerte sie. Andromeda (s. d.) ward des Helden Gattin; mit ihr kehrte er nach Griechenland zurück und erfüllte den Orakelspruch, welcher dem Acrisius den Tod von dem Kinde seiner Tochter gedroht, indem er bei den Leichenspielen des Königs von Larissa, in Thessalien, durch einen Discus getödtet wurde, den P. emporgeworfen. Ihm fiel nun Argos zu; dieses Reich vertauschte er jedoch gegen Tiryns, und gründete die Städte Mycenä und Midea. Ihm wurden später ganze Städte und Tempel gewidmet: zu Chemmis in Aegypten hatte er einen der bedeutendsten; dieser Ort rühmte sich sogar, sein Stammort zu sein; zu Tarsus in Cilicien ward er als Gott verehrt, auch in Athen hatte er einen Altar und eine Bildsäule von Erz. Nach einem Relief aus gebrannter Erde sehen wir auf unserem Bilde P., wie er der Medusa den Kopf abgehauen hat, aus deren Halse Chrysaor hervorgeht. Ein Liebling der Minerva und des Mercur (die Erste hatte ihm den hell polirten Schild, der Andere Pluto's unsichtbar machenden Helm und seine eigenen Flügelschuhe gegeben), ward er nach seinem Tode als Heros verehrt und unter die Sterne versetzt. So bildet er eines der nördlichen Sternbilder, nahe der Andromeda; dort erscheint er als Krieger mit geschwungenem Schwert in der einen, und mit dem Medusenhaupt in der andern Hand. Er steht mitten in der Milchstrasse, ist östlich von der

Perkel (Finn. M.), das böse Princip, der Höllengott der Lappen und Finnen.


Perkuna tete (Lettische M.), eine Göttin der alten Preussen, Mutter des Blitzes. Sie nimmt den müden, durch seinen Tageslauf staubig gewordenen Perkunos in ihren Schooss auf und badet ihn im Meere, damit er des andern Tages wieder hell und klar erscheine.


Perkunos, ein Gott der alten Preussen, und zwar das Haupt der göttlichen Trias, welche wir so häufig bei den Völkern der alten Welt angedeutet finden. Ihm zur Seite standen Potrimpos und Pikollos; er war der oberste Gott, der Donnerer, der Götterkönig; seine Bildsäulen, roh aus Stein oder Holz gemeisselt, trugen die Züge eines zornentbrannten Mannes, sein Gesicht war feuerfarb angestrichen, sein Haupt mit Feuergarben gekrönt; bei den Slaven, Böhmen, Mähren und Russen war er, so wie bei den Preussen und Litthauern, hoch verehrt; noch jetzt findet man seinen Namen in den litthauischen Volksgesängen. Nicht leicht gab es in ganz Litthauen oder Preussen (was für die Zeit des Heidenthums immer gleichbedeutend ist und erst von der Herrschaft des deutschen Ordens sich zu trennen beginnt) einen heiligen Wald, einen heiligen Ort, an welchem Opfer dargebracht wurden, wo nicht sein Bild verehrt, sein Dienst gefeiert worden wäre, und einzelne Namen von Orten, an denen dieses geschehen sein mag, haben sich noch bis jetzt erhalten, wie Perkunken, ein Dorf zwischen Königsberg und Tilsit, Perkunischken und Perkunlanken, das letztere unfern Gumbinnen etc. Vor allen aber wurden ihm grosse Opfer zu Romowe (s. d.) gebracht. Vor der grossen Eiche daselbst ward ihm zu Ehren ein ewiges Feuer aus geheiligtem Buchenholz erhalten: der Priester, welcher es verlöschen liess, musste, gleich den Vestalinnen in Rom, mit dem Tode büssen. In solchem Unglücksfall war es schwer, heiliges Feuer zu erhalten, es musste harten Kieseln entlockt werden; hatte man dasselbe, so krochen die Priester, auf dem Bauche liegend, zur heiligen Eiche, entzündeten das Holz auf dem Altar, und der fahrlässige Priester war das erste Opfer, welches in die Flammen geworfen wurde. Der Donner war seine Sprache, bei einem Gewitter fiel alles Volk auf die Kniee, schlug mit der Stirne den Boden und rief: »Gott P., erbarme dich unser !« Hatte der Gott mit dem Griwe geredet, hatte dieser Glück verkündet, so erfolgten fröhliche Gastgelage, und reiche Opfer fielen ihm dann an dem heiligen Feuer, Rosse, Rinder und gefangene Krieger. Durch den Blitzstrahl erschlagen werden, heiligte; ein so Getödteter war in die Gemeinschaft der Götter aufgenommen; daher hatten die Oberpriester keinen höhern Wunsch als den, durch des Gottes Blitzstrahl zu sterben; doch nicht bloss dieser, sondern jede Erscheinung am Himmel überhaupt ging von ihm aus: Regen und Schnee, Sonne und Sturmwind dankten ihm ihre Entstehung. Er scheint dem skandinavischen Gotte Thor zunächst zu stehen, doch ist die völlige Uebereinstimmung beider Gottheiten nicht nachzuweisen. Als Spender der Gesundheit, als Hülfsgott in Krankheiten ward P. angerufen. Gelübde und Dankopfer brachte man dem P. für sich und Andere bei gefährlichen Fällen. Heilig, wie die Asche von seinem heiligen Feuer, waren auch die Gewässer mehrerer ihm geweiheten und seinen Namen tragenden Seen, deren man noch jetzt vier kennt.


