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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Prorowit (Slav. M.), ein Gott, welcher mit vier Köpfen auf dem gemeinschaftlichen Rumpf vorgestellt wurde; er trug noch einen fünften Kopf auf der Brust, vor welchem er die Hand hielt, so dass seine Augen durch die Spalten der Finger sahen. Man hat vielfache Deutungen dieser Figur, doch keine, welche dem Sinne der slavischen Religionen entspräche; alle Schlüsse sind auf die Aehnlichkeit des Bildes mit dem Janus quadrifrons gebaut.


Prosa oder Prorsa, identisch mit Porrima oder Anteverta (s. d.).


Prosclystius (Gr. M.), "der Anspüler," Beiname des Neptun. Der Gott erhielt denselben, weil er, zürnend, dass nicht ihm, sondern der Juno die Oberherrschaft von Argos zugesprochen worden, die Meereswellen erhob und das Land verwüstete.


Proseleniten (Gr. M.). Die Arcadier, um sich als den ältesten aller griechischen Stämme zu bezeichnen, behaupteten, ihre Stammväter hätten schon existirt, ehe noch der Mond geschaffen gewesen, und nannten sich daher P., d. h. Vormondliche.


Proserpina, Fig. 266 (Gr. M.), griechisch Persephone, in den Mysterien auch Core genannt, Tochter der Ceres und des Jupiter, ward Pluto's Gemahlin, der sie vom Spiele mit ihren Freundinnen hinweg raubte. Amor hatte nämlich auf der Venus Befehl den Gott verwundet, und seine Wünsche auf Proserpina gerichtet, damit sowohl diese gestraft würde, weil sie gleich Diana Jungfrau bleiben wollte, als auch, damit die Macht des Liebesgottes sich auf die Unterwelt ausdehne. Unterdessen suchte Ceres jammernd ihre Tochter, erfährt endlich, dass Pluto der Räuber ist, und sogleich eilt sie zu Jupiter, durch ihn die Rückgabe der Tochter verlangend. Jupiter wünscht, dass P. dem Bruder verbleibe; indess wird ihr, auf der Mutter dringende Bitte, die Rückkehr zum Himmel gestattet, jedoch nur unter der strengen Bedingung, wenn P. dort noch keinerlei Speise mit dem Munde berührt habe. Nun hatte sie aber "einen punischen Apfel vom hängenden Baume gepflücket, und aus gelblicher Rinde die sieben genommenen Körner über die Lippen gebracht." Diess hatte Acalaphus gesehen und ausgeplaudert, was der P. die Heimkehr raubte, und wofür zur Strafe die "Fürstin des Erebus" ihn in einen Uhu verwandelte, oder, nach Andern, Ceres einen Felsen auf ihn stürzte. - Es ward nun die gutwillige Uebereinkunft getroffen, dass P. einen Theil des Jahres bei Pluto in der Unterwelt, den andern aber bei ihrer Mutter auf der Oberwelt zubringen solle. - P. hatte keine Nachkommen, obwohl man ihr nicht Unempfindlichkeit gegen die Liebe vorwerfen konnte, da sie selbst mit Venus über Adonis in Streit kam, welchen Jupiter eben so schlichtete, wie den zwischen ihrer Mutter und Pluto. Homer weiss noch nichts von dieser Entführung; bei ihm ist P. die rechtmässige Gemahlin des Hades (Pluto), die schreckliche, erhabene, heilige Herrscherin der Schatten. In der später ausgeschmückten Sage wird sie Symbol des Pflanzenlebens, das im Frühling aus der Erde hervorsprosst, im Herbste erstirbt; sie tritt daher in den Kreis des Adonis ein, und soll mit Jupiter den Bacchus Zagreus gezeugt haben, den die Titanen zerreissen. Als Tochter der Ceres ward sie in den eleusinischen Mysterien, besonders in den kleinen, hoch gefeiert, hatte in allen Tempeln der Ceres Altäre und Statuen, ward aber meistentheils neben Pluto auf dem Throne sitzend dargestellt. Eine Darstellung des Raubes der Proserpina nach einem Basrelief zeigt nebenstehendes Bild.


Prostasia (Gr. M.), "die Vorsteherin," Beiname der Ceres, unter welchem sie einen Tempel und Hain bei Sicyon mit ihrer Tochter Proserpina theilte.


Prostaterius (Gr. M.), "der Beschützer," Beiname des Apollo, unter welchem er einen kleinen Tempel in Attica hatte.


