Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.und sie wird die Antwort nicht länger schuldig bleiben, wenn sie sieht, dass auch heute noch die Gefahr des Menschengeschlechts nicht vorüber ist. Sie hat Punkt für Punkt nachzuweisen, wie jenes von den Aposteln fortgepflanzte Christenthum durch die römischen Päpste und deren über die fernsten Zonen verbreitete Heerschaar zum blanken und puren Heidenthum verkehrt worden ist, indem man mit beispielloser Hinterlist das uralte Pfaffenziel verfolgte, die neue Lehre zur Machtentfaltung blinder Priesterherrschaft zu benutzen; wobei den Pfaffen die Göttlichkeit und die ewige Wahrheit dessen, was Christus gebracht hatte, vollkommen gleichgültige Nebensache war. So schmuggelte man von Rom aus, dem Kochheerde der Ränke, von Epoche zu Epoche das Christenthum mit dem Heidenthum mehr und mehr vermischend, alle Schandgebräuche des Orients in die Abendländer und in die neuentdeckten Erdtheile unter die dummen und zur Verdummung bestimmten Völkermassen ein, ihnen des Himmels Seligkeit versprechend, aber die Hölle auf Erden bereitend. Die Wissenschaft der vergleichenden Mythologie hat also darzuthun, wie von den Bischöfen Roms mit orientalischem Garne das gewaltige Netz ausgesponnen wurde, worin man jenen grossen, anfangs zu guten Zwecken bekehrten Theil der Menschheit zu verketten suchte: wie man die besondere Heiligkeit der Priester aussprach, den römischen Bischof zum Herrn Aller erklärte, nach dem Beispiele des Orients die eine Zeitlang nützlichen Klöster für Mönche und Nonnen baute, geistliche Orden und Ordenshäuser gründete, die scheussliche und stets käufliche Sündenvergebung, die lächerliche Fürbitte mit Segenspendung und Strafandrohung, den hässlichen Beichtstuhl, das abscheuliche Cölibat einsetzte: Alles, wie es längst im heidnischen Orient bestanden hatte. Desgleichen entlehnte man geistlose Gebetsformeln mit dem Gebrauche des Rosenkranzes, absonderliche Bussübungen, die Anordnung allgemeiner Wallfahrten und Prozessionen dem Bonzengezüchte des fernen Morgenlands, wohin das Christenthum noch nicht vorgedrungen war; der römische Papst selbst setzte sich die dreifache Mütze (Krone) der orientalischen Papstungeheuer auf, und - die Vielgötterei kehrte wieder! Denn ganz treffend ist der bekannte Ausspruch, dass die Päpste für Alles Heilige machen, die angebetet werden, wie die antiken Völker einst und ihre Priester für Alles Götter machten. Und so liefe die Sache darauf hinaus, dass der Vorwurf gerechtfertigt ist, wenn von dem Christenthum, besonders von dem päpstlichen, behauptet wird, dasselbe sei eine neue Mythologie. Nicht genug, dem römischen Christenthume ist in unsern Tagen schliesslich die heidnische Krone aufgesetzt worden. Die christliche Welt hat am 18. Juli 1870 in dem römischen Papste einen sichtbaren Götzen erhalten! Somit ist das orientalische Lama endlich vollends zu Stande gekommen, oder das goldene Kalb ist wieder erstanden, welches Moses einst, vom Berge Sinai steigend, zornig in Stücke schlug. Man staunt, zu erleben, dass es heutzutag im kultivirten Europa noch Menschen giebt, welche keine Scham fühlen, einen Mitmenschen als ein unfehlbares Götterwesen zu betrachten und zu verehren. Doch freilich, der ganze Römerkultus ist - Schein. Welche Bewandtniss es habe mit der Ausbreitung der römischen Papstreligion unter den Heiden, zeigen uns mehr als zur Genüge amerikanische Beispiele. Die Frage, ob überhaupt der Versuch zur Bekehrung der Indianer und anderer