Pero (Gr. M.), Tochter des Neleus und der Chloris, ein Wunder von Schönheit. Um ihretwillen raubte der Seher Melampus für seinen Bruder Bias die Rinder des Iphiclus, weil Bias, der die schöne P. liebte, sie unter keiner andern Bedingung erhalten konnte; sie gebar den Talaus und Areius, welche nach Colchis zogen.


Perrhaebus (Gr. M.), König des Landes Perrhäbia; sein Sohn Cyphus baute die Stadt Cyphus und führte von dort zwanzig Schiffe zu dem Griechenheere vor Troja.


Perse oder Perseïs (Gr. M.), Tochter des Oceanus und der Tethys, Gattin des Sonnengottes, dem sie den Aeëtes und Perses gebar. Des Letztern Tochter war, nach Diodor, Hecate; diese, vermählt mit Aeëtes, gebar Circe und Medea.


Persephone, der griechische Name für Proserpina (s. d.).


Perseptolis (Gr. M.), Sohn des Telemachus von der schönen Tochter des Alcinous, Königs der Phäaken.


Perses (Gr. M.), 1) Sohn des Sonnengottes, Vater der Hecate, welche zuerst ihn vergiftete, dann sich mit seinem Bruder Aeëtes vermählte. – 2) P., Sohn des Perseus und der Andromeda; von ihm soll das Volk der Perser den Namen haben.


Perseus, Fig. 260 (Gr. M.), 1) einer der berühmtesten Heroen des Alterthumes, dessen Stamme Hercules entsprosste; er war von Jupiter erzeugt, der in der Gestalt eines goldenen Regens durch die Decke des Thurmes kam, in welchem Acrisius seine Tochter Danaë (s. d.), aus Furcht vor einem Orakelspruche, verborgen hatte. Die Wärterin der Danaë ward ermordet, sie selbst aber, nebst ihrem Kinde, in einem Kasten dem Meere preisgegeben. Wind und Wellen trieben die Verstossene nach der Insel Seriphus, wo Dictys (s. d.) sich ihrer annahm, dessen Bruder Polydectes aber verrätherisch an dem zum Jünglinge erwachsenen P. handelte, indem er ihn zu dem gefährlichen Zuge gegen die Gorgonen aufmunterte. P. bestand das Abenteuer, indem er mit abgewendetem Blicke nur im Spiegel des glänzend hell polirten Schildes nach der Medusa sah und so ihr den Kopf abhieb, durch welchen er versteinert worden wäre, wenn er ihn selbst angesehen hätte. Jetzt barg er diesen entsetzlichen Kopf in einer ledernen Tasche und gebrauchte ihn als seine furchtbarste Waffe, denn wo ihm der Feinde Zahl zu mächtig wurde,


Fig. 260.
da hielt er ihnen das Medusenhaupt vor und versteinerte sie. Andromeda (s. d.) ward des Helden Gattin; mit ihr kehrte er nach Griechenland zurück und erfüllte den Orakelspruch, welcher dem Acrisius den Tod von dem Kinde seiner Tochter gedroht, indem er bei den Leichenspielen des Königs von Larissa, in Thessalien, durch einen Discus getödtet wurde, den P. emporgeworfen. Ihm fiel nun Argos zu; dieses Reich vertauschte er jedoch gegen Tiryns, und gründete die Städte Mycenä und Midea. Ihm wurden später ganze Städte und Tempel gewidmet: zu Chemmis in Aegypten hatte er einen der bedeutendsten; dieser Ort rühmte sich sogar, sein Stammort zu sein; zu Tarsus in Cilicien ward er als Gott verehrt, auch in Athen hatte er einen Altar und eine Bildsäule von Erz. Nach einem Relief aus gebrannter Erde sehen wir auf unserem Bilde P., wie er der Medusa den Kopf abgehauen hat, aus deren Halse Chrysaor hervorgeht. Ein Liebling der Minerva und des Mercur (die Erste hatte ihm den hell polirten Schild, der Andere Pluto's unsichtbar machenden Helm und seine eigenen Flügelschuhe gegeben), ward er nach seinem Tode als Heros verehrt und unter die Sterne versetzt. So bildet er eines der nördlichen Sternbilder, nahe der Andromeda; dort erscheint er als Krieger mit geschwungenem Schwert in der einen, und mit dem Medusenhaupt in der andern Hand. Er steht mitten in der Milchstrasse, ist östlich von der