Prosymna (Gr. M.), des Flusses Asterion Tochter, welche, nebst ihren Schwestern Euböa und Acräa, die Juno auferzog. - Ferner ein Beiname der Ceres.


Protesilaus (Gr. M.), Sohn des Iphiclus und der Astyoche, und mit der Tochter des Acastus, Laodamia, kaum vermählt, als er abreisen musste. Die junge Gattin liebte ihn über Alles, wesshalb sie, als er gleich bei der Landung an der troischen Küste als erstes Opfer des Krieges gefallen war, sich von den Göttern die Gnade erbat, ihn noch einmal auf wenige Stunden sehen zu dürfen; es geschah, und bald darauf gab sie sich selbst den Tod. P. ward als Heros verehrt und hatte zu Eläus auf dem thracischen Chersonnes einen Tempel. Artayctes, Feldherr des Xerxes, bat diesen, ihm das Haus des Griechen, welcher wider den grossen König Krieg geführt, zu schenken; diess geschah: es war der Tempel, dessen


Fig. 266.
reiche Schätze Artayctes nun in die Festung Sestus bringen liess, welche er dann auch mit aller Macht gegen die anrückenden Griechen vertheidigte; doch musste er fliehen, da zuletzt die Stadt so ausgehungert war, dass seine Leute keine Nahrungsmittel mehr hatten, als die ledernen Gurten ihrer Bettgestelle. Man holte ihn auf

Prorowit (Slav. M.), ein Gott, welcher mit vier Köpfen auf dem gemeinschaftlichen Rumpf vorgestellt wurde; er trug noch einen fünften Kopf auf der Brust, vor welchem er die Hand hielt, so dass seine Augen durch die Spalten der Finger sahen. Man hat vielfache Deutungen dieser Figur, doch keine, welche dem Sinne der slavischen Religionen entspräche; alle Schlüsse sind auf die Aehnlichkeit des Bildes mit dem Janus quadrifrons gebaut.


Prosa oder Prorsa, identisch mit Porrima oder Anteverta (s. d.).


Prosclystius (Gr. M.), »der Anspüler,« Beiname des Neptun. Der Gott erhielt denselben, weil er, zürnend, dass nicht ihm, sondern der Juno die Oberherrschaft von Argos zugesprochen worden, die Meereswellen erhob und das Land verwüstete.


Proseleniten (Gr. M.). Die Arcadier, um sich als den ältesten aller griechischen Stämme zu bezeichnen, behaupteten, ihre Stammväter hätten schon existirt, ehe noch der Mond geschaffen gewesen, und nannten sich daher P., d. h. Vormondliche.


Proserpina, Fig. 266 (Gr. M.), griechisch Persephonê, in den Mysterien auch Core genannt, Tochter der Ceres und des Jupiter, ward Pluto's Gemahlin, der sie vom Spiele mit ihren Freundinnen hinweg raubte. Amor hatte nämlich auf der Venus Befehl den Gott verwundet, und seine Wünsche auf Proserpina gerichtet, damit sowohl diese gestraft würde, weil sie gleich Diana Jungfrau bleiben wollte, als auch, damit die Macht des Liebesgottes sich auf die Unterwelt ausdehne. Unterdessen suchte Ceres jammernd ihre Tochter, erfährt endlich, dass Pluto der Räuber ist, und sogleich eilt sie zu Jupiter, durch ihn die Rückgabe der Tochter verlangend. Jupiter wünscht, dass P. dem Bruder verbleibe; indess wird ihr, auf der Mutter dringende Bitte, die Rückkehr zum Himmel gestattet, jedoch nur unter der strengen Bedingung, wenn P. dort noch keinerlei Speise mit dem Munde berührt habe. Nun hatte sie aber »einen punischen Apfel vom hängenden Baume gepflücket, und aus gelblicher Rinde die sieben genommenen Körner über die Lippen gebracht.« Diess hatte Acalaphus gesehen und ausgeplaudert, was der P. die Heimkehr raubte, und wofür zur Strafe die »Fürstin des Erebus« ihn in einen Uhu verwandelte, oder, nach Andern, Ceres einen Felsen auf ihn stürzte. – Es ward nun die gutwillige Uebereinkunft getroffen, dass P. einen Theil des Jahres bei Pluto in der Unterwelt, den andern aber bei ihrer Mutter auf der Oberwelt zubringen solle. – P. hatte keine Nachkommen, obwohl man ihr nicht Unempfindlichkeit gegen die Liebe vorwerfen konnte, da sie selbst mit Venus über Adonis in Streit kam, welchen Jupiter eben so schlichtete, wie den zwischen ihrer Mutter und Pluto. Homer weiss noch nichts von dieser Entführung; bei ihm ist P. die rechtmässige Gemahlin des Hades (Pluto), die schreckliche, erhabene, heilige Herrscherin der Schatten. In der später ausgeschmückten Sage wird sie Symbol des Pflanzenlebens, das im Frühling aus der Erde hervorsprosst, im Herbste erstirbt; sie tritt daher in den Kreis des Adonis ein, und soll mit Jupiter den Bacchus Zagreus gezeugt haben, den die Titanen zerreissen. Als Tochter der Ceres ward sie in den eleusinischen Mysterien, besonders in den kleinen, hoch gefeiert, hatte in allen Tempeln der Ceres Altäre und Statuen, ward aber meistentheils neben Pluto auf dem Throne sitzend dargestellt. Eine Darstellung des Raubes der Proserpina nach einem Basrelief zeigt nebenstehendes Bild.