Völkerschaften nothwendig und nicht vielmehr verfrüht, voreilig, unnütz gewesen sei, lassen wir zur Seite. Erfolgreich für die Kultur sind die Bekehrungen nicht ausgefallen; im Gegentheil scheint es, dass es besser gewesen sein würde, jene Naturmenschen bei einer Religon zu lassen, die nicht schlechter war als die, welche man ihnen und sie wird die Antwort nicht länger schuldig bleiben, wenn sie sieht, dass auch heute noch die Gefahr des Menschengeschlechts nicht vorüber ist. Sie hat Punkt für Punkt nachzuweisen, wie jenes von den Aposteln fortgepflanzte Christenthum durch die römischen Päpste und deren über die fernsten Zonen verbreitete Heerschaar zum blanken und puren Heidenthum verkehrt worden ist, indem man mit beispielloser Hinterlist das uralte Pfaffenziel verfolgte, die neue Lehre zur Machtentfaltung blinder Priesterherrschaft zu benutzen; wobei den Pfaffen die Göttlichkeit und die ewige Wahrheit dessen, was Christus gebracht hatte, vollkommen gleichgültige Nebensache war. So schmuggelte man von Rom aus, dem Kochheerde der Ränke, von Epoche zu Epoche das Christenthum mit dem Heidenthum mehr und mehr vermischend, alle Schandgebräuche des Orients in die Abendländer und in die neuentdeckten Erdtheile unter die dummen und zur Verdummung bestimmten Völkermassen ein, ihnen des Himmels Seligkeit versprechend, aber die Hölle auf Erden bereitend. Die Wissenschaft der vergleichenden Mythologie hat also darzuthun, wie von den Bischöfen Roms mit orientalischem Garne das gewaltige Netz ausgesponnen wurde, worin man jenen grossen, anfangs zu guten Zwecken bekehrten Theil der Menschheit zu verketten suchte: wie man die besondere Heiligkeit der Priester aussprach, den römischen Bischof zum Herrn Aller erklärte, nach dem Beispiele des Orients die eine Zeitlang nützlichen Klöster für Mönche und Nonnen baute, geistliche Orden und Ordenshäuser gründete, die scheussliche und stets käufliche Sündenvergebung, die lächerliche Fürbitte mit Segenspendung und Strafandrohung, den hässlichen Beichtstuhl, das abscheuliche Cölibat einsetzte: Alles, wie es längst im heidnischen Orient bestanden hatte. Desgleichen entlehnte man geistlose Gebetsformeln mit dem Gebrauche des Rosenkranzes, absonderliche Bussübungen, die Anordnung allgemeiner Wallfahrten und Prozessionen dem Bonzengezüchte des fernen Morgenlands, wohin das Christenthum noch nicht vorgedrungen war; der römische Papst selbst setzte sich die dreifache Mütze (Krone) der orientalischen Papstungeheuer auf, und – die Vielgötterei kehrte wieder! Denn ganz treffend ist der bekannte Ausspruch, dass die Päpste für Alles Heilige machen, die angebetet werden, wie die antiken Völker einst und ihre Priester für Alles Götter machten. Und so liefe die Sache darauf hinaus, dass der Vorwurf gerechtfertigt ist, wenn von dem Christenthum, besonders von dem päpstlichen, behauptet wird, dasselbe sei eine neue Mythologie. Nicht genug, dem römischen Christenthume ist in unsern Tagen schliesslich die heidnische Krone aufgesetzt worden. Die christliche Welt hat am 18. Juli 1870 in dem römischen Papste einen sichtbaren Götzen erhalten! Somit ist das orientalische Lama endlich vollends zu Stande gekommen, oder das goldene Kalb ist wieder erstanden, welches Moses einst, vom Berge Sinai steigend, zornig in Stücke schlug. Man staunt, zu erleben, dass es heutzutag im kultivirten Europa noch Menschen giebt, welche keine Scham fühlen, einen Mitmenschen als ein unfehlbares Götterwesen zu betrachten und zu verehren. Doch freilich, der ganze Römerkultus ist – Schein. Welche Bewandtniss es habe mit der Ausbreitung der römischen Papstreligion unter den Heiden, zeigen uns mehr als zur Genüge amerikanische Beispiele. Die Frage, ob überhaupt der Versuch zur Bekehrung der Indianer und anderer Völkerschaften nothwendig und nicht vielmehr verfrüht, voreilig, unnütz gewesen sei, lassen wir zur Seite. 