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[374/0444] Perkel (Finn. M.), das böse Princip, der Höllengott der Lappen und Finnen. Perkuna tete (Lettische M.), eine Göttin der alten Preussen, Mutter des Blitzes. Sie nimmt den müden, durch seinen Tageslauf staubig gewordenen Perkunos in ihren Schooss auf und badet ihn im Meere, damit er des andern Tages wieder hell und klar erscheine. Perkunos, ein Gott der alten Preussen, und zwar das Haupt der göttlichen Trias, welche wir so häufig bei den Völkern der alten Welt angedeutet finden. Ihm zur Seite standen Potrimpos und Pikollos; er war der oberste Gott, der Donnerer, der Götterkönig; seine Bildsäulen, roh aus Stein oder Holz gemeisselt, trugen die Züge eines zornentbrannten Mannes, sein Gesicht war feuerfarb angestrichen, sein Haupt mit Feuergarben gekrönt; bei den Slaven, Böhmen, Mähren und Russen war er, so wie bei den Preussen und Litthauern, hoch verehrt; noch jetzt findet man seinen Namen in den litthauischen Volksgesängen. Nicht leicht gab es in ganz Litthauen oder Preussen (was für die Zeit des Heidenthums immer gleichbedeutend ist und erst von der Herrschaft des deutschen Ordens sich zu trennen beginnt) einen heiligen Wald, einen heiligen Ort, an welchem Opfer dargebracht wurden, wo nicht sein Bild verehrt, sein Dienst gefeiert worden wäre, und einzelne Namen von Orten, an denen dieses geschehen sein mag, haben sich noch bis jetzt erhalten, wie Perkunken, ein Dorf zwischen Königsberg und Tilsit, Perkunischken und Perkunlanken, das letztere unfern Gumbinnen etc. Vor allen aber wurden ihm grosse Opfer zu Romowe (s. d.) gebracht. Vor der grossen Eiche daselbst ward ihm zu Ehren ein ewiges Feuer aus geheiligtem Buchenholz erhalten: der Priester, welcher es verlöschen liess, musste, gleich den Vestalinnen in Rom, mit dem Tode büssen. In solchem Unglücksfall war es schwer, heiliges Feuer zu erhalten, es musste harten Kieseln entlockt werden; hatte man dasselbe, so krochen die Priester, auf dem Bauche liegend, zur heiligen Eiche, entzündeten das Holz auf dem Altar, und der fahrlässige Priester war das erste Opfer, welches in die Flammen geworfen wurde. Der Donner war seine Sprache, bei einem Gewitter fiel alles Volk auf die Kniee, schlug mit der Stirne den Boden und rief: »Gott P., erbarme dich unser !« Hatte der Gott mit dem Griwe geredet, hatte dieser Glück verkündet, so erfolgten fröhliche Gastgelage, und reiche Opfer fielen ihm dann an dem heiligen Feuer, Rosse, Rinder und gefangene Krieger. Durch den Blitzstrahl erschlagen werden, heiligte; ein so Getödteter war in die Gemeinschaft der Götter aufgenommen; daher hatten die Oberpriester keinen höhern Wunsch als den, durch des Gottes Blitzstrahl zu sterben; doch nicht bloss dieser, sondern jede Erscheinung am Himmel überhaupt ging von ihm aus: Regen und Schnee, Sonne und Sturmwind dankten ihm ihre Entstehung. Er scheint dem skandinavischen Gotte Thor zunächst zu stehen, doch ist die völlige Uebereinstimmung beider Gottheiten nicht nachzuweisen. Als Spender der Gesundheit, als Hülfsgott in Krankheiten ward P. angerufen. Gelübde und Dankopfer brachte man dem P. für sich und Andere bei gefährlichen Fällen. Heilig, wie die Asche von seinem heiligen Feuer, waren auch die Gewässer mehrerer ihm geweiheten und seinen Namen tragenden Seen, deren man noch jetzt vier kennt. Pero (Gr. M.), Tochter des Neleus und der Chloris, ein Wunder von Schönheit. Um ihretwillen raubte der Seher Melampus für seinen Bruder Bias die Rinder des Iphiclus, weil Bias, der die schöne