Prostasia (Gr. M.), »die Vorsteherin,« Beiname der Ceres, unter welchem sie einen Tempel und Hain bei Sicyon mit ihrer Tochter Proserpina theilte.


Prostaterius (Gr. M.), »der Beschützer,« Beiname des Apollo, unter welchem er einen kleinen Tempel in Attica hatte.


Prosymna (Gr. M.), des Flusses Asterion Tochter, welche, nebst ihren Schwestern Euböa und Acräa, die Juno auferzog. – Ferner ein Beiname der Ceres.


Protesilaus (Gr. M.), Sohn des Iphiclus und der Astyoche, und mit der Tochter des Acastus, Laodamia, kaum vermählt, als er abreisen musste. Die junge Gattin liebte ihn über Alles, wesshalb sie, als er gleich bei der Landung an der troïschen Küste als erstes Opfer des Krieges gefallen war, sich von den Göttern die Gnade erbat, ihn noch einmal auf wenige Stunden sehen zu dürfen; es geschah, und bald darauf gab sie sich selbst den Tod. P. ward als Heros verehrt und hatte zu Eläus auf dem thracischen Chersonnes einen Tempel. Artayctes, Feldherr des Xerxes, bat diesen, ihm das Haus des Griechen, welcher wider den grossen König Krieg geführt, zu schenken; diess geschah: es war der Tempel, dessen


Fig. 266.
reiche Schätze Artayctes nun in die Festung Sestus bringen liess, welche er dann auch mit aller Macht gegen die anrückenden Griechen vertheidigte; doch musste er fliehen, da zuletzt die Stadt so ausgehungert war, dass seine Leute keine Nahrungsmittel mehr hatten, als die ledernen Gurten ihrer Bettgestelle. Man holte ihn auf