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Die Wissenschaft der vergleichenden Mythologie hat also darzuthun, wie von den Bischöfen Roms mit orientalischem Garne das gewaltige Netz ausgesponnen wurde, worin man jenen grossen, anfangs zu guten Zwecken bekehrten Theil der Menschheit zu verketten suchte: wie man die besondere Heiligkeit der Priester aussprach, den römischen Bischof zum Herrn Aller erklärte, nach dem Beispiele des Orients die eine Zeitlang nützlichen Klöster für Mönche und Nonnen baute, geistliche Orden und Ordenshäuser gründete, die scheussliche und stets käufliche Sündenvergebung, die lächerliche Fürbitte mit Segenspendung und Strafandrohung, den hässlichen Beichtstuhl, das abscheuliche Cölibat einsetzte: Alles, wie es längst im heidnischen Orient bestanden hatte. Desgleichen entlehnte man geistlose Gebetsformeln mit dem Gebrauche des Rosenkranzes, absonderliche Bussübungen, die Anordnung allgemeiner Wallfahrten und Prozessionen dem Bonzengezüchte des fernen Morgenlands, wohin das Christenthum noch nicht vorgedrungen war; der römische Papst selbst setzte sich die dreifache Mütze (Krone) der orientalischen Papstungeheuer auf, und – die Vielgötterei kehrte wieder! Denn ganz treffend ist der bekannte Ausspruch, dass die Päpste für Alles <hi rendition="#g">Heilige</hi> machen, die angebetet werden, wie die antiken Völker einst und ihre Priester für Alles <hi rendition="#g">Götter</hi> machten. Und so liefe die Sache darauf hinaus, dass der Vorwurf gerechtfertigt ist, wenn von dem Christenthum, besonders von dem päpstlichen, behauptet wird, dasselbe sei eine neue Mythologie.</p><lb/> <p>Nicht genug, dem römischen Christenthume ist in unsern Tagen schliesslich die heidnische Krone aufgesetzt worden. Die christliche Welt hat am 18. 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Nicht genug, dem römischen Christenthume ist in unsern Tagen schliesslich die heidnische Krone aufgesetzt worden. Die christliche Welt hat am 18. Juli 1870 in dem römischen Papste einen sichtbaren Götzen erhalten! Somit ist das orientalische Lama endlich vollends zu Stande gekommen, oder das goldene Kalb ist wieder erstanden, welches Moses einst, vom Berge Sinai steigend, zornig in Stücke schlug. Man staunt, zu erleben, dass es heutzutag im kultivirten Europa noch Menschen giebt, welche keine Scham fühlen, einen Mitmenschen als ein unfehlbares Götterwesen zu betrachten und zu verehren. Doch freilich, der ganze Römerkultus ist – Schein.
Welche Bewandtniss es habe mit der Ausbreitung der römischen Papstreligion unter den Heiden, zeigen uns mehr als zur Genüge amerikanische Beispiele. Die Frage, ob überhaupt der Versuch zur Bekehrung der Indianer und anderer Völkerschaften nothwendig und nicht vielmehr verfrüht, voreilig, unnütz gewesen sei, lassen wir zur Seite. Erfolgreich für die Kultur sind die Bekehrungen nicht ausgefallen; im Gegentheil scheint es, dass es besser gewesen sein würde, jene Naturmenschen bei einer Religon zu lassen, die nicht schlechter war als die, welche man ihnen
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