P. liebte, sie unter keiner andern Bedingung erhalten konnte; sie gebar den Talaus und Areius, welche nach Colchis zogen. Perrhaebus (Gr. M.), König des Landes Perrhäbia; sein Sohn Cyphus baute die Stadt Cyphus und führte von dort zwanzig Schiffe zu dem Griechenheere vor Troja. Perse oder Perseïs (Gr. M.), Tochter des Oceanus und der Tethys, Gattin des Sonnengottes, dem sie den Aeëtes und Perses gebar. Des Letztern Tochter war, nach Diodor, Hecate; diese, vermählt mit Aeëtes, gebar Circe und Medea. Persephone, der griechische Name für Proserpina (s. d.). Perseptolis (Gr. M.), Sohn des Telemachus von der schönen Tochter des Alcinous, Königs der Phäaken. Perses (Gr. M.), 1) Sohn des Sonnengottes, Vater der Hecate, welche zuerst ihn vergiftete, dann sich mit seinem Bruder Aeëtes vermählte. – 2) P., Sohn des Perseus und der Andromeda; von ihm soll das Volk der Perser den Namen haben. Perseus, Fig. 260 (Gr. M.), 1) einer der berühmtesten Heroen des Alterthumes, dessen Stamme Hercules entsprosste; er war von Jupiter erzeugt, der in der Gestalt eines goldenen Regens durch die Decke des Thurmes kam, in welchem Acrisius seine Tochter Danaë (s. d.), aus Furcht vor einem Orakelspruche, verborgen hatte. Die Wärterin der Danaë ward ermordet, sie selbst aber, nebst ihrem Kinde, in einem Kasten dem Meere preisgegeben. Wind und Wellen trieben die Verstossene nach der Insel Seriphus, wo Dictys (s. d.) sich ihrer annahm, dessen Bruder Polydectes aber verrätherisch an dem zum Jünglinge erwachsenen P. handelte, indem er ihn zu dem gefährlichen Zuge gegen die Gorgonen aufmunterte. P. bestand das Abenteuer, indem er mit abgewendetem Blicke nur im Spiegel des glänzend hell polirten Schildes nach der Medusa sah und so ihr den Kopf abhieb, durch welchen er versteinert worden wäre, wenn er ihn selbst angesehen hätte. Jetzt barg er diesen entsetzlichen Kopf in einer ledernen Tasche und gebrauchte ihn als seine furchtbarste Waffe, denn wo ihm der Feinde Zahl zu mächtig wurde, [Abbildung Fig. 260. ] da hielt er ihnen das Medusenhaupt vor und versteinerte sie. Andromeda (s. d.) ward des Helden Gattin; mit ihr kehrte er nach Griechenland zurück und erfüllte den Orakelspruch, welcher dem Acrisius den Tod von dem Kinde seiner Tochter gedroht, indem er bei den Leichenspielen des Königs von Larissa, in Thessalien, durch einen Discus getödtet wurde, den P. emporgeworfen. Ihm fiel nun Argos zu; dieses Reich vertauschte er jedoch gegen Tiryns, und gründete die Städte Mycenä und Midea. Ihm wurden später ganze Städte und Tempel gewidmet: zu Chemmis in Aegypten hatte er einen der bedeutendsten; dieser Ort rühmte sich sogar, sein Stammort zu sein; zu Tarsus in Cilicien ward er als Gott verehrt, auch in Athen hatte er einen Altar und eine Bildsäule von Erz. Nach einem Relief aus gebrannter Erde sehen wir auf unserem Bilde P., wie er der Medusa den Kopf abgehauen hat, aus deren Halse Chrysaor hervorgeht. Ein Liebling der Minerva und des Mercur (die Erste hatte ihm den hell polirten Schild, der Andere Pluto's unsichtbar machenden Helm und seine eigenen Flügelschuhe gegeben), ward er nach seinem Tode als Heros verehrt und unter die Sterne versetzt. So bildet er eines der nördlichen Sternbilder, nahe der Andromeda; dort erscheint er als Krieger mit geschwungenem Schwert in der einen, und mit dem Medusenhaupt in der andern Hand. Er steht mitten in der Milchstrasse, ist östlich von der

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Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/444>, abgerufen am 22.11.2024.