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[391/0461] Prorowit (Slav. M.), ein Gott, welcher mit vier Köpfen auf dem gemeinschaftlichen Rumpf vorgestellt wurde; er trug noch einen fünften Kopf auf der Brust, vor welchem er die Hand hielt, so dass seine Augen durch die Spalten der Finger sahen. Man hat vielfache Deutungen dieser Figur, doch keine, welche dem Sinne der slavischen Religionen entspräche; alle Schlüsse sind auf die Aehnlichkeit des Bildes mit dem Janus quadrifrons gebaut. Prosa oder Prorsa, identisch mit Porrima oder Anteverta (s. d.). Prosclystius (Gr. M.), »der Anspüler,« Beiname des Neptun. Der Gott erhielt denselben, weil er, zürnend, dass nicht ihm, sondern der Juno die Oberherrschaft von Argos zugesprochen worden, die Meereswellen erhob und das Land verwüstete. Proseleniten (Gr. M.). Die Arcadier, um sich als den ältesten aller griechischen Stämme zu bezeichnen, behaupteten, ihre Stammväter hätten schon existirt, ehe noch der Mond geschaffen gewesen, und nannten sich daher P., d. h. Vormondliche. Proserpina, Fig. 266 (Gr. M.), griechisch Persephonê, in den Mysterien auch Core genannt, Tochter der Ceres und des Jupiter, ward Pluto's Gemahlin, der sie vom Spiele mit ihren Freundinnen hinweg raubte. Amor hatte nämlich auf der Venus Befehl den Gott verwundet, und seine Wünsche auf Proserpina gerichtet, damit sowohl diese gestraft würde, weil sie gleich Diana Jungfrau bleiben wollte, als auch, damit die Macht des Liebesgottes sich auf die Unterwelt ausdehne. Unterdessen suchte Ceres jammernd ihre Tochter, erfährt endlich, dass Pluto der Räuber ist, und sogleich eilt sie zu Jupiter, durch ihn die Rückgabe der Tochter verlangend. Jupiter wünscht, dass P. dem Bruder verbleibe; indess wird ihr, auf der Mutter dringende Bitte, die Rückkehr zum Himmel gestattet, jedoch nur unter der strengen Bedingung, wenn P. dort noch keinerlei Speise mit dem Munde berührt habe. Nun hatte sie aber »einen punischen Apfel vom hängenden Baume gepflücket, und aus gelblicher Rinde die sieben genommenen Körner über die Lippen gebracht.« Diess hatte Acalaphus gesehen und ausgeplaudert, was der P. die Heimkehr raubte, und wofür zur Strafe die »Fürstin des Erebus« ihn in einen Uhu verwandelte, oder, nach Andern, Ceres einen Felsen auf ihn stürzte. – Es ward nun die gutwillige Uebereinkunft getroffen, dass P. einen Theil des Jahres bei Pluto in der Unterwelt, den andern aber bei ihrer Mutter auf der Oberwelt zubringen solle. – P. hatte keine Nachkommen, obwohl man ihr nicht Unempfindlichkeit gegen die Liebe vorwerfen konnte, da sie selbst mit Venus über Adonis in Streit kam, welchen Jupiter eben so schlichtete, wie den zwischen ihrer Mutter und Pluto. Homer weiss noch nichts von dieser Entführung; bei ihm ist P. die rechtmässige Gemahlin des Hades (Pluto), die schreckliche, erhabene, heilige Herrscherin der Schatten. In der später ausgeschmückten Sage wird sie Symbol des Pflanzenlebens, das im Frühling aus der Erde hervorsprosst, im Herbste erstirbt; sie tritt daher in den Kreis des Adonis ein, und soll mit Jupiter den Bacchus Zagreus gezeugt haben, den die Titanen zerreissen. Als Tochter der Ceres ward sie in den eleusinischen Mysterien, besonders in den kleinen, hoch gefeiert, hatte in allen Tempeln der Ceres Altäre und Statuen, ward aber meistentheils neben Pluto auf dem Throne sitzend dargestellt. Eine Darstellung des Raubes der Proserpina nach einem Basrelief zeigt nebenstehendes Bild. Prostasia (Gr. M.), »die Vorsteherin,« Beiname der Ceres, unter welchem sie einen Tempel und Hain bei Sicyon mit ihrer Tochter Proserpina theilte. Prostaterius (Gr. M.), »der Beschützer,« Beiname des Apollo, unter welchem er einen kleinen Tempel in Attica hatte. Prosymna (Gr. M.), des Flusses Asterion Tochter, welche, nebst ihren Schwestern Euböa und Acräa, die Juno auferzog. – Ferner ein Beiname der Ceres. Protesilaus (Gr. M.), Sohn des Iphiclus und der Astyoche, und mit der Tochter des Acastus, Laodamia, kaum vermählt, als er abreisen musste. Die junge Gattin liebte ihn über Alles, wesshalb sie, als er gleich bei der Landung an der troïschen Küste als erstes Opfer des Krieges gefallen war, sich von den Göttern die Gnade erbat, ihn noch einmal auf wenige Stunden sehen zu dürfen; es geschah, und bald darauf gab sie sich selbst den Tod. P. ward als Heros verehrt und hatte zu Eläus auf dem thracischen Chersonnes einen Tempel. Artayctes, Feldherr des Xerxes, bat diesen, ihm das Haus des Griechen, welcher wider den grossen König Krieg geführt, zu schenken; diess geschah: es war der Tempel, dessen [Abbildung Fig. 266. ] reiche Schätze Artayctes nun in die Festung Sestus bringen liess, welche er dann auch mit aller Macht gegen die anrückenden Griechen vertheidigte; doch musste er fliehen, da zuletzt die Stadt so ausgehungert war, dass seine Leute keine Nahrungsmittel mehr hatten, als die ledernen Gurten ihrer Bettgestelle. Man holte ihn auf

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/461>, abgerufen am 22.11.2024.